Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "S***" Steirische Brauindustrie Aktiengesellschaft, Graz, Reininghausstraße 1-7, vertreten durch Dr. Richard Kaan, Dr. Helmut Cronenberg, Dr. Hans Radl, Dr. Stephan Moser, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Josef W***, Kaufmann, Graz, Rannachstraße 41, vertreten durch Dr. Franz Wiesner und Dr. Gertrud Wiesner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 476.484,40 S sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 28. Oktober 1986, GZ 1 R 138/86-32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 20. Mai 1986, GZ 19 Cg 65/85-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 15.307,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 1.391,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte trat im Jahre 1980 an die klagende Partei heran und machte ihr Emeil H***, Omdurman, Sudan, als Abnehmer für Bier namhaft. Prokurist des Unternehmens war Faruk Lukas G***. Die klagende Partei lieferte in der Folge an Emeil H*** Bier; der Beklagte gab zunächst für jeden Geschäftsfall eine Bürgschaftserklärung ab. Die Lieferungen wurden auf der Basis von Dokumenteninkassos abgewickelt. Es stellte sich aber heraus, daß es Faruk Lukas G*** gelang, die Ware in Empfang zu nehmen, ohne Zahlung zu leisten, was nur möglich war, wenn das Dokumenteninkasso nicht ordnungsgemäß abgewickelt wurde. Der Beklagte und der Exportleiter der klagenden Partei Dkfm. Heinz I*** kamen überein, die Ware künftig an Emeil H*** gegen Akzept eines Wechsels auszufolgen; diese Vorgangsweise sollte ab November 1981 Platz greifen. Tatsächlich wurden von der klagenden Partei keine Wechsel, sondern kaufmännische Anweisungen ausgestellt. In einem an Faruk Lukas G*** gerichteten Schreiben vom 10. November 1981 (Blg ./F) erklärte die klagende Partei, der Beklagte habe die Ausfallshaftung (in der englischen Fassung des Schreibens: will guarantee ...) für die Einlösung der Wechsel übernommen. Die Lieferung der klagenden Partei vom 23. November 1981 (Warenwert 330.000 S) wurde von Emeil H*** am 12. Mai 1982, eine Lieferung vom 18. Jänner 1982 (Warenwert 330.000 S) am 20. Jänner 1983 bezahlt. Am 19. März 1982 übernahm die Österreichische Kreditversicherungs-Aktiengesellschaft Wien eine Rahmenexportkreditversicherung für Lieferungen an Emeil H*** mit einer Versicherungssumme von 1,215.000 S. Nach dem Inhalt des Versicherungsscheins deckte die Versicherung nur politische Versicherungsfälle gemäß Art. 6 Abs. 3 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Exportkreditversicherung (EKV). Politische Tatbestände in diesem Sinn sind a) Krieg oder kriegerische Ereignisse, b) Aufruhr oder Revolution, c) behördliche Maßnahmen, durch die der Transfer oder die freie Verfügung über die dem Versicherungsnehmer zustehende Gegenleistung beschränkt oder gehindert wird, und d) die Unmöglichkeit der Erfüllung aus sonstigen politischen Ereignissen. Am 2. März 1982 unterfertigte der Beklagte eine Bürgschaftserklärung folgenden Inhalts:
"Der Unterfertigte, Herr Joseph W***, wohnhaft in Graz, Göstingerstraße 136, erklärt sich bereit, für alle von ihm bzw. seinem Vater, Herrn Kirollus W***, vermittelten Aufträge an die Firma H***, Po.Box 60, O***, als Bürge und Zahler zu fungieren. Dies auch dann, wenn die Übergabe der Dokumente an die EL N*** B***, O*** C***, oder den genannten Auftraggeber nicht möglich sein sollte.
Außerdem wird festgehalten, daß der Auftraggeber verpflichtet ist, einen möglichen Kursverlust bei der Überweisung an die S*** B*** A***, 8020 Graz,
Reininghausstraße 1-7, zu vergüten."
Eine Haftung für Zinsen wurde zunächst nicht vereinbart.
Dem Klagebegehren liegen folgende Bierlieferungen zugrunde:
Rechnungs-Nr. Rechnungsdatum Betrag
1116/310/779 9.4.1982 330.000,-- S
1116/610/779 4.5.1982 660.000,-- S
990.000.-- S
Zahlung 496.000.-- S
Provisionsabzug 34.000,-- S
460.000,-- S.
