Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Huber als Richter in der Verlassenschaftssache der Margarete S***, gestorben am 20.Mai 1985, infolge Rekurses der Gertrude G***, Pensionistin, Waldeggstraße 95, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 30.September 1986, GZ 13 R 592-594/86, womit die Rekurse der Gertrude G*** gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Linz vom 4.März 1986 und 27. Juni 1986, GZ 2 A 573/85-23 und ON 32 sowie 33 zurückgewiesen wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Margarete S*** verstarb am 20.5.1985 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung. In ihrem Testament vom 20.8.1982 ordnete sie an, daß ihr Großneffe, der minderjährige Roman H***, als Universalerbe ihren Liegenschaftsanteil in St. Magdalena, Hasbergersteig 8, mit der Auflage bekommt, seiner Mutter Evelyn H*** und den Schwestern der Erblasser Maria S*** und Gertrude G*** bis zu deren Lebensende das Nutzungsrecht auf dem Haus- und Grundanteil zu belassen. Die Nutzung des Gartenanteiles vermachte sie ihrer Schwester Gertrude G*** bis zu deren Lebensende. Die Erblasserin bestellte ihre Nichte, Evelyn H***, zur Treuhänderin des Liegenschaftsanteiles bis zur Großjährigkeit von Roman H***. Die übrigen Anordnungen betreffen weitere Vermächtnisse für die Schwestern der Erblasserin, für Evelyn H*** und die beiden Neffen Peter und Michael K***. Außerdem hinterließ die Erblasserin drei weitere letztwillige Verfügungen, in denen sie ebenfalls Legate aussetzte. Alle Vermächtnisnehmer wurden gemäß § 161 AußStrG von den angefallenen Legaten verständigt.
Mit dem Beschluß vom 4.3.1986 genehmigte das Ergericht das errichtete Hauptinventar, das Nachlaßaktiva von S 1,282.162,34, Nachlaßpassiva von S 48.607,50 und somit einen reinen Nachlaß von S 1,233.554,84 ausweist. Roman H*** gab aufgrund des Testamentes vom 20.8.1982 zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung ab und schloß mit seiner Mutter ein Erbübereinkommen, wonach Evelyn H*** gegen Leistung eines Geldbetrages von S 215.000,-- den Drittelanteil an den vererbten Liegenschaften EZ 271 und 428 je KG Katzbach mit der Verpflichtung übernahm, den minderjährigen Roman H*** hinsichtlich aller mit dem Besitz des Liegenschaftsdrittels verbundenen Verpflichtungen, sei es aus dem Titel des Testamentes der Erblasserin oder aus dem Titel sonstiger zwischen den Miteigentümern geschlossenen Vereinbarungen, klag- und schadlos zu halten.
Mit dem Beschluß vom 27.6.1986 nahm das Verlassenschaftsgericht die von Roman H*** abgegebene bedingte Erbserklärung zu Gericht an und sah den Erbrechtsausweis und den Testamentsausweis als erbracht an. Weiters genehmigte das Erstgericht das Abhandlungsergebnis, insbesondere das geschlossene Erbübereinkommen, pflegschaftsbehördlich. Außerdem wurde der Endausweis als erbracht angesehen und pflegschaftsbehördlich genehmigt. Gleichzeitig verfügte das Gericht die Nachlaßeinantwortung und erließ die Einantwortungsurkunde. Danach wurde der Nachlaß dem minderjährigen Roman H*** eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt. Das Erstgericht stellte fest, daß aufgrund des Ergebnisses der Verlassenschaftsabhandlung in Verbindung mit dem geschlossenen Erbübereinkommen hinsichtlich des Anteiles der Margarete S*** an den Liegenschaften EZ 271 und 428, je Grundbuch Katzbach, das Eigentumsrecht für Evelyn H*** einzuverleiben ist.
