Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Richard H***, Geschäftsführer, Wien 9., Schwarzspanierstraße 15, vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Johann E***, Angestellter, 1090 Wien, Glasergasse 10/9, vertreten durch Dr. Heinrich Patzak Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung unvertretbarer Handlungen, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 3.Juli 1986, GZ 46 R 485/86-19, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 13.März 1986, GZ 2 Nc 193/84-11, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen und ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 15.874,65 S als weitere Exekutionskosten bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 1.443,15 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
In einem Außerstreitverfahren gemäß § 835 ABGB betreffend eine Liegenschaft schlossen der Antragsteller (jetzt betreibende Partei) und der Antragsgegner (jetzt verpflichtete Partei) am 27.3.1985 einen Vergleich mit folgendem Inhalt:
"1. Der Antragsgegner verpflichtete sich, binnen vier Wochen einen Antrag auf gemeinschaftliche Versteigerung der gegenständlichen Liegenschaft samt Versteigerungsbedingungen dem Antragsteller vorzulegen, welcher sich verpflichtete, binnen einer Woche nach Vorlage diesen Antrag zu unterfertigen.
2. Der Antragsgegner verpflichtet sich fnrner, binnen zwei Wochen den Antrag auf Erlassung des Abbruchbescheides für die gegenständliche Liegenschaft bei der MA"37/19 zu unterfertigen.
3. Beide Parteien halten übereinstimmend fest, daß es zum tatsächlichen Abbruch der gegenständlichen Liegenschaft nicht kommen wird:
a) nicht vor dem Versteigerungstermin der geplanten gemeinschaftlichen Versteigerung der Liegenschaft
b) es sei denn, daß die Behörde vorher mit der Ersatzvornahme beginnt oder den Auftrag zur Vorauszahlung vollstreckt,
c) der späteste Termin für das Zuwarten mit dem Abruch ist jedoch jedenfalls der 1.10.1985.
4. Die Parteien halten ferner übereinstimmend fest, daß sie sich verpflichten, einen Kaufvertrag zu unterfertigen, falls einer der Parteien einen Käufer findet, der die gegenständliche Liegenschaft um mindestens S 2.500 pro m2 gegen Barzahlung erwirbt."
Die betreibende Partei behauptete, die verpflichtete Partei habe die Verpflichtung gemäß Punkt 1 dieses Vergleicees nicht erfüllt, und beantragte die Bewilligung der Exekution durch Erteilung des Auftrages an die verpflichtete Partei, ihr einen die Liegenschaft EZ 530 KG Oberdöbling betreffenden Feilbietungsantrag einschließlich der Versteigerungsbedingungen vorzulegen, widrigens für den Fall der Saumsal angemessene Zwangsmittel zur Anwendung gelangten, sowie die Bewilligung der Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Exekutionskosten.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes 300.000 S übersteigt.
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß der Exekutionstitel zu unbestimmt sei, wobei nur vom Wortlaut des Vergleiches auszugehen sei und jede Unklarheit zu Lasten der betreibenden Partei gehe. Dem Exekutionstitel könne nicht entnommen werden, welche Liegenschaft mit der "gilenständlichen" gemeint sei;
der Gegenstand der Leistung sei unklar und auch nicht bestimmbar. Der beantragte Auftrag enthalte auch keine Leistungsfrist;
schließlich werde auch nicht das Beugemittel angeführt, welches angedroht werden solle.
Der gegen den Beschluß der zweiten Instanz erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Da die vorliegende Exekution vom Titelgericht bewilligt wurde, ergab sich aus dem Inhalt des Titelaktes unmißverständlich, welche Liegenschaft die im Vergleich nur als "gegenständliche" umschriebene ist. Der Inhalt der Versteigerungsbedingungen ist zwar im Vergleich nicht genannt. Dieser Umstand ist aber in dem Sinne zum Nachteil der betreibenden Partei auszulegen, daß es der verpflichten Partei frei steht, die ihr genehmen Versteigerungsbedingungen in den Antrag aufzunehmen.
Zu Unrecht machte die verpflichtete Partei in ihrem Rekurs an die zweite Instanz auch einen Widerspruch zwischen den Punkten 1 und 4 des Vergleiches geltend. Es trifft auch nicht zu, daß durch Punkt 4 des Vergleiches die Vollstreckbarkeit des Anspruches nach Punkt 1 von dem seitens der betreibenden Partei zu beweisenden Eintritt einer Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 EO abhängig gemacht worden sei.
Das in Punkt 4 eingeräumte Recht enthält keine aufschiebende, sondern höchstens eine auflösende Bedingung. Ohne zeitliche Begrenzung sollte es beiden Parteien offenstehen, einen Käufer zu finden, der einen bestimmten Preis für die Liegenschaft bietet, und für diesen Fall sollte der andere Teil zur Fertigung des Kaufvertrages verpflichtet sein. Nur für diesen Fall sollte dann wohl auch ein schon anhängiges Versteigerungsverfahren eingestellt werden müssen und der etwa noch nicht erfüllte Anspruch gemäß Punkt 1 des Vergleiches erlöschen, was nur durch Oppositionsklage geltend gemacht werden könnte (Heller-Berger-Stix 374). Die betreibende Partei mußte daher nicht vorbringen oder gar durch im Sinne des § 7 Abs. 1 EO qualifizierte Urkunden beweisen, daß es bisher zu keinem Kaufanbot im Sinne des Punktes 4 dieses Vergleiches gekommen sei; es wäre Sache der verpflichteten Partei, allfällige Einwendungen mit Klage nach § 35 EO anzubringen.
Der Exekutionsantrag nach § 354 EO muß mangels eines ausdrücklichen gesetzlichen Gebotes nicht die Höhe der Gedstrafe anführen, die der verpflichteten Partei angedroht werden soll, sondern die betreibende Partei kann die Ausmessung der anzudrohenden Strafe auch dem Gericht überlassen (so für den vergleichbaren Fall einer Exekution nach § 355 EO, 3 Ob 92/81 und 3 Ob 98/81 unter Hinweis auf Jelinek, Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Unterlassungen, 193 und 198). Da seit der UWG-Novelle 1980 die Exekution nach § 354 Abs. 2 EO als erstes Beugemittel nur noch eine Geldstrafe vorsieht, kommt der Kommentarstelle von Heller-Berger-Stix (S 2572), es müßten im Exekutionsantrag das oder die Beugemittel angeführt werden, die nach Ansicht der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten angedroht werden sollen, keine Bedeutung mehr zu.
Daß die betreibende Partei schließlich im Exekutionsantrag die zur Vornahme der Handlung zu gewährende Frist im Sinne des § 354 Abs. 2 EO nicht angab, kann ihr gleichfalls nicht schaden. Zwar vertreten Heller-Berger-Stix aaO die Auffassung, im Exekutionsantrag müsse auch angegeben werden, welche Frist der betreibende Gläubiger für die Vornahme der zu erwirkenden Handlung für angemessen hält. Wenn aber diese Angabe fehlt, muß angenommen werden, daß die betreibende Partei die Festsetzung dieser Frist dem Exekutionsgericht anheimstellt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß derzeit nur die Entscheidung des Bewilligungsgerichtes zu überprüfen ist, während die Entscheidung des hier von Bewilligungsgericht verschiedenen Exekutionsgerichtes (dem die Festsetzung des Beugemittels und der Leistungsfrist obliegt) nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74 und 78 EO iVm mit den §§ 50,40 und 41 ZPO.
Anmerkung
E11388European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00004.87.0429.000Dokumentnummer
JJT_19870429_OGH0002_0030OB00004_8700000_000