Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Anneliese B***, Hotelsekretärin, 2.) Ludwig F***, Pensionist,
3.)
Rudolf K***, Angestellter, 4.) Josef L***, Angestellter,
5.)
Dipl. Ing. Peter P***, Elektroingenieur, 6.) Karoline W***, Angestellte und 7.) Dipl. Ing. Anton W***, Bauingenieur, sämtliche Wien 3., Posthorngasse 3, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*** Eigentumswohnungs-, Bau- und Betriebsgesellschaft m.b.H. Nfg KG, Wien 7., Wimbergergasse 30, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Zwischenantrag auf Feststellung (Streitwert S 310.000,--), infolge Revision und Rekurs der klagenden Parteien gegen das Urteil und den damit verbundenen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25. Februar 1986, GZ 12 R 12/86-15, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. September 1985, GZ 8 Cg 42/84-10, im Punkt 1. abgeändert und im Punkt 2. ein weiterer Zwischenantrag auf Feststellungen zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben,
2. den
B e s c h l u ß
gefaßt:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte war Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1193 KG Landstraße, auf der sie Eigentumswohnungen errichtet hat. Aus Mitteln der Wohnbauförderung 1968 wurden ihr insgesamt Darlehen von S 8,078.292,-- gewährt.
Im Jahre 1973 hat die Beklagte mit Wohnungseigentumswerbern, darunter auch den Klägern, Kaufverträge abgeschlossen, nach welchen sich der Kaufpreis der Eigentumswohnungen aus dem Preis für die Liegenschaftsanteile und den anteiligen Baukosten zusammensetzte. Dementsprechend wurde ein Pauschalpreis von S 4.386,-- pro m2 Wohnfläche, der anteilige Ersatz der Kosten für bauliche Erschwernisse und die gegenüber den Bestimmungen der Wohnbauförderungen verbesserte Ausstattung des Hauses und der Wohnungen in der pauschalierten Höhe von S 700,-- pro m2 Wohnfläche sowie der Ersatz der Kosten der Darlehensaufnahme und der Zwischenzinsen in der pauschalierten Höhe von S 300,-- pro m2 Wohnfläche vereinbart. Die Baukosten stellten einen Pauschalpreis dar, in welchem sämtliche Bau- und Baunebenkosten für die komplette Fertigstellung und schlüsselfertige Übergabe enthalten sind. Ihm liegt die Preisbasis August 1971 laut gesonderter Vereinbarung zugrunde. Allfällige, durch die Einführung der Mehrwertsteuer entstehende Baukostenerhöhungen waren im Pauschalpreis nicht enthalten und sind vom Käufer gesondert zu tragen.
Nach Punkt XV der Kaufverträge nahmen die Käufer zur Kenntnis, daß die Eigentumswohnungen im Rahmen und auf Grund der Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 errichtet werden. Sie unterwarfen sich ausdrücklich den Bestimmungen dieses Gesetzes und den in dessen Ausführung ergangenen und ergehenden Verordnungen, Entscheidungen und Bescheiden der Wiener Landesregierung.
Etwa zur Zeit des Abschlusses der Kaufverträge hat die Beklagte mit den Wohnungseigentumswerbern Vereinbarungen über Wohnungsreservierungen getroffen, in welchen unter anderem die pauschalierten Kostensätze bekräftigt wurden. Weiter wurde darin konkretisiert, wie sich die Baukosten indexmäßig erhöhen. In den Abrechnungen gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern wurde der Preis für den Liegenschaftsanteil plus pauschaliertem Baukostenersatz und Baukostenerhöhung sowie ein Baukostenausgleich infolge Quadratmeteränderungen errechnet. Dieser so errechnete Gesamtpreis überstieg jenen Preis, der sich bei bloßer Zugrundelegung der von der Magistratsabteilung 50 gemäß § 34 WFG geprüften und festgestellten Gesamtbaukosten ergibt in nicht unerheblichem Maße.
Beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ist zu 21 C 445/83 ein Verfahren anhängig, in dem die Beklagte von den Klägern restliche Baukosten verlangt. Dieser Rechtsstreit ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung der im vorliegenden Prozeß gestellten Zwischenfeststellungsanträge unterbrochen.
