TE OGH 1987/6/4 6Ob600/87

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Veröffentlicht am 04.06.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Pflegschaftssache der serbischen griechisch-orientalischen Kirchengemeinde Z*** H*** S*** in Wien, infolge Revisionsrekurses der Kirchengemeinde, als deren Vertreter Dr. Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien, einschreitet, gegen den zweiten Punkt des Beschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 24. März 1987, GZ 43 R 181/87-60, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 5. Juni 1986, GZ 8 P 221/85-33, in seinem Punkt 2 bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Für die serbische griechisch-orientalische Kirchengemeinde Z*** H*** S*** wurde nach § 12 Abs. 2 OrthG ein Rechtsanwalt zum Kurator bestellt. Sein Aufgabenbereich ist im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nach der ausdrücklichen Klarstellung in der Rekursentscheidung vom 25. August 1986 "auf die äußeren Angelegenheiten der Kirchengemeinde für den staatlichen Bereich" beschränkt. (Näheres kann der Sachverhaltsdarstellung in der Entscheidung vom 6. November 1986, 6 Ob 666/86 = ON 49 a, entnommen werden.)

Nach dem Bericht des Kurators wird das auf einer Liegenschaft der Kirchengemeinde stehende Haus von einem Diplomingenieur verwaltet. In dem Gebäude befinden sich nach dem Bericht des Kurators außer vermieteten auch zwei leerstehende Wohnungen, zwei der Mieter seien mit der Verwaltungstätigkeit des Diplomingenieurs nicht einverstanden. Dieser Diplomingenieur trug in einem in der anhängigen Pflegschaftssache erhobenen Rechtsmittel vor, er übe die Verwaltung auf Grund eines ihm wirksam erteilten und bisher nicht widerrufenen Verwaltungsauftrages - unabhängig von seiner seinerzeitigen Berufung zum Sekretär der Kirchengemeinde - aus (Einzelheiten über die Anfechtung des Verwalters sind der Entscheidung vom 12. Februar 1987, 6 Ob 521/87 = ON 61, zu entnehmen).

Das Erstgericht hat mit seinem Beschluß vom 5. Juni 1986 den Kurator im Sinne seines Antrages beauftragt, mit Stichtag 1. Juli 1986 die Verwaltung der Liegenschaft zu übernehmen, und ihn dabei ermächtigt, für die Verwaltung der Liegenschaft einen Stellvertreter zu bestellen, sowie beauftragt, bestehende Verwaltungsvollmachten zu widerrufen, insbesondere den erwähnten Diplomingenieur abzuberufen.

Das Rekursgericht hat dem von der Kirchengemeinde gegen diese Anordnungen erhobenen Rekurs nicht stattgegeben.

Rechtliche Beurteilung

Der namens der Kirchengemeinde gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz erhobene Rekurs ist mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs. 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes unzulässig.

Die Frage der Legitimation zum Einschreiten für die Kirchengemeinde in dem sie betreffenden Pflegschaftsverfahren kann daher im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsmittel unerörtert bleiben.

Der Rechtsmittelverfasser unterstellt die Rekursausführungen den Anfechtungsgründen der Nichtigkeit und der offenbaren Gesetzwidrigkeit.

Die Darlegungen über die Zugehörigkeit der Vermögensverwaltung zu den inneren Angelegenheiten der nur in Ansehung ihrer äußeren Angelegenheiten für den staatlichen Bereich unter Kuratel gestellten Kirchengemeinde gehen daran vorbei, daß das Eigentum an einer Liegenschaft, noch dazu, wenn auf ihr ein Gebäude errichtet ist, dessen Einheiten zum Teil vermietet sind, den Eigentümer in öffentlichrechtliche und privatrechtliche Beziehungen verstrickt, in denen er zur Setzung von Rechtshandlungen genötigt sein kann. Die Rechtsmittelwerberin, der nach dem ministeriellen Bescheid vom 21. Dezember 1984 die Handlungsfähigkeit für den staatlichen Bereich als gehemmt erklärt wurde, ist derzeit außerstande, durch selbst bestimmte Organe für den staatlichen Bereich Rechtsgeschäftserklärungen abzugeben oder andere Rechtshandlungen zu setzen, die volle Handlungsfähigkeit voraussetzen. Dies vermöchte die Kirchengemeinde auch nicht durch neu bestellte Organe, die sie für den innerkirchlichen Bereich weiterhin zu berufen befugt ist. Für den staatlichen Bereich kann die Organbestellung vor allem für die Vertretung der Kirchengemeinde in dem sie betreffenden Pflegschaftsverfahren von Bedeutung sein, nicht aber in all den öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Beziehungen, in denen sie wie andere Rechtssubjekte Behörden oder Rechtspersonen gegenübertritt.

Die vom Rekursgericht bestätigte pflegschaftsgerichtliche Anordnung zur Liegenschaftsverwaltung stellt sich nur als logische Folgerung der Kuratorbestellung dar. Mit ihr hat das Pflegschaftsgericht weder seinen Aufgabenbereich überschritten, noch in innere Angelegenheiten der Rekurswerberin eingegriffen. Bei der gesamten Pflegschaftsführung und daher auch bei der Liegenschaftsverwaltung werden Kurator und Gericht die gebotene Unterordnung jeder Vermögensverwaltung einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft unter die Zielsetzung einer Beförderung der rein innerkirchlichen Anliegen, um deretwillen der Staat für seinen Bereich die Anerkennung als Kirche oder Religionsgesellschaft vorgenommen hat, zu beachten haben. Die Bestellung des Kurators und seine Betrauung mit der Liegenschaftsverwaltung greifen in diesem Sinne noch nicht in die inneren Angelegenheiten der Rekurswerberin ein. Sicherlich sind Meinungsunterschiede in Ansehung einzelner Vollzugshandlungen der Vermögensverwaltung denkbar. Darüber müßte in jedem einzelnen Anlaßfall entschieden werden. Die getroffenen Anordnungen zur Liegenschaftsverwaltung sind weder als Verstoß gegen eine mit Nichtigkeit bedrohte Vorschrift noch als augenscheinliche Verletzung einer ausdrücklichen Gesetzesanordnung oder eines evidenten Grundsatzes der Rechtsordnung zu erkennen.

Bei den im Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über äußere Rechtsv3rhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich, BGBl. Nr. 229, normierten Regelungen hatte der Gesetzgeber die in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (496 BlgNr. XI.GP) anschaulich dargelegten organisatorischen Eigenheiten der griechisch-orientalischen Kirche zu berücksichtigen. § 12 Abs. 2 OrthG scheint in diesen Eigenheiten hinreichend sachlich begründet. Die im Rechtsmittel dargelegten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen. Er sieht sich daher nicht bestimmt, die Anregung zu einer Anfechtung des § 12 Abs. 2 OrthG als verfassungswidrig aufzugreifen.

Mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs. 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Anmerkung

E11175

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00600.87.0604.000

Dokumentnummer

JJT_19870604_OGH0002_0060OB00600_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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