TE OGH 1987/6/30 4Ob313/87

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Veröffentlicht am 30.06.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Schlosser, Dr. Petrag und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Ferdinand K***, Maschinenfabrik, 8330 Feldbach, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Erich Allmer, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Hubert K***, Inhaber der nicht prot. Firma "SR" Technik, 4522 Sierning, Hausleitenstraße 14, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26. November 1986, GZ 6 R 258/86-8, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Steyr vom 7. Oktober 1986, GZ 3 Cg 200/86-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - unter Einschluß des bestätigten

Ausspruches - insgesamt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung:

Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Unterlassungsanspruches wird dem Beklagten aufgetragen, im geschäftlichen Verkehr die Ankündigungen zu unterlassen,

a) er vertreibe Türabschlüsse, die nach den für Bundesbauten maßgebenden, vom Bundesministerium für Bauten und Technik herausgegebenen Technischen Richtlinien 1984 geprüft seien;

b) die von ihm angebotenen Betontüren seien als Österreichisches Erzeugnis laut Technischen Richtlinien 1984 geprüft. Das Mehrbegehren, dem Beklagten die weitere Ankündigung zu verbieten, die von ihm angebotenen Betontüren seien laut Technischen Richtlinien 1984 ausgeführt, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die anteiligen Äußerungskosten in Höhe von S 1.699,09 (darin S 154,46 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die Klägerin ist ferner schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen bei Exekution die mit S 2.125,61 (darin S 193,24 Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit S 2.549,66 (darin S 231,79 Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte übersandte der Klägerin mit Schreiben vom 13. Mai 1986 ein Anbot über Betontürabschlüsse; gleichzeitig übermittelte er Prüfberichte über seine Erzeugnisse und eine Preisliste über Betontüren, in denen er eine "Ausführung lt. Techn. Richtlinie 1984" ebenso behauptete wie den Umstand, seine Erzeugnisse seien "geprüft lt. Techn. Richtlinie 1984 - Österr. Erzeugnis" (Beilage D).

Am 3. Juni 1986 schrieb der Beklagte an die Bundesgebäudeverwaltung Klagenfurt, er beliefere die Firma K*** mit "geprüften Türabschlüssen der Technischen Richtlinie 1984", welche "für Bundesbauten maßgebend" seien (Beilage C).

Die klagende Mitbewerberin beantragt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr anzukündigen,

a. er vertreibe geprüfte Türabschlüsse nach den Technischen Richtlinien 1984, herausgegeben vom Bundesministerium für Bauten und Technik, welche für Bundesbauten maßgebend sind,

b. die von ihm angebotenen Betontüren seien laut Technischen Richtlinien 1984 ausgeführt und als österreichisches Erzeugnis laut Technischen Richtlinien 1984 geprüft.

