TE OGH 1987/5/14 12Os24/87

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Veröffentlicht am 14.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz R*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 und 15 StGB und eine andere strafbare Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Ronald Z*** und Franz R***, sowie die Berufungen der Angeklagten Karl B*** und Andreas W*** gegen das Urteil des Kreis- nunmehr Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 1.Juli 1986, GZ 15 Vr 586/86-37, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik und der Verteidiger Dr. Gradzinski, Dr. Kletzl, Dr. Calice und Dr. Mühl jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die Freiheitsstrafen herabgesetzt werden wie folgt:

bei Ronald Z*** auf 18 Monate,

bei Franz R*** auf 14 Monate,

bei Karl B*** auf 2 1/2 Jahre

und bei Andreas W*** auf 8 Monate.

Im übrigen wird der Berufung des Ronald Z*** nicht Folge

gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (neben zwei weiteren Angeklagten) Ronald Z*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB sowie des Vergehens der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs 1 (125) StGB und Franz R*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 15 StGB schuldig erkannt.

Diese Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten Ronald Z*** und Franz R*** mit (getrennt ausgeführten) Nichtigkeitsbeschwerden. Der Strafausspruch wird von diesen beiden Angeklagten und von Karl B*** und Andreas W*** mit Berufungen angefochten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ronald Z***:

Der Angeklagte Ronald Z*** macht die Nichtigkeitsgründe der Z 1, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Unter Anrufung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes rügt er, daß die beisitzende Richterin Mag.Gertrude B*** entgegen der Vorschrift des § 68 Abs 2 StPO an der Hauptverhandlung teilgenommen habe, obwohl sie im Vorverfahren zum Teil als Untersuchungsrichterin fungiert und in Ansehung zweier ihm laut Anzeige der Bundespolizeidirektion St.Pölten vom 28.April 1986 angelasteter Einbruchsdiebstähle (Urteilsfakten A/ I/ 1/a und b, aa) Anzeigeerstattung auf freiem Fuß angeordnet habe (vgl S 99 d.A). Den Beschwerdeausführungen zuwider ist dieser Umstand dem Angeklagten Ronald Z*** nicht erst aus Anlaß der Akteneinsicht seines Verteidigers nach Urteilsfällung, sondern schon zu Beginn der Hauptverhandlung durch eine entsprechende Mitteilung des Vorsitzenden des Schöffengerichts zur Kenntnis gelangt (vgl S 274 d.A). Mithin hätte vom Angeklagten der vom Vorsitzenden offengelegte allfällige Ausschlußgrund sofort geltend gemacht werden müssen. Weil er dies unterlassen hat, haftet dem Verfahren der Nichtigkeitsgrund der Z 1 des § 281 Abs 1 StPO nicht an (vgl Mayerhofer-Rieder 2 , ENr 31 a, 32 zu § 281 Z 1 StPO). Zu Punkt B/ des Schuldspruchs liegt dem Angeklagten Ronald Z*** zur Last, am 18.Dezember 1985 in St.Pölten sich fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem Rausch den PKW VW Passat des Johann B*** durch Fußtritte beschädigt zu haben, wobei der Schade S 4.320,-- beträgt, mithin eine Handlung begangen zu haben, welche ihm außer diesem Zustand als Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zugerechnet würde.

Der Beschwerdeeinwand des Angeklagten Z***, die Annahme seiner Täterschaft sei vom Erstgericht mangelhaft im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO begründet worden, ist nicht berechtigt. Es trifft zwar zu, daß die Zeugin Eleonore S*** den Angeklagten Ronald Z*** nicht eindeutig als Täter zu identifizieren vermochte. Die Annahme seiner Täterschaft stützte das Erstgericht aber darauf, daß Statur und Kleidung des von der Zeugin beobachteten und beschriebenen Täters mit Statur und Kleidung Z*** übereinstimmten (vgl S 20 in ON 14 d.A), sowie auf die Angaben des Revierinspektors Gerhard K*** im Vorverfahren, wonach der Weg des genannten Angeklagten am Tatort vorbeigeführt hat und nach dem zeitlichen Ablauf nur der Angeklagte Z*** in Betracht komme (vgl S 18 in ON 14 und Urteil ON 37, S 34). Die vom Schöffengericht auf Grund dieser Verfahrensergebnisse gewonnene Überzeugung, daß Ronald Z*** mit Sicherheit als Täter anzusehen ist, beruht daher auf logisch einwandfreien Erwägungen. Konkrete Widersprüche zwischen den Darstellungen der Zeugin S*** und des Polizeibeamten K*** werden in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Laut Punkt A/ I/ 2/ a und b des Schuldspruchs hat der Angeklagte Ronald Z*** in der Zeit zwischen Jänner 1986 und 20.Februar 1986 zum einen in Gesellschaft des Mitangeklagten Karl B*** Mehlspeisen und Backwaren im Wert von 140 S und zum anderen in Gesellschaft des Karl B*** sowie des abgesondert verfolgten Franz S*** Mehlspeisen und Backwaren im Wert von 210 S auf dem frei zugänglichen Firmengelände des Franz P*** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich bei diesen Tathandlungen richtigerweise um Entwendungen, weil sich aus den Umständen der Tatbegehung, insbesondere aus dem Verzehr der Backwaren jeweils unmittelbar nach Vollendung der Tat ergebe, daß die betreffenden Zugriffe nur zur Befriedigung eines Gelüstes sowie im Hinblick auf seine damalige finanzielle Lage aus Not erfolgt seien.

