Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lindner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Walter F*** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB sowie § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Walter F*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 24.Februar 1987, GZ 7 Vr 583/86-52, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Walter F*** wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 erster und zweiter Fall StGB (Punkt C des Urteils) sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Ausspruch der gewerbsmäßigen Begehung der zu A I und B II umschriebenen Betrugstaten nach § 148 zweiter Fall StGB und demzufolge in den ihn betreffenden Aussprüchen über die Strafe und die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Walter F*** auf die zu I. getroffene Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Der Angeklagte Walter F*** wurde mit dem von ihm bekämpften Urteil - das auch (insoweit unangefochten) einen Schuldspruch der Mitangeklagten Renate F*** sowie einen Freispruch enthält - des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3, 148 zweiter Fall sowie 15 StGB und des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 erster und zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er gewerbsmäßig
(zu A I) im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken mit Renate F*** mit dem Vorsatz, sich und die Genannte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Kreditinstituten durch Täuschungshandlungen, insbesondere durch Täuschung über ihre Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit zu Handlungen verleitet, wodurch die Kreditinstitute mit nachgenannten Beträgen an ihrem Vermögen geschädigt wurden, und zwar
1. im Juli 1985 in Klagenfurt Angestellte der Ö***
P*** zur Gewährung eines Darlehens von 280.000 S, wobei Renate F*** falsche Urkunden, nämlich einen Ermäßigungsausweis der Österreichischen Bundesbahnen und eine Führerscheinverlustanzeige lautend auf "Elisabeth M***" die sie selbst unterfertigt hatte, benutzte, und Walter F*** auf Rückruf die von ihr (gleichfalls den genannten Angestellten) vorgelegte fingierte Arbeitsbestätigung seiner Firma als richtig bestätigte,
2. im Dezember 1985 in Klagenfurt Angestellte der K*** S*** zur Gewährung eines Darlehens von 120.000 S, wobei Renate F*** eine verfälschte Urkunde, nämlich ihren Führerschein, in dem sie den Namen auf "Elisabeth L***" abgeändert hatte, benutzte und Walter F*** auf Rückruf die von ihr (gleichfalls den Angestellten) vorgelegte falsche Arbeitsbestätigung seiner Firma als richtig bestätigte,
(zu B II) in bewußtem und gemeinsamem Zusammenwirken mit Renate F*** im März 1986 in Spittal an der Drau und Bad Bleiberg mit dem Vorsatz, sich und Renate F*** durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, Angestellte der M***-B*** in Spittal an der Drau durch Täuschungshandlungen, insbesondere durch Täuschung über ihre Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Gewährung eines Darlehens in der Höhe von 150.000 S zu verleiten, wodurch die M***-B*** um diesen Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte, wobei Renate F*** falsche und verfälschte Urkunden, nämlich von ihr mit "Claudia S***" unterschriebene Lohnabrechnungen und ihren Führerschein, den sie auf diesen Namen abgeändert hatte, benutzte und Walter F*** auf Rückruf die von ihr vorgelegten Unterlagen als richtig bestätigte,
(zu C) in der Zeit von Herbst 1981 bis Ende 1985 in Bad Bleiberg dadurch, daß er aus den von Renate F*** verübten unter A II und III 1 bis 5 sowie 7 bis 10 des Urteilsspruches angeführten Betrugstaten (mit Schadensbeträgen von mindestens rund 863.000 S) den Großteil der betrügerisch herausgelockten Geldbeträge in einem insgesamt 100.000 S übersteigenden Betrag für sich und zur Bezahlung von Betriebsverbindlichkeiten verwendet, somit Sachen, die Renate F*** und (der bereits abgeurteilte) Egon P*** durch ein Verbrechen gegen fremdes Vermögen erlangt haben, an sich gebracht. Der auf die Z 4, 5 und 9 (lit. a) - der Sache nach auch auf die Z 10 - des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter F*** kommt teilweise Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht wendet sich der Beschwerdeführer in der Verfahrensrüge (Z 4) dagegen, daß ein in der Hauptverhandlung vom 27.Jänner 1987 gestellter Antrag auf Vernehmung eines Buchsachverständigen darüber, welche Mittel dem Betrieb (des Beschwerdeführers) zugeflossen sind und welche nicht (S 264/II), weder in dieser noch in der (innerhalb der Monatsfrist und vor gleichem Senat gemäß § 276 a StPO fortgesetzten - S 290) Hauptverhandlung vom 24.Februar 1987 eine Erledigung fand.
