TE OGH 1987/5/26 5Ob44/87

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Veröffentlicht am 26.05.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Roswitha D***-F***, Immobilienmaklerin, Bienengasse 3/3, 1060 Wien, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wider die Gegner

1. Dkfm. Ingeborg W***, Ordinationsgehilfin, Wohllebengasse 9, 1040 Wien, und 2. Dr. Erich W***, Facharzt, Wohllebengasse 9, 1040 Wien, beide vertreten durch Dr. Hans Frieders, Dr. Haimo Puschner, Dr. Christian Tassul und Dr. Georg Frieders, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anerkennung als Hauptmieter und Mietzinsermäßigung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 16. Dezember 1986, GZ 41 R 293/86-11, womit der Beschluß des Gerichtes Innere Stadt Wien vom 24. März 1986, GZ 42 Msch 66/84-7, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Text

Begründung:

Der Zweitantragsgegner überließ als Eigentümer der Liegenschaft mit dem Haus Bienengasse 3 in 1060 Wien der Erstantragsgegnerin - seiner Ehefrau - fünf Wohnungen in Hauptmiete, weil er mit seiner Frau und den fünf Kindern in einem anderen Haus eine 300 m2 große Wohnung bewohnt, dafür monatlich an die S 10.000,-- aufzuwenden hat, sich später einer schweren Operation unterziehen mußte, seine Frau finanziell absichern und für den Wohnbedarf seiner Kinder vorsorgen wollte. Die Erstantragsgegnerin schloß über Vermittlung des Hausverwalters mit der Antragstellerin am 15. September 1976 einen Untermietvertrag und gab ihr die im Hochparterre gelegenen Räume Nr. 3 (drei Zimmer, Kabinett, Dienerzimmer, Küche, Vorzimmer, Bad und WC mit 124 m2 Nutzfläche für Büro- und Wohnzwecke gegen Entrichtung eines Mietzinses von wertgesichert S 3.600,-- ab dem 1. November 1976 bis zum 31. Oktober 1981 in Unterbestand. Der Antragstellerin wurden Verbesserungen (Einbau einer Etagenheizung) und die Anbringung eines Leuchtschildes gestattet. Sie sollte vom Nachfolgeuntermieter 50 % der nachweisbar ausgelegten Kosten für Verbesserungsarbeiten verlangen dürfen. Die Antragstellerin ist als Immobilienmakler tätig und benützt einen Raum der Wohnung für Bürozwecke. Vor Ablauf der Bestanddauer vereinbarte sie mit dem Hausverwalter eine Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit. Die Antragstellerin versuchte in der Folge, Hauptmietrechte am Bestandobjekt zu erlangen, vereinbarte aber 1982 mit der Untervermieterin, daß sie die Anerkennung als Hauptmieter nicht weiter betreibe und eine weitere Erhöhung des Mietzinses unterbleibe. Die Erstantragsgegnerin hat an den Zweitantragsgegner Hauptmietzins und Betriebskosten sowie seit dem 1. November 1982 den Erhaltungsbeitrag geleistet. Am 14. September 1984 befaßte die Antragstellerin die Gemeinde und verlangte die Anerkennung als Hauptmieter und die Ermäßigung des vor Inkrafttretens des Mietrechtsgesetzes vereinbarten Hauptmietzinses auf das Eineinhalbfache des Kategoriemietzinses nach § 44 Abs. 2 und Abs. 3 sowie § 16 Abs. 2 Z 3 MRG.

Die Antragsgegner setzten die stattgebende Entscheidung der Gemeinde durch rechtzeitige Anrufung des Gerichtes außer Kraft (§ 40 Abs. 1 MRG).

Das Erstgericht wies auf der Grundlage des schon wiedergegebenen Sachverhaltes die Anträge der Antragstellerin ab, weil der Abschluß des Hauptmietvertrages zwischen Zweitantragsgegner und Erstantragsgegnerin kein Scheingeschäft war sondern der Sicherung des Wohnungsbedarfes ihrer Kinder und der Absicherung des Unterhalts des Ehefrau diente, falls der Hauseigentümer ableben oder berufsunfähig werden sollte.