Die erwähnten Richtlinien sähen bestimmte Qualitätsmerkmale für Einrichtungen des Schutzraumbaues vor. Der Nachweis der Erfüllung dieser Anforderungen sei nur durch die Prüfung bei autorisierten Prüfanstalten möglich. Je ein Prüfzeugnis für die Brandbeständigkeit und für die mechanische Prüfung müsse dann dem Bundesministerium für Bauten und Technik vorgelegt werden, das zu entscheiden habe, ob die Prüfungen ordnungsgemäß erfolgt seien. Bejahendenfalls würden die Zeugnisse in eine Liste aufgenommen, die veröffentlicht werde. Die meisten der "genehmigten und zugelassenen" Prüfzeugnisse seien an die Klägerin ausgestellt worden. Für den Beklagten seien bis 23. Juni 1986 ausschließlich Schutzraum-Liege-Sitzkombinationen in die Liste des Ministeriums aufgenommen worden. Türabschlüsse könnten nur dann als nach den genannten Richtlinien geprüft gelten, wenn das Ministerium die ihm vorgelegten Prüfzeugnisse anerkannt, zugelassen und in die von ihm herausgegebene Übersicht aufgenommen habe. Die Ankündigungen des Beklagten in seinen Schreiben vom 13. Mai und 3. Juni 1986 verstießen daher gegen das UWG.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrages. Türabschlüsse, wie sie beide Streitteile vertrieben, seien nur von dazu autorisierten technischen Versuchsanstalten zu prüfen, nicht jedoch vom Bundesministerium für Bauten und Technik. Außerdem sähen die Technischen Richtlinien 1984 die Verpflichtung vor, daß mit einer staatlich autorisierten Prüfanstalt ein Überwachungsvertrag abgeschlossen werde. Der Beklagte (und seine mit der S*** Maschinen GmbH & Co KG gebildete Arbeitsgemeinschaft) habe diese Voraussetzungen erfüllt. Die von der staatlich autorisierten Prüf- und Versuchsanstalt des Bautechnischen Institutes Linz ausgestellten Prüfzeugnisse bestätigten, daß die geprüften Schutzraumtüren bezüglich Maßgenauigkeit und baulicher Durchbildung, mechanischer Beanspruchbarkeit, Kugelschlagprobe und Gasdichtheit den Technischen Richtlinien 1984 entsprächen. Die Liste des Ministeriums erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die vom Beklagten aufgestellten Behauptungen seien somit wahr. Im übrigen sei er nicht passiv legitimiert, weil die beanstandeten Ankündigungen von der Arbeitsgemeinschaft stammten. Der Erstrichter wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Neben den eingangs wiedergegebenen Schreiben des Beklagten nahm er folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

In den "Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten", die vom Bundesministerium für Bauten und Technik veröffentlicht wurden und ab 1. Juli 1984 angewendet werden, sind alle Einzelheiten der zur Sicherung der unvermeidlichen Öffnungen in Schutzräumen erforderlichen speziellen Abschlüsse geregelt. Zu diesen Abschlüssen gehören gasdichte Abschlußtüren (GT) mit den Abmessungen 82,5 x 180 cm, 120 x 205 cm, 140 x 220 cm und 245 x 205 cm, lotrechte, gasdichte Abschlußklappen (GKL) mit den Abmessungen 60 x 80 cm, Drucktüren (DT), Schutzgrad Sl mit den Abmessungen 82,5 x 180 cm, 120 x 205 cm, 140 x 220 cm und 245 x 205 cm, Schutzgrad S3 mit den Abmessungen 82,5 x 180 cm, 120 x 205 cm und 140 x 220 cm. Die Prüfung von Abschlüssen für Schutzraumbauten ist von einer auf Grund des Gesetzes vom 9. September 1910 RGBl. 185 autorisierten technischen Versuchsanstalt durchzuführen. Die Prüfung wird nach den in den "Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten" festgelegten Bestimmungen durchgeführt. Für jede Type und Größe der Abschlüsse muß der Nachweis erbracht werden, daß die Anforderungen erfüllt sind. Die Prüfstelle stellt fest, ob das zu dem Antrag eingereichte Muster mit den vom Hersteller gemachten Angaben übereinstimmt sowie baulich und funktionsmäßig in allen Punkten den genannten Richtlinien entspricht. Die gasdichten Abschlüsse sind in folgender Reihenfolge zu prüfen auf:

1.)

Maßgenauigkeit und bauliche Durchbildung,

2.)

mechanische Widerstandsfähigkeit,

3.)

Gasdichtheit,

4.)

Aushebbarkeit,

5.)

Widerstandsfähigkeit gegen Feuer.

Die Widerstandsfähigkeit gegen Feuer ist auf Grund der geltenden Bestimmungen der Bauordnung und der ÖNORMEN zu prüfen. Sofern keine besonderen Vorschriften bestehen, ist die Prüfung nach der Brandwiderstandsklasse "brandbeständig" vorzunehmen. Die Druckabschlüsse sind in folgender Reihenfolge zu prüfen auf:

1.)

Maßgenauigkeit und bauliche Durchbildung,

2.)

Aushebbarkeit und Aufdrückbarkeit,

3.)

