Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25.Juni 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer, in der Strafsache gegen Markus R*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.Februar 1987, GZ 4 a Vr 13515/86-24, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Presslauer, des Angeklagten Markus R*** und des Verteidigers Dr. Fritsche zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe das ihm zur Last gelegte Verbrechen des schweren Diebstahls (auch) unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden ist, zum Nachteil des Auftraggebers begangen und in der darauf beruhenden Unterstellung der Tat auch unter die Bestimmung des § 127 Abs. 2 Z 3 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch (jedoch unter Aufrechterhaltung der Aussprüche nach §§ 366 Abs. 2, 369 Abs. 1 StPO) aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfange dieser Aufhebung selbst zu Recht erkannt:
Markus R*** wird für das ihm nach dem aufrecht gebliebenen erstinstanzlichen Schuldspruch weiterhin zur Last fallende Verbrechen des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB nach § 129 StGB zu 1 (ein) Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Markus R*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 1.Februar 1986 in Neudörfl fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert anderen durch Einbruch in das Bürogebäude der Firma S*** GesmbH mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern:
1./ dem Hannes S*** 15.000 S Bargeld sowie eine Nußholzkassette mit einer Mineraliensammlung im Gesamtwert von 30.000 S, wobei er den Diebstahl unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden ist, zum Nachteil des Auftraggebers beging;
2./ dem Kurt G*** 10.000 S Bargeld.
Laut den wesentlichen Urteilsfeststellungen erbrachte der Angeklagte Markus R*** ab Herbst 1985 mit seinem LKW Transportleistungen für die in Neudörfl etablierte
Firma S*** GesmbH. Er war bei dieser Firma als Aushilfskraft tätig und erhielt pro Tag ein Entgelt von S 500 (vgl auch S 105). Als er am 30.Jänner 1986 in den Räumlichkeiten dieses Unternehmens vom Firmenangestellten Kurt G*** eine Akontozahlung von 3.000 S ausgefolgt erhielt, bemerkte er, daß G*** in seinem Schreibtisch in einer Schachtel einen größeren Geldbetrag verwahrte. In der Nacht zum 1.Februar 1986 begab sich der Angeklagte gegen 2 Uhr nach Neudörfl, betrat durch ein unversperrtes Tor das Gelände der Firma S*** GesmbH und brach unter Verwendung eines Schraubenziehers die Eingangstür zu den Büroräumlichkeiten auf. Neben anderen Schreibtischen und Schränken durchsuchte er in den - da die Zwischentüren unversperrt waren, ungehindert betretbaren - Büroräumen auch den (gleichfalls unversperrten) Schreibtisch des Kurt G***, dem er 15.000 S Bargeld aus dem Privatvermögen des Firmengesellschafters Hannes S*** sowie einen Kurt G*** gehörigen weiteren Betrag von 10.000 S entnahm. Überdies nahm der Angeklagte eine in einer Holzkassette verwahrte Mineraliensammlung im Wert von ca. 30.000 S aus dem Eigentum des Hannes S*** an sich.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Markus R*** mit einer auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich ausschließlich gegen die Anwendung der Qualifikationsbestimmung des § 127 Abs. 2 Z 3 StGB richtet. Der Beschwerde kommt deshalb Berechtigung zu, weil im vorliegenden Falle als "Auftraggeber" iS des § 127 Abs. 2 Z 3 StGB die Firma S*** GesmbH, nicht aber deren bestohlener Gesellschafter Hannes S*** anzusehen ist. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist gemäß § 61 GmbHG als juristische Person selbständiger Träger von Rechten und Pflichten und solcherart auch im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern eigenständig. Zwar repräsentiert das mit einem Geschäftsanteil verbundene Mitgliedschaftsrecht des Gesellschafters einen Wertanteil am Gesellschaftsvermögen (vgl Kastner, Grundriß des Österreichischen Gesellschaftsrechts4, S 31), doch besteht umgekehrt keine Einheit zwischen dem Privatvermögen eines Gesellschafters und dem Gesellschaftsvermögen. Daraus folgt, daß der Diebstahl von Sachwerten aus dem Privateigentum eines Gesellschafters ausschließlich dessen Vermögen, nicht aber jenes der Gesellschaft mit beschränkter Haftung trifft. Einer Beurteilung der betreffenden Tathandlungen (auch) als Dienstdiebstahl im Sinne des § 127 Abs. 2 Z 3 StGB ist schon aus den dargelegten Erwägungen jede Grundlage entzogen, weshalb die im Rahmen der Rechtsrüge weiters relevierte Frage, ob nach Lage des Falles eine objektiv faßbare Erleichterung der Tatbegehung mittels Ausnützens einer durch die aufgetragene Arbeit geschaffenen Gelegenheit konkret nachweisbar ist, auf sich beruhen kann.
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Bei der infolge der getroffenen Sachentscheidung notwendig gewordenen Neubemessung der vom Angeklagten verwirkten Strafe konnte der Oberste Gerichtshof im wesentlichen von den vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen. Zusätzlich war als Milderungsgrund zu berücksichtigen, daß sich der Angeklagte ernstlich bemüht hat, den Schaden gutzumachen und den Bestohlenen einen Betrag von insgesamt ca. 10.000 S ersetzt hat. Die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe trägt den im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung Rechnung und nimmt auch auch auf die - durch die offenbare Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen
gekennzeichnete - Täterpersönlichkeit des Angeklagten gebührend Bedacht.
Bei dem getrübten Vorleben des Angeklagten, vor allem im Hinblick darauf, daß sowohl eine gewährte bedingte Strafnachsicht als auch eine bedingte Entlassung widerrufen werden mußte, bedarf es der Vollziehung der Strafe, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, sodaß eine bedingte Strafnachsicht nicht in Betracht zu ziehen war.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E11279European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00053.87.0625.000Dokumentnummer
JJT_19870625_OGH0002_0120OS00053_8700000_000