Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Kodek als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gabriele S***, Angestellte, Schwanenstadt, Gmundnerstraße 48, vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer und Dr. Stefan Hoffmann, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider den Antragsgegner Josef B***, Unternehmer, Schwanenstadt, Oberndorf 55, vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Schwanenstadt, wegen Festsetzung eines Heiratsgutes, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 5. Februar 1987, GZ R 1371/86-31, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 10.November 1986, GZ 1 Nc 49/86- 25, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er in seiner Gesamtheit zu lauten hat:
"Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin ein Heiratsgut von 100.000 S, die erste Rate von 50.000 S binnen 14 Tagen ab Rechtskraft dieses Beschlusses und die zweite Rate von 50.000 S bis 1. Jänner 1988, zu zahlen.
Das Mehrbegehren der Antragstellerin, den Antragsgegner zur Zahlung eines weiteren Heiratsgutes von 700.000 S zu verpflichten, wird abgewiesen."
Text
Begründung:
Die am 25.4.1961 geborene Antragstellerin ist die uneheliche Tochter des Antragsgegners. Sie hat am 28.12.1985 Franz S*** geheiratet. Franz S*** war zum Zeitpunkt der Eheschließung als Kraftfahrer beschäftigt und arbeitet nunmehr im Betrieb seiner Eltern. Die Antragstellerin ist bei einem Rechtsanwalt angestellt und bezieht ein monatliches Einkommen von 9.280 S. Sie ist vermögenslos. Kinder aus dieser Ehe sind nicht vorhanden.
Die Mutter der Antragstellerin ist verheiratet und als Hausfrau einkommenslos. Sie ist grundbücherliche Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Schwanenstadt im Ausmaß von 30 m2. Der noch aushaftende Restkaufpreis von 170.000 S wird von ihrem Ehegatten zurückbezahlt.
Der Antragsgegner betreibt in Schwanenstadt eine KFZ-Werkstätte. Er hat die Vertretung für Fahrzeuge der Marke Ford. An seine Werkstatt ist eine Gastankstelle angeschlossen, die der Antragsgegner aber wegen der Rückläufigkeit des Umsatzes zu schließen beabsichtigt. Im Betrieb arbeiten die Gattin und die beiden eheliche Kinder des Antragsgegners, wobei seine Ehegattin monatlich ca. 12.000 S netto, sein 22-jähriger Sohn monatlich 7.300 S netto und seine 24-jährige Tochter 7.500 S netto verdienen. Weitere Sorgepflichten hat der Antragsgegner nicht. Der Antragsgegner und seine Ehegattin sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in Oberndorf Nr. 55, auf der sich auch seine Werkstätte befindet. Für die Sanierung des Wohnhauses hat der Antragsgegner im Jahre 1984 einen Kredit in der Höhe von 400.000 S aufgenommen, der derzeit noch mit 240.000 S aushaftet. Die beiden ehelichen Kinder haben dem Antragsgegner Darlehen von je 100.000 S zum Zweck der Sanierung des Ausbaues des Wohnhauses gewährt. Diese Darlehen sind noch nicht zurückgezahlt. Auf einer Liegenschaft des Antragsgegners ist für einen Kredit der R***
S*** ein Pfandrecht einverleibt. Der Kredit haftet noch mit 784.248,67 S aus.
Das Wohnhaus des Antragsgegners ist großzügig ausgestattet. Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus, in dem bis zu drei Familien wohnen könnten. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt im Hinblick auf die Lage und die Größe des Grundstückes von 3.140 m2 3,500.000 S. Ferner ist der Antragsgegner Eigentümer eines Wiesengrundstückes.
Der Antragsgegner verfügt lediglich über Einkünfte aus seinem Gewerbebetrieb, wobei das Rekursgericht von einem Jahresnettoeinkommen für das Jahr 1985 von rund 140.000 S ausging (siehe die näheren Feststellungen auf den Seiten 150 bis 151 der angefochtenen Entscheidung, die auch weitere, für die Bemessung des Heiratsgutes wesentliche Daten enthält).
