Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, und andere beigetretene betreibende Gläubiger wider die verpflichtete Partei Verlassenschaft nach dem am 30. Oktober 1985 verstorbenen Johann S***, Schlossermeister, Ligist 6, vertreten durch die Kuratorin Friederike S***, Ligist 6, wegen 8.596,10 S sA und anderer betriebener Forderungen infolge Revisionsrekurses der Pfandgläubigerin S*** V***-KÖFLACH, Voitsberg, Bahnhofstraße 2, vertreten durch Dr. Franz Eisner, Rechtsanwalt in Köflach, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 16.Jänner 1987, GZ 4 R 538-540/86-41, womit der Meistbotverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 13.Oktober 1986, GZ E 10/85-38, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der S*** V***-KÖFLACH im Range der unter C-LNR 1, 2 und 3 einverleibten Höchstbetragshypotheken auf Grund der Pfandurkunde(n) vom 9.2.1966 zusätzlich zu dem schon rechtskräftig zur Berichtigung durch sofortige Barzahlung zugewiesenen Betrag von S 275.000,-- ein weiterer Betrag von S 123.250,-- zur zinstragenden Anlegung gemäß § 224 Abs 2 EO zugewiesen (Zuweisung Pkt.a 1 des Verteilungsbeschlusses) und die (zweite) Zuweisung an die R*** L***-ST.J*** zu C-LNR 5 um diesen Betrag auf
S 441.750 herabgesetzt wird, sodaß hier vom Kapital ein Restbetrag von S 146.250,-- unberichtigt aushaftet (Zuweisung Pkt.a 3 des Verteilungsbeschlusses).
Die Erlassung der geänderten Auszahlungsanordnung obliegt dem Erstgericht.
Die betreibende Partei R*** L***-ST. J***
reg.Gen.m.b.H., Ligist 20, ist schuldig, der Pfandgläubigerin S*** V***-KÖFLACH in Voitsberg, Bahnhofstr. 2 binnen 14 Tagen die mit 4.714,05 S bestimmten Kosten des Rekurses an die zweite Instanz (darin 428,55 S Umsatzsteuer) und die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsrekurses (darin 514,35 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung:
Zu verteilen ist das Meistbot für die am 25.3.1986 versteigerte Liegenschaft EZ 203 Grundbuch Ligist von 1,2 Mio S. Strittig ist, wieviel der Pfandgläubigerin S*** V***-KÖFLACH für ihre im besten Rang C-LNR 1 bis 3 einverleibten Höchstbetragshypotheken von S 101.250,--, S 243.000,-- und S 54.000,--, das sind zusammen S 398.250,--. zuzuweisen ist.
Die S*** V***-KÖFLACH meldete den vollen Betrag von S 398.250,-- an.
Die betreibende Partei R*** L*** ST.J*** erhob
Widerspruch gegen die Zuweisung eines S 275.000,-- übersteigenden Betrages mit der Begründung, im Betrag von S 398.250,-- sei ein unberechtigter Betrag von S 120.000,-- Wechselsumme plus gerundeten S 3.250,-- Wechselzinsen zusammen S 123.250,-- enthalten. Für einen nicht eingelösten Eskomptwechsel hafteten die Höchstbetragspfandrechte nicht. Wegen der bestehenden Löschungsverpflichtung sei eine Wiederausnützung der Pfandrechte nicht möglich.
Die S*** V***-KÖFLACH verwies vor allem auf Punkt 23 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach die Pfandrechte auch für diese Verbindlichkeiten zu haften hätten.
Das Erstgericht gab dem Widerspruch statt und wies nur S 275.000,-- zur Berichtigung durch Barzahlung zu.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Beide Vorinstanzen gingen unter Berufung auf die Entscheidung SZ 27/155 davon aus, daß die Haftung auf Grund der Pfandurkunde(n) vom 9.2.1966 nicht auf die später aus der Hereinnahme eines Wechsels zum Eskompt entstehende Forderung ausgedehnt werden könne. Punkt 23 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfülle wegen seiner zu allgemein gehaltenen Fassung nicht die Erfordernisse, die an eine Verpfändung zugunsten künftiger Forderungen gestellt werden müßten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der S*** V***-KÖFLACH ist
teilweise berechtigt.
Wie der erkennende Senat in letzter Zeit wiederholt ausgesprochen hat, gelten für die Zuweisung im Rahmen einer Höchstbetragshypothek folgende Grundsätze:
1. Eine Zuweisung durch sofortige Ausfolgung aus dem Meistbot erfolgt nur, wenn spätestens bei der Verteilungstagsatzung der Bestand der gesicherten Forderung in einer bestimmten Höhe nachgewiesen wird.
2. Meldet der Gläubiger seine Forderung überhaupt nicht an oder ist seine Anmeldung samt den vorgelegten Beweisen nicht ausreichend, um den Bestand einer bestimmten Forderungshöhe feststellen zu können, so ist der gesamte Höchstbetrag oder die Differenz zwischen dem schon ausgewiesenen Betrag und diesem Höchstbetrag gemäß § 224 Abs 2 EO zinstragend anzulegen.
