Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilhelm Peter P*** und andere wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 142, 143 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Rudolf P*** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten Wilhelm Peter P***, Walter P*** und Johann M*** gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 23. Oktober 1986, GZ 20 qu Vr 8544/85-151a, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Rzeszut, und der Verteidiger Dr. Gahleitner, Dr. Mirecki, Dr. Philipp und Dr. Riemer jedoch in Abwesenheit der Angeklagten, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlaß wird gemäß §§ 290 Abs 1, 344 StPO. der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Rudolf P*** auch die Untersuchungshaft vom 22. Dezember 1985, 19.50 Uhr, bis 23. Oktober 1986, 13.30 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und es werden bei Wilhelm Peter P*** die Zusatzfreiheitsstrafe auf 16 (sechzehn) Jahre und bei Rudolf P*** die Freiheitsstrafe auf 13 (dreizehn) Jahre erhöht.
Die Angeklagten Wilhelm Peter P*** und Rudolf P*** werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen. Im übrigen wird den Berufungen nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen wurden der am 7. Februar 1958 geborene Wilhelm Peter P*** des Vergehens des versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1, erster Fall, StGB. (I 1), des Verbrechens der erpresserischen Entführung nach § 102 Abs 1 StGB. (I 2), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143, erster und zweiter Fall, StGB. (II 4) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffGes. (IV 1);
der am 9. Februar 1959 geborene Rudolf P*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143, erster und zweiter Fall, StGB. (II 1, 2, 3 und 4) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffGes. (IV 2);
der am 5. Juni 1957 geborene Walter P*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143, erster und zweiter Fall, StGB. (II 1, 2, 3 und 4) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffGes (IV 3);
der am 31. Mai 1963 geborene Johann M*** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142, 143, erster und zweiter Fall, StGB. (II 3 und 4), des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 2 und 129 Z. 1 StGB. (III) sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffGes. (IV 4) schuldig erkannt. Darnach haben
Wilhelm Peter P*** am 14. August 1985 in Wien durch Abgabe von vier Schüssen aus einem Revolver der Marke "Rossi" Kaliber 38, in Richtung der in Deckung gegangenen Polizeibeamten R***, K*** und S***, welche im Begriff standen, ihn und seine Mittäter festzunehmen, versucht, Beamte mit Gewalt an einer Amtshandlung zu hindern (I 1), am 14. August 1985 in Wien den Schätzmeister des Dorotheums, Rudolf F***, nachdem P*** dessen Einwilligung durch gefährliche Drohung erlangt hatte, indem er ihm den angeführten Revolver abwechselnd am Hinterkopf und am Rücken anhielt sowie mit Gewalt, indem er ihn am Mantelkragen packte und im Laufschritt durch die Friedrich Kaiser-Gasse und durch die Festgasse zu dem in der Bachgasse wartenden Fluchtfahrzeug eskortierte, entführt, um die Polizei zur Duldung seiner Flucht sowie der Flucht seiner Komplizen Rudolf P***, Walter P*** und Johann M*** zu nötigen (I 2); in Gesellschaft von Beteiligten durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben unter Verwendung einer Waffe Nachgenannten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und zwar Rudolf P*** und Walter P*** am 14. Juni 1985 in Wien, indem Walter P*** die Zweiganstalt des Dorotheums in Wien 15, Schanzstraße 14, betrat, einen Revolver zog und die Waffe abwechselnd auf die Bediensteten Karl S***, Liane P***, Monika P*** und Josef G*** sowie den Kunden Johann Z***
