TE OGH 1987/6/9 11Os36/87

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Veröffentlicht am 09.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Franz S*** wegen des Verbrechens nach den §§ 12 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG aF und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 16.Dezember 1986, GZ 12 b Vr 727/86-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im übrigen (im Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, zweiter Fall, SuchtgiftG sowie in seinen freisprechenden Teilen) unberührt bleibt, in den Punkten I und III des Schuldspruches (Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG aF und Finanzvergehen des Schmuggels nach den §§ 11, 35 Abs. 1 FinStrG) und demgemäß in den Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seinen Rechtsmitteln wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.Jänner 1944 geborene beschäftigungslose Franz S*** des Verbrechens nach den §§ 12 StGB, 12 Abs. 1 SuchtgiftG aF (I des Schuldspruches), des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 Z 1, Abs. 2, zweiter Fall, SuchtgiftG aF (II des Schuldspruches) und des (Finanz-) Vergehens des Schmuggels nach den §§ 11, 35 Abs. 1 FinStrG (III des Schuldspruches) schuldig erkannt. Ihm liegt damit im besonderen zur Last, er hat in Wien im August 1985 dadurch, daß er einen Betrag von 67.000 S zur Finanzierung des Ankaufes von Suchtgift und der Schmuggelfahrt an Karin S*** übergab, dazu beigetragen, daß Anton S***, Karl S***, Waltraud S***, Karl H*** und Karin S*** vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer solchen Menge, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, nämlich 129,16 kg Cannabis-Harz, aus Marokko aus- und nach Österreich einführten (I des Urteilssatzes), und durch diese Handlung im August 1985 dazu beigetragen, daß Anton S***, Karl S***, Waltraud S***, Karl H*** und Karin S*** eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 129,16 kg Cannabis-Harz, unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen (III des Urteilssatzes).

Von weiteren Anklagevorwürfen wurde Franz S*** unangefochten freigesprochen.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten nur in den Punkten I und III des Schuldspruches mit einer ausdrücklich auf die Ziffer 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und in den Strafaussprüchen mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, daß das Urteil mit einer vom Angeklagten nicht geltend gemachten materiellen Nichtigkeit behaftet ist:

Das Erstgericht stellte zu den bekämpften Schuldsprüchen unter anderem fest, der Angeklagte habe der Karin S*** auf deren Verlangen einen den Brüdern S*** geschuldeten Betrag von 67.000 S übergehen und dabei gewußt, daß dieses Geld "zur Teilfinanzierung eines größeren Suchtgiftschmuggels diente". Es war ihm klar, "daß eine sehr große Menge Suchtgift eingeführt werden sollte, die geeignet war, eine dreißig bis fünfzig Personen jedenfalls übersteigende Anzahl von Menschen der Sucht zuzuführen". Tatsächlich wurden in der Folge von Karin S*** gemeinsam mit den Brüdern S*** und anderen Personen 129,16 kg Haschisch in einem Wohnwagen von Marokko nach Österreich gebracht. "Bei der Einreise wurde das Suchtgift naturgemäß nicht verzollt, womit der Angeklagte gerechnet und sich abgefunden hatte".

Das Schöffengericht lastete dem Angeklagten für die gesamte Suchtgiftmenge Beitragstäterschaft sowohl zum Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG aF als auch zum Finanzvergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG an.

Dazu ist zu bemerken:

Gleich dem unmittelbaren (oder auch dem Bestimmungs-) Täter verantwortet der Beitragstäter eigenes Unrecht und eigene Schuld (§ 13 StGB). Er haftet daher auf der inneren Tatseite bei Vorsatzdelikten nur im Rahmen seines eigenen Vorsatzes (und nicht etwa eines weitergehenden des unmittelbaren Täters). Um im vorliegenden Fall Beitragstäterschaft zur Einfuhr und zum Schmuggel von 129,16 kg Haschisch strafrechtlich anlasten zu können, müßte - in subjektiver Hinsicht - als erwiesen gelten, daß der Angeklagte es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich auch damit abfand, durch die Hingabe des Betrages von 67.000 S einen ursächlichen Beitrag zur Ausführung der genannten Taten, insbesondere in Ansehung der oben näher bezeichneten Menge des Suchtgiftes, zu leisten. In dieser Hinsicht sind jedoch dem Urteil ausreichende Feststellungen nicht zu entnehmen. Die in diesem Zusammenhang verwendeten (bereits eingangs wiedergegebenen) Ausdrücke: "größerer Suchtgiftschmuggel" und "sehr große Menge" (Band II S 417 des Aktes) bzw. "weitaus größere Menge" (bezogen auf 0,75 kg Haschisch; siehe Band II S 418 des Aktes) sind unbestimmt und decken das Maß von 129,16 kg nicht ab. Wenn auch an sich physische Förderung einer einheitlichen Tat durch Teilfinanzierung rechtlich als Beitragstäterschaft an der gesamten Tat gewertet werden kann (vgl. EvBl. 1984/163), so doch nur unter der Voraussetzung, daß die Tat in ihrem vollen Ausmaß auch vom - zumindest bedingten - Vorsatz des sie Fördernden umfaßt war. Der sich aus diesen Überlegungen ergebende, in der Beschwerde nicht gerügte Feststellungsmangel läßt das Urteil mit Nichtigkeit nach der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet erscheinen, die - als dem Angeklagten zum Nachteil gereichend - gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrgenommen werden mußte. Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde in nichtöffentlicher Sitzung spruchgemäß zu erkennen. Mit seinen dadurch gegenstandslos gewordenen Rechtsmitteln war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, daß eine Verfolgung des Angeklagten in diesem Verfahren ausgeschlossen wäre, sollte die inkriminierte Zahlung - wofür allerdings konkrete Anhaltspunkte bisher fehlen - als Teil eines strafrechtlich bereits geahndeten Erwerbsvorganges anzusehen sein.

Anmerkung

E11267

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00036.87.0609.000

Dokumentnummer

JJT_19870609_OGH0002_0110OS00036_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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