Das Rekursgericht änderte den Sachbeschluß der ersten Instanz dahin ab, daß die Antragstellerin als Hauptmieterin anerkannt werde. In Ansehung des Antrages auf Ermäßigung des Hauptmietzinses hob das Rekursgericht den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und trug die neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, ohne den Rechtskraftvorbehalt beizusetzen.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, die Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG gelte auch für Altverträge (§ 43 Abs. 1 MRG) und treffe auch Verträge, durch die zur Schmälerung der Rechte des Hauptmieters einem Strohmann die Stellung als "Untervermieter" verschafft werde. Verfolge der Liegenschaftseigentümer das Ziel, dem "Hauptmieter" die Erzielung eines Einkommens durch Untervermietung zu verschaffen, müsse von einer Umgehungsabsicht ausgegangen werden. Ein Termin für den Bedarf der Kinder an einer eigenen Wohnung sei von der Gegnern nicht genannt worden. Die Anerkennung als Hauptmieter habe rein deklaratorischen Charakter, ein Verzicht des Berechtigten sei daher nicht vorstellbar. Es werde aber der Feststellung der für die Anwendung des § 44 Abs. 2 MRG maßgebenden Umstände bedürfen, um auch den Mietzinsüberprüfungsantrag entscheiden zu können.

Diesen Beschluß bekämpfen die Antragsgegner mit dem Antrag, den Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen. Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs der Gegner zurückzuweisen, ihm aber jedenfalls nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Mit ihrem Einwand gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels verkennt die Antragstellerin die Regelung des § 37 Abs. 3 Z 18 MRG über die Anfechtbarkeit von Sachbeschlüssen des Gerichtes zweiter Instanz, die abschließend und ohne Geltung der Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 Abs. 2 ZPO den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den abändernden Teil des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses zuläßt (Würth-Zingher MRG2 Anm. 61 zu § 37; MietSlg. 35.437/33 und 35).

Das Recht des Mieters, als Hauptmieter anerkannt zu werden, steht nach § 2 Abs. 3 MRG zu, wenn der Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen worden ist. Daß der Hauptmietvertrag nur zum Schein geschlossen wurde, also die den Hauptmietvertrag Schließenden im gegenseitigen Einverständnis überhaupt nicht rechtsgeschäftlich tätig werden oder in Wahrheit ein anderes Rechtsgeschäft schließen wollten, ist nicht erforderlich (JBl. 1987, 321 ua). Nach § 43 Abs. 1 MRG gilt zwar das I. Hauptstück auch für Mietverträge, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen worden sind. Im Zweifel ist aber eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die sich abschließend vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes verwirklicht haben, nicht anzunehmen. Soweit nach dem früheren Recht ein Anspruch nach § 916 ABGB durchgesetzt werden konnte, wird für die Geltendmachung nun das Verfahren nach § 37 Abs. 1 Z 1 MRG zur Verfügung stehen. Im übrigen enthält aber § 2 Abs. 3 MRG neues Recht und kann daher nur Umgehungsgeschäfte erfassen, die nach dem 31. Dezember 1981 stattgefunden haben. Daß es sich nicht um einen Scheinvertrag handelte, weil der Hauseigentümer mit seiner Ehefrau den Hauptmietvertrag gewollt abgeschlossen hat, damit sie aus der Untervermietung Einkommen beziehe, steht fest. Der Hauptmietvertrag vor der Untervermietung an die Antragstellerin am 15. September 1976 konnte jedoch sicher nicht zur Umgehung der einem Hauptmieter nach dem erst fünf Jahre später geschaffenen Mietrechtsgesetz zustehenden Rechte geschlossen worden sein. Damit fällt der 1976 verwirklichte Sachverhalt aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 MRG und kann nicht zu einer Anerkennung als Hauptmieter mit dem 15. September 1976 aber auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt führen.

Im Ergebnis hat daher das Erstgericht zutreffend den Antrag der Untermieterin abgewiesen.

Der aufhebende Teil der Rekursentscheidung wäre für sich mangels Rechtskraftvorbehalt selbständig nicht anfechtbar. Die allein nach § 44 Abs. 2 und Abs. 3 MRG verlangte Prüfung des angemessenen Hauptmietzinses kann aber erst als Folge der Stattgebung des Antrags auf Anerkennung als Hauptmieter stattfinden. Bei Abweisung dieses Antrages kann das Ermäßigungsverlangen keine Rechtsfolgen haben, weil nur der Hauptmieter die Ermäßigung begehren kann. In diesem Fall ist wegen des untrennbaren Sachzusammenhanges auch der aufhebende Teil mit dem abändernden Teil zu beseitigen und der beide Anträge abweisende Sachbeschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Anmerkung

E11410

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0050OB00044.87.0526.000

Dokumentnummer

JJT_19870526_OGH0002_0050OB00044_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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