Mit der Behauptung, die Beklagte sei nicht berechtigt, über die bewilligten Wohnbauförderungsdarlehen hinausgehende Beträge auf die Kläger zu überwälzen und die Kläger hätten bereits höhere Beträge bezahlt, verlangen diese im vorliegenden Prozeß die Rückzahlung der ihrer Meinung nach zuviel bezahlten Kaufpreise, und zwar die Erstklägerin S 151.309,70 s.A., der Zweitkläger S 170.805,37 s.A., der Drittkläger S 76.805,47 s.A., der Viertkläger S 121.420,83 s.A., der Fünftkläger S 59.043,83 s.A., die Sechstklägerin
S 128.299,14 s.A. und der Siebentkläger S 149.817,95 s.A. Im Zuge des Verfahrens stellten die Kläger zwei Zwischenanträge auf Feststellung, und zwar
1. es werde gegenüber der Beklagten festgestellt, daß die in den Kaufverträgen in den Punkten III und IV sowie Punkt V enthaltenen Vereinbarungen über Ersatz der Baukosten sowie die in den errichteten Vereinbarungen über Wohnungsreservierung in den Punkten 3 b, 3 c, 3 d, 4 und 8 enthaltenen Vereinbarungen über den Ersatz der Baukosten insoweit rechtsunwirksam sind, als die sich hieraus ergebenden Baukostenanteile der Wohnungen der Kläger die nach dem Nutzflächenschlüssel der einzelnen Wohnungen oder sonstigen selbständigen Räumlichkeiten im Verhältnis zur Nutzfläche sämtlicher Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten des Hauses sich ergebenden Anteile die von der Beklagten in der gemäß § 34 WBFG 1968 gelegten Endabrechnung bekanntgegebenen und vom Land Wien festgestellten Gesamtbaukosten von S 8,078.292,-- übersteigen und
2. es werde der Beklagten gegenüber festgestellt, daß ein Mehrbegehren der Beklagten auf Tragung bzw. Zahlung der die Gesamtbaukosten von S 8,078.292,-- übersteigenden Gesamtbaukostenanteile durch die Kläger unzulässig sei. Während das Erstgericht den beiden Zwischenfeststellungsanträgen stattgegeben hat, hat das Berufungsgericht den ersten dieser Anträge abgewiesen und den zweiten zurückgewiesen. Es vertrat hiebei die Rechtsansicht, die Feststellung der Baukosten durch die Wiener Landesregierung habe lediglich für die Darlehensgewährung nach dem WFG 1968 Bedeutung. Diese Feststellung sei jedoch im Verhältnis zwischen dem Wohnungseigentümer und dem Verkäufer der Liegenschaftsanteile sowie dem Errichter der Wohnungen nicht Vertragsgrundlage. Die Tatsache, daß die Wiener Landesregierung bei der Darlehensgewährung von geringeren Baukosten ausgegangen sei, berühre nicht die vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitteilen. Demnach sei der erste Zwischenfeststellungsantrag nicht berechtigt.
Der zweite Zwischenfeststellungsantrag sei lediglich auf eine einzelne Rechtsfrage gerichtet, deren unzulässige Heraushebung aus der sonstigen Entscheidung über den Anspruch selbst nicht zulässig sei.
Die von den Klägern gegen das berufungsgerichtliche Urteil (dieses hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes hinsichtlich jedes Klägers S 15.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteigt und die Revision für zulässig erklärt) wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist zwar zulässig, jedoch nicht gerechtfertigt.
Richtig, ist daß der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 5 Ob 15/82 (MietSlg. 35.675) die vom Berufungsgericht im vorliegenden Verfahren vertretene Rechtsansicht geäußert hat. Hiebei handelt es sich jedoch um die bisher einzige Entscheidung zu dieser, in ihrer Bedeutung über den vorliegenden Rechtsstreit weit hinausgehenden Frage. Zwar wurde die seinerzeitige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1975, 257, die eine Bindung des Gerichtes an die Feststellung der Baukosten durch die die Wohnbauförderungsmittel bewilligende Stelle aussprach, nicht nur von der Lehre (Bydlinski JBl. 1975, 245), sondern in der Folge auch in mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (JBl. 1980, 151, 5 Ob 57/86 u.a.) abgelehnt, doch hatten diese Entscheidungen den umgekehrten Fall zum Gegenstand, nämlich die Frage, ob die Wohnungseigentümer die von der darlehensbewilligenden Stelle festgestellten Baukosten vor Gericht mit Erfolg bekämpfen können oder nicht. Es ist zwar richtig, daß die konsequente Verfolgung der in der jüngeren Judikatur des Obersten Gerichtshofes zum Ausdruck gebrachten Gedanken zu dem Ergebnis der vorliegenden Entscheidung führen muß, doch wäre allenfalls auch ein gegenteiliges Ergebnis denkbar. Selbst wenn daher der Oberste Gerichtshof der Rechtsansicht, die in der Entscheidung MietSlg. 