richtete und von den Angestellten die Herausgabe von Bargeld forderte, während Rudolf P*** in unmittelbarer Nähe in einem VW-Bus wartete und anschließend Walter P*** samt der Beute vom Tatort wegbrachte, dem Kassier Karl S*** insgesamt 175.000 S (II 1);
Rudolf P*** und Walter P*** am 10. Juli 1985 in Wien, indem Walter P*** das Postamt in Wien 17, Bergsteiggasse 26 betrat, einen Revolver zog und die Waffe abwechselnd auf die Bediensteten Helga R***, Sieglinde G*** und Dietmar W*** richtete und die Herausgabe von Bargeld forderte, während Rudolf P*** in unmittelbarer Nähe in einem VW-Bus wartete und daraufhin Walter P*** samt der Beute vom Tatort wegbrachte, den genannten Bediensteten insgesamt 485.240 S (II 2);
Rudolf P***, Walter P*** und Johann M*** am 8. August 1985 in Wien, indem Walter P*** und Johann M*** das Postamt 1142 in Wien 14, Breitenseerstraße 48 betraten, Walter P*** einen Revolver und Johann M*** eine Pistole zog, indem sie sodann diese Waffen abwechselnd auf die Bediensteten Margit K***, Angelika W***, Elfriede S*** und Christine S*** sowie auf den Kunden Willibald N*** richteten und die Herausgabe von Bargeld forderten, während Rudolf P*** in unmittelbarer Nähe in einem VW-Bus wartete und hernach Walter P***, Johann M*** und die Beute vom Tatort wegbrachte, den Schalterbeamten K***, S*** und W*** insgesamt 117.250 S (II 3);
Rudolf P***, Walter P***, Johann M*** und Wilhelm Peter P*** am 14. August 1985 in Wien, indem Walter P***, Johann M*** und Wilhelm Peter P*** die Zweiganstalt des Dorotheums in Wien 16, Friedrich Kaiser-Gasse 36-38, betraten, sodann Walter P*** und Wilhelm Peter P*** jeweils Revolver, Johann M*** eine Pistole und Walter P*** die Zweiganstalt versperrte, indem sie ferner von der Zweigstellenleiterin Edeltraut H***, dem Schätzmeister Rudolf F*** und der Kassierin Helga H*** unter Vorhalten der Faustfeuerwaffen die Herausgabe von Bargeld und Pretiosen forderten, während Rudolf P*** in unmittelbarer Nähe in einem VW-Bus mit laufendem Motor wartete und hernach Walter P***, Johann M***, Wilhelm Peter P*** und die Beute vom Tatort wegbrachte, Edeltraut H*** 62.980 S an Bargeld und Rudolf F*** Pretiosen im Wert von 5,556.000 S, und zwar 1503 Goldgegenstände, 37 Silbergegenstände, 45 Uhren, 2 Feuerzeuge und 10 Ketten aus Kulturperlen mit einem Gewicht von 8581 Gramm Gold und 396 Gramm Silber (II 4);
Johann M*** am 5. August 1985 in Maria Enzersdorf eine fremde bewegliche Sache, nämlich diversen Schmuck laut der Aufstellung Seiten 151 bis 155, Band II, im Wert von 250.000 S dem Ferdinand und der Maria G*** durch Einbruch und Einsteigen in deren Einfamilienhaus mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (III), sowie
wenn auch nur fahrlässig, in Wien unbefugt Faustfeuerwaffen besessen und geführt und zwar
Wilhelm Peter P*** seit Juli 1985 eine Pistole der Marke "FM", Kaliber 7,65, und seit 13. August 1985 einen Revolver der Marke "Rossi", Kaliber 38 (IV 1);
Rudolf P*** seit Juli 1985 einen langläufigen Trommelrevolver unbekannter Marke des Kalibers 7,65 mm (IV 2);
Walter P*** am 14. Juni 1985, 10. Juli 1985, 8. August 1985 und 14. August 1985 einen langläufigen Revolver unbekannter Marke und Kalibers (IV 3) sowie
Johann M*** am 5. August 1985, 8. August 1985 und 14. August 1985 eine Pistole der Marke "FM", Kaliber 7,65 mm (IV 4). Das Geschwornengericht verhängte nach § 102 Abs 1 StGB. über Wilhelm Peter P*** unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB. auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. Dezember 1985, AZ. 6 c Vr 9882/85, eine Zusatzfreiheitsstrafe von 14 Jahren, ferner nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB. über Rudolf P*** eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren, über Walter P*** eine Freiheitsstrafe von 10 Jahren sowie über Johann M*** eine solche von 9 Jahren.
