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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des H, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 21, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 20. Dezember 2004, Zl. Fr 2824/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid verhängte die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis 15. September 2009 befristetes Aufenthaltsverbot.
Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Beschwerdeführer sei im September 2000 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am 25. September 2000 einen Asylantrag gestellt, der am 1. März 2002 durch einen "negativen § 7- und § 8-Bescheid" in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ein zweiter Asylantrag sei zweitinstanzlich zurückgewiesen worden. Am 12. August 2004 habe er einen dritten Asylantrag eingebracht, der mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. November 2004 rechtskräftig zurückgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer verfüge über kein gültiges Reisedokument, gehe keiner Beschäftigung nach, habe keine ausreichenden Barmittel für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet und hier keine familiären Bindungen. Da sein Asylverfahren bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen sei, stünden dem Aufenthaltsverbot keine asylrechtlichen Gründe entgegen. Die Gefährdungsprognose nach § 36 Abs. 1 FrG sei zum Nachteil des Beschwerdeführers vorzunehmen, weil von mittellosen Personen eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgehe und diese versuchen könnten, sich ihren Lebensunterhalt durch kriminelle Handlungen zu "verdienen", darüber hinaus könnte der Beschwerdeführer einer österreichischen Gebietskörperschaft wirtschaftlich zur Last fallen. Im Hinblick auf § 37 FrG könne der Beschwerdeführer keinerlei private Interessen für einen Verbleib in Österreich geltend machen. Es könne nicht von einer nennenswerten Integration des Beschwerdeführers ausgegangen werden und es seien keine Familienangehörigen in Österreich aufhältig. Auch sonst seien der Behörde keine maßgeblichen Umstände erkennbar, die für die Beurteilung des Ermessensspielraumes nach § 36 Abs. 1 FrG heranzuziehen wären. Auf Grund der angeführten öffentlichen Interessen stehe weder die Kannbestimmung des § 36 Abs. 1 FrG noch "das Regelungswerk des § 37" der Erlassung des Aufenthaltsverbotes entgegen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten Anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).
Die Beschwerde bekämpft nicht die behördlichen Feststellungen und behauptet insbesondere nicht, dass der Beschwerdeführer über Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes verfüge. Es bestehen demnach keine Bedenken gegen die behördliche Ansicht, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 7 FrG (fehlender Nachweis des Besitzes der Mittel zum Unterhalt) erfüllt sei. Wegen des von der belangten Behörde zutreffend aufgezeigten Gefährlichkeitspotentials mittelloser Fremder ist auch nicht deren weitere Auffassung zu beanstanden, dass die Prognose nach § 36 Abs. 1 FrG zu Lasten des Beschwerdeführers zu treffen sei.
Im Blick auf § 37 FrG bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Umstände des Einzelfalles zu prüfen, der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung bereits nahezu viereinhalb Jahre in Österreich aufgehalten, ohne dem Staat zur Last zu fallen. Auch ein unrechtmäßiger Aufenthalt könne zur Begründung einer Integration im Inland herangezogen werden.
Entgegen diesen Ausführungen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, die die inländische Integration des Beschwerdeführers zutreffend als so gering beurteilte, dass daraus kein überwiegendes persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich abgeleitet werden könne. Somit durfte sie - neben der Erforderlichkeit dieser Maßnahme nach § 37 Abs. 1 FrG - das Aufenthaltsverbot nach § 37 Abs. 2 FrG als zulässig werten.
Mit Bezug auf das Asylverfahren bringt die Beschwerde vor, die Behörde erster Instanz wäre verpflichtet gewesen, sich über den Fortgang des Asylverfahrens zu informieren und die daraus erfließende "Nichtigkeit" des erstinstanzlichen Bescheides sei von der belangten Behörde in rechtswidriger Weise nicht aufgegriffen worden. Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde in der Sache selbst zu entscheiden hatte und die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides maßgeblich ist (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 66 Abs. 4 AVG/Tz. 163a, 171) - ein offenes Asylverfahren zu diesem Zeitpunkt wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet - und allfällige Mängel (bloß) des erstinstanzlichen Verfahrens im Beschwerdeverfahren nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen können (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 592 angeführte hg. Rechtsprechung).
Soweit die Beschwerde letztlich der belangten Behörde eine Verletzung des Parteiengehörs vorwirft, unterlässt sie es darzulegen, an welchem relevanten Vorbringen der Beschwerdeführer gehindert worden wäre.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. September 2005
Schlagworte
Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren Verfahrensbestimmungen Allgemein Verfahrensbestimmungen BerufungsbehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210269.X00Im RIS seit
05.10.2005