TE OGH 1987/5/19 11Os37/87

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Veröffentlicht am 19.05.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Mai 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef S*** wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 2 und 3 (1. Fall) StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29.Oktober 1986, GZ 3 a Vr 5337/86-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kodek, und des Verteidigers Dr. Leon, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch zu Punkt II des Urteilssatzes und im Strafausspruch aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Josef S*** ist schuldig, er hat am 2.Mai 1986 in Höflein eine fremde Sache, nämlich ein Bürofenster des Friedhelm L***, durch Zerschlagen des Glases beschädigt.

Er hat hiedurch das Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Schuldspruch gemäß den Punkten I 1 und 2 des Urteilssatzes zur Last liegende Vergehen des unbefugten Gebrauches von Kraftfahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1, 2 und 3 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 136 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Monaten verurteilt.

Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft und die Verpflichtung zum Ersatz der Verfahrenskosten werden aus dem Ersturteil übernommen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef S*** I./ des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1, 2 und 3 (1. Fall) StGB und II./ des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs. 1, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Nach dem zuletzt erwähnten Schuldspruch (Punkt II des Urteilssatzes) versuchte der Angeklagte am 2.Mai 1986 - vor Ingebrauchnahme des im Punkt I/2 des Urteilssatzes erwähnten PKWs -, eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein (Kfz-)Probekennzeichen in unbekanntem, 5.000 S jedoch nicht übersteigenden Wert durch Einschlagen eines Bürofensters, sohin durch Einbruch, wegzunehmen. Nur diesen Teil des Schuldspruchs (Punkt II des Urteilssatzes) bekämpft der Angeklagte mit einer auf den § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und lit b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, und zwar mit der Begründung, daß er nicht den Vorsatz gehabt habe, das Kennzeichen zu stehlen und sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Er habe es vielmehr nur während der "Spritzfahrt" (Faktum I/2) verwenden wollen. Es liege daher keine gerichtlich strafbare Handlung vor, zumal ein Probekennzeichen auch keinen wirtschaftlichen Wert besitze. Aus "Vorsichtsgründen" macht der Beschwerdeführer auch noch Rücktritt vom Versuch (§ 16 Abs. 1 StGB) geltend.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt überwiegend Berechtigung zu. Das Erstgericht stellte zu dem in Rede stehenden Anklagevorwurf lediglich fest, daß der Angeklagte, weil der von ihm für eine unerlaubte "Spritzfahrt" ausgewählte PKW "keine Kennzeichen hatte", versuchte, "mit einer alten Autobatterie das Fenster des Bürogebäudes einzuschlagen" (was ihm auch gelang - siehe S 11, 53, sowie Punkt II des Urteilssatzes) - "um ein Probekennzeichen zu stehlen". Da er (sodann) beim Öffnen der Fensterflügel auf Widerstand stieß, ließ er von diesem Vorhaben ab (US 5, 6). In dem substanzlosen Gebrauch des Wortes "stehlen" (auf US 6 ist sogar nur von "besorgen" die Rede) kann die - auch im Urteilsspruch nicht aufscheinende - Feststellung des für den Diebstahl erforderlichen Vorsatzes, sich durch die Wegnahme der Sache unrechtmäßig zu bereichern, nicht erblickt werden. Ein Eingehen auf die das Fehlen einer Grundlage in den Beweisergebnissen für einen solchen Vorsatz an sich zutreffend aufzeigende Mängelrüge (Z 5) ist daher nicht erforderlich. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Urteilsfeststellungen die Annahme eines Diebstahls der Probekennzeichen nicht decken. Ungeachtet dieses Feststellungsmangels ist die Sache dennoch entscheidungsreif, weil nach Lage des Falles auch in einem zweiten Rechtsgang ein Bereicherungsvorsatz des Angeklagten nicht festgestellt werden könnte; findet sich doch kein Hinweis für die Annahme, der Angeklagte hätte die Probekennzeichen nach Rückstellung des unbefugt in Gebrauch genommenen PKWs, an dem er sie anbringen wollte, wieder abmontieren und für sich behalten wollen. Demgemäß erübrigt es sich auch auf die Frage eines allfälligen Rücktritts vom Versuch des Diebstahls der Kennzeichen sowie darauf einzugehen, ob solche überhaupt Objekt eines Diebstahls sein können.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird die im Punkt II der Anklage inkriminierte Tat damit allerdings nicht straflos. Zwar kann in der versuchten Wegnahme der Kraftfahrzeugkennzeichentafeln nach der besonderen Lage des Falles auch nicht ein das Vergehen der versuchten Urkundenunterdrückung nach den §§ 15, 229 StGB verwirklichendes Verhalten gefunden werden, weil es schon an jedem Anhaltspunkt für eine allfällige Feststellungsmöglichkeit fehlt, daß die in Aussicht genommene bloß vorübergehende Verwendung der Probekennzeichen für das in der Folge noch in derselben Nacht wieder zum früheren Abstellplatz zurückgebrachte Fahrzeug der Marke Volvo von dem (zumindest bedingten) Vorsatz getragen war, den Gebrauch der Urkunden (§ 49 Abs. 1 KFG) im Rechtsverkehr zu Beweiszwecken zu verhindern, d.h. den Berechtigten um die Möglichkeit zu bringen, sich der ausschließlich im Werkstättenbetrieb verwendbaren (§ 45 KFG) Probekennzeichen (zur Nachtzeit) zu bedienen. Wohl aber entspricht das vorsätzliche Einschlagen der Fensterscheibe, das die vom Erstgericht angenommene Einbruchsqualifikation des Diebstahls begründete, den Tatbestandserfordernissen des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB.

Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, in seinem Schuldspruch zu Punkt II des Urteilssatzes sowie im Strafausspruch aufzuheben und das im Punkt II der Anklage inkriminierte Verhalten dem § 125 StGB zu unterstellen. Im übrigen aber war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Bei der Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof die einschlägigen Vorstrafen, die zweifache Deliktsverwirklichung nach dem § 136 StGB sowie das Zusammentreffen von zwei Vergehen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das umfassende Geständnis des Josef S*** als mildernd.

In Anbetracht der erheblich milderen materiellrechtlichen Beurteilung des ehedem strafnormierenden Urteilsfaktums II erscheint eine Freiheitsstrafe von neun Monaten ausreichend, um die Schuld des Angeklagten und den Unrechtsgehalt seiner Taten voll zu erfassen. Die Aussprüche über die Anrechnung der Vorhaft und die Verpflichtung zum Ersatz der Verfahrenskosten wurden aus dem Ersturteil übernommen.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E11041

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00037.87.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19870519_OGH0002_0110OS00037_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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