Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Mai 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin in der Strafsache gegen Margarete R*** und Manfred R*** wegen des Vergehens des Hausfriedensbruchs nach § 109 Abs 3 Z. 3 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts Steyr als Schöffengerichts vom 12. März 1987, GZ 7 b Vr 761/86-8, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Das Ehepaar Margarete und Manfred R*** wurde der Vergehen des Hausfriedensbruchs nach § 109 "Abs 1 und Abs 2 Z. 3" StGB. (I 1; richtig war die Tat nur dem Offizialtatbestand des § 109 Abs 3 Z. 3 StGB. zu unterstellen: LSK. 1978/73) und der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. (I 2), Manfred R*** überdies des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB. (II) schuldig erkannt. Darnach haben Margarete und Manfred R*** am 8.November 1986 in Kleinreifling gemeinsam den Eintritt in die im selben Haus gelegene Wohnung der Aurelia G*** durch Eindrücken der versperrten Wohnungstür erzwungen und dabei das Türschloß vorsätzlich beschädigt (Schaden ca. 300 S). Am 23. Jänner 1987 hat überdies Manfred R*** durch einen mit einer Schneeschaufel geführten Schlag Aurelia G*** vorsätzlich leicht verletzt (Mandelhämatom rechts, mehrere kleine Schnitt- und Schürfwunden im Bereich der rechten Gesichtshälfte, Schnittwunde am rechten Zeigefinger, Prellung des linken Handrückens mit Hämatom des linken Unterarms).
Rechtliche Beurteilung
In ihrer gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerde fechten die Angeklagten das Urteil aus § 281 Abs 1 Z. 4, 5, 9 lit a und b StPO. an.
Der Durchführung eines Ortsaugenscheins (zu I) bedurfte es, der Verfahrensrüge zuwider, nicht, weil die Erstrichter ohnehin vom angestrebten Beweisergebnis ausgegangen sind, daß nämlich zufolge kürzester Distanz zwischen den Wohnungen des Ehepaars R*** und der Zeugin G*** Manfred R*** am 8.November 1986 seiner Gattin unverzüglich hätte nachfolgen können. Zur etwaigen Überprüfung der Angaben der Zeugin G*** aber wurde der Beweisantrag nicht gestellt, sodaß diesbezügliche
Ausführungen - erstmals im Rechtsmittel - versagen müssen. Zur Beantwortung der Frage (II), ob am 23.Jänner 1987 G*** gegen den Angeklagten R*** mit einer Zaunlatte vorgegangen ist, bevor dieser auf sie einschlug, konnte der beantragte Ortsaugenschein nicht beitragen. Ob aber G*** vor Betreten der Wohnung R*** dessen Türschloß beschädigt hat, ist eine unentscheidende und deshalb nicht beweisbedürftige Tatsache, weil die Angriffshandlung des Angeklagten erst einsetzte, als G*** seine Wohnung bereits betreten hatte, sodaß die Tätlichkeit des Rechtsmittelwerbers keinesfalls der Abwehr einer Sachbeschädigung diente. Auch hierin kann den erstinstanzlichen Weisungsgründen durchaus gefolgt werden (S. 76).
Den Tatrichtern ist es - entgegen der Mängelrüge - keineswegs verwehrt, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit Vorstrafen des Angeklagten zu befassen, die sich aus in der Hauptverhandlung verlesenen Akten und der Strafregisterauskunft ergeben. Gleiches gilt für aus der verlesenen Anzeige hervorgehende Einkommensverhältnisse (§ 258 Abs 1 StPO.). Die ständigen Auseinandersetzungen zwischen dem Ehepaar R*** und der Zeugin G*** blieben im Urteil nicht unerwähnt, sondern führten gerade deshalb zu einer besonders kritischen und genauen Prüfung der Aussage der Belastungszeugin G*** (S. 83 ff.).