Vom bezahlten Betrag von 496.000 S wurden 296.000 S am 23. März 1984 und 200.000 S am 13. November 1984 geleistet. An Kosten für die Rahmenexportkreditversicherung, die vereinbarungsgemäß vom Beklagten zu bezahlen waren, liefen 4.851 S an Spesen der
C***-B*** im Zusammenhang mit der versuchten
Hereinbringung der ausstehenden Forderung der klagenden Partei 11.633,40 S auf. Im Jahre 1983 lud Dkfm. Heinz I*** den Beklagten zu sich und erklärte, daß im Hinblick auf den Zahlungsverzug "die Angelegenheit zinsenlos nicht mehr geduldet werden könne" und die klagende Partei sich eine Belastung von 10 % Zinsen vorstelle. Der Beklagte erklärte, die klagende Partei möge Faruk Lukas G*** 10 % Zinsen auf aushaftende Beträge anrechnen und ihm, wenn die Bürgschaft zum Tragen kommen sollte, 5 % Zinsen verrechnen; damit war die klagende Partei einverstanden. Die C***-B*** versuchte im Auftrag der klagenden Partei mehrmals, die offene Forderung im Wege ihrer sudanesischen Korrespondenzbank, der EL N*** B***, hereinzubringen. Faruk Lukas G*** erklärte der EL N*** B*** wiederholt, Zahlung leisten zu wollen, lehnte aber schließlich weitere Zahlungen ohne Angabe von Gründen ab. Im Zuge der Bemühungen zur Hereinbringung der ausstehenden Beträge gewährte die klagende Partei eine Stundung bis zum 31. Dezember 1983. Im September 1983 wurde im Sudan islamisches Recht (Sharia) eingeführt, weshalb alle Alkoholbestände beschlagnahmt wurden. Der Handelsdelegierte der österreichischen Botschaft in Khartoum Dr. S*** vertritt die Ansicht, daß eine Klageführung im Sudan wegen Bezahlung des Entgelts für Alkohollieferungen keine Aussicht auf Erfolg hätte. Mit Schreiben vom 13. Februar 1985 teilte die Österreichische Kreditversicherungs-AG der klagenden Partei mit, daß die Tatsache der Nichtzahlung der in Rede stehenden Forderung einen wirtschaftlichen Tatbestand iS des Art. 6 Abs. 2 lit. a EKV darstelle, welches Risiko in der Rahmenexportkreditversicherung nicht gedeckt sei. Tatbestände, die einen politischen Versicherungsfall darstellten, seien nach zuverlässigen Informationen nicht eingetreten. Es seien lediglich einige Transferversicherungsfälle iS des Art. 6 Abs. 3 lit. c EKV festgestellt worden, die nach Abschluß der Umschuldungsverhandlungen zwischen der Republik Österreich und dem Sudan in das bilaterale Abkommen aufgenommen und in der Folge befriedigt worden seien. Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Bezahlung des Betrages von 476.484,40 S sA. Sie führte zur Begründung aus, der Beklagte habe für den aushaftenden Betrag die Haftung als Bürge und Zahler übernommen, der Schuldner Emeil H*** habe keine Zahlungen geleistet. Durch die abgeschlossene Kreditversicherung, die nur politische Versicherungsfälle decke, sei der Ausfall der Zahlungen nicht gedeckt.
Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Schaden der klagenden Partei sei durch die Kreditrisikoversicherung gedeckt. Die klagende Partei habe die Inanspruchnahme der Versicherungsleistung versäumt. Sie sei auch vom vereinbarten Dokumenteninkasso abgegangen, so daß er, da er nur die Ausfallsbürgschaft übernommen habe, haftungsfrei sei. Darüber hinaus habe es die klagende Partei nach Änderung der Zahlungsmodalitäten verabsäumt, die Zahlungen mittels Wechsel zu sichern. Die Wechsel wären so auszufertigen gewesen, daß auch die EL N*** B*** für die Wechselsumme mithafte. Dem Abnehmer im Sudan seien keine Wechsel, sondern nur schlichte Zahlungsanweisungen vorgelegt worden. Bei Ausstellung von Wechseln hätte er, Beklagter, wechselrechtliche Ansprüche gegen Emeil H*** bzw. Faruk Lukas G*** geltend machen können. Aus dem vertragswidrigen Verhalten der klagenden Partei sei dem Beklagten ein Schaden in Höhe des Klagsbetrages entstanden, der aufrechnungsweise geltend gemacht werde.
