TE OGH 1987/6/25 8Ob581/87

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Veröffentlicht am 25.06.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Huber als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria H***, 1110 Wien, Florian Hedorferstraße 30/8/14, vertreten durch Dr. Leopold Berkovec, Rechtsanwalt in Mödling, wider die beklagten Parteien

1)

Regina F***, Private, 2380 Perchtoldsdorf, Elisabethstraße 6,

2)

Johann G***, Pensionist, 2380 Perchtoldsdorf, Hochstraße 105,

3)

Hildegard G***, Pensionistin, ebendort, vertreten durch Dr. Skender Fani, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 4,000.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Dezember 1986, GZ 41 R 647/86-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Mödling vom 27. Juni 1986, GZ 3 C 677/84-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 28.217,73 (darin keine Barauslagen und S 2.565,25 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin forderte von den Beklagten die Zahlung von S 4,000.000,-- und brachte vor, sie habe mit der Erstbeklagten einen mündlichen Mietvertrag im August oder September 1981 über das gesamte Objekt 2380 Perchtoldsdorf, Marktplatz 21, geschlossen. Der Abschluß des Vertrages sei von den Beklagten vereitelt worden. Es sei vereinbart worden, daß der Zweit- und die Drittbeklagten auf ihre Mietrechte verzichten und die Klägerin einen Mietvertrag gleichen Inhalts erhalte. Im Vertrauen auf den mündlichen Mietvertrag habe die Klägerin Investitionen von S 3,000.000,-- aufgewendet. Entgegen der mündlichen Vereinbarung hätten der Zweit- und die Drittbeklagten nicht auf ihre Mietrechte verzichtet; bei ordnungsgemäßer Einhaltung des mündlichen Vertrages wäre ein Schaden von S 1,000.000,-- aus Verdienstentgang und Spesen unterblieben. In der Folge brachte die Klägerin vor, daß das Klagebegehren auch auf den Rechtsgrund der Geschäftsführung ohne Auftrag und den der Bereicherung gestützt werde.

Die Beklagten bestritten das Klagsvorbringen, beantragten kostenpflichtige Klagsabweisung und wandten ein, daß zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten kein Vertrag bestanden habe; die Drittbeklagte habe überdies nie Mietrechte gehabt; es sei lediglich zwischen der Anna Maria H*** GmbH und dem Zweitbeklagten abgesprochen gewesen, daß der Zweitbeklagte auf die Mietrechte verzichte, wenn es zum Abschluß eines Mietvertrages zwischen der Erstbeklagten und der Anna Maria H*** GmbH komme. Die Durchführung von Investitionen werde bestritten. Allfällige Investitionen seien überdies nicht von der Klägerin, sondern von der Anna Maria H*** GmbH durchgeführt worden, weshalb die aktive Klagslegitimation bestritten werde. Diese Investitionen seien überdies gegen den Willen der Eigentümerin erfolgt. Die Klagsansprüche seien präkludiert, da der Anspruch erst später als sechs Monate nach Räumung des Objektes erhoben worden sei. Im Vertrag zwischen der Erst- und dem Zweitbeklagten sei der Ersatz von Investitionen ausgeschlossen worden; die Klägerin habe im Verfahren 3 C 150/82 vorgebracht, daß sie einen Mietvertrag desselben Inhalts mündlich abgeschlossen habe, weshalb aufgrund dieses Vorbringens ein Anspruch von Ersatz auf Investitionen nicht bestehe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im

wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Die Erstbeklagte ist Eigentümerin der Liegenschaft

