Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred P*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.September 1986, GZ 3 c Vr 3497/86-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, und des Verteidigers Dr. Lambert, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 3 1/2 (dreieinhalb) Jahre herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 5.Mai 1987, GZ 10 Os 29/87-8, wurde die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das bekämpfte Urteil, mit dem er des (in 24 Fällen verübten) Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, "148" (zu ergänzen: zweiter Fall) StGB, des (in 9 Fällen verübten) Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, "130" (zu ergänzen: dritter Fall) StGB und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB schuldig erkannt wurde, bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages zur öffentlichen Verhandlung war demnach nur noch die gegen den Ausspruch über die Strafe und gegen das Adhäsionserkenntnis gerichtete Berufung des Angeklagten.
Im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung wurde allerdings vom Verteidiger des Angeklagten die Berufung gegen den Zuspruch von Entschädigungsbeträgen an die Privatbeteiligten Wieslawa K*** und Christine F*** zurückgezogen, sodaß - neben der Strafberufung - nur die Berufung gegen den Zuspruch eines Betrages von 17.000 S an die Privatbeteiligte Diana B*** aufrecht blieb. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren. Es wertete als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Delikte, die einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten, seinen außerordentlich raschen Rückfall nach einer bedingten Entlassung aus einer Strafhaft sowie "die zweifache Qualifikation zu der anzuwendenden Strafdrohung" (ersichtlich gemeint: den Umstand, daß sowohl beim Diebstahl als auch beim Betrug ein Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren anzuwenden wäre). Als mildernd wurde die weitgehend geständige Verantwortung des Angeklagten - ausgenommen die Faktengruppe B*** - mit besonderer Gewichtung des Umstandes, daß er bereits im Vorverfahren auch Taten gestanden hatte, die der Behörde nicht bekannt waren, sowie eine teilweise Sicherstellung der Beute gewertet.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung des Angeklagten wegen Strafe kommt Berechtigung zu. Eine vom Angeklagten als mildernd reklamierte Notlage liegt allerdings nicht vor. Zwar hatte er nach seinen Angaben kurzzeitig versucht beim Arbeitsamt Beschäftigung zu finden, sodann aber gar nichts mehr unternommen, um eine Sozialunterstützung zu erlangen (S 359).
Auch eine "erstaunliche Leichtgläubigkeit" der zumeist weiblichen Opfer der Taten fällt nicht als mildernd ins Gewicht, denn der Angeklagte hatte ersichtlich jeweils planmäßig deren Vertrauen erschlichen.
Unzutreffend ist die vom Angeklagten vorgebrachte Meinung, die "Mehrfachbegehungen der beiden Grunddeliktstypen" ginge in der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit auf und sei somit vom angewendeten zweiten Strafsatz des § 130 StGB umfaßt. Das Schöffengericht wertete die mehrfache Begehung strafbarer Handlungen derselben Art ohnedies nicht als erschwerend. Dies allerdings zu Unrecht, denn die Tatwiederholung, mag sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, kann bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens nicht außer Betracht bleiben, weil sie nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit gehört (ÖJZ-LSK 1983/120). Wenngleich der Angeklagte somit keine weiteren ihm zugute zu haltenden Milderungsumstände aufzuzeigen vermag, erscheint doch im Hinblick auf das Gewicht der überwiegend geständigen Verantwortung des Angeklagten, in deren Rahmen auch eine Anzahl von Straftaten aufgedeckt wurde, die sonst nicht aufzuklären gewesen wären, die vom Schöffengericht gewählte Strafe etwas überhöht. Sie war daher auf ein Ausmaß von dreieinhalb Jahren zu reduzieren.
Der (verbleibenden) Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis kommt allerdings keine Berechtigung zu.
Die in der schriftlichen Berufungsausführung aufgestellte Behauptung, der Angeklagte sei zum Ersatzanspruch der Diana B*** nicht gehört worden, ist unrichtig. Er wurde, unmittelbar nachdem sich diese Zeugin mit einem Anspruch von 20.000 S als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen hatte, hiezu gehört und erklärte, diesen Anspruch nicht anzuerkennen (S 378). Auch die im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgetragene Behauptung (insoweit ein im Rahmen der Berufung zulässiges neues Vorbringen), es fehle an konkreten Feststellungen, wie hoch der Schaden der Zeugin B*** sei, trifft nicht zu. Das Erstgericht konstatierte mit hinreichender Deutlichkeit zum Urteilsfaktum B II, daß ihr eine Halskette und ein Ring im Wert von zusammen 8.000 S und den Eheleuten B*** 9.000 S Bargeld gestohlen wurden, wobei es sich auf die glaubwürdige Aussage der Zeugin B*** bezog (US 6, 23, 26, 28), den Freispruch hinsichtlich eines Betrages von 3.000 S berücksichtigte (US 9, 33 f), und auch auf die Legitimation der Zeugin zur Geltendmachung der Ersatzansprüche einging (US 35).
Demnach sind zureichend begründete Feststellungen vorhanden, auf Grund derer ein verläßliches Urteil über die Ersatzansprüche gefällt werden konnte (§ 366 Abs. 2 StPO).
Insoweit war daher der Berufung ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E10812European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00029.87.0526.000Dokumentnummer
JJT_19870526_OGH0002_0100OS00029_8700000_000