Das Gericht wertete als erschwerend bei sämtlichen Angeklagten das Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen, bei Wilhelm Peter P*** überdies den Besitz zweier Waffen im Faktum IV 1, die vier einschlägigen Vorstrafen seit 1979, sowie die überaus hohe Beute, bei Rudolf P*** die vierfache Tatwiederholung, den überaus raschen Rückfall bereits nach vier Monaten, die vier einschlägigen Vorstrafen, den Umstand, daß er für sämtliche Raubüberfälle die dann verwendeten Faustfeuerwaffen beschaffte und die einzelnen Tatorte vorschlug sowie die überaus hohe Beute, bei Walter P*** die vierfache Tatwiederholung und die hohe Beute sowie bei Johann M*** die vier einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung, den überaus raschen Rückfall bereits nach drei Wochen und die hohe Beute. Mildernd waren bei allen Angeklagten das umfassende Geständnis und die teilweise Sicherstellung der Raubbeute, bei Wilhelm Peter P*** überdies die Versuchseigenschaft der Tat im Faktum I 1, obwohl tatsächlich Vollendung der Tat vorliege, bei Walter P*** die gerichtliche Unbescholtenheit und bei Johann M*** die teilweise Sicherstellung des Diebsguts im Wert von rund 80.000 S. Gemäß § 38 Abs 1 Z. 1 StGB. wurde unter anderem dem Rudolf P*** die Untersuchungshaft vom 26. Juli 1985, 9.15 Uhr, bis 29. Juli 1985, 16 Uhr, und vom 5. September 1985, 18 Uhr, bis 17. Oktober 1985, 12 Uhr, auf die Strafe angerechnet. Den Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes (II 1, 2, 3 und 4) bekämpft der Angeklagte Rudolf P*** mit einer auf § 345 Abs 1 Z. 6 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Alle Angeklagten und die Staatsanwaltschaft fechten die Strafaussprüche mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde:
Eine Verletzung der Vorschrift des § 314 Abs 1 StPO. erblickt der Nichtigkeitswerber im Unterbleiben von Eventualfragen in der Richtung der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 StGB., wobei er auf seine Verantwortung im Vorverfahren (ersichtlich Band I Seite 111 c verso) sowie in der Hauptverhandlung (Band III Seite 177 f. und 295) verweist.
Die behauptete Nichtigkeit liegt aber nicht vor, weil der Beschwerdeführer in der maßgebenden, am 22. und 23. Oktober 1986 neu durchgeführten Hauptverhandlung nicht vorgebracht hat (siehe § 314 Abs 1 StPO. und grundsätzlich LSK. 1986/101), sich durch Alkohol und Medikamentenkonsum in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand versetzt und in diesem Zustand die Raubtaten verübt zu haben. Auch die Mitangeklagten haben nichts in diese Richtung vorgebracht. Die bloße Behauptung indes, Alkohol und Medikamente eingenommen zu haben, ohne auch nur im entferntesten damit eine Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit zu verbinden, stellt kein tatsächliches Substrat für die Stellung einer Eventualfrage nach § 287 StGB. dar.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aus Anlaß ihrer Erledigung war die unterbliebene Anrechnung der weiteren Vorhaft (§ 281 Abs 1 Z. 11 StPO.) des Angeklagten P***, wie aus dem Spruch ersichtlich, gemäß §§ 290 Abs 1, 344 StPO. nachzutragen.
Darüber hinaus ist anzumerken, daß die Schuldsprüche nach dem Waffengesetz rechtsrichtig auf § 36 Abs 1 Z. 1 WaffGes. in der Fassung der am 29. August 1986 ausgegebenen, gemäß Art. 49 a Abs 3 B.-VG. am 30. August 1986 wirksam gewordenen Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 443/1986 zu stützen gewesen wären. Dieser, vor keiner Partei angefochtene Urteilsmangel gereicht jedoch keinem Angeklagten zum Nachteil, sodaß sich amtswegige Maßnahmen erübrigen.