2380 Perchtoldsdorf, Marktplatz 21. Mit Mietvertrag vom 23. Juli 1962 mietete der Zweitbeklagte dieses Grundstück von Regina F*** und dem mittlerweile verstorbenen Josef F***. Auf dieser Liegenschaft errichtete der Zweitbeklagte einen Fleischhauerei-, Restaurations- und Hotelbetrieb und führte diese Betriebe bis 1971 selbst. 1971 verpachtete der Zweitbeklagte den Fleischhauereibetrieb an die Firma Lukas K*** und den Restaurationsbetrieb an Herrn A***. Der Fleischhauereibetrieb wurde von der Firma K*** bis 31. Dezember 1980 geführt. Nach Beendigung des Pachtverhältnisses mit der Firma K*** kam es zu Kontakten zwischen dem Zweitbeklagten und der Klägerin als Geschäftsführerin der Anna Maria H*** GmbH und Herrn H***. Karl H*** ist an der nunmehr in Konkurs befindlichen Anna Maria H*** GmbH zu 40 %, die Klägerin zu 60 % beteiligt. Am 15. September 1981 schlossen der Zweitbeklagte und die Anna Maria H*** GmbH den als Beilage ./2 im Akt erliegenden Pachtvertrag über das Ladenlokal für die Ausübung des Fleischereigewerbes, über einen an das Ladenlokal anschließenden Raum und über zwei Ladenkühlräume mit einer Kühlmaschine. Vereinbart wurde der Beginn des Pachtverhältnisses mit 1. Oktober 1981 und das Ende mit 30. September 1986. Zum Zeitpunkt der Verpachtung des Fleischhauereibetriebes an die Anna Maria H*** GmbH war das Pachtverhältnis zwischen dem Zweitbeklagten und Herrn A*** über den Hotel- und Restaurationsbetrieb noch aufrecht. Dieses Pachtverhältnis wurde zum 2. November 1981 aufgelöst. Bereits anläßlich der Errichtung des Pachtvertrages vom 15. September 1981 sprachen der Zweitbeklagte einerseits und die Klägerin und Karl H*** andererseits davon, daß nach Beendigung des Pachtverhältnisses zwischen dem Zweitbeklagten und Herrn A*** entweder der Pachtvertrag zwischen dem Zweitbeklagten und der Anna Maria H*** GmbH auch auf den Hotel- und Restaurationsbetrieb ausgedehnt werden könnte und in diesem Fall sich der Pachtzins auf S 23.000,-- monatlich erhöhen würde oder andererseits der Zweitbeklagte auf seine Hauptmietrechte gegen eine Ablösesumme von S 1,350.000,-- verzichten würde, wenn die Erstbeklagte bereit sei, mit der Anna Maria H*** GmbH einen Mietvertrag über das gesamte Objekt zu schließen. Dies wurde zwischen der Klägerin, dem Zweitbeklagten und Karl H*** mündlich vereinbart. In der Folge legte Karl H*** im Beisein der Klägerin dem Zweitbeklagten das Original des im Akt als Fotokopie erliegenden Schriftsatzes Beilage ./1 zur Unterfertigung vor. Dieses Schreiben weist als Absender den Zweitbeklagten und als Adressat die Anna Maria H*** GmbH auf. In diesem Schreiben werden "die ausgehandelten Punkte" wie folgt festgehalten:

1. Nach Ablauf des derzeit bestehenden Pachtvertrages G*** - A*** verpflichtet sich die Firma Anna M. H*** Import Export Vertretungen GmbH, über die im gleichen Haus befindliche Gastwirtschaft- und Hotelbetrieb einen Pachtvertrag abzuschließen.

...

5. Bei Zustandekommen eines Mietvertrages betreffend das gesamte Objekt zwischen Frau F*** (als Inhaberin) und der Firma Anna

M. H*** Import Export Vertretungen GmbH bzw. Frau H*** verpflichte ich mich, meinen bestehenden Mietvertrag zu Gunsten der genannten Firma Anna M. H*** Import Export Vertretungen GmbH bzw. Frau H*** zurückzulegen.

