Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erwin T*** wegen Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 26. März 1987, GZ 20 u Vr 2099/86-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, der Wahrspruch der Geschwornen sowie das darauf beruhende angefochtene Urteil (zur Gänze) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Erwin T*** auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen, die die einzige an sie gerichtete (Haupt-)Frage einstimmig bejaht hatten, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 erster (richtig: zweiter) Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 6.Februar 1986 in Wien der Margit S*** mit Gewalt und unter Verwendung einer Waffe, indem er sie zu Boden riß, ihr mit einem Messer eine 4 cm lange Schnittwunde am linken Jochbeinbogen zufügte und ihr einen Stoß in die Magengegend versetzte, fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Damenhandtasche, eine Geldbörse mit ca. 50 S Bargeld, verschiedene Schminkartikel und Notizbücher mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobenen, auf die Gründe der Z 6, 8, 11 lit. b, 12 und 13 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt schon aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu.
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung nicht schuldig bekannt und damit verantwortet, daß er in der Nacht vor der Tat Alkohol getrunken hätte und zufolge seiner dadurch bewirkten Alkoholisierung nicht mehr wisse, was zwischen seinem Weggang aus der Sonderanstalt Favoriten und seinem Eintreffen am Arbeitsplatz (innerhalb welchen Zeitraumes die Tat begangen worden ist) vorgefallen sei, sich somit dem Sinne nach auf einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand berufen. Demnach wäre aber - ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , ENr. 26 zu § 313; 49 erster Teil und 50 zu § 314; 10 Os 11/86) - den Geschwornen ein "Drei-Fragen-Schema" (Hauptfrage - Zusatzfrage nach § 11 StGB - Eventualfrage nach § 287 StGB) zur Beantwortung vorzulegen gewesen (SSt. 44/32, 51/59; ÖJZ-LSK 1975/112 zu § 313 StPO), sodaß durch die Stellung der anklagekonformen Hauptfrage allein die Vorschriften der §§ 313 und 314 StPO verletzt worden sind (§ 345 Abs. 1 Z 6 StPO). Demgemäß war, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte, wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e iVm § 344 StPO).
Anmerkung
E10875European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00069.87.0512.000Dokumentnummer
JJT_19870512_OGH0002_0150OS00069_8700000_000