Der behauptete Subsumtionsirrtum (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) liegt indes nicht vor. Konkrete Umstände, die eine Beurteilung der zum Nachteil des Franz P*** begangenen Sachwegnahmen bloß als Entwendung nach § 141 Abs 1 StGB zur Folge haben konnten (vgl die gemäß § 2 Abs 5 zweiter Satz StPO als Ermächtigung geltende Erklärung des Verletzten, sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter anzuschließen, S 64 in ON 14 d.A), sind vom Angeklagten Ronald Z*** im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht worden. Tatbegehung aus Not ist schon im Hinblick auf seine Verantwortung, zur Tatzeit von der Mutter des Mitangeklagten Karl B*** verpflegt worden zu sein (vgl S 52 d.A), nicht indiziert gewesen; denn unter Not wäre nur ein quälende Unlust hervorrufender Zustand akuten Mangels an den notwendigsten Bedarfsgegenständen zu verstehen (vgl Leukauf-Steininger, Komm z StGB 2 , RN 12 zu § 141). Zur Befriedigung eines Gelüstes hinwieder handelt derjenige, der ein gegenwärtiges eigenes Bedürfnis sofort oder doch zumindest alsbald befriedigen will (vgl SSt 53/58; Kienapfel BT II, RN 39 zu § 141 StGB). Dies bedeutet, daß einem Täter die Privilegierung des § 141 Abs 1 (dritte Alternative) StGB nur zustatten kommt, wenn er die Nahrungs- oder Genußmittel geringen Wertes, die er einem anderen entzieht oder sich zueignet, ausschließlich zum eigenen (alsbaldigen) Verbrauch verwenden will. Verfolgt er mit seinem deliktischen Verhalten hingegen das Ziel, mit dem Deliktsgegenstand auch Bedürfnisse eines anderen zu befriedigen, so kommt unter diesem Gesichtspunkt eine Tatbeurteilung als Entwendung nicht in Betracht, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der andere Tatbeteiligter ist oder nicht. Denn wenngleich bei der Entwendung das Zusammenrechnungsprinzip (§ 29 StGB) nicht Platz greift, ist bei Mittäterschaft jedem an einer solchen Tat Beteiligten nicht nur jene Sache, die er selbst für sich entzogen hat, sondern die Gesamtmenge der bei dem gemeinsam unternommenen Angriff entzogenen Sachen zur Last zu legen (vgl Leukauf-Steininger, Komm z StGB 2 , RN 9 zu § 141 StGB; zweifelnd Kienapfel BT II, RN 22 zu § 141 StGB). Aus der Urteilsannahme, wonach der Angeklagte Ronald Z*** im einverständlichen Zusammenwirken mit Karl B*** bzw mit Karl B*** und dem abgesondert verfolgten Franz S*** gehandelt und nicht nur die Wegnahme jenes Teiles an Backwaren und Mehlspeisen, welche er in der Folge selbst konsumiert hat, sondern die gesamte, jeweils von den Mittätern an sich gebrachte Warenmenge (im Wert von 140 S bzw 210 S) von seinem Vorsatz umfaßt gewesen ist, folgt daher, daß der Zugriff auf fremdes Vermögen nicht bloß dem Zweck eigener Bedürfnisbefriedigung gedient hat, sondern die Motivation seines Tuns darüber hinaus auch auf die Beschaffung von Nahrungsmitteln für andere gerichtet gewesen ist.

Schon deshalb sind dem Angeklagten Ronald Z*** Beweggründe, welche eine Strafbarkeit der von ihm zum Nachteil des Franz P*** begangenen Tathandlungen nur als Entwendung zur Folge haben würden, zu Recht nicht zugebilligt worden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz R***:

Die auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz R*** ist nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Diesem Beschwerdeführer liegt zur Last, in St.Pölten mit Bereicherungsvorsatz in Gesellschaft des Mitangeklagten Karl B*** in der Nacht zum 23.April 1986 dem Rudolf W*** Getränke und Lebensmittel im Wert von ca 1.750 S sowie einen Radiorecorder im Wert von ca 1.000 S und in der Nacht zum 24.April 1986 dem Franz B*** eine Flasche Rum und sechs Gewürzstreuer im Wert von insgesamt ca 150 S durch Einbruch weggenommen zu haben (Punkt A/ I/ 1/ c/), sowie am 24.April 1986 in Gesellschaft des Karl B*** dem Walter L***, der Edeltraud L*** und

der Grete L*** durch Einbruch in deren Schrebergartenhütten Wertgegenstände und am selben Tag in Gesellschaft des Karl B*** und des Andreas W*** Verfügungsberechtigten der Firma B*** drei Igloo-Zelte im Gesamtwert von 6.600 S wegzunehmen versucht zu haben (Punkte A/ II/ 1/ und 2/ des Schuldspruchs).