Über Ersuchen des Karl H*** unterfertigte der Zweitbeklagte dieses Schreiben. In der Folge bemerkte der Zweitbeklagte, daß in diesem Schreiben die vereinbarte Ablösesumme von S 1,350.000,-- nicht enthalten war und stellte Karl H*** deswegen zur Rede. Letzterer antwortete nur ausweichend, "er sei ja kein Lausbub". Nach Räumung des Hotel- und Restaurationsbetriebes durch Herrn A*** am 2. November 1981 nahm die Anna M. H*** GmbH auch den Hotel- und Restaurationsbetrieb in Besitz. Der Fleischereibetrieb wurde von der Anna M. H*** GmbH vom 29. Oktober 1981 bis 1. Februar 1982 geführt, der Hotel- und Restaurationsbetrieb bis Ende März 1982. Bei Übernahme sowohl der Fleischerei als auch des Hotel- und Restaurationsbetriebes waren sämtliche Betriebe in ordnungsgemäßem und brauchbarem Zustand und betriebsfähig. Die Objekte waren zwar teilweise verschmutzt und mit kleineren, durch die Abnützung bedingten Schäden behaftet, hätten jedoch ohne große Renovierungsarbeiten von der Anna M. H*** GmbH eröffnet werden können. Da Karl H*** jedoch eigene Vorstellungen vom Aussehen der Betriebe hatte, führte die Anna M. H*** GmbH umfangreiche Umbauarbeiten durch. Im Objekt ist zwar an einer Stelle die Zwischendecke eingesunken, unmittelbare Einsturzgefahr bestand jedoch nicht; die darüberliegenden Räume wurden weiterhin - als Lagerräume - verwendet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 14. September 1982, Aktenzeichen 12 G 82432/14, wurde der Anna M. H*** GmbH die Konzession für das Gastgewerbe im Standort Perchtoldsdorf, Marktplatz 21, erteilt; dies über Intervention des Landeshauptmannstellvertreters Dr. Erwin P***, bei dem seinerseits der mit Karl H*** befreundete Dr. Hans K*** interveniert hatte. Mit Bescheid vom 3. Dezember 1982 wurde dann wegen Eröffnung des Konkurses die Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes entzogen. Ein Mietvertrag zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten über das Objekt Marktplatz 21 wurde nicht abgeschlossen. Es war zwar der Zweitbeklagte daran interessiert, das Bestandverhältnis mit der Erstbeklagten zu beenden. Die Erstbeklagte war an sich damit einverstanden, forderte den Zweitbeklagten jedoch auf, ihr genehme Nachmieter namhaft zu machen, woraufhin der Zweitbeklagte der Erstbeklagten die Klägerin vorstellte. Die Erstbeklagte wäre mit einem neuen Vertrag einverstanden gewesen, wenn bestimmte Punkte im Gegensatz zum bestehenden Vertrag mit dem Zweitbeklagten geändert würden. Es handelte sich dabei um das Vorkaufs- bzw. Weitergaberecht, welches die Erstbeklagte nicht mehr einräumen wollte; weiters war die Erstbeklagte gegen eine Verbücherung des Bestandvertrages und begehrte einen höheren Zins. Am 30. November 1981 kam es zu einer Besprechung, an der die Klägerin, die Erstbeklagte, deren Schwiegersohn Herr K*** und Dr. Skender F*** als Anwalt der Erstbeklagten teilnahmen. Dabei wurde der alte bestehende Vertrag besprochen. Der Abschluß eines neuen Vertrages wurde in Aussicht gestellt, wenn über die offenen Vertragspunkte Einigung erfolgt. Das Ergebnis der Besprechung war, daß Dr. Skender F*** einen Mietvertragsentwurf verfassen und der Klägerin zustellen werde. Auch bei dieser Besprechung wurde eindeutig klargestellt, daß das Vorkaufs- und Weitergaberecht sowie eine Verbücherung nicht in Frage kommen. Dr. Skender F*** verfaßte daraufhin den Mietvertragsentwurf Beilage ./D und übersandte ihn an die Erstbeklagte und die Klägerin. Am 21. Dezember 1981 sollte es zu