TE OGH 1987/5/7 12Os33/87

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Veröffentlicht am 07.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Lindner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Franz P*** wegen des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mord nach §§ 15, 12, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Franz P*** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Kreisgericht Krems a. d. Donau vom 22.Jänner 1987, GZ 10 c Vr 703/86-45, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug und des Verteidigers Dr. Stern zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Franz P*** des Verbrechens der versuchten Bestimmung zum Mord nach §§ 15, 12, 75 StGB schuldig erkannt.

Die Geschwornen haben die nach diesem Verbrechen gestellte Hauptfrage I stimmeneinhellig bejaht und die hiezu gestellte Zusatzfrage 1 nach dem Vorliegen des Schuldausschließungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit im Sinne des § 11 StGB ebenso einhellig verneint. Weitere Fragen waren an die Geschwornen nicht gestellt worden.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit seiner allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Beschwerdeführer behauptet eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung zur Zusatzfrage 1, weil dieser zu entnehmen sei, "daß es keine Rolle spiele, ob der Schwachsinn erheblich oder bloß leichten Grades ist, daß in der Regel nur schwere Formen des Schwachsinns in Frage kommen, die Unzurechnungsfähigkeit nach sich ziehen", aus welcher Textierung somit herausgelesen werden könne, daß auch leichte Formen des Schwachsinns Unzurechnungsfähigkeit begründen können. Damit wäre die Rechtsbelehrung aber geeignet gewesen, die Geschwornen zu verwirren und Mißverständnisse hervorzurufen, weil die Geschwornen auf Grund dieser Belehrung andererseits auch annehmen konnten, daß nur schwere Formen des Schwachsinns diese Voraussetzungen erfüllen und davon ausgingen, daß beim Angeklagten nur eine leichte Form des Schwachsinns vorliege, die keine Unzurechnungsfähigkeit nach sich ziehe.

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, daß diese Ausführungen schon deshalb nicht überzeugen können, weil die einschränkende, aber nicht ausschließende Bedeutung der Worte "in der Regel" dem allgemeinen Sprachgebrauch zu entnehmen ist und diese sprachliche Wendung daher nicht als mißverständlich bezeichnet werden kann, gehen diese Einwendungen aber auch am Kern der Sache vorbei. Denn die schriftliche Rechtsbelehrung enthält auch - worauf der Angeklagte in seiner Rechtsmittelausführung im übrigen selbst hinweist (S 350) - die Klarstellung, daß es an sich keine Rolle spielt, ob der Schwachsinn erheblich oder bloß leichten Grades ist, sondern entscheidend ist, daß er von solcher Intensität sein muß, daß er den Täter unfähig macht, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (vgl. auch Leukauf-Steininger, Komm. z. StGB 2 , RN 8 zu § 11, S 161). Anhand dieser Rechtsbelehrung in ihrem Kontext waren die Geschwornen aber in der Lage, aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen und mündlich ergänzten (S 328, 329) und somit Urteilsgrundlage bildenden Gutachten des beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Gerhard K*** (ON 26), welchem - unbeschadet der Annahme von

Grenzdebilität - keine Aufhebung (oder entscheidende Einschränkung) der Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit entnommen werden kann, in bezug auf die Frage nach dem Vorliegen des Entschuldigungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) die richtigen rechtlichen Folgerungen zu ziehen. Die Rüge des Angeklagten erweist sich sohin als unbegründet, weshalb seine Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach § 75 StGB unter Anwendung des § 41 StGB zu sieben Jahren Freiheitsstrafe. Bei deren Bemessung war erschwerend die versuchte Verführung von zwei jugendlichen Personen, die reifliche Überlegung zur Tat und daß gegen eine solche ein wirksamer Schutz nicht möglich ist, mildernd hingegen das Geständnis, der Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist und die neurotische Persönlichkeit des Angeklagten.

Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, die Anklagebehörde dagegen deren Erhöhung unter Ausschaltung des § 41 StGB an.

Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Der Angeklagte vermag in seiner Berufung nichts aufzuzeigen, was eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigen könnte. Seinen abnormen Geisteszustand hat das Erstgericht ohnedies als mildernd gewertet; dem Vorbringen der Verteidigung zuwider bildet die Grenzdebilität des Angeklagten keinen eigenen Milderungsgrund, weil sie von diesem Zustand mitumfaßt wird (vgl. das Gutachten des Sachverständigen Dr. Gerhard K*** S 264 ff). Auch wurde dem Umstand, daß das Geständnis des Angeklagten wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, bei der Strafbemessung entsprechend Rechnung getragen.

Entgegen dem Vorbringen der Staatsanwaltschaft in deren Rechtsmittelschrift hebt sich der Unwertgehalt der Tat im vorliegenden Falle vom Maße des Typischen nicht so beträchtlich ab, daß die sorgfältige Vorbereitung der Tat durch den Angeklagten im Sinne des Abs. 3 des § 32 StGB bei der Bemessung der Strafe noch besonders zu berücksichtigen gewesen wäre. Der genannte Sachverständige hat in seinem Gutachten zwar darauf hingewiesen, daß beim Angeklagten eine (nicht auf seelische oder geistige Abartigkeit beruhende) Fremdgefährlichkeit vorliege, die aber geringer als die Selbstgefährdung sei (vgl. S 267). Aus diesem Teil des Gutachtens läßt sich aber keinesfalls eine ungünstige Zukunftsprognose iS des § 41 Abs. 1 StGB ableiten, sodaß auch dieses Vorbringen der Staatsanwaltschaft nicht durchschlägt.

Das Erstgericht hat somit die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt und in deren Abwägung ein Strafmaß gefunden, das auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes dem Schuld- und Rechtsgehalt der Tat entspricht.

Anmerkung

E10851

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00033.87.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19870507_OGH0002_0120OS00033_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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