Gasdichtheit,

4.)

mechanische Widerstandsfähigkeit.

Um die Einhaltung der Bestimmungen der "Technischen Richtlinien" zu gewährleisten, ist mit einer staatlich autorisierten Prüfanstalt ein Überwachungsvertrag abzuschließen. Der Überwachungsvertrag muß unter anderem die Bestimmung enthalten, daß die Prüfanstalt verpflichtet ist, die Prüfergebnisse dem Arbeitskreis V nachweislich mitzuteilen. Ebenso ist eine Kündigung des Überwachungsvertrages unverzüglich dem Arbeitskreis V, Bautechnische Angelegenheiten des Zivilschutzes, des Arbeitsausschusses "Z" beim Bundesministerium für Bauten und Technik, Stubenring 1, 1011 Wien, mitzuteilen. Am 17. Juni 1985 beantragte die Arbeitsgemeinschaft K***/S*** beim Bautechnischen Institut Linz-Donau die Prüfung einer Stahlblechtüre GT 82,5 x 180 cm gemäß den Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten, Ausgabe 1984. Die Prüfung ergab, daß die geprüfte Schutzraumtüre bezüglich Maßgenauigkeit und baulicher Durchbildung, mechanischer Beanspruchbarkeit, Kugelschlagprobe und Gasdichtheit den Richtlinien entspricht. Hinsichtlich der Aushebbarkeit entspricht die Schutzraumtüre mit einer längeren Spindel ebenfalls diesen Richtlinien. Auch eine Schutzraumtüre mit kleinerer Länge und Breite als die geprüfte Türe, bei sonst gleicher technischer Ausführung, erfüllt die geprüften Anforderungen. Über die Schutzraumtüre GT 82,5 x 180 cm wurde das Prüfzeugnis Zl. 4971/85/A vom 16. September 1985 ausgestellt. Mit Prüfzeugnis vom 28. Oktober 1985 der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich reg.Gen.m.b.H., BV-Zl. 2562/85, wurde die genannte Schutzraumtüre als "brandbeständig" klassifiziert. Der Schutzraumabschluß GKL der Arbeitsgemeinschaft K***/S*** mit den Abmessungen

600 x 800 mm wurde ebenfalls von der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich reg.Gen.m.b.H. und dem Bautechnischen Institut Linz-Donau überprüft und als den Richtlinien entsprechend begutachtet.

Am 17. Juni 1985 beantragte der Beklagte beim Bautechnischen Institut Linz-Donau die Prüfung der Schutzraumtüre D*** 120 x 205 cm; darüber wurde das Prüfzeugnis vom 6. August 1985, Zl. 4791/85/B ausgestellt. Im Prüfungszeugnis der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich reg.Gen.m.b.H., BV-Zl. 2550/85, vom 21. Oktober 1985 wurde der genannte Türabschluß als "brandbeständig" klassifiziert. Am 17. Juni 1985 beantragte der Beklagte ferner die Prüfung der Schutzraumtüre DT S1, S3, 120 x 205 cm beim Bautechnischen Institut Linz-Donau entsprechend den Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten, Ausgabe 1984. Darüber wurde das Prüfzeugnis Zl. 4791/85/C ausgestellt. Die Überprüfung der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich reg.Gen.m.b.H. ergab die Klassifizierung "brandbeständiger Türabschluß".

Die Arbeitsgemeinschaft K***/S*** schloß am 17. September 1985 mit dem Bautechnischen Institut Linz-Donau einen Überwachungsvertrag, der die in den Technischen Richtlinien 1984 geforderten Vertragspunkte enthält. Sie stellte alle ihre Prüfberichte ihrem Geschäftspartner K*** zur Verfügung. Mit Schreiben vom 26. Juni 1985 und 23. Juni 1986 an den Landeshauptmann von Steiermark-Bundesgebäudeverwaltung I und die Energie-Sonderbeauftragten der Bundesgebäudeverwaltung II-Graz, hat das Bundesministerium für Bauten und Technik eine Übersicht über die dort aufliegenden Prüfzeugnisse für Schutzraumabschlüsse als Beschaffungshilfe übermittelt. Dabei wurde insbesondere darauf hingewiesen, daß auf Grund der Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten, Ausgabe 1984, nur geprüfte Teile in Schutzräumen einzubauen sind. Sofern keine in Österreich geprüften Einbauteile erhältlich seien, könnten in der Schweiz oder der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Produkte mit gültigen Prüfzertifikaten bis auf weiteres zur Anwendung kommen. Schließlich wurde noch auf folgendes hingewiesen:

