Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat 7.Mai 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz Felix T*** wegen des Verbrechens nach §§ 146 ff. StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Ried im Innkreis als Schöffengerichts vom 18.Februar 1987, GZ. 7 Vr 468/84-80, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Franz Felix T*** wurde des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3, 148 StGB. schuldig erkannt, weil er vom 23.Dezember 1982 bis 1.Juni 1983 Peter und Bernhard P*** durch Täuschung über den Verwendungszweck der ihm in sechs Fällen ausgehändigten Gelder (Fakten 1 und 2: für Gerichtsgebühren und Kosten; 3: zum Ankauf eines Bausparvertrags; 4: für Stornogebühren; 5: für Provisionszahlungen; 6: für einen Anfechtungsprozeß) insgesamt 344.099 S herausgelockt hat, wobei T*** die strafbare Handlung jeweils in der Absicht begangen hat, sich durch die wiederkehrende Begehung eines schweren (weil jeweils mit einem 5.000 S übersteigenden Schaden verbundenen) Betrugs eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs. 1 Z. 4, 5 und 9 lit. a StPO. geltend.
Das Erstgericht ist, ohne die vier vom Angeklagten beantragten (S. 225, 269/II) Bankangestellten (Dr. A***, Direktor F***, Leopold G*** und Mag. F***) zu befragen, bereits vom angestrebten Beweisergebnis ausgegangen, daß nämlich der Angeklagte für die Brüder P*** Leistungen erbracht hat (S. 295 f, 312, 326 im II. Band). Die schuldspruchmäßig dem Angeklagten ausgefolgten Geldbeträge dienten jedoch keinesfalls einer Leistungsabgeltung, sondern wie festgestellt, vorgetäuschten anderen Ausgabezwecken. Zu diesem letzten Umstand aber waren die Zeugen nicht beantragt. Die Verfahrensrüge (Z. 4) betreffend die Nichtbefragung der vier Bankfunktionäre betrifft damit zunächst einen unentscheidenden, für die Sicherung der Verteidigung nicht wesentlichen Umstand (§ 281 Abs. 3 StPO.). Darüber hinaus zielt die Prozeßrüge nach ihrem Inhalt auf eine unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung bezüglich des Grunds der Ausfolgung der Geldbeträge. Dazu will sich der Beschwerdeführer ersichtlich der beantragten Beweismittel im Sinn einer bloßen Erkundung und unter Überschreitung des in erster Instanz umrissenen Beweisthemas bedienen. Der angerufene oder ein anderer Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 StPO. wird damit nicht zur Darstellung gebracht (13 Os 121/83, 13 Os 65/84). Wenn die Beschwerde einerseits in der Urteilsannahme, der Angeklagte sei für die Gebrüder P*** tätig gewesen, und andrerseits in der Feststellung, er habe ohne Leistungen Geldbeträge erschwindelt, einen Widerspruch erblickt (Z. 5), dann vermengt sie unzulässig ein als nicht strafbar festgestelltes Verhalten des Angeklagten mit konstatiertem deliktischen Vorgehen (siehe den Freispruch 1 mit zugehöriger Begründung). Ob aber der Angeklagte berechtigt oder nicht berechtigt war, sich als Innenarchitekt zu bezeichnen, war - wie die Urteilsgründe deutlich zeigen und die Beschwerde einräumen muß - irrelevant, weil mit einer etwaigen Täuschung hierüber kein strafbares Verhalten begründet worden ist (S. 293 f im II. Band).
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) geht nicht von den Urteilsfeststellungen aus. So versucht sie, vom Betrugsvorsatz (zu Faktum 3) den später teilweise ersetzten Schadensbetrag auszuklammern, obwohl nach den Urteilsfeststellungen der Angeklagte für den vorgetäuschten Ankauf eines Bausparvertrags auf einmal 52.000 S kassiert hat (S 298 f, 308 ff/II.). Die dem Angeklagten bezahlten 40.000 S (Faktum 1) waren nicht der Kaufpreis für einen Personenkraftwagen. Der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten sind die Tatrichter nicht gefolgt (S. 304 f/II.), auch nicht, soweit Peter P*** den Betrag von 52.000 S (Faktum 3) als Abrechnungsbetrag für einen Mercedes-Kraftwagen hielt (S 310/II.). Diese abgelehnten Darstellungen dürfen daher nicht den rechtlichen Überlegungen der Beschwerde zugrunde gelegt werden. Die Tatrichter konnten ohne weiters von ihnen in Augenschein genommene Unterschriften vergleichen. Die Beschwerdebehauptung, daß dieser Vergleich nur dann zum Nachteil des Angeklagten hätte ausgehen dürfen, wenn dazu ein Gutachten eingeholt worden wäre, stellt eine unzulässige Beweisregel auf. Um aber die Nichteinholung eines Gutachtens zu rügen, fehlt dem Beschwerdeführer mangels eines diesbezüglichen Antrags in erster Instanz die formelle Befugnis (Z. 4).
Tätige Reue (§ 167 StGB.) ist nicht - wie die Beschwerde behauptet - rechtsirrtümlich dem Angeklagten abgesprochen worden, sondern mangels Vollständigkeit der vertraglich zugesicherten Schadensgutmachung (S. 328 im II. Band). Die Beschwerdeausführungen (Z. 9 lit. a), welche aus ihrem Gesichtspunkt einen geringeren als den festgestellten Schaden annehmen und damit zu einer vollständigen Schadensgutmachung gelangen, zeigen keinen Rechtsirrtum auf, sondern verlassen unzulässig den Boden des Urteilssachverhalts. Zusammenfassend ergibt sich mithin, daß der Angeklagte keinen der im § 281 Abs. 1 StPO. taxativ aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung bringt, sodaß die Beschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO. i.V.m. § 285 a Z. 2 StPO. bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war.
Mangels einer Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde wurde die nur ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten (§ 296 StPO.) nicht begründet, sodaß die Akten zur Erledigung dieser Rechtsmittel dem Oberlandesgericht Linz als zuständigem Gerichtshof zweiter Instanz zuzuleiten sind (RiZ. 1970 S. 17 f., 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a.).
Anmerkung
E10869European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00052.87.0507.000Dokumentnummer
JJT_19870507_OGH0002_0130OS00052_8700000_000