einer weiteren Besprechung mit der Klägerin kommen, wobei der Entwurf Beilage .D/ besprochen werden sollte. Es waren zwar die Erstbeklagte und ihr Schwiegersohn anwesend, nicht jedoch die Klägerin, welche in einem Anruf mitteilte, daß sie mit dem Mietvertragsentwurf unzufrieden sei und nicht daran denke, diesen Mietvertragsentwurf zu akzeptieren. Am 4. Jänner 1982 sprach die Erstbeklagte mit Herrn H***, welcher an den meisten Punkten des Vertragstextes etwas auszusetzen hatte. Die Erstbeklagte erklärte ausdrücklich, daß sie den Vertrag zu anderen Bedingungen als im Entwurf nicht abschließen werde. Die Besprechung am 4. Jänner 1982 endete mit einem Streit. Im Herbst 1981 führte Karl H*** die Erstbeklagte auf der Liegenschaft herum und zeigte ihr, welche Veränderungen er vornehmen wolle. Die Erstbeklagte wies darauf hin, daß er zuerst schauen sollte, einen Pachtvertrag mit dem Zweitbeklagten abzuschließen. Am 17. Februar 1982 besprach Dr. Skender F*** mit der Erstbeklagten einen Entwurf, welcher von der Klägerin direkt an die Erstbeklagte übersandt worden war. Einige der Vertragsbestandteile waren für die Erstbeklagte nicht akzeptabel, unter anderem die Investitionsablöse. Am 18. Februar 1982 schrieb Dr. Skender F*** an die Klägerin und Herrn Karl H*** (Beilage ./5), daß die Erstbeklagte mit dem zugeleiteten Mietvertragsentwurf nicht einverstanden sei. In der Folge rief Dr. Achim M*** als Rechtsanwalt der Klägerin bzw. der Anna Maria H*** GmbH am 28. März 1982 an, ob nicht doch eine weitere Besprechung zwecks Vertragsabschluß möglich wäre. Die Vertragsverhandlungen waren jedoch damals schon sehr schleppend, da die Erstbeklagte am Abschluß eines Vertrages nicht mehr interessiert war. Am 19. April 1982 rief Dr. M*** nochmals an und teilte Dr. Skender F*** mit, daß die Klägerin Änderungsvorschläge hätte. Dr. Skender F*** erhielt in der Folge noch einen Mietvertragsentwurf von Dr. P***-L*** und teilte dann am 5. bzw 10. Mai 1982 Dr. M*** und Dr. P***-L*** mit, daß die Erstbeklagte nicht mehr bereit sei, mit Herrn H*** bzw. der Klägerin einen Bestandvertrag abzuschließen. Da eine Einigung über die strittigen Vertragspunkte nicht erzielt werden konnte, kam es weder zum Abschluß eines mündlichen noch eines schriftlichen Mietvertrages zwischen der Klägerin, Karl H***, der Anna Maria H*** GmbH bzw. dem Rechtsanwalt Dr. Achim M*** einerseits und der Erstbeklagten bzw. Dr. Skender F*** andererseits. Es wurde auch kein Unterpachtvertrag zwischen der Klägerin bzw. Karl H*** bzw. der Anna Maria H*** GmbH einerseits und dem Zweitbeklagten andererseits geschlossen. Im Verfahren 10 Cg 82/82 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien klagte der Zweitbeklagte das ausständige Benützungsentgelt für den Hotel- und Restaurationsbetrieb ein. In der Klagebeantwortung vom 21. Juni 1982 brachte die Beklagte Anna Maria H*** GmbH vor, daß "den Abschluß eines Unterpachtvertrages über die gesamte Liegenschaft die klagende Partei bis jetzt verweigert habe und die beklagte Partei diesen Anspruch mittels Klage durchsetzen werde". Mit Widerklage vom 15. Juli 1982, 39 Cg 478/82 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, begehrte die Anna Maria H*** GmbH als Widerklägerin, den Kläger Johann G*** zur Unterfertigung eines Unterpachtvertrages über die gesamte Liegenschaft Marktplatz 21, 2380 Perchtoldsdorf, zu verpflichten. Der letzte Satz des Punktes XI des begehrten Unterpachtvertrages wurde im Klagebegehren wie folgt angegeben:

