Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Rupert A*** jun., Moosbauer, 5602 Wagrain, Hof 50, vertreten durch Dr. Reinhard Steger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wider den Antragsgegner Rupert A*** sen., Altbauer, 5602 Wagrain, Hof 50, vertreten durch Dr. Hans Wabnig, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen Verlängerung eines Landpachtvertrages und Herabsetzung des Pachtzinses infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 4. Februar 1987, GZ 33 R 33/87-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 19.Jänner 1987, GZ PSch 1/85-9, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit am 18.September 1985 beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz begehrte der Antragsteller die Verlängerung der Dauer des Landpachtvertrages über das ihm vom Antragsgegner verpachtete Moosgut und die Herabsetzung des Pachtzinses auf den angemessenen Betrag (§§ 6 und 11 LPG).
Am 16.Jänner 1986 brachte der Antragsgegner beim Erstgericht zu 5 C 5/86 eine auf § 1118 ABGB gestützte Klage auf Räumung des Pachtgutes, das auch Gegenstand des Verfahrens nach dem Landpachtgesetz ist, ein. In Mißachtung der Bestimmungen der §§ 13 und 15 LPG stellte das Erstgericht diese Klage dem Antragsteller nicht bloß zu, sondern führte auch hierüber die mündliche Streitverhandlung ab; in der Tagsatzung vom 18.Dezember 1986 vereinbarten die Streitteile Ruhen des Verfahrens.
In dem über die im Verfahren nach dem Landpachtgesetz anberaumte Tagsatzung vom 3.April 1986 aufgenommenen Protokoll (ON 6) ist festgehalten, daß sich beide Parteien ausdrücklich einverstanden erklärten, das gegenständliche außerstreitige Verfahren vor Rechtskraft des streitigen Verfahrens (5 C 5/86) nicht fortzusetzen, "wobei die Fortsetzung des Verfahrens über ausdrücklichen Antrag einer der Parteien erfolgen würde". Am 30.Dezember 1986 - nachdem im Räumungsstreit Ruhen eingetreten war - beantragte der Antragsgegner die Fortsetzung des außerstreitigen Verfahrens.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Der Antragsgegner könne seine im vorliegenden Verfahren abgegebene prozessuale Erklärung nicht einseitig widerrufen; deshalb sei er auch zum Fortsetzungsantrag nicht berechtigt.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000 übersteige. Im Verfahren außer Streitsachen sei zwar weder die Unterbrechung noch das Ruhen des Verfahrens vorgesehen, doch sei es dem Richter nicht verwehrt, den Ausgang eines über eine Vorfrage bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten, und könne demnach im Verfahren innehalten. Richtig habe das Erstgericht keinen Unterbrechungsbeschluß gefaßt, sondern mit Einverständnis beider Parteien im Verfahren innegehalten. Es sei nicht zu ersehen, weshalb im Räumungsstreit Ruhen vereinbart worden ist. Prozeßhandlungen seien auch einseitig widerrufbar, solange sie noch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung geworden seien, der Gegner hieraus unmittelbar noch keine Rechte erlangt habe oder sofern das Gesetz sie nicht ausdrücklich für unwiderruflich erklärt habe. Die Einwilligung zum Innehalten im außerstreitigen Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Rechtsstreits sei nicht als unwiderruflich erklärt; Gründe, weshalb eine solche Erklärung nicht widerrufen werden könnte, seien nicht ersichtlich. Berücksichtige man, daß § 13 LPG dem außerstreitigen Verfahren gegenüber dem Streitverfahren den Vorrang einräume, sei dem auf den Widerruf der Zustimmungserklärung gestützten Fortsetzungsantrag des Antragsgegners Berechtigung zuzubilligen.
Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das außerstreitige Verfahren kann - wie das Rekursgericht richtig erkannt hat - nicht unterbrochen werden; auch Ruhen des Verfahrens kann nicht eintreten. Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, daß der Außerstreitrichter jede Vorfrage selbst lösen muß; es ist ihm nicht verwehrt, den Ausgang eines über eine Vorfrage bereits anhängigen Verfahrens abzuwarten; er kann im Verfahren innehalten (EvBl.1982/105 u.v.a.). Die Innehaltung ist eine Ermessensentscheidung; deren Verweigerung ist - anders als gemäß § 192 Abs.2 ZPO die Ablehnung der Unterbrechung - im Rechtsmittelverfahren überprüfbar (EvBl.1957/139 ua). Das Erstgericht hat das Verfahren nicht unterbrochen, sondern lediglich im Verfahren innegehalten, nachdem die Parteien ihr Einverständnis erklärt hatten, daß das außerstreitige Verfahren nicht vor rechtskräftiger Erledigung des Räumungsstreits und nur über Antrag einer Partei fortzusetzen sei. Dabei hat das Erstgericht die Vorschrift des § 13 Abs.2 LPG mißachtet, wonach der über Klage gemäß § 1118 ABGB eingeleitete Räumungsstreit mit Klagszustellung unterbrochen ist, sofern die Klage - wie hier - erst nach der Anbringung des Antrags auf Verlängerung der Dauer des Landpachtvertrages zugestellt wurde. Diese Unterbrechung tritt kraft Gesetzes ein (Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 und 6 zu § 13 LPG) und hat zur Folge, daß das dennoch vom Prozeßgericht abgeführte Verfahren gemäß § 477 Abs.1 Z 4 ZPO nichtig ist (MietSlg.36.600; SZ 51/150 uva; Fasching Komm. II 793 und ZPR Rz 598). Schon deshalb ist es geboten, das außerstreitige Verfahren fortzusetzen, weil der zum Anlaß der Innehaltung gemachte Rechtsstreit nach gesetzlicher Vorschrift (§ 13 Abs.3 LPG) überhaupt nur fortgesetzt hätte werden dürfen, wenn dem Antrag auf Verlängerung der Dauer des Landpachtvertrages nicht Folge gegeben worden wäre. Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E11085European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00605.87.0526.000Dokumentnummer
JJT_19870526_OGH0002_0010OB00605_8700000_000