Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Josef Fellner und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dietmar S***, Angestellter, Rum, Friedhofweg 7, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Julius V*** KG, Innsbruck, Ing. Etzelstraße 8, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 306.173,01 brutto und S 2.211,89 netto, jeweils sA (Revisionsstreitwert S 277.468,54 brutto sA und S 2.211,89 netto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 16. September 1986, GZ 3 a Cg 15/86-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Innsbruck vom 8. Jänner 1986, GZ 2 Cr 101/85-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 120,-- (Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 9.631,05 (darin S 875,55 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1.April 1984 als Geschäftsführer für das Geschäftslokal der Beklagten in Innsbruck, Innrain 100, angestellt. Nach dem zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Dienstvertrag umfaßte seine Tätigkeit die gesamte Geschäftsführung mit Einkauf und Verkauf, die Betreuung des Kundenstockes sowie die Akquirierung neuer Kunden und Aufträge. Vereinbarungsgemäß sollte der Kläger das Umsatzvolumen von 5 Mio S im ersten Jahr auf 5,6 Mio S und im zweiten Jahr auf 6,4 Mio S steigern. Sein Monatsgehalt betrug S 21.000 brutto zuzüglich 1 % Provision für alle Verkäufe ohne Umsatzsteuer. Die Abrechnung der Provision sollte monatlich am darauffolgenden Monatsletzten erfolgen. Der Kläger wurde in die Beschäftigungsgruppe V eingestuft; für die Abfertigung, die Urlaubsentschädigung, Kündigung und Krankheit wurden ihm 18 Jahre als Vordienstzeiten angerechnet.
Für den Jänner 1985 erhielt der Kläger von der Beklagten anstatt des kollektivvertraglich erhöhten Grundgehalts von monatlich brutto S 22.022 lediglich S 17.649 brutto.
Mit der Behauptung, er sei am 5.Februar 1985 wegen Schmälerung seines Gehalts begründet vorzeitig ausgetreten, verlangt der Kläger von der Beklagten an restlichem Entgelt, Kündigungsentschädigung, Abfertigung, Urlaubsentschädigung und Entgelt für Zeitausgleich insgesamt S 306.173,01 brutto und S 2.211,89 netto, jeweils sA. Er brachte vor, daß er nach Kenntnisnahme der einseitigen Lohnkürzung bereits am 1.Februar 1985 seinen vorzeitigen Austritt angekündigt habe; dennoch habe die Beklagte den vorenthaltenen Restgehalt für Jänner 1985 erst nach dem Austritt am 20.Februar 1985 überwiesen. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe die vereinbarte Umsatzsteigerung nicht erreicht und seine Funktion als leitender Angestellter nur unzulänglich wahrgenommen. Die Beklagte habe daher ein leistungsorientiertes Gehalt mit niedrigerem Grundentgelt und höherer Umsatzprovision vorgeschlagen. Der Kläger habe Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft gezeigt. Am 5.Februar 1985, einem Dienstag, habe eine Besprechung stattgefunden, bei welcher die Gehaltsfrage habe endgültig geklärt werden sollen. Ungeachtet der noch im Gange befindlichen Verhandlungen habe der Kläger am 5.Februar 1985 dann überraschend seinen Austritt "inszeniert".
Der Kläger habe in einem Geschäftsfall blaue statt grüne Vorhänge bestellt. Der daraus entstandene Schaden werde bis zur Höhe der Klageforderung aufrechnungsweise eingewendet.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Verneinung des Bestandes der Gegenforderung mit S 277.468,54 brutto sA und S 2.211,89 netto sA statt und wies das Mehrbegehren von S 28.704,44 sA sowie ein Zinsenmehrbegehren rechtskräftig ab. Es vertrat die Ansicht, daß der Kläger berechtigt vorzeitig ausgetreten sei. Die Beklagte habe sein Gehalt einseitig um fast ein Drittel herabgesetzt. Der Kläger habe sich gegen diese Gehaltskürzung verwahrt; Vergleichsverhandlungen hätten nicht stattgefunden. Im übrigen stellte es fest, daß zugunsten des Klägers kein Zeitausgleich mehr offen sei. Hingegen stünde dem Kläger noch der geltend gemachte Resturlaub für 1984/85 zu. Ein Fehlverhalten des Klägers bei der Bestellung von Vorhängen sei nicht erweislich. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Als der Geschäftsführer der Beklagten Thomas B*** im Herbst 1984 eine rückläufige Umsatzentwicklung feststellte, trat er an den Kläger unter anderem auch wegen einer Änderung des Lohnschemas heran. Thomas B*** beabsichtigte, das feste Gehalt des Klägers unter gleichzeitiger Erhöhung des Provisionssatzes zu kürzen, um auf diese Weise eine Umsatzsteigerung zu erzielen. Der Kläger trat diesem Vorschlag mit Schreiben vom 13.Dezember 1984 entgegen: Er könne auf eine Kürzung des Gehalts auf S 15.000 brutto unter gleichzeitiger Anhebung der Umsatzprovision auf 2 % nicht eingehen, da er damit ab Jänner 1985 auf S 7.000 brutto pro Monat verzichten müßte. Er bitte daher, diesen Vorschlag noch einmal zu überdenken. Am 28.Dezember 1984 kam es zwischen Thomas B*** und dem Kläger zu einer Besprechung, deren Gegenstand vor allem die Ertragslage des Unternehmens war; darüber hinaus wurde neuerlich eine Umstellung der Entlohnung des Klägers im einzelnen erörtert. Thomas B*** unterbreitete dem Kläger einen in Form einer Aktennotiz festgehaltenen Vorschlag, dessen Punkt 3) lautete: "Wegen unzureichender Ausführung der Geschäftsführertätigkeit wird die im Vertrag festgelegte Beschäftigungsgruppe V auf die Beschäftigungsgruppe IV ab 1.Jänner 1985 herabgesetzt. Der gesetzliche Mindestlohn in dieser Beschäftigungsgruppe beträgt S 14.420. Sie erhalten ab 1.Jänner 1985 S 15.000 brutto plus die gesetzliche Lohnerhöhung auf S 14.420. Weiters werden für alle Verkäufe von Ihnen 2,5 % Provision vergütet."
Der Kläger äußerte sich zu diesem Vorschlag nicht definitiv. Er stimmte weder zu, noch lehnte er ab. Dem Lohnbuchhalter der Beklagten war bekannt, daß zwischen den Streitteilen eine neue Gehaltsregelung zur Debatte stand. Ohne Kenntnis der Einzelheiten veranlaßte er die um S 3.578 gekürzte Anweisung des Jännergehalts. Ob er dazu eine Weisung der Geschäftsführung erhalten hatte, ist nicht feststellbar. Der Kläger bemerkte den Minderbezug auf dem Kontoauszug vom 1.Februar 1985. Er schrieb am selben Tag an den Geschäftsführer Thomas B***, der zu dieser Zeit auf der "T***" in Salzburg war, daß er mit der Gehaltskürzung nicht einverstanden sein könne und um die Überweisung des Differenzbetrages bis 5.Februar 1985 ersuche; er müsse sonst vorzeitig aus der Firma ausscheiden. Nach der Rückkehr von der "T***" am 4.Februar 1985 rief Thomas B*** den Kläger sofort an und vereinbarte mit ihm einen Gesprächstermin für 18.00 Uhr des folgenden Tages. Thomas B*** teilte dem Kläger bei dem Telefonat mit, daß er sein Ausscheiden nicht wünsche und daß er mit ihm nochmals über die Gehaltsfrage sprechen wolle. Damit war der Kläger einverstanden. Er äußerte sich nicht dahin, daß eine Gehaltsänderung für ihn von vorneherein ausgeschlossen sei oder daß er mit einer solchen nicht einverstanden wäre. Am 5.Februar 1985 wiederholte Thomas B*** unter Bezugnahme auf das Schreiben des Klägers vom 1.Februar 1985, daß er mit ihm über das Gehalt reden wolle. Der weitere Gesprächsverlauf ist nicht feststellbar. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob Thomas B*** nach einer vom Kläger widerrufenen Gesprächsbereitschaft überhaupt noch in ausreichender Weise Gelegenheit hatte, sich zur Entgeltsfrage abschließend zu erklären und Zahlung vorzunehmen. Fest steht lediglich, daß der Kläger dem Thomas B*** ein vorbereitetes undatiertes Schreiben folgenden Inhalts überreichte: "Bezugnehmend auf mein Schreiben vom 1.Februar 1985 teile ich Ihnen hiermit mit, daß ich mit dem 5.Februar 1985, 18.000 Uhr, vorzeitig aus Ihrer Firma ausscheide". Daraufhin verließ der Kläger abrupt das Büro; der Geschäftsführer der Beklagten lief ihm nach.