Während das Erstgericht, ausgehend von einem Jahreseinkommen des Antragsgegners im Jahre 1985 von 240.000 S, diesen zur Leistung eines Heiratsgutes von 80.000 S verhielt, setzte das Rekursgericht, ausgehend von einem Jahreseinkommen 1985 von 140.000 S, das Heiratsgut mit 50.000 S fest. Rechtlich vertraten die Vorinstanzen den Standpunkt, daß die Bemessung des Heiratsgutes nach den für den Unterhalt entwickelten Grundsätzen vorzunehmen sei, wobei auch auf Schulden der Ausstattungspflichtigen, auf ihre eigenen Bedürfnisse und auf ihre Verpflichtungen gegenüber ihren unterhaltsberechtigten Angehörigen Bedacht genommen werden müsse. Der anständige Unterhalt der Dotationspflichtigen dürfe nicht gefährdet werden. Die Festsetzung der Höhe des Heiratsgutes habe nicht nach starren Regeln zu erfolgen, es seien vielmehr jeweils die Verhältnisse des Einzelfalles maßgeblich. Bei Bestimmung des Heiratsgutes seien in erster Linie der Stand und die Vermögenslage des Dotationspflichtigen zu berücksichtigen. Als Obergrenze für den Umfang der Dotationspflicht gelte der Stand des Ehemannes der forderungsberechtigen Tochter. Verfüge der Ausstattungspflichtige über ein Vermögen, so werde ihm zugemutet, seinen Besitz zu belasten, selbst Teile davon zu veräußern oder der Dotationsberechtigten zu überlassen. Das Rekursgericht erachtete ein Heiratsgut von 25 bis 30 % des im Jahre der Eheschließung der Tochter bezogenen Einkommens des Antragsgegners als angemessen. Der von der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zum Teil gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat die Grundsätze für die Bemessung des Heiratsgutes richtig und vollständig dargelegt, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden kann. Die Ausstattung soll also eine den Lebensverhältnissen der Eltern angemessene Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der ersten Gründung einer eigenen Famile sein (SZ 53/110, SZ 53/87 u.a.). Der Dotationspflichtige ist - um seiner Dotationspflicht zu genügen - grundsätzlich auch verpflichtet, seinen Besitz zu belasten, ja selbst Teile desselben zu veräußern oder Teile des Grundbesitzes der Dotationsberechtigten zu überlassen (EFSlg.33.735, 8.405 u.a.). Jedenfalls gibt es aber für die Ermittlung der Höhe der Heiratsausstattung keine starren Regeln. Es sind vielmehr jeweils die Verhältnisse des Einzelfalles maßgebend (7 Ob 618/85, 3 Ob 537/86 u.a.).
Dem Rekursgericht ist zuzugeben, daß das zum Zeitpunkt der Eheschließung der Dotationsbrechtigten bezogene Einkommen des Dotationspflichtigen ein wesentliches Bemessungskriterium darstellt. Rein rechnerisch kann dem Rekursgericht auch bei der Feststellung des im Jahre 1985 erzielten Nettoeinkommens des Antragsgegners gefolgt werden. Es darf allerding nicht unberücksichtigt bleiben, daß das relativ geringe Nettoeinkommen des Antragsgegners auch darauf zurückzuführen ist, daß er einen Teil seines Einkommens für den Betrieb verwendet. Sicherlich wird man diesen Teil des Einkommens nicht zur Gänze der Bemessungsgrundlage zuschlagen können, doch darf nicht übersehen werden, daß die Investitionen in den Betrieb dem Antragsgegner zugute kommen. Daß dieser Betrieb dem Antragsgegner nicht nur eine bescheidene Lebensgrundlage bietet, zeigt auch der Umstand, daß der Antragsgegner in diesem Betrieb drei Familienangehörige gegen zum Teil nicht unbedeutendes Entgelt beschäftigt. Die bloß rechnerische Darstellung des Nettoeinkommens eines selbständigen Unternehmers gibt oft die wahre Bedeutung des Unternehmens nicht richtig wieder. Es ist daher gerechtfertigt, die vorerwähnten Umstände bei der Bemessung des Heiratsgutes teilweise zu berücksichtigen, weil der Dotationsberechtigte grundsätzlich auch an der günstigen Situation des Dotationspflichtigen teilhaben soll. Dazu kommt, daß der Antragsgegner über nicht unbeträchliches Vermögen verfügt. Bei dem Besitz in Oberndorf Nr. 55 handelt es sich nämlich nicht schlechthin um die Wohnung des Antragsgegners, die dieser für sich und seine Familie zur Befriedigung seines Wohnbedarfes unbedingt benötigt, sondern um ein Haus, dessen Ausstattung weit über diesen Bedarf hinausgeht. Schließlich wiegt die Liegenschaft ein relativ großes Flächenausmaß auf. Mögen also die Erwägungen des Rekursgerichtes über das Verhältnis des Heiratsgutes zum Jahreseinkommen des Dotationspflichtigen im allgemeinen zu billigen sein, so würde ihre Anwendung auf den konkreten Einzelfall doch zu einem für die Antragstellerin unbilligen Ergebnis führen. Unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles erscheint dem Obersten Gerichtshof ein Heiratsgut von 100.000 S als angemessen.
Die Vorentscheidungen waren daher im aufgezeigten Sinn abzuändern.
Anmerkung
E11454European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00630.87.0625.000Dokumentnummer
JJT_19870625_OGH0002_0070OB00630_8700000_000