Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Mai 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter E*** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 26.März 1987, GZ 7 Vr 1003/86-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 30-jährige Walter E*** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch "in Gesellschaft eines Beteiligten" nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 19.März 1985 in Ried im Innkreis in Gesellschaft des abgesondert verfolgten und (zu 6 Vr 280/85 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis) bereits rechtskräftig verurteilten Richard G*** fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Bargeld in der Höhe von mindestens 1.380 S, dem Adolf M*** durch Aufbrechen eines Spielautomaten mit Bereicherungsvorsatz weggenommen. Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Das Schöffengericht hat die eine Tatbeteiligung leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers auf Grund der als glaubwürdig beurteilten, ihn belastenden Aussagen des als Zeugen vernommenen Richard G*** vor dem Untersuchungsrichter (S 64) und in der Hauptverhandlung (S 98, 99) für widerlegt erachtet (S 112 ff, insb. S 114), wobei es als entscheidendes Indiz für die Glaubwürdigkeit dieser Bekundungen anführt, daß G*** den Beschwerdeführer "von Beginn an" (S 113, 114), mithin schon bei seiner ersten Einvernahme vor der Gendarmerie (S 113) belastet habe, und zwar zunächst "nur" in Richtung der Hehlerei (so vor der Gendarmerie am 29.März 1985) und sodann in Richtung der Gesellschaftstäterschaft (vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung). Demgegenüber wendet der Beschwerdeführer zutreffend ein, daß G*** - wie sich aus dem (ihn betreffenden) Beiakt 6 Vr 280/85 ergibt, der in der Hauptverhandlung verlesen worden ist (S 100) und auf den sich das Urteil auch als Beweismittel bezieht (S 108) - am 20.März 1985 erstmals am Gendarmerieposten Ried im Innkreis vernommen wurde und dabei den Beschwerdeführer in keiner Weise erwähnt hat (vgl. S 11, 12 im bezogenen Beiakt), was das Erstgericht mit Stillschweigen übergeht. Dazu kommt, daß G*** im übrigen auch bei seiner Vernehmung als Beschuldigter am 22.März 1985 (ON 4/S 23 ff in 6 Vr 280/85) keine belastenden Angaben bezüglich des Beschwerdeführers gemacht, sondern im Gegenteil erklärt hat, bei der Ausführung der Tat allein gewesen zu sein und keinen Komplizen gehabt zu haben (S 24 im bezogenen Beiakt).
Indem das Schöffengericht die von der Beschwerde ins Treffen geführten ersten Angaben des G***, aus denen sich ergibt, daß der Genannte den Beschwerdeführer jedenfalls nicht von Beginn an einer strafbaren Mitwirkung an der Tat (sei es in Form einer Hehlerei, sei es in Form einer Gesellschaftstäterschaft) beschuldigt hat, sondern ihn vielmehr (zunächst) in keiner Weise mit seiner Tat in Zusammenhang brachte, stillschweigend übergeht, wiewohl es sich dabei um ein Verfahrensergebnis handelt, bei dessen Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar ist, haftet dem Urteil die reklamierte Unvollständigkeit und damit der Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO an, was zur Kassierung des Schuldspruchs und zur Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz führen muß (§ 285 e StPO). Der Relevanz dieses Begründungsmangels steht auch nicht entgegen, daß das Gericht davon ausgeht, es sei zwischen dem Angeklagten und G*** vereinbart worden, daß derjenige von ihnen "alles auf seine Kappe nehme, der als erster ausgeforscht werde" (S 113 unten/S 114 oben); läßt doch die darauf gegründete weitere Argumentation der Tatrichter nicht erkennen, warum G*** sich schon wenige Tage darnach (und nicht erst, nachdem er von einer Beschimpfung seitens des Beschwerdeführers nach dessen Inhaftierung im Oktober 1985 erfahren hatte) nicht mehr an diese Absprache gebunden fühlen sollte. Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.
Anmerkung
E10870European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0140OS00065.87.0520.000Dokumentnummer
JJT_19870520_OGH0002_0140OS00065_8700000_000