Noch am selben Abend übermittelte der Kläger der Beklagten ein weiteres Schreiben: "Nachdem unsere heutige Aussprache ergebnislos war und Sie mein Austrittsschreiben nicht unterzeichnen wollten, erlaube ich mir, Ihnen hiermit noch einmal meinen vorzeitigen Austritt mit 5.Februar 1985, 18.00 Uhr, mitzuteilen, da Sie meiner Forderung um Überweisung meines Restgehaltes nicht nachgekommen sind." Diesem Schreiben waren ein Geschäftsschlüssel und ein Garagenschlüssel angeschlossen.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 6.Februar 1985 ihrerseits darauf hin, daß der Kläger bisher zu ihrem Vorschlag vom 28.Dezember 1984 nicht Stellung genommen und das Gespräch am 5.Februar 1985 sofort abgebrochen habe. Wegen des Messetermins sei nur eine vorläufige Gehaltsabrechnung erfolgt, welche der Kläger bei der Buchhaltung nicht reklamiert hätte; die Beklagte sei bereit, den Differenzbetrag zu überweisen; es werde um Kontaktaufnahme binnen drei Tagen ersucht. Mit Schreiben vom 11.Februar 1985 wurde dieses Ersuchen wiederholt. In der Folge veranlaßte die Beklagte die Überweisung des Differenzbetrages von S 3.578,-- auf den Jännerbezug sowie der übrigen Beträge, somit sämtliche Ansprüche des Klägers mit Stichtag 5.Februar 1985 abgegolten waren.
Im übrigen übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts über Zeitausgleich, Resturlaub und die Gegenforderung. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte eine Kürzung des Gehalts des Klägers vorgenommen habe, wobei sie sich nicht auf die Tätigkeit des Lohnbuchhalters ausreden könne. Dieser Gehaltskürzung habe der Kläger mit Schreiben vom 1.Februar 1985 zwar widersprochen, doch habe er sich nochmals zu einer klärenden Aussprache über die Gehaltsfrage bereit gefunden und ebenso wie bei der Aussprache vom 28. Dezember 1984 eine Änderung des Gehaltsschemas nicht ausgeschlossen. Der Geschäftsführer der Beklagten, Thomas B***, habe daher davon ausgehen können, daß die unterschiedlichen Standpunkte geklärt werden könnten. Andererseits habe auch der Kläger nicht von vorneherein ausschließen dürfen, daß die Beklagte auf der Schmälerung seines Entgeltes beharren würde, hinsichtlich dessen Nachzahlung die gesetzte Nachfrist noch nicht abgelaufen sei. Soweit offengeblieben sei, ob B*** überhaupt Gelegenheit gehabt hätte, bar oder mittels Schecks zu zahlen, müsse dies zu Lasten des Klägers gehen, den die Beweislast dafür treffe, ob sein Austritt gerechtfertigt gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem sinngemäßen Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Soweit der Kläger die Ansicht des Berufungsgerichtes bekämpft, daß zum Zeitpunkt der Besprechung am 5.Februar 1985 die Nachfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, macht er damit nicht eine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend, sondern einen dem Bereich der rechtlichen Beurteilung angehörenden Feststellungsmangel. Ein solcher Mangel liegt aber nicht vor. Gebraucht ein Angestellter bei Einräumung einer Nachfrist für das längst fällige Entgelt den Ausdruck "Überweisung", so ist im Zweifel darunter zu verstehen, daß er spätestens zu diesem Zeitpunkt über sein Geld verfügen will (SrM I A d 1184). Die Beklagte brachte vor, daß der Kläger beim Gesprächstermin am 5.Februar 1985 nur habe wissen wollen, ob der Differenzbetrag bereits angewiesen worden sei. Diese Frage des Klägers deutet zwar darauf hin, daß es ihm nur auf die Durchführung des Auftrages durch die Bank der Beklagten und nicht auf die Gutschrift auf seinem Konto ankam, da er dies auch durch Anfrage bei seinem Geldinstitut feststellen hätte können, doch fiele auch hier das Ende der Nachfrist auf das Ende der Betriebszeit des Geldinstitutes. Daß dem Kläger statt der nicht erfolgten Überweisung Barzahlung angeboten worden wäre, wurde nicht behauptet. Den Angestellten berechtigt nicht jede, sondern nur eine wesentliche Vertragsverletzung, die ihm die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, zum vorzeitigen Austritt (Arb.7.644, 10.477). Gemäß § 26 Z 2 AngG, erster Fall, liegt ein wichtiger Austrittsgrund dann vor, wenn der Arbeitgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält. Soweit die Beklagte den Kläger von der Beschäftigungsgruppe V auf die Beschäftigungsgruppe IV herabstufen wollte, beabsichtigte sie in unzulässiger Weise eine einseitige Änderung des Arbeitsvertrages. Eine solche Schmälerung des Entgelts hätte sie nur mit einer das gesamte Arbeitsverhältnis zur Auflösung bringenden Änderungskündigung bewerkstelligen können (Arb.9.609). Die Beklagte kündigte diese Schmälerung des Entgelts aber nicht nur an, sondern sie führte die Gehaltskürzung auch durch. Nach den maßgeblichen Feststellungen des Berufungsgerichts trat der Kläger dem Ansinnen der Beklagten, sein Gehalt zu kürzen, bereits mit Schreiben vom 13.Dezember 1984 eindeutig entgegen. Zufolge der rückläufigen Umsatzentwicklung mußte sich nämlich jede Verlagerung des Entgelts auf die Umsatzprovision als Einkommenseinbuße auswirken. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes zeigte der Kläger auch in der Folge keine Bereitschaft, auf einen Teil seines Gehalts zu verzichten. Auch wenn er sich zu dem neuerlichen, ihn benachteiligenden Vorschlag des Geschäftsführers der Beklagten vom 28.Dezember 1984 nicht mehr äußerte, kann seinem Stillschweigen weder Zustimmung noch Vergleichsbereitschaft entnommen werden. Schon aus den allgemeinen Regeln des Schuldrechts ergibt sich, daß Stillschweigen nur als Zustimmung gewertet werden kann, wenn der Nichtzustimmende nach dem Gesetz, nach der Verkehrssitte oder nach Treu und Glauben hätte reden müssen, der andere Teil also diesem Schweigen nach den Umständen keine andere Bedeutung als die der Zustimmung beilegen konnte (Rummel in Rummel ABGB § 863 Rz 14 mwH; Arb 9776 ua). Diese Bedeutung kann dem Stillschweigen des Arbeitnehmers wegen seiner abhängigen Stellung in der Regel nicht beigemessen werden (Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 223). Gerade das Vorgehen der Beklagten zeigt, daß sie die unmißverständliche Weigerung des Klägers, in eine Verschlechterung seiner Position einzuwilligen, nicht wahrhaben wollte, sondern weiterhin versuchte, ihr Vorhaben einseitig durchzusetzen. Obwohl der Kläger von seiner ablehnenden Haltung nicht abgegangen war, wurde ihm das Jännergehalt nicht in der bedungenen Höhe ausgezahlt. Diese Schmälerung seiner Bezüge erfolgte ungebührlich, da der Geschäftsführer der Beklagten nach den Umständen wissen mußte, daß seine Vorgangsweise unrechtmäßig war (Arb.9.082). Der Kläger reagierte auf die Gehaltskürzung sofort mit Schreiben vom 1.Februar 1985 und forderte die Überweisung der Differenz bis 5.Februar 1985. Die Beklagte konnte daher nicht im Zweifel sein, daß der Kläger keinesfalls auf das bereits verdiente Entgelt verzichten wolle. Selbst wenn seiner Zustimmung zu einer Besprechung am 5.Februar 1985 Gesprächsbereitschaft zu unterstellen wäre, könnte sich eine solche nur auf das zukünftige Verhältnis der Streitteile beziehen, nicht aber auf die Höhe des schon fällig gewordenen Jännergehalts. Tatsächlich war der Kläger aber gar nicht gesprächsbereit. Die Beklagte brachte selbst vor, daß es dem Kläger nur mehr darum ging, zu erfahren, ob die Differenz bereits angewiesen sei, worauf er, als das nicht der Fall war, das vorbereitete Austrittsschreiben überreichte.
In der Sphäre der Beklagten liegende Umstände und die dadurch verspätete Empfangnahme des Schreibens vom 1.Februar 1985 konnten dem Kläger umsoweniger das Recht nehmen, nach dem fruchtlosen Verstreichen der Nachfrist die angekündigten Konsequenzen zu ziehen, als der Geschäftsführer der Beklagten schon seit Ende des Jahres 1984 zwar nachhaltig aber vergeblich versuchte, den Kläger zu einer Zustimmung zur Gehaltskürzung zu veranlassen. Nach der Rechtsprechung berechtigt schon die Mitteilung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer, dem ein höheres Gehalt vertraglich zusteht, ab der nächsten Gehaltsauszahlung nur mehr den kollektivvertraglichen Mindestgehalt zu zahlen, sofort auszutreten, ohne die nächste Gehaltszahlung abwarten zu müssen (Arb.6.193). Es kann dem Kläger daher nicht zum Schaden gereichen, wenn er noch abwartete, ob die Beklagte die am 28.Dezember 1984 vorgeschlagene Gehaltskürzung tatsächlich vornehmen werde. Hiebei darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß er von seinem Austrittsrecht unverzüglich Gebrauch zu machen hatte (SrM I A d 1037).
Da der vorzeitige Austritt des Klägers gerechtfertigt ist, stehen ihm die vom Erstgericht zuerkannten und hinsichtlich ihrer Höhe im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Ansprüche zu. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die erst im Berufungsverfahren verzeichneten Pauschalgebühren beziehen sich auf das Verfahren erster Instanz (§ 54 Abs 1 ZPO). Abgesehen davon wurde dem Kläger die Verfahrenshilfe auch im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO bewilligt, so daß die Entrichtung der Pauschalgebühr für die Revision nicht notwendig war (§ 41 Abs 1 ZPO).
Anmerkung
E11153European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:014OBA00049.87.0617.000Dokumentnummer
JJT_19870617_OGH0002_014OBA00049_8700000_000