Das Rekursgericht wies die Rekurse der erblasserischen Schwester Gertrude G*** gegen die Genehmigung des Hauptinventars und die pflegschaftsbehördliche Genehmigung des Erbübereinkommens sowie gegen die Einantwortungsurkunde zurück. Die Rechtsmittelwerberin habe als Vermächtnisnehmerin lediglich einen obligatorischen Anspruch gegen den Erben auf die zugedachte Leistung und genieße damit nur die Stellung eines Gläubigers. Sie sei grundsätzlich am Abhandlungsverfahren nicht beteiligt. Legatsansprüche, die nicht zu den sogenannten privilegierten Vermächtnissen im Sinne der §§ 159 f AußStrG gehören, seien im Verlassenschaftsverfahren nicht zu berücksichtigen. Bei solchen Legaten genüge es, wenn der Erbe dartut, daß die Vermächtnisnehmer vom Legatsanfall verständigt wurden. Nach ständiger Rechtsprechung komme dem nicht privilegierten Vermächtnisnehmer grundsätzlich kein Recht auf Zustellung der Einantwortungsurkunde zu, er könne die Einantwortung auch nicht anfechten. Die fehlende Verfahrensbeteiligung der Rekurswerberin und der Umstand, daß ihr die Einantwortungsurkunde nicht zugestellt wurde, stelle daher keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens dar. Als nicht privilegierte Vermächtnisnehmerin sei die Rekurswerberin nur soweit am Verfahren im Sinne des § 9 AußStrG beteiligt, als durch eine Verfügung des Abhandlungsgerichtes unmittelbar in ihre Vermögensrechte eingegriffen wird. Die Rekurseinwände gegen die Genehmigung des Inventars bezögen sich jedoch lediglich auf Interessen des minderjährigen Erben und nicht auf die Rechtsposition der Vermächtnisnehmerin, weil das ihr vermachte Nutzungsrecht am Liegenschaftsanteil durch die Bewertung des Nachlasses nicht betroffen wurde. Das gleiche gelte für das Erbübereinkommen und dessen pflegschaftsbehördliche Genehmigung. Soweit die Rechtsmittelwerberin einen Eingriff in ihre Rechte darin erblicke, daß sie nun gezwungen sei, die Verbücherung dieser Rechte allenfalls im Streitverfahren zu erreichen, sei darauf zu verweisen, daß ein Vermächtnisnehmer zur Durchsetzung der Legatsansprüche in jedem Fall den Rechtsweg beschreiten müsse. Eine Rechtsmittelbefugnis könne auch nicht darauf gegründet werden, daß die Rekurswerberin durch den Verkauf des Liegenschaftsanteiles unzulässig benachteiligt würde, weil sie sich bei der Begründung des Fruchtgenußrechtes nun mit einer dritten Person auseinandersetzen müsse, denn an dem Anspruch der Vermächtnisnehmerin auf Erfüllung ihres Legates gegen den Erben ändere sich durch den Verkauf des Liegenschaftsanteiles nichts. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Vermächtnisnehmerin, in welchem sie "Nichtigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit" behauptet und beantragt, das gesamte bisherige Verfahren als nichtig aufzuheben. Allenfalls möge dahin entschieden werden, daß der Antrag auf Genehmigung des Hauptinventars abgewiesen und die beiden weiteren die Einantwortung betreffenden Beschlüsse aufgehoben werden. Schließlich wolle allenfalls ihr Fruchtgenußrecht einverleibt werden oder überhaupt mit Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse vorgegangen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs, der entgegen der der Rechtsmittelwerberin offenbar vorschwebenden Ansicht kein solcher nach § 16 AußStrG, sondern nach § 14 AußStrG ist, ist zwar zulässig (5 Ob 178/73; 4 Ob 606/74; 6 Ob 24/75 uza), aber nicht berechtigt.