Das Schöffengericht verletzte damit die ihm gemäß § 238 StPO obliegende Verpflichtung zur sofortigen Entscheidung über einen Beweisantrag und zur Ersichtlichmachung der Gründe hiefür im Protokoll.
Dieser im Katalog der Nichtigkeitsgründe aufgezählte Verfahrensmangel (§ 281 Abs. 1 Z 4 erster Fall StPO) könnte nur dann nicht zum Vorteil des Beschwerdeführers geltend gemacht werden, wenn unzweifelhaft erkennbar wäre, daß er auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 281 Abs. 3 StPO). Von einer unzweifelhaft erkennbaren Irrelevanz kann aber vorliegend schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil das Schöffengericht auch im Urteil nicht darlegte, weshalb es auf die beantragte Beweisaufnahme verzichten zu können glaubte (siehe hiezu Mayerhofer/Rieder, StPO 2 E 10 und 11 zu § 238). Davon abgesehen verwies das Erstgericht - der Sache nach zur Frage der Hehlerei sowie zu jener der Gewerbsmäßigkeit des Betruges und der Hehlerei - auf den Zufluß von auf kriminelle Weise erbeuteten Geldern auch an den Beschwerdeführer (US 9, 11, 12) und folgte damit der Verantwortung der Mitangeklagten Renate F*** (US 13). Gerade dieser Teil der Verantwortung der Genannten, die angegeben hatte, erbeutete Gelder seien "im Betrieb" des Beschwerdeführers im wesentlichen für Schuldentilgungen und Zahlungen an die Zeugin W*** verwendet worden, was sich aus der Buchhaltung feststellen ließe (S 245, 251/II), sollte nach der Zielsetzung des in Rede stehenden Beweisantrages erschüttert werden.
Es kann daher auch unter diesem Gesichtspunkt von einer unzweifelhaft erkennbaren Irrelevanz des dem Schöffengericht unterlaufenen Verfahrensmangels nicht gesprochen werden. Dieser betrifft angesichts des Themas des Beweisantrages, nämlich eines erfolgten oder unterbliebenen Mittelzuflusses aus den erbeuteten Geldern an den Betrieb des Beschwerdeführers, jedenfalls seinen Schuldspruch wegen Hehlerei, darüber hinaus aber auch die bei den ihm zur Last fallenden Betrugstaten angenommene Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit, die im angefochtenen Urteil durchwegs mit dem Hinweis auf den Mittelzufluß begründet wird (US 11, 12), ohne daß erkennbar wäre, ob das Schöffengericht die Gewerbsmäßigkeit bei den dem Beschwerdeführer zur Last fallenden Betrugstaten auch ohne einen Zusammenhang mit der ihm angelasteten Hehlerei angenommen hätte. Der dem Erstgericht unterlaufene Verfahrensmangel nötigt den Obersten Gerichtshof, das angefochtene Urteil im Schuldspruch des Angeklagten Walter F*** wegen Hehlerei sowie im Ausspruch gewerbsmäßiger Begehung der ihm zur Last fallenden Betrugstaten sofort bei der nichtöffentlichen Beratung aufzuheben und die Verfahrenserneuerung in diesem Umfang anzuordnen (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich wäre, noch auf die weiteren Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zu diesem Themenkreis einzugehen. Zu behandeln sind demnach nur noch die Ausführungen des Beschwerdeführers zu den ihm zur Last fallenden Betrugstaten an sich, für die deshalb, weil sie auch zum Vorteil eines Dritten verübt werden könnten (§ 146 StGB), die Frage eines Mittelzuflusses an den Täter einen weder für die Strafbarkeit noch für den anzuwendenden Strafsatz entscheidungswesentlichen Umstand darstellt. In seiner Mängelrüge (Z 5) sieht der Beschwerdeführer einen Widerspruch des Urteils darin, daß einerseits festgestellt wird, Renate F*** habe die Tathandlungen (in den Urteilsfakten A I 1 und 2 sowie B II) "allein begangen", andererseits jedoch ausgeführt wird, sie habe die (falschen) Lohnbestätigungen "meistens" selbst ausgestellt, woraus folge, daß "teilweise auch" den Beschwerdeführer "diese Tathandlung zur Last gelegt" werde.
