TE OGH 1987/6/23 10Os183/86

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Veröffentlicht am 23.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Matthias A*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 5. November 1986, GZ 10 b Vr 1157/85-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Matthias A*** des (als Beitragstäter begangenen) Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Demzufolge hat er am 13. März 1985 in Gols und Fels am Wagram dadurch, daß er Bescheinigungen (richtig: eine Bescheinigung - S 97 k) nach § 19 Abs. 9 WeinG 1961 (im folgenden: Zertifikate) über 11.520 Liter Prädikatswein ohne den betreffenden Wein an die Brüder G*** OHG veräußerte, wodurch er es den abgesondert Verfolgten Josef G*** und Richard G*** ermöglichte, Nicht-Prädikatswein zum Teil als Spät- und zum Teil als Auslesewein zu verkaufen, vorsätzlich dazu beigetragen, daß die Genannten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Abnehmer einer derartigen Menge vermeintlichen Prädikatsweines durch Täuschung über die Tatsache, daß es sich dabei um Nicht-Prädikatswein handelte, zu dessen Ankauf verleiteten, der jene oder die Letztverbraucher des in Wahrheit wertlosen Produktes um insgesamt 121.260 S am Vermögen schädigte.

Das Erstgericht stellte fest, daß die Brüder G*** den von ihnen angekauften Prädikatswein durch die Beigabe von Süßmost, vorwiegend aber von Wasser, verdünnten und aufzuckerten sowie mit Diäthylenglykol versetzten, daß sie zur Abdeckung jener Menge des solcherart hergestellten wertlosen Produktes, um die der ursprüngliche Prädikatswein durch die Beimengung dieser Stoffe vermehrt worden war, von Hauern nicht benötigte Zertifikate ankauften und daß sie letztere beim Export des verfälschten Weines zur Täuschung der Abnehmer über dessen Beschaffenheit verwendeten, die der allgemeinen Käufererwartung nicht entsprach und bei deren Kenntnis ihn jene nicht gekauft hätten (S 6 bis 8, 14 der Urteilsausfertigung = UAS 6 bis 8, 14).

Der Verantwortung des Angeklagten, er habe nicht gewußt, daß der mit den Zertifikaten (richtig: mit dem Zertifikat) abzudeckende Wein "gepantscht" gewesen sei, sondern angenommen, die Brüder G*** hätten unverfälschten Prädikatswein gelagert gehabt, für den sie bloß keine "Papiere" besessen hätten, schenkte es keinen Glauben (UAS 9/10); insoweit nahm es vielmehr als erwiesen an, daß er zwar nicht wußte, durch welche nach dem WeinG verbotene konkrete Bearbeitung des angekauften Prädikatsweines die von ihm abgedeckte Mengenvermehrung um zumindest 11.520 Liter bewirkt wurde, doch habe er jedenfalls ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, daß das Endprodukt solcherart "nicht reell hergestellt" wurde, nicht den Bestimmungen des WeinG entsprach und auf Grund der allgemeinen Konsumentenerwartung von den Abnehmern nicht gekauft worden wäre, wenn ihnen dessen tatsächliche Konsistenz bekannt gewesen wäre (UAS 8, 9, 13/14).

Zur demgemäß entscheidenden Überzeugung vom Bewußtsein des Angeklagten, daß das verfahrensgegenständliche Zertifikat nicht zur Abdeckung von "echtem" Prädikatswein bestimmt war, sowie von seinem bedingten Vorsatz, durch die Veräußerung jener Urkunde den betrügerischen Verkauf eines wertlosen Produktes zu ermöglichen, gelangte das Schöffengericht aus der Erwägung, er müsse auf Grund seines Fachwissens überlegt haben (und habe auch tatsächlich überlegt), daß bei der damaligen Spanne zwischen den Preisen für Normal- und Prädikatswein einerseits in Relation zur Höhe des Preises für das an die Brüder G*** überlassene Zertifikat anderseits dessen Ankauf für jene nur bei einer nicht einmal Normalwein-Qualität erreichenden Konsistenz des zu exportierenden Produktes rentabel sein könne; in dieser Erwägung sah es sich dadurch bestärkt, daß er bei seiner ersten Vernehmung durch die Gendarmerie die Annahme zugegeben habe, "Prädikatspapiere" würden von deren Erwerbern zur Abdeckung von "nicht reell hergestelltem" Wein benötigt (UAS 11 bis 14).

Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Nicht stichhältig ist die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht "habe keinen tauglichen Beweis" dafür, wie hoch der Preisunterschied zwischen Prädikats- und Normalwein tatsächlich gewesen sei; konnte es doch die bekämpfte Feststellung, daß Normalwein zur Tatzeit nur um 3 bis 4 S billiger war, sodaß der Beschwerdeführer durch die Erzielung eines Preises von 4 S pro Liter (für das Zertifikat) die gesamte Preisdifferenz zwischen Normal- und Prädikatswein ausgeschöpft hat (UAS 10), sehr wohl auf die Angaben des Zeugen Dipl.Ing. N*** vor der Gendarmerie (S 35 iVm S 25) stützen, die (neben anderen Verfahrensergebnissen) der Konstatierung des Urteilssachverhalts zugrunde liegen (UAS 3). Der Einwand, das Gericht könne eine derartige Feststellung aus eigenem Wissen nicht treffen, sondern bedürfe hiezu eines Sachverständigenbeweises oder zumindest einer Anfrage bei der zuständigen Bezirksbauernkammer, ist demnach zum Teil unaktuell und im übrigen verfehlt. Gleiches gilt für die Konstatierung, daß in der Schein-Rechnung der Firma Brüder G*** über den (damit vorgetäuschten) Einkauf von

11.520 Liter Prädikatswein vom Angeklagten um 121.260 S (S 17) die damals üblich gewesenen Preise für Spätlese und Auslese aufscheinen (UAS 8): auch diese Feststellung findet - abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme aufzuzeigen vermag, daß aus irgendwelchen Gründen niedrigere Preise als die tatsächlichen Durchschnittspreise für Prädikatswein zur Tatzeit eingesetzt worden sein könnten - in den bereits zitierten Angaben des genannten Zeugen vollauf Deckung.