Zu den Berufungen:
Die Angeklagten begehren die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen, die Staatsanwaltschaft hingegen beantragt deren Erhöhung. Während die Berufungen der Angeklagten nicht begründet sind, kommt jener der Staatsanwaltschaft Berechtigung zu. Darnach ist von folgenden korrigierten Strafzumessungsgründen auszugehen:
Beim Angeklagten P*** sind erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen, der überaus gefährliche modus operandi in den Fakten I 1 und I 2, die zweifache Eignung der Tat im Faktum II 4 zur Anwendung des Strafsatzes von fünf bis fünfzehn Jahren (§ 143 StGB.), der überaus hohe Wert der Raubbeute, fünf einschlägige Vorstrafen sowie der unbefugte Besitz und das unbefugte Führen von zwei Faustfeuerwaffen, mildernd das reumütige Geständnis, die Versuchseigenschaft im Faktum I 1, die teilweise Zustandebringung der Raubbeute und die teilweise Verleitung durch den Angeklagten P*** zu werten.
Hiezu ist festzuhalten, daß der unbefugte Besitz und das unbefugte Führen von zwei Faustfeuerwaffen einen besonderen Erschwerungsgrund darstellt, weil diesfalls der Schuldgehalt der Tat höher ist, als wenn lediglich eine Waffe unbefugt besessen und geführt wird. Da das Verdikt der Geschwornen bindend ist, geht es nicht an, im Rahmen der Strafbemessung die von den Laienrichtern angenommene Versuchseigenschaft der Tat in Zweifel zu ziehen. Die Annahme des Milderungsgrunds des reumütigen Geständnisses schließt nach ständiger Rechtsprechung den wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung ein (12 Os 138/79).
Daß dieser Angeklagte die Taten unter Alkohol- und Drogeneinfluß begangen hat, ist ihm vorwerfbar und nicht strafmildernd, weil er bereits in den Verfahren 5 e E Vr 5328/79 und 5 e E Vr 10.839/82, je des Landesgerichts für Strafsachen Wien, nach vorangegangenem Alkoholkonsum straffällig geworden war und er auch schon zweimal wegen Mißbrauchs von Suchtgiften abgestraft ist (s. die Akten 19 U 1540/81 des Strafbezirksgerichts Wien und 6 c Vr 9882/85 des Landesgerichts für Strafsachen Wien).
Beim Angeklagten P*** wiegen erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die vierfache Verübung eines schweren Raubes, die zweifache Eignung der Tat für den Strafsatz von fünf bis zu fünfzehn Jahren (§ 143 StGB.) in den Fakten II 1, 2, 3 und 4, der überaus hohe Wert der Raubbeute, daß P*** seine Mittäter zum Teil zu den strafbaren Handlungen verführt hat, fünf vorsätzlich begangene einschlägige Vortaten sowie der rasche Rückfall (nur vier Monate nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens 1 U 4115/84 des Strafbezirksgerichts Wien). Mildernd sind das reumütige Geständnis, das auch zur Überführung der Mitangeklagten beitrug, und die teilweise Schadensgutmachung durch Zustandebringung eines Teils der Raubbeute sowie durch Sicherstellung der vom Hehler S*** für die Raubfakten erhaltenen Teppiche.
Daß dieser Angeklagte vor den Raubüberfällen Alkohol und Medikamente eingenommen hatte, kommt ihm als Milderungsgrund nicht zugute, denn bereits aus dem Verfahren 8 a Vr 2452/84 des Landesgerichts für Strafsachen Wien waren ihm die vom Gesetz verpönten und nachteiligen Folgen des Alkoholkonsums bekannt (siehe § 35 StGB.). Das gegenständliche Strafverfahren ergab keinen allgemein begreiflichen Grund dafür, daß P*** Alkohol und Valium konsumiert hat, es sei denn, er wollte sich damit in einen Zustand gesteigerter Tatentschlossenheit versetzen. Die Annahme des Erschwerungsgrunds der Verleitung anderer aber schließt den Milderungsgrund der untergeordneten Tatbeteiligung schlechthin aus. Bei P*** sind erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die vierfache Verübung eines schweren Raubes, die zweifache Eignung der Fakten II 1, 2, 3 und 4 zur Anwendung des Strafsatzes von fünf bis fünfzehn Jahren (§ 143 StGB.) sowie der überaus hohe Wert der Beute aus den Raubüberfällen, mildernd das reumütige Geständnis, die Unbescholtenheit sowie die teilweise Verleitung durch P***.