Der Erstrichter sprach aus, daß die geltend gemachte Forderung mit 476.484,40 S sA zu Recht, die einredeweise geltend gemachte Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe. Der Beklagte wurde demnach schuldig erkannt, der klagenden Partei den Klagsbetrag von 476.484,40 S sA zu bezahlen. Der Erstrichter stellte fest:
Die Streitteile hätten nicht vereinbart, daß die EL N*** B*** für die von Emeil H*** bzw. Faruk Lukas G*** akzeptierten Wechsel zu haften und die Haftung des Beklagten erst subsidiär nach der EL N*** Bank eintreten sollte. Als der Beklagte Dkfm. Heinz I*** die dem Klagebegehren zugrundeliegenden Lieferungen vermittelte, habe er gewußt, daß Emeil H*** mit der Bezahlung früherer Lieferungen in Verzug war. Der Beklagte habe Faruk Lukas G*** anläßlich der Anbahnung der Geschäftsbeziehung als Finanzier der Fa. Emeil H*** und als seinen Cousin bezeichnet. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Beklagte hafte als Bürge und Zahler zur ungeteilten Hand mit dem Hauptschuldner Emeil H*** als Mitschuldner. Daß von der klagenden Partei bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs keine Wechsel, sondern nur kaufmännische Zahlungsanweisungen verwendet worden seien, habe auf die Haftung des Beklagten keinen Einfluß. Eine Geschäftsabwicklung mittels Wechsel sei jedenfalls nicht Bedingung für die Haftung des Beklagten als Bürge und Zahler gewesen. Da das Unterbleiben der Zahlung nicht auf politische Risken zurückzuführen sei, seien die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Versicherers aus der abgeschlossenen Exportkreditversicherung nicht gegeben gewesen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten nicht Folge. Es verneinte die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens und billigte im wesentlichen die Beweiswürdigung des Erstrichters. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die von der klagenden Partei mit Emeil H*** abgeschlossenen Verträge unterlägen gemäß § 36 IPRG österreichischem Recht, gleiches gelte für die vom Beklagten übernommene Verpflichtung als Bürge und Zahler (§ 45 IPRG). Der Beklagte hafte auch nicht nur als Ausfallsbürge, sondern als Bürge und Zahler. Wenn im Schreiben der klagenden Partei vom 10. November 1981 davon die Rede sei, daß der Beklagte die Ausfallshaftung übernommen habe, so komme dem keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Beklagte jedenfalls mit der Erklärung vom 2. März 1982 die Haftung als Bürge und Zahler übernommen habe. Nach dem Willen der Vertragsteile sollte der Beklagte auch für die Nebenforderung an Zinsen als Bürge und Zahler haften. Im Hinblick auf die primäre Haftung des Bürgen und Zahlers könne der Beklagte keine Ansprüche daraus ableiten, daß es die klagende Partei verabsäumt habe, ihre Forderungen gegen Emeil H*** durch Wechsel zu besichern. Nicht verständlich sei, warum es dem Beklagten versagt sein sollte, gegen Emeil H*** Regreßansprüche geltend zu machen. Der Beklagte räume im übrigen selbst ein, daß auch nach sudanesischem Recht nur ein redlicher Inhaber den Wechsel frei von Rechtsmängeln vorhergehender Wechselverpflichteter erwerbe. Die klagende Partei als Aussteller und der Beklagte als Bürge seien über Gegenstand und Inhalt der mit Emeil H*** geschlossenen Rechtsgeschäfte voll informiert gewesen, so daß es Emeil H*** möglich gewesen wäre, auf das Grundgeschäft zurückzugreifen. Sollte es zutreffen, daß vor sudanesischen Gerichten Ansprüche aus Geschäften über die Lieferung von Alkohol nicht durchsetzbar seien, hätte dies auch dann zu gelten, wenn ein wechselrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird und der Beklagte auf das Grundgeschäft zurückgreife. Die Nichtzahlung der ausstehenden Forderung durch Emeil H*** sei nicht auf politische Tatbestände iS des Art. 6 Abs. 3 EKV zurückzuführen. Die Forderungen der klagenden Partei seien im Sommer 1982 fällig gewesen, eine Beschlagnahme von Alkoholbeständen sei erst im September 1983 erfolgt. Der Zahlungsverzug sei offenbar auf die ungünstige wirtschaftliche Situation der Fa. Emeil H*** zurückzuführen, nicht auf Krieg, kriegerische Ereignisse, Aufruhr, Revolution oder sonstige politische Ereignisse. Von einer Bereicherung der klagenden Partei im Falle der Leistung durch den Beklagten könne keine Rede sein.
Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision des Beklagten kommt Berechtigung nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Die vielfach kaum verständlichen Ausführungen zu den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit, in denen der Beklagte immer wieder von eigenen "Feststellungen" spricht, erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung im Rahmen des Möglichen als nicht gegeben (§ 510 Abs. 3 letzter Satz ZPO). Der geltend gemachte Revisionsgrund der Nichtigkeit (§ 477 Abs. 1 ZPO) liegt nicht vor. Unter diesem Revisionsgrund werden nur die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen bzw. die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht bekämpft. Von einer Unüberprüfbarkeit des Urteils des Berufungsgerichtes kann keine Rede sein.
Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung liegt nur vor, wenn ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ein Rechtsirrtum der Vorinstanzen aufgezeigt wird. Soweit der Revisionswerber unter diesem Revisionsgrund abermals Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bekämpft, davon abweichende Tatsachenfeststellungen durch den Obersten Gerichtshof begehrt und die Rechtsrüge auf einem von ihm selbst geschaffenen Tatsachenbild aufbaut, ist der Revisionsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die vom Beklagten übernommene Bürgschaftsverpflichtung ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, gemäß § 45 IPRG nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, dessen Sachnormen für die Verbindlichkeit maßgebend sind. Dies führt zur Anwendung österreichischen Rechts, da die von der klagenden Partei mit Emeil H*** abgeschlossenen Verträge über die Lieferung von Bier gemäß § 36 IPRG österreichichem Recht als dem Recht der charakteristischen Leistung unterliegen.
Der Beklagte macht geltend, daß er nach dem Inhalt des Schreibens der klagenden Partei an Faruk Lukas G*** (Beilage F) nur als Ausfallsbürge hafte. Es trifft zu, daß in dem von Dkfm. Heinz I*** verfaßten, an Faruk Lukas G*** gerichteten Schreiben vom 10. November 1981 die Haftung des Beklagten als "Ausfallshaftung" bezeichnet wird. Es mag zweifelhaft sein, ob dieser, in der englischen Fassung des Schreibens mit "guarantee" wiedergegebene Begriff jenem der Ausfallsbürgschaft nach österreichischem Recht gleichzusetzen ist. Das Berufungsgericht hat auch dahingestellt lassen, ob diese Formulierung nicht nur auf einem Irrtum des Dkfm. Heinz I*** beruht. Für die Haftung des Beklagten maßgebend ist aber ohnehin nicht die Mitteilung der klagenden Partei an Faruk Lukas G***, sondern die vom Beklagten unterfertigte Bürgschaftserklärung vom 2. März 1982, in der sich der Beklagte bereit erklärte, für alle von ihm bzw. seinem Vetter Kirolus W*** vermittelten Aufträge an die Fa. Emeil H*** "als Bürge und Zahler zu fungieren". Daß der Beklagte diese Erklärung, ohne sie gelesen zu haben, unterfertigt hätte, ist nicht festgestellt. Maßgebliche Grundlage der Haftung des Beklagten ist demnach diese Bürgschaftserklärung.
Der Beklagte beruft sich weiters darauf, daß eine Haftung als
Bürge und Zahler gemäß § 1364 ABGB in Wegfall gekommen sei, weil die
klagende Partei in der Eintreibung der Schuld saumselig gewesen sei
und keine wechselrechtliche Haftung der Fa. Emeil H*** begründet
habe; darüber hinaus wäre es Pflicht der klagenden Partei gewesen,
die Versicherungsdeckung durch die abgeschlossene
Rahmenexportkreditversicherung in Anspruch zu nehmen.
Gemäß § 1364 zweiter Satz ABGB befreit Saumseligkeit in der
Eintreibung der Schuld den Bürgen nicht, doch ist der Gläubiger dem
Bürgen insofern verantwortlich, als der Bürge zufolge verspäteter
Eintreibung der Schuld in seinem Rückgriffsrecht beeinträchtigt
wird. Wähend die Lehre die Rechte aus § 1364 zweiter Satz ABGB
überwiegend auch dem Bürgen und Zahler zubilligt (Koziol, JBl. 1964,
309 ff; Koziol, Der Garantievertrag 79; Ehrenzweig-Mayrhofer,
System3 II/1, 133; Ohmeyer, ZBl. 1927, 161, 171; aA Gschnitzer,
JBl. 1962, 204), lehnt dies die Rechtsprechung wegen der Haftung des
Bürgen und Zahlers als Mitschuldner (§ 1357 ABGB) ab (QuHGZ 1980,
H 2/185; SZ 26/170; SZ 17/146; SZ 8/106 uva). Umstritten ist auch,
ob die "Saumseligkeit" des Gläubigers Verschulden voraussetzt (so
Koziol, JBl. 1964, 309; Koziol, Der Garantievertrag 79 FN 5;
Zawischa, AnwBl. 1978, 153) oder ob objektive Verzögerung genügt (JBl. 1956, 315 m. zust. Glosse von Gschnitzer, Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1364). Es trifft aber den Bürgen die Beweislast dafür, daß der Gläubiger saumselig war (Ohmeyer aaO 166; Ehrenzweig-Mayrhofer aaO 133 FN 29 unter Hinweis auf GlU 13.086). Der Bürge hat demnach nachzuweisen, daß der Hauptschuldner ohne Säumigkeit des Gläubigers früher Zahlung geleistet hätte oder Zahlung hätte leisten können, während dies nunmehr nicht der Fall ist. Die Revision enthält keinen Hinweis darauf, welches festgestellte Verhalten der klagenden Partei als solche Saumseligkeit gewertet werden sollte. Die Gewährung der Stundung bis Ende 1983 durch die klagende Partei hat der Beklagte nicht als seine Rückgriffsansprüche schmälernd geltend gemacht (vgl. zur Frage, ob die Stundung stets eine Nachlässigkeit bedeutet, Ohmeyer aaO 166 insb. FN 11).
