Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Richard M*** wegen Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. März 1987, GZ 5 d Vr 3534/86-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Richard M*** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er von Herbst 1981 bis Sommer 1984 in Wien ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, nämlich 206.000 S Bargeld, das ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als 1. Sekretär des Vereines "Ö*** G*** FÜR A***" zum Zwecke des Ankaufes von Bahnkontokarten übergeben worden war, sich mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung zugeeignet, indem er es widmungswidrig für eigene Zwecke verwendete.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Angeklagte durch die Abweisung seines Beweisantrages (S 267) auf zeugenschaftliche Vernehmung des Gendarmeriepostenkommandanten von Gloggnitz, N.P***, in seinen Verteidigungsrechten nicht verkürzt, weil es nicht darauf ankommt, ob er bereits anläßlich der - angeblich in Gegenwart des beantragten Zeugen durchgeführten - Erhebungen durch Beamte der Wirtschaftspolizei diesen die Besprechungsnotiz vom 19. Jänner 1982 (Beilage ./1 zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 36) gezeigt und sich ausdrücklich auf diese berufen hat. Entscheidend ist vielmehr die vom Erstgericht auf Grund der ihm glaubwürdig erschienenen Aussage des Zeugen Dr.Clemens E*** als erwiesen angenommene (US 6) - und in der Beschwerde als solche nicht bekämpfte - Tatsache, daß es sich bei der erwähnten Besprechungsnotiz, die nach ihrem Inhalt ein gewisses Indiz für die vom Angeklagten behauptete Existenz von zwei (ihm angeblich gestohlenen) Klauselsparbüchern der Filiale Nußdorferstraße der C***-B*** sein könnte (auf welchen die fehlenden Gelder erliegen sollen), um eine Blankettfälschung des Angeklagten gehandelt hat, die darum unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Vorlage im Prozeß unter keinen Umständen zu seiner Entlastung dienen konnte. Selbst wenn sich durch die Aussage des angebotenen Zeugen erweisen ließe, daß diese Besprechungsnotiz vom Angeklagten bereits zu Beginn der Erhebungen vorgewiesen worden und die gegenteiligen Angaben (S 243 f) der Beamten der Wirtschaftspolizei daher als "falsch zu entlarven" gewesen wären, wäre dadurch für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, weshalb sein Beweisantrag mit Recht der Ablehnung verfiel.
In seiner Mängelrüge (Z 5) wendet sich der Angeklagte zunächst gegen den Gebrauch des Ausdrucks "offensichtlich" im Zusammenhang mit der Feststellung seiner "gravierenden finanziellen Schwierigkeiten" (US 5 oben) als Tatmotiv, bringt aber damit den relevierten Nichtigkeitsgrund einer offenbar unzureichenden Begründung nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, denn er übergeht die hiefür maßgeblichen, an anderer Stelle des Urteils konstatierten Sachverhaltsgrundlagen und die daran anknüpfende Argumentation der Tatrichter (US 9).
Mit dem Teil der Aussage des Zeugen Dr. E***, wonach der Angeklagte "die Sparbücher eröffnet hat" (S 264), mußte sich das Erstgericht nicht auseinandersetzen, weil dieser - vom Beschwerdeführer aus dem Sinnzusammenhang gerissene - Satz in Wahrheit gar nicht der bekämpften Urteilsannahme widerstreitet, daß der Angeklagte die erwähnten beiden Sparbücher eben nicht eröffnet hat; aus dem Kontext der Aussage ergibt sich nämlich, daß der Zeuge damit nur zum Ausdruck gebracht hat, der Angeklagte hätte sich ihm und anderen Vereinsmitgliedern gegenüber zu seiner Rechtfertigung auf die Existenz zweier von ihm eröffneter, in der Folge ihm aber angeblich (durch Diebstahl) abhandengekommener Sparbücher berufen, nicht aber daß der Zeuge aus eigener Wahrnehmung die Eröffnung dieser Sparbücher bestätigen könne.
Auch die Aussage des Zeugen Dr.Claus H***, derzufolge nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht auszuschließen sei, daß bei der Bankfiliale Nußdorferstraße nicht doch die beiden Sparkonten bestünden und nur mangels Kenntnis der Kontonummern nicht aufzufinden gewesen wären, wird in der Beschwerde unvollständig wiedergegeben. Der Zeuge hat nämlich - was der Beschwerdeführer verschweigt - auch angegeben, daß im "fraglichen Zeitraum alles durchgesehen worden ist und man keine Sparbücher gefunden hat" (S 234), woraus das Schöffengericht im Zusammenhalt mit den ihm vorliegenden und in der Hauptverhandlung verlesenen (S 268) schriftlichen (negativen) Auskünften der Bank (ON 12, 22, 28 und 41) und mit den anderen in den Entscheidungsgründen angeführten Indizien den logisch und empirisch einwandfreien Schluß ziehen konnte, daß die vom Angeklagten ins Treffen geführten Sparbücher in Wahrheit niemals bestanden haben (US 6 ff).
Dem steht auch nicht die - darum nicht erörterungsbedürftige - Kalendereintragung vom 19.Jänner 1982 (in Beilage ./III zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 45) entgegen, aus der sich keinerlei Anhaltspunkt dafür gewinnen läßt, daß zu diesem Termin der Angeklagte mit dem Zeugen Dr. E*** - dessen Aussage zuwider - irgendetwas besprochen haben könnte, was auf eine Existenz von Sparbüchern hindeutete.
Was aus den vom Angeklagten vorgelegten zahlreichen Rundschreiben der Ö*** G*** FÜR A***
(Beilagen ./II zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 45) und dem Umstand, daß "auf keinem einzigen Rundschreiben die Unterschrift von Prof.Dr. E*** zu finden ist" (S 266), für den Verteidigungsstandpunkt zu gewinnen und deshalb im Urteil zu behandeln gewesen wäre, ergibt sich weder aus dem Hauptverhandlungsprotokoll, noch wird dies in der Beschwerde dargetan, sodaß auch insoweit kein formeller Begründungsmangel in einer der Prozeßordnung entsprechenden Weise aufgezeigt wird. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) schließlich ist gleichfalls nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, denn mit der Behauptung, eine vom Erstgericht ausdrücklich nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ausgeschlossene (US 6) Tatsache (hier: die Existenz der beiden mehrfach erwähnten Sparbücher) hätte auf Grund bestimmter Verfahrensresultate dennoch als erwiesen festgestellt werden müssen, kann ein materiellrechtlicher Feststellungsmangel nicht dargetan werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung als größtenteils nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs 1 Z 1, 285 a Z 2 StPO, im übrigen aber als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO sofort - kostenpflichtig (§ 390 a StPO) - zurückzuweisen. Über die Berufung des Angeklagten wid bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs 3 StPO).
Anmerkung
E11321European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0150OS00072.87.0526.000Dokumentnummer
JJT_19870526_OGH0002_0150OS00072_8700000_000