"Dagegen gehen sämtliche vom Mieter während der Bestanddauer gemachten Aufwendungen, welcher Art immer, entschädigungslos in das Eigentum des Vermieters über." Es kann nicht festgestellt werden, in welcher Höhe die Klägerin Investitionen am Objekt Marktplatz 21 vornahm. Im Verfahren 3 C 150/82 des Bezirksgerichtes Mödling begehrte Johann G***, Dr. Theodor S*** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma Anna M. H*** GmbH zur Räumung des Objektes Marktplatz 21 zu verpflichten; mit Urteil vom 28. März 1983, in zweiter Instanz bestätigt, wurde dem Klagebegehren stattgegeben. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Zweitbeklagte den Abschluß eines Unterpachtvertrages verweigerte. Es kann weiters nicht festgestellt werden, wann die Liegenschaft Marktplatz 21 von der Anna Maria H*** GmbH bzw. dem Masseverwalter geräumt wurde.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, ein vertragswidriges Handeln des Zweit- und der Drittbeklagten liege schon von vornherein nicht vor, da zwischen der Klägerin und der Drittbeklagten kein Vertragsverhältnis bestanden habe, eine Vereitelung eines Unterpachtvertrages zwischen der Klägerin und dem Zweit- und der Drittbeklagten aber nicht behauptet worden sei. Im übrigen liege auch ein schuldhaftes Verhalten der Erstbeklagten nicht vor, da ein bindender Vertragsabschluß nicht festgestellt werden konnte und es jedermann freistehe, ergebnislose Vertragsverhandlungen abzubrechen. Darüber hinaus sei die Höhe des angeblichen Schadens in keiner Weise nachgewiesen worden. Auch für eine Geschäftsführung ohne Auftrag oder für einen Bereichungsanspruch fehle jegliche Grundlage. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Klägerin aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs. 1 Z 2 und Z 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagten beantragten in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund nach § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO). In der Rechtsrüge führt die Klägerin aus, die Erstbeklagte habe trotz ihrer festgestellten Äußerung gegenüber Karl H*** anläßlich einer gemeinsamen Begehung der Liegenschaft bezüglich der von der Klägerin beabsichtigten Investitionen, er solle darauf schauen, mit dem Zweitbeklagten einen Pachtvertrag abzuschließen, in all den darauffolgenden Wochen und Monaten die von der Klägerin getätigten baulichen Herstellungen, die ihr aufgrund der örtlichen Verhältnisse ja überhaupt nicht verborgen geblieben waren, weder beanstandet noch auch verboten, ja vielmehr ebenso wie der Zweitbeklagte nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sogar gefördert und die Klägerin in dem Glauben belassen, sie sei mit Art und Umfang dieser von der Klägerin getätigten Investitionen ohne weiteres einverstanden. Da dort, wo Reden am Platze sei, Stillschweigen nach den Grundsätzen von Treu und Glauben immer noch Zustimmung bedeute, zeige sich aus dem Gesamtverhalten aller Beklagten gegenüber der Klägerin mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit, daß die Beklagten entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsauffassung ihren der Klägerin gegenüber bestehenden vorvertraglichen Verpflichtungen nicht genügt hätten und demnach richtiger Rechtsanschauung zufolge solche Umstände vorliegen, die die Haftung der Beklagten in diesem Belange begründeten.