In der allgemeinen Erklärung des Angeklagten bei seiner ersten Vernehmung durch die Gendarmerie hinwieder, er "habe angenommen, daß die Firmen, die die Prädikatspapiere gekauft haben, diese benötigten, um Papiere für nicht reell hergestellten Wein zu erlangen" (S 9) - gegen deren tatsächliche Abgabe mit diesem Sinngehalt der Oberste Gerichtshof trotz der zum Teil widersprüchlichen Ausfüllung des betreffenden (internen) Niederschrift-Formulars (S 7/9) auf Grund seiner unmittelbar nachher abgelegten Zeugenaussage und späteren Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter (S 13, 13/15, 52) sowie seiner Angaben in der Hauptverhandlung (S 87) in Verbindung mit der ausführlichen, weder den Denkgesetzen noch allgemeiner Lebenserfahrung zuwiderlaufenden Würdigung, die das Schöffengericht den zitierten Verfahrensergebnissen zuteil werden ließ, und im Zusammenhang mit dem ausdrücklich dahingehenden Zugeständnis in der Rechtsmittelschrift (S 117) nach einer auf Antrag des Generalprokurators vorgenommenen Prüfung im Sinn des § 362 Abs. 1 StPO keine erheblichen Bedenken hegt -, kann nach Lage des Falles durchaus eine Bestätigung dafür erblickt werden, daß sich sein bedingter Vorsatz in Ansehung des mit dem Zertifikat gedeckten Produktes nicht bloß auf das Fehlen der "Formalerfordernisse (Melde- und Wägepflicht)" für dessen Bezeichnung als Prädikatswein, sondern darüber hinaus auch auf dessen "materiell"-qualitative Wertlosigkeit erstreckte.

Aus der bei einer isolierten Betrachtung allein gewiß anzunehmenden Mehrdeutigkeit der Wendung "nicht reell hergestellter Wein" jedoch kann ein Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (Z 5) nicht abgeleitet werden, weil das Erstgericht bei deren Gebrauch im vorliegenden Fall nach dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe unmißverständlich darauf abstellte, daß der Beschwerdeführer, sich damit abfindend, jedenfalls eine solche (ihm konkret nicht näher zur Kenntnis gelangte) Bearbeitung des angekauften Prädikatsweines ernstlich für möglich hielt, die nach seinem Fachwissen im Hinblick auf dessen (aus dem Zertifikats-Bedarf erhellende) beträchtliche Veränderung und auf das ihretwegen (zum Vortäuschen einer Prädikatsqualität) erforderliche Versetzen der Mischung mit nach dem Weingesetz verbotenen Zusätzen zu einer das Fehlen eines verkehrswertbegründenden Konsumenteninteresses (vgl. RZ 1987/10, 11 Os 26/87 ua) bewirkenden Konsistenz des Endproduktes und - zwar nicht schon auf Grund von dessen (mit der Verfälschung einhergehender) Verkehrsunfähigkeit (§§ 42, 44 Abs. 1 lit. e WeinG 1961) an sich, wohl aber - damit zu dessen wirtschaftlicher Wertlosigkeit führen mußte.

Keine entscheidende Tatsache schließlich betrifft die zudem bekämpfte Feststellung, daß ein durch Zertifikate nicht gedeckter Überbestand an "echten Prädikatsweinen" bei Weinhauern und -händlern objektiv nur äußerst selten und in sehr geringen Mengen vorkam (UAS 10); denn nicht darauf stützte das Schöffengericht die Annahme eines Tatbeitrags zum schweren Betrug (§§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs. 3 StGB) durch den Angeklagten auf der subjektiven Tatseite, sondern auf die zuvor erörterte Argumentation betreffend die ihm unterstellten Überlegungen zu den Preisrelationen und deren Ergebnis in Verbindung mit seiner ersten Darstellung bei der Gendarmerie, wogegen es in objektiver Hinsicht ohnehin davon ausging, daß ein derartiger Überbestand gelegentlich vorgekommen sein möge (UAS 10). Demnach sei nur noch am Rande vermerkt, daß der Zeuge H*** sehr wohl Angaben über die Gepflogenheit der Behörde gemacht hat, allenfalls in das Kellerbuch Zertifikatswerbern ergänzend Einsicht zu nehmen (S 92), und daß der Beschwerdeführer mit seinem Hinweis auf die Möglichkeit einer Summierung von "Fehlmengen" an Zertifikaten für "echte Prädikatsweine" bei Händlern - bei dem er seinerseits den Summierungseffekt in Ansehung der sich aus dem gesamten Handel mit Zertifikaten ohne einen Verkauf der betreffenden Prädikatsweine ergebenden Mengen nicht zertifikatsgedeckter Produkte übergeht - nur im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässigerweise gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung remonstriert.

Die teils offenbar unbegründete (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO) und teils nicht der Prozeßordnung entsprechend ausgeführte (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen. Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E11247

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00183.86.0623.000

Dokumentnummer

JJT_19870623_OGH0002_0100OS00183_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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