TE OGH 1987/5/13 1Ob587/87

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Veröffentlicht am 13.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** S***- und K***, reg. Genossenschaft m.b.H., Wien 18.,

Weimarerstraße 26-28, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Karl R***, Kaufmann und 2) Parfümerie D*** Ges.m.b.H., beide Wien 1., Kärntnerstraße 26, vertreten durch Dr. Fritz Wennig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 30. Dezember 1986, GZ. 48 R 74/86-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25. Oktober 1985, GZ. 48 C 268/85-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 13.715,95 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.246,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt die Verurteilung der beklagten Parteien zur Räumung der Geschäftsräume Nr. I und III im Haus Wien 1, Kärntnerstraße 26 (Marco d' Avianogasse 1), sowie die Feststellung, daß die beklagten Parteien für diese Geschäftslokale im Gesamtausmaß von 132,44 m2 vom 1. Februar 1985 an ein ortsübliches und angemessenes Mietentgelt zu leisten hätten. Sie sei Eigentümerin des genannten Hauses. Mit Vertrag vom 23. November 1972 habe sie den beklagten Parteien die Geschäftsräume Nr. III im Ausmaß von 49,33 m2 und am 1. Juli 1979 habe sie ihnen die Geschäftsräumlichkeiten Nr. I im Gesamtausmaß von 83,11 m2 mittels mündlichen, jedoch mit dem schriftlichen Vertrag vom 23. November 1972 gleichlautenden Mietvertrags in Bestand gegeben. Im § 3 Z 3 des Mietvertrages sei festgelegt: "Wird der Hauptmietzins oder die Betriebskosten durch gesetzliche Vorschriften erhöht oder findet im Hause eine Erhöhung zwecks Bestreitung der Kosten ordnungsgemäßer oder unbedingt notwendiger Erhaltungsauslagen statt, die den vereinbarten Mietzins übersteigt, so verpflichtet sich der Mieter, die diesen Erhöhungen entsprechenden Mehrbeträge zu entrichten." Bei Abschluß des Mietvertrages sei es Wille der Vertragsparteien gewesen, daß bei einer gesetzlichen Erhöhung des Mietzinses von den Mietern ein neuer ortsüblicher und angemessener Zins zu bezahlen sei. Deshalb hätten die beklagten Parteien gemäß § 16 Abs. 1 MRG den ortsüblichen und angemessenen monatlichen Mietzins von insgesamt monatlich S 89.906,-- zu bezahlen. Die klagende Partei sei im übrigen zur Vorschreibung eines erhöhten Mietzinses auch deshalb berechtigt, weil der Erstbeklagte das von ihm in den Geschäftsräumlichkeiten, deren Mitmieter er sei, betriebene Unternehmen 1974 an die H*** H*** AG in Hagen veräußert habe. Diese Gesellschaft habe sodann gleichfalls noch 1974 das Unternehmen einschließlich der Mietrechte der zweitbeklagten Partei durch Rechtsgeschäfte überlassen.

Die beklagten Parteien wendeten insbesondere ein, der Erstbeklagte habe 1974 lediglich seinen Geschäftsanteil an der zweitbeklagten Partei an die H*** H*** AG veräußert. Die zweitbeklagte Partei habe damals noch die Firma Parfumerie R*** Gesellschaft m.b.H. geführt. Aus der zitierten Mietvertragsklausel sei die behauptete Berechtigung zur Erhöhung des Mietzinses nicht ableitbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, ohne Beweise aufzunehmen. Das Mietrechtsgesetz habe keine Änderung des gesetzlichen Mietzinses mit sich gebracht; daher sei aus der Mietvertragsklausel für das Begehren der klagenden Partei nichts zu gewinnen. Die von ihr behauptete Unternehmensveräußerung sei einerseits bereits 1974 erfolgt, zum anderen bewirke die Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung keine Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG. Daher schuldeten die beklagten Parteien weder den ortsüblichen noch den angemessenen Zins, sodaß sowohl dem Räumungs- als auch dem Feststellungsbegehren der Boden entzogen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in bezug auf beide Begehren jeweils S 300.000,-- übersteige. Das Mietrechtsgesetz gehe trotz aller Einschränkungen vertraglicher Dispositionsfreiheit davon aus, daß der Mietzins zu vereinbaren sei, und beschränke nur die zulässige Höhe entweder durch die Grenze der Angemessenheit oder nach starren Ausstattungskategorien mit ziffernmäßig festgelegten, wenngleich dynamisierten Höchstbeträgen. Das Mietrechtsgesetz habe somit keine Änderung des "gesetzlichen Zinses" gebracht. Aus der Zinsanpassungsklausel sei weder eine Änderung noch eine Anpassung des ursprünglich vereinbarten Mietzinses abzuleiten. Die Behauptung, daß die Vertragspartner abweichend vom Wortlaut des Vertrages etwas anderes gewollt hätten, sei eine unbeachtliche Neuerung. Soweit sich die klagende Partei auf eine Unternehmensveräußerung im Jahre 1974 berufe, übersehe sie, daß § 12 Abs. 3 MRG unabhängig von der Kenntnis der Unternehmensveräußerung nur auf Unternehmensveräußerungen nach dem 1. Jänner 1982 anzuwenden sei. Sei die Unternehmensveräußerung 1974 erfolgt, könne die Frage, ob die Veräußerung der Geschäftsanteile an der das Unternehmen betreibenden Kapitalgesellschaft als Unternehmensveräußerung im Sinne des § 12 Abs. 3 MRG anzusehen sei, auf sich beruhen. Sei die klagende Partei auch gemäß § 12 Abs. 3 MRG nicht zur Vorschreibung eines angemessenen Mietzinses berechtigt, könne auch dem Räumungsbegehren, das sich bloß auf Nichtzahlung des Mietzinses stütze, kein Erfolg beschieden sein.