Die Verantwortung des Angeklagten Franz R***, an diesen Straftaten nicht beteiligt gewesen zu sein, erachtete das Gericht auf Grund der ihn belastenden Angaben des Karl B*** vor der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter, bezüglich des Diebstahlsversuchs zum Nachteil der Firma B*** überdies unter Heranziehung der Angaben des Mitangeklagten Andreas W*** vor der Polizei sowie der Zeugenaussage des Kurt B***, von dem Franz R*** eindeutig als einer der Tatbeteiligten identifiziert wurde, für widerlegt (vgl Urteil ON 37, S 18 ff, S 29 ff).

Den Beschwerdeausführungen des Angeklagten Franz R*** zuwider haften der bezüglichen Urteilsbegründung keine logischen Widersprüche an. Das Schöffengericht ist davon ausgegangen, daß der Mitangeklagte Karl B*** bei seiner ersten Vernehmung zu den Schrebergartendiebstählen am 24.April 1986 zunächst alle Mittäter aus dem Verfahren hatte heraushalten wollen (vgl S 30 f d.A), dann aber bei seinen weiteren Vernehmungen durch die Polizei am 25. April 1986 (vgl S 41 ff d.A) und vor dem Untersuchungsrichter (ON 5) den Tathergang und die Beteiligung des Angeklagten Franz R*** an der Tatausführung wahrheitsgemäß dargestellt hat, daß für den Angeklagten B*** kein Grund für eine Falschbeschuldigung bestand, und daß er schließlich in der Hauptverhandlung seine R*** belastenden Angaben nur deshalb widerrufen hat, um diesen zu decken. Die Ausführungen des Beschwerdeführers stellen den Versuch dar, in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und solcherart unbeachtlichen Weise die Richtigkeit der - auf durchaus schlüssigen und lebensnahen Erwägungen

beruhenden - Urteilsfeststellungen in Zweifel zu ziehen, mit denen seine Täterschaft als erwiesen angenommen wurde, ohne jedoch formelle Begründungsmängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzeigen zu können.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ronald Z*** und Franz R*** waren sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte gemäß §§ 129, 28 StGB über Ronald Z*** zwei Jahre, über Franz R*** sechzehn Monate, über Karl B*** drei Jahre und über Andreas W*** ein Jahr Freiheitsstrafe. Die Vorhaftzeiten wurden auf diese Strafen angerechnet. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei Ronald Z*** als erschwerend den raschen Rückfall, die einschlägigen Vorstrafen und das Vorliegen mehrerer Angriffe, als mildernd das Alter unter 21 Jahren, das reumütige Geständnis sowie die Zustandebringung eines Teiles der Beute, bei Franz R*** als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Mehrzahl der Angriffe, als mildernd, daß es teilweise beim Versuch blieb, bei Karl B*** als erschwerend den raschen Rückfall, die Mehrzahl der Angriffe sowie die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das reumütige Geständnis, daß es teilweise beim Versuch blieb und daß ein Teil der Beute zustandegebracht wurde, und bei Andreas W*** als erschwerend den raschen Rückfall und die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd das Alter unter 21 Jahren, das Geständnis und daß es teilweise beim Versuch blieb.

Mit ihren Berufungen begehren die Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, Ronald Z*** außerdem bedingte Strafnachsicht. Die Berufungen der Angeklagten R***, B*** und W*** sind berechtigt, ebenso die des Ronald Z***, soweit sie sich gegen die Strafhöhe richtet.

Das Erstgericht, das im übrigen die Strafbemessungsgründe zutreffend und vollständig annahm, hat den Unrechtsgehalt der Taten der Angeklagten überbewertet, wenn man die relativ geringe Höhe der Beute berücksichtigt. Auch wurde das Geständnis der Angeklagten Z***, B*** und W*** und das Alter der Angeklagten Z*** und W*** unter 21 Jahren nicht ausreichend gewürdigt. Bei den vorliegenden Strafbemessungsgründen, dem Schuldgehalt der Taten und der Persönlichkeit der einschlägig vorbestraften Angeklagten sind die aus dem Spruch ersichtlichen Freiheitsstrafen angemessen. Den Strafberufungen war somit in diesem Umfang Folge zu geben. Hingegen kam die von Z*** angestrebte bedingte Strafnachsicht bei seinem Vorleben nicht in Betracht.

Es war somit spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E11051

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00024.87.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19870514_OGH0002_0120OS00024_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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