"Die Technischen Richtlinien des Bundesministeriums für Bauten und Technik für den Schutzraumbau sehen für Schutzraumausstattungen bestimmte Qualitätsmerkmale vor. Der Nachweis für die Erfüllung der Anforderungen ist in der Regel nur durch Prüfungen bei autorisierten Prüfanstalten oder Ziviltechnikern möglich. Mit einem Prüfzeugnis wird bestätigt, daß die Anforderungen der einschlägigen Technischen Richtlinien für den Schutzraumbau erfüllt werden. Die beiliegende Aufstellung gibt einen Überblick über die im Bundesministerium für Bauten und Technik vorliegenden Prüfzeugnisse."

In den Listen vom 26. Juni 1985 und 23. Juni 1986 sind keine vom Beklagten bzw. der Arbeitsgemeinschaft K***/S*** erzeugten Schutzraumtüren enthalten. Das Bautechnische Institut Linz-Donau und die Brandverhütungsstelle für Oberösterreich reg.Genossenschaft sind staatlich autorisierte Versuchsanstalten.

Rechtlich vertrat der Erstrichter die Auffassung, der Beklagte habe bescheinigt, daß er über Prüfzeugnisse für seine Schutzraumtüren verfüge, die staatlich autorisierte Versuchs- und Prüfanstalten auf Grund einer den Technischen Richtlinien 1984 entsprechenden Prüfung ausgestellt hätten. Die Klägerin habe hingegen nicht glaubhaft gemacht, daß neben solchen Prüfzeugnissen noch die Aufnahme in ein öffentlich zugängliches Register erforderlich sei und die Prüfzeugnisse einer verbindlichen Überprüfung durch das Bundesministerium für Bauten und Technik zu unterziehen seien. Nach dem Wortlaut der Technischen Richtlinien 1984 seien die Prüfungen allein von Versuchsanstalten, nicht aber vom Bautenministerium durchzuführen. Die von der Klägerin beanstandeten Behauptungen der Beklagten seien demnach nicht unrichtig.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes zwar S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Die im Rekurs der Klägerin angeführten Unvollständigkeiten der vom Beklagten vorgelegten Prüfzeugnisse lägen "zumindest im wesentlichen und in solcher Weise vor, daß sie der Entscheidung im Provisorialverfahren zugrunde gelegt werden können." Zumindest in groben Zügen könne im Einklang mit dem Rekurs die Kritik der Klägerin an der Vollständigkeit der Prüfungszeugnisse Beilagen 1 bis 9 nachvollzogen werden. Wenngleich es für den Laien schwierig sei, nach den Dimensionen der Türabschlüsse die Identität des jeweiligen Prüfstückes zu untersuchen, fehle doch jedenfalls in den Prüfungszeugnissen, Beilagen 2 und 5 die Überprüfung nach den Punkten 14.2.3. (Verschlüsse), 14.2.4. (Dauerprüfung) und in Beilage 2 auch noch die Überprüfung nach Aufdrückbarkeit (Punkt 14.5.). In Beilage 5 werde die Übereinstimmung mit den Technischen Richtlinien nicht bescheinigt. Auch den Beilagen 3 und 8 sei nicht zu entnehmen, daß die Brandverhütungsstelle eine Dauerprüfung nach Punkt 14.2.4. vorgenommen hätte.