35.675 zum Ausdruck gebracht wurde, beitritt, erscheinen die Voraussetzungen für eine Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO gegeben, weil das Vorliegen bloß einer Entscheidung zu einer in ihren Auswirkungen derart weitreichenden Rechtsfrage allenfalls Zweifel daran offenlassen könnte, ob andere Senate des Obersten Gerichtshofes sich dieser Ansicht anschließen werden. Im Interesse der Rechtssicherheit ist es daher zweckmäßig, wenn bezüglich dieser Rechtsfrage eine erweiterte Basis für die Rechtsprechung durch Fällung einer zweiten Sachentscheidung geschaffen wird. In der Sache selbst hat das Berufungsgericht richtig erkannt, daß die von ihm vertretene Rechtsansicht bereits in der Entscheidung 5 Ob 15/82 (MietSlg. 35.675) des Obersten Gerichtshofes zum Ausdruck gebracht wurde. Dort wird ausdrücklich hervorgehoben, daß das Wohnbauförderungsgesetz 1968 bloß zivilrechtliche Maßnahmen der Länder zum Gegenstand hat und keine unmittelbaren Rechtswirkungen auf privatrechtliche Verträge normiert. Zu diesem Schluß muß man gelangen, wenn man die gesamten Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 betrachtet. Die im § 34 WBFG 1968 erwähnte Endabrechnung dient lediglich als Basis für die Errechnung des zu gewährenden Wohnbaudarlehens. Das Gesetz enthält aber keine Bestimmung, nach der die gesamten tatsächlichen Baukosten auch die Grundlage für das Wohnbaudarlehen sein müssen. Es steht dem Lande frei, nur für geringere Aufwendungen als die tatsächlichen Baukosten die Förderungsmittel zukommen zu lassen. Das Gesetz bietet die Möglichkeit, das gewährte Darlehen auf die einzelnen Wohnungseigentümer nach einem bestimmten Schlüssel zu überwälzen. Ein Verbot, darüber hinausgehende Kosten ebenfalls zu überwälzen, ist im WBFG 1968 nicht enthalten. Ein solches Verbot kann daher keine Grundlage für das klägerische Begehren bieten. Auch in der Entscheidung 5 Ob 171/86 hat der Oberste Gerichtshof nichts anderes ausgesprochen. Dieser Entscheidung lag eine andere Rechtsfrage zugrunde, nämlich die Aufteilung des aufgenommenen Darlehens auf die einzelnen Wohnungseigentümer, also eine Frage, die aus dem WEG 1975 abgeleitet wird. Im vorliegenden Fall wurde nicht einmal behauptet, daß der von der Beklagten gewählte Aufteilungsschlüssel gegen Bestimmungen des WEG 1975 verstoße. Mit der Frage, ob das Wohnbauförderungsdarlehen übersteigende Beträge überwälzt werden können, hat sich die vorerwähnte Entscheidung nicht auseinandergesetzt, weil diese Frage dort überhaupt nicht zur Diskussion stand.
Der Oberste Gerichtshof tritt daher der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht bezüglich des ersten Zwischenfeststellungsantrages bei.
Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich sinngemäß aus § 519 Abs. 1 Z 2 ZPO, weil das Berufungsgericht den zweiten Zwischenfeststellungsantrag unter Verneinung der Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückgewiesen hat. Was die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Zulässigkeit des Rechtsmittels anlangt, kann auf das zur Revision Gesagte verwiesen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs erweist sich jedoch ebenfalls als nicht gerechtfertigt.
Die Zulässigkeit des zweiten Zwischenfeststellungsantrages ist schon deshalb zu verneinen, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit dieser Antrag über den ersten Zwischenfeststellungsantrag hinausgehen soll. Bereits im ersten Zwischenfeststellungsantrag wird nämlich die Begrenzung der Forderung der Beklagten mit 8,078.292,-- verlangt. Diese Begrenzung stellt einen Teil dieses Zwischenfeststellungsantrages dar. Der zweite Antrag hat aber ebenfalls kein anderes Ziel. Da somit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den zweiten Zwischenfeststellungsantrag fehlen, wurde er zu Recht vom Gericht zweiter Instanz zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof gründet sich auf die §§ 393 Abs. 4 und 52 Abs. 2 ZPO (SZ 23/243).
Anmerkung
E11444European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00601.87.0604.000Dokumentnummer
JJT_19870604_OGH0002_0070OB00601_8700000_000