3. Nur wenn sich aus den vorgelegten Beweismitteln mit Sicherheit ergibt, daß auf Grund der eingetragenen Höchstbetragshypothek auch in Zukunft nie mehr eine Zuweisung erfolgen kann, und eine Anmeldung sich in diesem Sinn nicht nur als mangelhaft oder unvollständig, sondern als eindeutig unberechtigt herausstellt, kommt die sofortige endgültige Abweisung des Zuweisungsantrages in Betracht (JBl 1985, 418 = NZ 1985,30; JBl 1986, 588 = NZ 1986,87).
Da die Hypothekargläubigerin S*** V***-KÖFLACH die Pfandurkunde(n) vom 9.2.1966 nicht vorgelegt hat, kann nicht beurteilt werden, für welche Kredite die Höchstbetragspfandrechte C-LNR 1 bis 3 haften. Nur der Inhalt dieser Urkunde ist aber in Verbindung mit der bücherlichen Eintragung für den Inhalt und Umfang der strittigen Höchstbetragshypotheken maßgebend, nicht etwa der Inhalt allgemeiner Geschäftsbedingungen, auf welche sich die Revisionsrekurswerberin beruft (EvBl1974/128). Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob der strittige Wechsel nur zur (zusätzlichen) Besicherung eines Kredites ausgestellt wurde, für den die Höchstbetragshypotheken hafteten. Den Behauptungen der Revisionsrekurswerberin ist immerhin zu entnehmen, daß der Wechsel aus Anlaß der Verlängerung eines im Jahr 1974 gewährten Kredites hereingenommen worden sein soll.
Sollte dies zutreffen, wäre eine andere Sachlage als im Rechtsfall SZ 27/155 und dem ähnlichen Fall in Quart GZE 1966, 18 gegeben. Nach diesen Entscheidungen gewährt der Eskompteur, der einen Wechsel hereinnimmt, nicht dem Akzeptanten, sondern dem Indossanten einen Kredit, es sei denn, die eskomptierende Bank habe sich dem Akzeptanten gegenüber zur Eskomptierung verpflichtet; eine Wechselforderung, die eine Bank ohne solche Verpflichtung gegenüber dem Akzeptanten erwirbt, werde daher auch nicht vom Grundgeschäft einer Höchstbetragshypothek aus gegebenem Kredit erfaßt. Wenn eine Bank jedoch einen diesem Grundverhältnis entsprechenden Kredit gewährt - und diesen unter anderem durch Wechsel besichert, dann fällt bei ihr die Wechselforderung mit der Kreditforderung zusammen und kann als solche in einer Höchstbetragshypothek Deckung finden. Ein Beweis für die Entstehung einer Kreditforderung im Zusammenhang mit diesem Wechselbetrag wurde von der Revisionsrekurswerberin im Verteilungsverfahren nicht erbracht. Eine sofortige Ausfolgung aus dem Meistbot kommt daher nicht in Frage. Andererseits konnte den Behauptungen der Revisionsrekurswerberin aber auch nicht entnommen werden, daß das den Höchstbetragshypotheken zugrundeliegende Grundverhältnis im Zeitpunkt des Zuschlages schon beendet gewesen wäre. Im Sinne der obigen Ausführungen kann daher dem Widerspruch der R*** L***-ST. J*** auch nicht in der Weise stattgegeben werden, daß der strittige Betrag schon jetzt sofort den nachfolgenden Gläubigern zugewiesen wird.
Die von der betreibenden Partei ins Treffen geführte Pfandrechtslöschpflicht nach § 469 a ABGB kommt bei einer Höchstbetragshypothek erst mit dem Erlöschen des Grundverhältnisses zum Tragen.
Der Verteilungsbeschluß der Vorinstanzen war demnach dahin abzuändern, daß der S*** V***-KÖFLACH über den
rechtskräftig zugewiesenen Betrag von S 275.000,-- hinaus aus dem Meistbot (ohne Meistbots- und Erlagszinsen) weitere S 123.250,-- zur zinstragenden Anlegung zugewiesen werden, was eine dementsprechende Kürzung der Zuweisung bei der führenden betreibenden Partei ergibt. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm den §§ 41 und 50 ZPO, weil ein durch den Widerspruch der R***
L***-ST. J*** ausgelöster Zwischenstreit vorliegt, sodaß nicht die Grundsätze des Judikates 201 zum Tragen kommen. Ein Streitgenossenschzuschlag gebührt nicht, Gerichtsgebühren sind lt. Anm.4 zu TP 4 GGG nicht entstanden.
Anmerkung
E11563European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00030.87.0527.000Dokumentnummer
JJT_19870527_OGH0002_0030OB00030_8700000_000