Rechtliche Beurteilung

Die von der klagenden Partei erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

In der Rechtsrüge stützt die klagende Partei ihre Ansprüche nur mehr auf die behauptete Unternehmensveräußerung. Auf die im Mietvertrag vom 23. November 1972 enthaltene Zinsanpassungsklausel könnte das Begehren schon deshalb nicht gestützt werden, weil zufolge § 16 a Abs. 1 MRG Vereinbarungen in einem vor dem 1. Jänner 1982 geschlossenen Vertrag, die eine Erhöhung des Hauptmietzinses für den Falle einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Höhe des Hauptmietzinses vorsehen, rechtsunwirksam sind und § 16 a MRG gemäß Art. IV Z 7 des am 1. Jänner 1986 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1985, mit dem das Mietrechtsgesetz, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz und das Wohnhaussanierungsgesetz geändert wurden (BGBl. Nr. 559), auch auf die zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren anzuwenden ist. Soweit die klagende Partei ihr Räumungs- und Feststellungsbegehren darauf stützt, sie sei gemäß § 12 Abs. 3 letzter Satz MRG berechtigt, von den beklagten Parteien den nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs- und Erhaltungszustand angemessenen Betrag zu fordern, weil der Erstbeklagte seine Geschäftsanteile an der Rechtsvorgängerin der zweitbeklagten Partei an die H*** H*** AG veräußert habe, übersieht sie, daß § 37 Abs. 1 Z 8 MRG die Prüfung der Zulässigkeit des wegen der behaupteten Unternehmensveräußerung begehrten Hauptmietzinses in das Verfahren außer Streitsachen verweist (JBl. 1986, 38 mwN; Würth-Zingher, MRG2 Anm. 16 zu § 37) und hierüber überdies die vorherige Entscheidung der Gemeinde einzuholen ist (§ 39 Abs. 1 MRG). Da das Räumungsbegehren, wozu die Revision im übrigen keine besonderen Ausführungen enthält, lediglich auf den (qualifizierten) Rückstand des begehrten erhöhten Mietzinses gegründet wird (§ 1118 zweiter Fall ABGB), ist die Entscheidung (der Gemeinde bzw.) des Außerstreitrichters somit präjudiziell. Im übrigen hat die klagende Partei in der Verhandlungstagsatzung am 25. Oktober 1985 (ON 5, S 25) selbst vorgebracht, der Erstbeklagte habe 1974 das von ihm in den Geschäftsräumlichkeiten betriebene Unternehmen an die H*** H*** AG veräußert und damit gleichzeitig die Mitmietrechte abgetreten; diese Gesellschaft habe das Unternehmen sodann einschließlich dieser Mitmietrechte gleichfalls noch 1974 an die zweitbeklagte Partei durch Rechtsgeschäfte übertragen. Schon nach ihren eigenen Behauptungen könnte deshalb die klagende Partei, gestützt auf diese Unternehmensveräußerung, die Erhöhung des Mietzinses auf den angemessenen Betrag nicht begehren, weil die Bestimmung des § 12 Abs. 3 MRG nach ständiger Rechtsprechung nur auf Unternehmensveräußerungen nach dem 1. Jänner 1982 anzuwenden ist (MietSlg. 37.278 f, 36.279/12, 35.303/14 und 23 uva; Würth-Zingher aaO Anm. 4 zu § 12). Soweit die klagende Partei erstmals in der Revision und damit im Widerspruch zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen behauptet, die Unternehmensveräußerung - jedenfalls die Übertragung des Unternehmens - habe erst nach dem 1. Jänner 1982 stattgefunden, ist auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen, weil es sich dabei um eine im Rechtsmittelverfahren unbeachtliche Neuerung handelt.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E11088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00587.87.0513.000

Dokumentnummer

JJT_19870513_OGH0002_0010OB00587_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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