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Die Klägerin hat zur Begründung des Klagsanspruches vorgebracht, daß sie mit der Erstbeklagten im August oder September 1981 einen mündlichen Mietvertrag über das gesamte Objekt Perchtoldsdorf, Marktplatz 21, auf welchem sich ein Restaurations- und ein Fleischhauereibetrieb befinden, abgeschlossen habe. Zur schriftlichen Ausfertigung des Vertrages sei es nicht gekommen, weil dies vom Zweit- und von der Drittbeklagten vereitelt worden sei. Entgegen der mündlichen Vereinbarung mit den Beklagten hätten der Zweit- und die Drittbeklagte in der Folge nicht auf ihre Mietrechte verzichtet, so daß sie mit der Erstbeklagten keinen schriftlichen Mietvertrag habe abschließen können. Im Vertrauen auf den mündlichen Mietvertrag habe sie S 3,000.000,-- für Investitionen auf dem Objekt aufgewendet; bei ordnungsgemäßer Einhaltung des mündlichen Vertrages wäre der Klägerin ein Schaden von S 1,000.000,-- an Verdienstentgang und Spesen nicht entstanden. Durch die vereinbarungswidrige Vereitelung der schriftlichen Vertragsausfertigung habe die Klägerin somit einen Schaden von insgesamt S 4,000.000,-- erlitten. Demgegenüber wurde nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes von der Erstbeklagten weder mit der Klägerin noch mit der Anna M. H*** GmbH ein mündlicher Vertrag abgeschlossen; es wurden vielmehr nur Vertragsgespräche geführt und der Abschluß eines Bestandvertrages in Aussicht gestellt, wenn über die offenen Vertragspunkte Einigung erzielt werde. Eine solche Einigung kam jedoch nicht zustande, da einerseits die Klägerin den vom Beklagtenvertreter ausgearbeiteten Vertragsentwurf nicht akzeptierte, andererseits die Erstbeklagte mit mehreren ihr von der Klägerin übermittelten Vertragsentwürfen nicht einverstanden war. Soweit die Revision daher aus dem Abschluß eines mündlichen Vertrages zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten Schadenersatzverpflichtungen der Erstbeklagten ableiten will, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und bringt in dieser Richtung die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat aber das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum das Bestehen eines Schadenersatzanspruches der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten verneint, da das bloße Nichtzustandekommen einer vertraglichen Einigung ohne Verletzung einer sonstigen Verpflichtung keine Schadenersatzpflicht auszulösen vermag. Nach den Feststellungen war der Verzicht des Zweitbeklagten auf seine Bestandrechte aus seinem Vertrag mit der Erstbeklagten aber davon abhängig, daß ein Bestandvertrag zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten zustande käme. Mangels Erfüllung dieser Voraussetzung war der Zweitbeklagte nicht verpflichtet, zugunsten der Klägerin auf seine Bestandrechte zu verzichten. Für die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, der Zweitbeklagte habe den Abschluß eines Bestandvertrages zwischen ihr und der Erstbeklagten vereitelt, bieten die Feststellungen keinerlei Anhaltspunkte. Es konnte auch nicht festgestellt werden, daß der Zweitbeklagte den Abschluß eines Unterpachtvertrages mit der Klägerin verweigert hätte. Zwischen der Klägerin und der Drittbeklagten schließlich bestanden ebensowenig vertragliche Beziehungen wie zwischen der Erstbeklagten und der Drittbeklagten; die Feststellungen bieten keinerlei Anhaltspunkte für ein im übrigen in keiner Weise konkretisiertes schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten der Drittbeklagten gegenüber der Klägerin. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht auch das Bestehen von Schadenersatzansprüchen der Klägerin gegenüber dem Zweit- und der Drittbeklagten aus der Unterlassung eines Vertragsabschlusses verneint.