Das aktenkundige Vorleben dieses Angeklagten läßt die Annahme nicht zu, daß die verfahrensgegenständlichen Delikte mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehen. In dem Zusammenhang ist der Berufung des öffentlichen Anklägers zu erwidern, daß die Behauptung, dieser Angeklagte habe sich "ständig in üblen Lokalen" herumgetrieben, mangels Substantiierung nicht durchschlagen kann.
Straferschwerend wirkt bei M*** das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen, die zweifache Eignung der Fakten II 3 und 4 zur Anwendung des Strafsatzes von fünf bis fünfzehn Jahren (§ 143 StGB.), der überaus hohe Wert der Raubbeute, fünf einschlägige Vorstrafen wegen Vorsatztaten und der rasche Rückfall. Mildernd sind hingegen das reumütige Geständnis, die teilweise Verleitung durch P*** sowie die teilweise Zustandebringung der Raubbeute.
Dieser Angeklagte hat zu den Raubüberfällen beigetragen, indem er an den Tatorten jeweils eine Faustfeuerwaffe gezogen und im Postamt 1142 sowie in der Zweiganstalt des Dorotheums in Ottakring die Herausgabe von Geld und Wertsachen forderte. Ein solcher Tatbeitrag kann mit Fug nicht als untergeordnet angesehen werden. Eine sorgfältige Abwägung dieser Strafbemessungsgründe zeigt, daß nur bei P*** und M*** die vom Geschwornengericht ausgeschöpften Strafen schuldadäquat und tätergerecht sind. Die über P*** und P*** verhängten Strafen sind erhöhungsbedürftig:
P*** hat die am 14. August 1985 begangenen Straftaten im Stil eines kaltblütigen Verbrechers verübt, der nicht davor zurückschreckte, von einer Schußwaffe tatsächlich Gebrauch zu machen, wodurch im Einsatz befindliche Sicherheitswachebeamte höchster Lebensgefahr ausgesetzt waren. Der enorm hohe Unrechtsgehalt der diesem Angeklagten angelasteten Delikte im Verein mit den ihn betreffenden besonderen Strafbemessungsgründen macht unter Bedachtnahme auf das im Verfahren 6 c Vr 9882/85 des Landesgerichts für Strafsachen Wien gegen ihn ergangene Urteil die Erhöhung der Zusatzfreiheitsstrafe auf sechzehn Jahre erforderlich. P*** verübte innerhalb eines Zeitraums von nur zwei Monaten in Gesellschaft von Beteiligten und unter Verwendung von Schußwaffen nicht weniger als vier Raubüberfälle, wobei der Wert der Beute aus den räuberischen Angriffen 6,3 Millionen Schilling überstieg. Diese in Österreichs Kriminalgeschichte mit Seltenheitswert ausgestattete Verbrechenshäufung gebietet - bei Würdigung der hier aktuellen, oben angeführten besonderen Strafzumessungsgründe, insbesondere jedoch wegen des mit Vermögens- und Gewaltdelikten belasteten Vorlebens dieses Angeklagten - eine Anhebung der Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß, das der besonders intensiven personalen Täterschuld entspricht.
Abschließend muß der Oberste Gerichtshof den Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur im Gerichtstag beipflichten, die darauf hinausliefen, daß es gerade in Fällen wie dem gegenständlichen darauf ankommt, den Glauben der Bevölkerung an die Wirksamkeit der Rechtsordnung aufrechtzuerhalten. Ist doch, das sei diesen Ausführungen hinzugefügt, die Bewährung der Rechtsordnung ein selbständiger Strafzweck (LSK. 1979/2).
Sonach erweisen sich die Berufungen, soweit sie die Strafaussprüche hinsichtlich P*** und M*** betreffen, als nicht berechtigt. Der Berufung der Staatsanwaltschaft punkto der über P*** und P*** verhängten Strafen war Folge zu geben, die genannten Angeklagten waren mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E11298European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00038.87.0625.000Dokumentnummer
JJT_19870625_OGH0002_0130OS00038_8700000_000