Der Beklagte macht der klagenden Partei zum Vorwurf, daß sie nicht, wie dies vereinbart war, über die von ihr getätigten Lieferungen Wechsel ausgestellt und ihm damit die Möglichkeit entzogen habe, nach Übertragung des Wechsels an ihn einen wechselrechtlichen Anspruch gegen Emeil H*** geltend zu machen. § 1364 zweiter Satz ABGB regelt zwar nur den Fall, daß der Gläubiger bei Eintreibung der fälligen Schuld säumig ist, die Bestimmung kann aber als Grundlage einer umfassenden, dem Gläubiger in Ansehung des Bürgen obliegenden Sorgfaltspflicht verstanden werden, deren Verletzung der Bürge dem Gläubiger einwenden kann (vgl. Koziol, Der Garantievertrag 79; Ohmeyer aaO 161, 162). Der Gläubiger hat alle Vorkehrungen zu treffen, um den Rückgriffsanspruch des Bürgen zu sichern. Der dem Beklagten obliegende Beweis, daß zwar die Geltendmachung eines wechselrechtlichen Anspruchs, nicht aber des nach Zahlung auf den Beklagten übergehenden bürgerlich-rechtlichen Zahlungsanspruchs der klagenden Partei gegen Emeil H*** erfolgversprechend wäre, wurde nicht erbracht. Es steht nicht fest, daß der Beklagte nur deshalb einen Ausfall erleiden wird, weil er nicht in der Lage ist, einen wechselrechtlichen Anspruch gegen Emeil H*** geltend zu machen. Demnach kann aber insoweit der klagenden Partei eine Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht angelastet werden. Was letztlich die Inanspruchnahme der Rahmenexportkreditversicherung betrifft, so könnte die klagende Partei unter dem Gesichtspunkt der sie treffenden Sorgfaltspflicht verpflichtet sein, den Versicherungsschutz aus der abgeschlossenen Rahmenexportkreditversicherung in Anspruch zu nehmen, zumal der Beklagte für die Kosten dieser Versicherung aufgekommen ist. Die klagende Partei ist offenbar auch an den Versicherer herangetreten, der jedoch mit dem Schreiben vom 13. Februar 1985 (Beilage E) die Gewährung von Versicherungsdeckung mit dem Hinweis abgelehnt hat, daß die Nichtzahlung der Forderung nicht auf einem politischen Tatbestand iS des Art. 6 Abs. 3 EKV zurückzuführen ist. Der Beklagte selbst vertritt den Standpunkt (vgl. ON 16, S 9), daß die Ansicht des österreichischen Handelsdelegierten in Khartoum (vgl. Beilage H), nach Einführung des islamischen Rechts sei eine Klagsführung im Sudan zur Hereinbringung einer Forderung aus Alkohollieferungen voraussichtlich erfolglos, nicht zutreffe. Emeil H*** hat auch noch im Jahre 1984, also nach Einführung des islamischen Rechts im Sudan und der damit verbundenen Beschlagnahme der Alkoholvorräte, Teilzahlungen geleistet. Dies rechtfertigt die Annahme, daß die Nichtzahlung des restlichen aushaftenden Betrages nicht auf politische Ereignisse (Art. 6 Abs. 3 EKV) zurückzuführen ist. Die unterbliebene Inanspruchnahme des Versicherers stellt unter diesem Gesichtspunkt keine Vernachlässigung der dem Gläubiger in Ansehung des Bürgen obliegenden Sorgfaltspflicht dar. Aus den dargelegten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E11083European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00527.87.0526.000Dokumentnummer
JJT_19870526_OGH0002_0010OB00527_8700000_000