TE OGH 1987/6/11 13Os43/87

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Veröffentlicht am 11.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat 11.Juni 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karin W*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB. über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengerichts vom 27.Jänner 1987, GZ. 17 a Vr 1503/86-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Kodek, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten und der ordnungsgemäß geladenen Verteidiger Dr. Burkhard Hirn und Dr. Gerold Hirn zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht (§ 43 StGB.) aufgehoben. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Das Schöffengericht verurteilte die am 2.Juni 1964 geborene Karin W*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3, 15 StGB. nach § 147 Abs. 3 StGB. unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 26.Juni 1986, GZ. 20 Vr 1491/85-104, zu einer Zusatzstrafe von einem Jahr, die es gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wurden als erschwerend das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen (§ 31 StGB.) und die Wiederholung der Betrugshandlungen, als mildernd hingegen die bisherige Unbescholtenheit, die Begehung der Taten vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs, das längere Zurückliegen der Betrugsfakten und die versuchsweise Begehung in einem Fall gewertet.

Gegen dieses Urteil ergriff die Angeklagte das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch ficht die Staatsanwaltschaft mit Berufung an. Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof mit dem in der nichtöffentlichen Sitzung gefaßten Beschluß vom 7.Mai 1987, GZ. 13 Os 43/87-6, aus dem sich der wesentliche Sachverhalt ergibt, zurückgewiesen. Mit ihrer Berufung, über die gemäß § 296 Abs. 3 StPO. im Gerichtstag zu entscheiden war, zielt die Staatsanwaltschaft auf eine Erhöhung der Zusatzfreiheitsstrafe und auf die Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht ab.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Rechtliche Beurteilung

Dem Straferhöhungsbegehren ist zu erwidern, daß entgegen der in der Berufung vertretenen Ansicht bei wirtschaftlicher Betrachtung in der Höhe des tatsächlichen Schadens von 271.490 S angesichts der Qualifikationsgrenze des § 147 Abs. 3 StGB. noch kein Erschwerungsgrund erblickt werden kann, selbst wenn man in Betracht zieht, daß Karin W*** zusätzlich versuchter Betrug mit einer beabsichtigten Schadenshöhe von 42.500 S angelastet wird. Bei gemeinsamer Aburteilung der der Angeklagten im Verfahren 20 Vr 1491/85 des Landesgerichts Feldkirch (§§ 12, 16 SuchtgiftG.) und im gegenständlichen Strafverfahren angelasteten Taten wäre eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren zu verhängen gewesen (§ 40 StGB.). Da im erstgenannten Verfahren eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren ausgemessen worden ist, entspricht die nun verhängte Zusatzstrafe durchaus dem Verschulden der Täterin und dem Unrechtsgehalt der von ihr zu verantwortenden Delikte. Mit Recht aber bekämpft die Anklagebehörde die Anwendung des § 43 StGB. Zwar läßt die Rechtsprechung bei Verhängung einer Zusatzstrafe (§ 31 StGB.) die bedingte Strafnachsicht auch dann zu, wenn im Urteil, auf das Bedacht zu nehmen ist, eine unbedingte Strafe verhängt wurde (LSK. 1982/72). Vorliegend sind aber die Voraussetzungen hiefür nicht gegeben: Die Angeklagte hat wiederholte Angriffe gegen das Vermögen des Betrogenen ausgeführt und dadurch ein hohes Maß an Schuld auf sich geladen; sie ist demnach als eine Person charakterisiert, die dem Rechtsgut des fremden Vermögens gleichgültig, wenn nicht gar ablehnend gegenübersteht. Dazu kommen die raffinierten Täuschungsmanöver, mit denen die Angeklagte, wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, die Gutgläubigkeit des Norbert B*** schamlos ausgenützt hat. Bei einer so gearteten Täterpersönlichkeit ist aus spezialpräventiven Erwägungen die Gewährung bedingter Strafnachsicht völlig unangebracht, die Verhängung einer unbedingten Strafe ja geradezu geboten. Daran vermögen die vom Erstgericht für die von ihm gewährte Rechtswohltat ins Treffen geführten Argumente nichts zu ändern.

Die bevollmächtigten Verteidiger Dr. Burkhard H*** und Dr. Gerold H*** (ON. 7 S. 77 a) sind zum Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof nicht erschienen. Sie waren ordnungsgemäß geladen (Rückschein im Akt des Rechtsmittelgerichts). Infolge des Ausbleibens der Verteidiger wurde gemäß § 286 Abs. 1, zweiter Satz, StPO. die von ihnen erstattete Berufungsgegenausführung vorgelesen und der Entscheidung zugrundegelegt. Auf die Vorlesung gemäß der zitierten Gesetzesstelle sind die Angeklagte und die Verteidiger in der Vorladung aufmerksam gemacht worden. Die Anwesenheit eines Verteidigers im Gerichtstag ist nicht erforderlich, es genügt, daß ein Verteidiger bevollmächtigt oder bestellt ist und daß er die Möglichkeit hatte, zum Gerichtstag zu erscheinen: SSt. XLVI/5 (siehe auch EvBl. 1986 Nr. 167, dritter Absatz).

Anmerkung

E11297

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00043.87.0611.000

Dokumentnummer

JJT_19870611_OGH0002_0130OS00043_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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