Das Erstgericht stellt zum Vorfall am 23.Jänner 1987 nur fest, daß G*** mit einem nicht näher bekannten Gegenstand gegen die Wohnungstür des Manfred R*** geschlagen hat und der Genannte nach Öffnen der Tür der Aurelia G*** mit Verletzungsvorsatz einen Schlag mit einer Schneeschaufel in das Gesicht versetzt hat (S. 81). Alle weiteren, in der Beschwerde angeführten Verhaltensweisen der Aurelia G*** sind im Urteil nicht festgestellt und können deshalb einen Widerspruch nicht begründen.
In den Entscheidungsgründen ist die in der Hauptverhandlung abgelegte Aussage der Zeugin G*** wiedergegeben (S. 84). Diese wurde in Verbindung mit den Angaben der Zeugin vor der Gendarmerie kurz nach dem Vorfall sowie mit den sonstigen Verfahrensresultaten gewürdigt, darauf wurden die Feststellungen gegründet. Es stellt keinen Widerspruch dar, wenn der Schöffensenat unter Abwägung aller Beweismittel die unmittelbar nach dem Tatgeschehen bei der Gendarmerie gemachten Angaben als glaubwürdig erachtet. Die Rechtsrügen (Z. 9 lit a und b) entbehren insgesamt einer gesetzmäßigen Darstellung. Ein an sich richtiger Hinweis in der Beschwerde betrifft einen jederzeit, d.h. auch nach Rechtskraft (§ 270 Abs 3 StPO., siehe 9 Os 66/69, 9 Os 67/71, 11 Os 116/72, 11 Os 177/72, 12 Os 144/73, 13 Os 68/82, 13 Os 138,139/86) zu korrigierenden Schreibfehler (§ 109 Abs 2 Z. 3 statt § 109 Abs 3 StGB.). Indes enthält dieses Vorbringen keine Behauptung, daß die den Angeklagten zur Last fallende Tat etwa nicht zur Zuständigkeit der Gerichte gehörte (Z. 9 lit a). Trotz gegenteiliger Beschwerdeauffassung wurde festgestellt, daß nicht nur das Eindringen der Margarete R***, sondern auch das ihres Mannes in die Wohnung der Aurelia G*** erzwungen wurde (S. 81). Desgleichen ist der gemeinsame Sachbeschädigungsvorsatz der Angeklagten konstatiert (S. 89). Die Ausführungen in der Rechtsrüge, daß eine Schädigungsabsicht (gemeint: Schädigungsvorsatz) bei niemandem erwiesen sei, ist damit aus rechtlicher Sicht einer Erwiderung nicht zugänglich.
Eine Feststellung des Inhalts, daß Aurelia G*** am 23. Jänner 1987 mit einer Zaunlatte gegen die Wohnungstür des Ehepaars R*** geschlagen habe, wurde nicht getroffen, ebensowenig, daß G*** damals erregt war, wild geschrien hätte und Manfred R*** in einer Notwehrsituation gewesen sei. Soweit die Beschwerde, von solchen urteilsfremden Annahmen ausgehend, die mangelnde Strafwürdigkeit (§ 42 StGB.) der Tat (II.) reklamiert, gelangt sie nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Gleiches gilt für die zum Faktum I unter demselben Nichtigkeitsgrund (Z. 9 lit b) erstatteten Ausführungen, die Angeklagte R*** hätte sich nur geringfügig an die fremde Tür gelehnt, als sich diese bereits öffnete, während im Urteil festgehalten ist, daß die Beschwerdeführerin mit Wissen und Billigung ihres Gatten durch kräftiges Dagegenstemmen die Tür der G*** eingedrückt hat. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z. 2 StPO.), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs 1 Z. 1 StPO. in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO.) bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen. Über die Berufung der beiden Angeklagten wird gemäß § 296 Abs 3 StPO. spruchgemäß verfahren werden.
Anmerkung
E11303European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00066.87.0514.000Dokumentnummer
JJT_19870514_OGH0002_0130OS00066_8700000_000