Ein Widerspruch liegt indessen nicht vor. Das Schöffengericht brachte nämlich unmißverständlich zum Ausdruck, daß es die Tatbeteiligung des Beschwerdeführers, "wie in den Tatschilderungen im Urteilsspruch ausgeführt", in der im bewußten und gemeinsamen Zusammenwirken mit der Mitangeklagten Renate F*** erfolgten "positiven" Antwort des Beschwerdeführers auf telefonische Rückfragen von Angestellten der drei hier interessierenden Kreditinstitute hinsichtlich der fingierten Arbeitsbestätigungen erblickte (US 10 in Verbindung mit dem Urteilsspruch zu den Urteilsfakten A I 1 und 2 sowie B II = US 2 und 5). Damit steht die Annahme, daß die von Renate F*** bei den Kreditinstituten vorgelegten Arbeits-(oder Lohn-)bestätigungen nicht alle von ihr selbst hergestellt worden sein könnten, nicht in Widerspruch. Davon, daß Renate F*** die Tathandlungen "allein" begangen habe, kann nach dem Urteilsinhalt keine Rede sein, sie wird im Urteil nur als "treibende Kraft" für die Kreditbetrügereien angesehen (US 9). Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers liegt auch kein Begründungsmangel in der Urteilsfeststellung, daß die Angeklagten ihre Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit vortäuschten, um sich unrechtmäßig zu bereichern (US 12); denn das Schöffengericht konstatierte, daß beiden über ihre Kreditunwürdigkeit informierten Angeklagten der Vorgang telefonischer Erhebungen der Kreditinstitute beim (vorgeblichen) Arbeitgeber bekannt war und sie deshalb sicherstellten, daß bei diesen Rückfragen nur Renate F*** oder der von den Manipulationen mit Ausweispapieren und Lohnbestätigungen informierte Beschwerdeführer das Gespräch entgegennehmen konnte und den rückfragenden Angestellten der drei hier interessierenden Kreditinstitute eine "positive", das heißt die falschen Arbeits- oder Lohnbestätigungen als richtig darstellende Antwort gab (US 9 f). Damit ist mit unzweifelhafter Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, worin das Schöffengericht die mit verteilten Rollen bewirkten Täuschungshandlungen sah, auch wenn der Beschwerdeführer in den Räumlichkeiten der Kreditinstitute, wie er vorbringt, "bei diesen Gesprächen überhaupt nicht zugegen" war.
Soweit sich der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) gegen seinen Schuldspruch wegen Betruges wendet, bringt er diese nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Denn er hält nicht, wie es für deren Ausführung erforderlich wäre, am festgestellten Sachverhalt (in seiner Gesamtheit) fest und vergleicht nicht diesen mit dem Gesetz, wenn er die Behauptung aufstellt, er habe "keinerlei aktive Handlung gesetzt". Damit übergeht er die Feststellung, wonach er in den hier interessierenden drei Fällen die fingierten Arbeits- oder Lohnbestätigungen als richtig bekräftigte, mithin sehr wohl aktiv handelnd zur Täuschung der Rückfragenden beitrug. Nicht, wie er meint, das angefochtene Urteil, sondern er selbst geht hier "am Kern der Sache" vorbei.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war somit, soweit sie den Schuldspruch wegen Betruges - ausgenommen den Ausspruch der gewerbsmäßigen Begehung - betrifft, gleichfalls sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zum Teil alscoffenbar unbegründet, zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte Walter F*** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Ein vom Angeklagten selbst am 22.April 1987 - somit weit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist - an den Obersten Gerichtshof gerichteter Schriftsatz ist unbeachtlich, weil das Gesetz nur eine Rechtsmittelausführung vorsieht (Mayerhofer/Rieder, StPO 2 , E 36, 37 zu § 285).
Anmerkung
E10624European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00057.87.0505.000Dokumentnummer
JJT_19870505_OGH0002_0100OS00057_8700000_000