Nach Ansicht der Rechtsmittelwerberin habe das Rekursgericht zu Unrecht ihre Rekurslegitimation verneint. Sie sei durch die von ihr bekämpften Verfügungen des Abhandlungsgerichtes in ihren Vermögensrechten als Vermächtnisnehmerin in gravierender Weise beeinträchtigt worden. Infolge der Ergebnisse des Verlassenschaftsverfahrens müsse sie sich nun nicht nur mit dem Erben, sondern auch mit einer dritten Person auseinandersetzen. Dies sei eine unzulässige Benachteiligung, weshalb ihr zur Abwendung dieser Maßnahmen sowohl Parteistellung als auch Rechtsmittellegitimation im Abhandlungsverfahren zustünde. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
Der Rekurswerberin als großjähriger Vermächtnisnehmerin kommt im Verlassenschaftsverfahren nur die Rolle eines Gläubigers zu. Sie wurde durch den Anfall des Vermächtnisses nicht "Beteiligte" an der Verlassenschaftsabhandlung. Nur dann wäre sie Beteiligte des Verlassenschaftsverfahrens und damit rekursberechtigt, wenn durch eine Verfügung des Abhandlungsgerichtes unmittelbar in ihre Vermögensrechte eingegriffen worden wäre (EFSlg. 42.177; SZ 47/87; 1 Ob 742/82 ua). Dies war hier nicht der Fall:
Ihr Vermächtnisanspruch auf Einräumung des oben dargestellten Nutzungsrechtes ist als obligatorisches Forderungsrecht auf eine Erfüllungshandlung des Vermächtnisschuldners gerichtet. Als Legatarin erwirbt sie nicht unmittelbar vom Erblasser. Sie erwirbt zwar das Recht auf das Vermächtnis, das ihr vermachte Nutzungsrecht kann sie aber nach § 684 Satz 2 ABGB nur durch ein zwischen ihr und dem Erben zustande gekommenes Verfügungsgeschäft erwerben (Welser in Rummel, ABGB, Rz 7 zu § 647; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht3, 205; SZ 42/187; 3 Ob 629/86 ua). Ist dieser nicht bereit, die erforderliche Erfüllungshandlung zu setzen, etwa wegen Bestreitung der Gültigkeit der letztwilligen Vermächtnisanordnung, müßte die Legatarin, die sich auf ein gültiges Vermächtnis beruft, ihre Erfüllungsansprüche im Rechtswege gegen den Erben durchsetzen (vgl. 3 Ob 629/86; 6 Ob 24/75 ua).
In diese allein rechtlich geschützte Rechtsposition greift der von der Vermächtnisnehmerin angefochtene erstgerichtliche Beschluß nicht ein: Für den allfälligen Rechtsstreit ist der Inventurwert der Verlassenschaft ohne Belang (3 Ob 401/60; 6 Ob 24/75 ua). Das Genehmigungsverfahren über das geschlossene Erbübereinkommen wird im ausschließlichen Interesse der Minderjährigen geführt. In die Rechte Dritter wird durch die Genehmigung des Vertrages nicht eingegriffen;
daher steht Dritten dagegen auch kein Rechtsmittel zu (6 Ob 132/69;
MietSlg. 17.078; 6 Ob 24/85 ua). Die Einantwortung wirkt für die Frage der Legatserfüllung nicht präjudiziell. Sie stellt nur eine Einweisung des Erben in den Besitz des Nachlasses dar, ohne die Legatsansprüche in irgendeiner anderen Weise zu berühren, als daß sie vorher gegen den Nachlaß und nachher gegen den Erben zu richten sind (NZ 1969, 122; 3 Ob 629/86 ua).
Das Rekursgericht hielt daher der Rechtmittelwerberin zutreffend entgegen, daß die ihr von der Erblasserin vermachten Rechte durch die pflegschaftsund verlassenschaftsbehördlich getroffenen Maßnahmen nicht beeinträchtigt wurden. Das hat ihre mangelnde Rekurslegitimation zur Folge, was mit Recht zur Zurückweisung des Rekurses durch das Gericht zweiter Instanz führte.
Dem dagegen erhobenen Rekurs an den Obersten Gerichtshof war daher der Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E11471European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00583.87.0625.000Dokumentnummer
JJT_19870625_OGH0002_0080OB00583_8700000_000