TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/8 2005/21/0047

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Veröffentlicht am 08.09.2005
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Grazbachgasse 49/2/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 24. Jänner 2005, Zl. FR 716/2003, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 41,-- EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stammt aus Armenien und reiste (erstmals) am 21. April 1990 in das Bundesgebiet ein. Mit Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 21. März 1991 wurde er wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und 2 StGB zu einer zweieinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Anschluss daran erging ein dreijähriges Aufenthaltsverbot, welches jedoch mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 20. April 1994 gemäß § 26 Fremdengesetz 1992 wieder aufgehoben wurde. Hiefür war insbesondere maßgebend, dass der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige geheiratet hatte und Vater zweier ehelicher Kinder geworden war.

Die besagte Ehe wurde in der Folge - nach der Aktenlage mit der Wirksamkeit vom 12. Juni 1997 - geschieden.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 verhängte die Bundespolizeidirektion Graz gegen den Beschwerdeführer neuerlich ein - diesmal unbefristetes - Aufenthaltsverbot. Sie begründete diese Maßnahme im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 23. Februar 2000 wegen §§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 bis Abs. 3 SMG sowie wegen § 50 Abs. 1 Z 1 WaffG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden sei. Das der Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten stelle nicht nur eine massive Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar, sondern sei auch geeignet, die Volksgesundheit nachhaltig zu gefährden. Dies vor allem deshalb, da durch das Inverkehrbringen von Suchtgift in großen Mengen eine kaum überschaubare Anzahl von Menschen abhängig werden und daraus eine Gefahr für das Leben bzw. die Gesundheit dieser Menschen resultieren könne. Im Fall des Beschwerdeführers komme hinzu, dass er das "delinquente Verhalten" über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten und dabei gewerbsmäßig große Mengen von "harten Drogen" - Kokain - in Verkehr gesetzt habe. Zwar sei mit der Verhängung des Aufenthaltsverbotes ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, zumal seine Kinder im Bundesgebiet aufhältig seien, jedoch sei es zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutze der Rechte Anderer notwendig bzw. dringend geboten. Außerdem sei davon auszugehen, dass die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen würden als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Eine Ermessensentscheidung zu seinen Gunsten komme nicht in Betracht.

Die gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm "§ 36 (1) Ziff. 1 u. 2 und (2), Ziff. 1, sowie den §§ 37 (1) und (2), 38 und 39" des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer nunmehr - wegen "Entlassung" aus dem armenischen Staatsverband - staatenlos sei und verwies im Übrigen auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid, denen sie sich vollinhaltlich anschließe und die sie zum Inhalt ihres Bescheides erhebe. Ergänzend betonte die belangte Behörde insbesondere die bei Suchtgiftdelikten bestehende große Wiederholungsgefahr und legte dar, weshalb im Grunde des § 37 FrG sowie in Anwendung des ihr offen stehenden Ermessens von der Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes nicht abgesehen werden könne.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichthof erwogen:

Angesichts der unstrittigen rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe steht zunächst fest, dass gegenständlich der Aufenthaltsverbotstatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt ist. Auch die Annahme, vom Beschwerdeführer gehe die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Gefährdung aus, begegnet vor dem Hintergrund des der erwähnten Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhaltens keinen Bedenken. Die Beschwerde bringt dazu im Ergebnis nur vor, dass der Beschwerdeführer unter Beistellung eines Bewährungshelfers und unter Erteilung von Weisungen bedingt aus der Strafhaft entlassen worden sei, weshalb sein künftiges Wohlverhalten als gesichert gelten könne. Dazu ist zunächst anzumerken, dass die zur Vollziehung des Fremdengesetzes zuständige Behörde bei der Prüfung der Frage, ob die von einem Fremden begangene Straftat die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertige, nicht an die für die bedingte Entlassung maßgeblichen Erwägungen des Gerichtes gebunden ist, sondern diese Frage vielmehr eigenständig und ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts zu beurteilen hat (vgl. sinngemäß etwa das hg. Erkenntnis vom 31. August 2004, Zl. 2004/21/0170). Konkret wird mit dem erwähnten Beschwerdevorbringen das kriminelle Vorleben des Beschwerdeführers außer Acht gelassen; davon, dass - wie in der Beschwerde vertreten - das dem ersten Aufenthaltsverbot zu Grunde liegende strafrechtliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers (absichtliche schwere Körperverletzung) nunmehr unbeachtlich sei, kann keine Rede sein. Im Übrigen ist mit der belangten Behörde auf die mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundene große Wiederholungsgefahr hinzuweisen. Der seit Entlassung aus der Haft (März 2003) verstrichene Zeitraum, während dem sich der Beschwerdeführer wohlverhalten hat, ist zu kurz, um fallbezogen zu einer gegenteiligen Auffassung gelangen zu können.

Auch unter dem Blickwinkel des § 37 FrG vermag die Beschwerde keine Fehlbeurteilung seitens der belangten Behörde aufzuzeigen. In Fällen wie dem vorliegenden ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 2004, Zl. 2004/21/0258) selbst bei einer ansonsten völligen sozialen Integration des Fremden ein Aufenthaltsverbot nicht unzulässig. Auch massive Beeinträchtigungen der Möglichkeit eines Kontaktes zu den aus der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin entstammenden minderjährigen Kindern müssen vom Beschwerdeführer in Anbetracht seines gravierenden Fehlverhaltens (absichtliche schwere Körperverletzung einerseits und massive Suchtgiftkriminalität andererseits), aus dem eine negative Zukunftsprognose abgeleitet werden muss, hingenommen werden.

Dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotbescheides die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beantragt hatte, ist ebenso ohne Belang wie der Umstand, dass er nunmehr staatenlos ist. Einerseits begründet der Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung entgegen der Beschwerdeansicht keine "Sperrfrist" für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, andererseits ist dem FrG nicht zu entnehmen, dass die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber staatenlosen Personen grundsätzlich unzulässig wäre. Was schließlich die Dauer des gegenständlichen Aufenthaltsverbotes anlangt, so ist auch diesbezüglich nicht zu sehen, dass der belangten Behörde eine Rechtswidrigkeit unterlaufen wäre. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang darauf verweist, bei der der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz zu Grunde liegenden strafbaren Handlung habe es sich um eine "Einmaltat" gehandelt, ist wiederum auf die nicht unbeachtliche Vorverurteilung durch das Landesgericht Leoben zu verweisen.

Soweit der Beschwerdeführer abschließend die Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet, gelingt es ihm vor dem Hintergrund des bisher Gesagten nicht, eine Relevanz allfälliger Mängel aufzuzeigen. Nur mehr der Vollständigkeit halber sei daher angefügt, dass der Beschwerdevorwurf, der Beschwerdeführer sei weder in erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren einvernommen worden, angesichts der mit ihm am 9. Mai 2003 aufgenommenen Niederschrift nicht zutrifft. Zusammenfassend ergibt sich damit, dass der vorliegenden Beschwerde kein Erfolg beschieden sein kann, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Da die belangte Behörde lediglich 41,-- EUR an Vorlageaufwand angesprochen hat, konnte ihr auch nur dieser Betrag zuerkannt werden. Wien, am 8. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005210047.X00

Im RIS seit

03.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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