Auch soweit die Revision einen Ersatzanspruch der Klägerin aus einer Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungs- und Warnpflichten durch die Beklagten ableiten will, weil die Erst- und der Zweitbeklagte die Vornahme von Investitionen durch die Klägerin im Hotel- und Restaurationsbetrieb nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sogar gefördert und die Klägerin im Glauben belassen hätten, sie seien mit Art und Umfang der Investitionen ohne weiteres einverstanden, kann ihnen nicht gefolgt werden.

Ob ein bestimmtes Verhalten als konkludente Willenserklärung zu werten ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern welche Schlüsse der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung abzuleiten berechtigt war. Es entscheidet nicht die innere Absicht, sondern das objektive Verhalten (MietSlg. 35.112; SZ 54/163 uva), wie es der Empfänger der Erklärung verstehen konnte (Rummel in Rummel, ABGB, Rdz. 8 zu § 863 ABGB). Stillschweigen gilt nicht schlechthin als Zustimmung, wohl aber dann, wenn der Stillschweigende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden müssen (vgl. SZ 55/168, SZ 44/90 uva.)

Wohl ist es herrschende Auffassung, daß mögliche Geschäftspartner schon mit der Aufnahme eines Kontaktes zu geschäftlichen Zwecken in ein beiderseitiges Schuldverhältnis treten, das sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme bei der Vorbereitung und beim Abschluß des Geschäftes verpflichtet. Dieses vorvertragliche Schuldverhältnis besteht unabhängig davon, ob es später zu einem Vertragsabschluß kommt. Es handelt sich, wenn der in Aussicht genommene Vertrag nicht zustande kommt, um ein Schuldverhältnis ohne Hauptleistungspflicht, das vor allem in Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten besteht. In Erfüllung dieser Verbindlichkeiten haben die Beteiligten insbesondere die Verpflichtung, einander über die Beschaffenheit der in Aussicht genommenen Leistungsgegenstände aufzuklären und Umstände mitzuteilen, die einem gültigen Vertragsabschluß entgegenstehen (SZ 52/90; SZ 49/94; SZ 49/13; SZ 48/102; SZ 48/100; SZ 46/22 u.a.;

Frotz in Gschnitzer-Gedenkschrift 174; Welser in ÖJZ 1973, 282 f, 288; Gschnitzer in Klang2 IV/1, 174, und in Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 160;

Ehrenzweig2 II/1, 160). Es bestehen insbesondere Warn- und Aufklärungspflichten, wenn erkennbar ist, daß der Verhandlungspartner im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung sich anschickt, selbst Verbindlichkeiten einzugehen. Gewiß darf die so geforderte Rücksichtsnahme auf den Partner nicht zu einer vorzeitigen Bindung des Schutzpflichtigen an die Verhandlungen führen; im Verhandlungsstadium müssen die Parteien vielmehr grundsätzlich noch frei sein, die Fortsetzung der Verhandlungen zu verweigern und auch ohne nähere Angabe von Gründen vom Abschluß des Vertrages abzustehen (SZ 49/94). Der Partner ist aber doch unter Umständen darauf hinzuweisen, daß man keinerlei Bindung entstehen lassen will. Das in der Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen zu erblickende sogenannte Verschulden beim Vertragsabschluß (culpa in contrahendo) macht den pflichtwidrig handelnden Teil unabhängig davon, ob es später zum Vertragsabschluß kommt, seinem Partner gegenüber schadenersatzpflichtig (SZ 52/90 u.a.).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist zunächst darauf zu verweisen, daß nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes Karl H*** im Herbst 1981 die Erstbeklagte auf der Liegenschaft herumführte und ihr zeigte, welche Veränderungen vorgenommen werden sollten. Die Erstbeklagte wies ihn darauf hin, daß er zuerst zusehen sollte, einen Pachtvertrag mit dem Zweitbeklagten abzuschließen. Aus diesem Verhalten der Erstbeklagten konnte H*** als Gesellschafter der Anna M. H*** GmbH keinesfalls eine stillschweigende Zustimmung der Erstbeklagten zur Vornahme von Investitionen auf der Liegenschaft vor Abschluß eines Vertrages ableiten. Soweit die Revision ausführt, die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte hätten die Ausführung dieser Investitionen nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sogar gefördert, findet dieses Vorbringen in den Feststellungen keine Deckung und es mangelt der Rechtsrüge diesbezüglich an der gesetzmäßigen Darstellung. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ist aber in der Auffassung, eine Schadenersatzpflicht der Erst- und des Zweitbeklagten gegenüber der Klägerin aus einer Verletzung vorvertraglicher Warn- und Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit den Investitionen auf der Liegenschaft liege nicht vor, keine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes zu erblicken. Hinsichtlich der zur Stützung des Klagebegehrens noch zusätzlich herangezogenen Rechtsgründe der Bereicherung bzw. der Geschäftsführung ohne Auftrag enthält die Revision keinerlei Ausführungen, so daß der Hinweis genügt, daß die Klägerin in dieser Richtung im Verfahren erster Instanz keinerlei konkretes Prozeßvorbringen erstattet hat und auch aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen dieser Rechtsgründe zu gewinnen sind. Die von der Klägerin geltend gemachten Klagsgründe erweisen sich daher als unberechtigt. Da somit in der Abweisung des Klagebegehrens schon aus den dargelegten Erwägungen keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zu erblicken ist, war ein Eingehen auf die Revisionsausführungen hinsichtlich der vom Berufungsgericht verneinten Schlüssigkeit des Sachverhaltsvorbringes der Klägerin entbehrlich.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; der Zuspruch von Barauslagen für die Revisionsbeantwortung mußte unterbleiben, da solche nicht verzeichnet wurden.

Anmerkung

E11470

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00581.87.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19870625_OGH0002_0080OB00581_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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