Rechtlich führte das Rekursgericht aus: Wenn schon der Eintragung in die Liste der geprüften Abschlüsse durch das Ministerium keine konstitutive Bedeutung zukomme, müßten doch die Prüfzeugnisse zu allen Gesichtspunkten der Überprüfung, wie sie die Technischen Richtlinien 1984 vorsähen, Stellung beziehen; in deren Punkt 14 sei auch eine bestimmte Reihenfolge der Überprüfungen vorgesehen. So gesehen, werde verständlich, daß der Beklagte keine Eintragung in die Liste erreicht habe. Obwohl der Beklagte im Schreiben an eine Gebäudeverwaltung selbst zugebe, das Ministerium sei mit Einzelheiten der Überprüfung (offenbar der Reihenfolge und letztlich wohl auch dem Umfang) nicht einverstanden gewesen, behaupte er trotzdem in der Preisliste, die wohl an alle Kunden gerichtet werde, ganz allgemein die Überprüfung der Abschlüsse nach den Technischen Richtlinien 1984; der Kunde könne aber im allgemeinen nicht erkennen, daß diese Überprüfung lediglich nach Teilaspekten erfolgt sei. Nach den Regeln des Wettbewerbsrechtes könne der Beklagte auch daraus nichts gewinnen, daß etwa die Klägerin eine solche Überprüfung nicht immer nach allen Regeln vorgenommen habe. Die eingangs wiedergegebenen Ankündigungen des Beklagten seien somit irreführend im Sinne des § 2 Abs 1 UWG, weil die angesprochenen Verkehrskreise mit Sicherheit erwarten würden, daß die angebotenen Türabschlüsse und Betontüren in allen Punkten den Technischen Richtlinien entsprächen und in diesem Sinne umfassend von den autorisierten Prüfanstalten überprüft worden seien. Auch die Passivlegitimation des Beklagten sei zu bejahen, da er die Türabschlüsse und Betontüren im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft K***/S*** erzeugt und selbst die beanstandeten

Werbebehauptungen aufgestellt habe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) des Beklagten mit dem Abänderungsantrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses sowie den hilfsweise gestellten Anträgen auf Aufhebung, Bestimmung einer Sicherheit und auf bloß teilweise Abänderung.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zum Teil berechtigt.

Nach Ansicht des Beklagten sei das Rekursgericht mit seiner Entscheidung über die Behauptungen der Klägerin hinausgegangen; diese habe sich bloß darauf berufen, daß er weder über Prüfzeugnisse noch über Zulassungen durch das zuständige Bundesministerium verfüge, nicht aber, daß solche Prüfzeugnisse unvollständig seien. Die Rekursausführungen der Klägerin hätten gegen das Neuerungsverbot verstoßen. Dem kann nicht zugestimmt werden:

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgebracht, der Beklagte verfüge nicht über Prüfzeugnisse, die das Ministerium anerkannt habe; deshalb schienen seine Erzeugnisse nicht in der vom Bundesministerium herausgegebenen Liste auf. Sie hat sich nicht darauf gestützt, daß der Beklagte überhaupt keine Prüfung durch eine autorisierte Anstalt habe vornehmen lassen und daß er keinerlei Zeugnisse aufzuweisen habe. Aus den von ihr vorgelegten Schreiben Beilagen C und D ergibt sich ja, daß der Beklagte schon vor dem Prozeß, insbesondere auch der Klägerin gegenüber (Beilage D), solche Prüfberichte vorgewiesen hat.

Die Rekursausführungen der Klägerin, mit denen sie die Unvollständigkeit der vom Beklagten vorgelegten Zeugnisse aufgezeigt hat, verstießen nicht gegen das Neuerungsverbot, weil sie Beweismittel zum Gegenstand hatten, die bereits in erster Instanz vorgekommen waren (vgl. § 482 ZPO). Die Frage, ob die Verletzung des Neuerungsverbotes durch das Gericht zweiter Instanz dessen Verfahren mangelhaft macht, ist folglich hier nicht zu untersuchen (vgl. hiezu Fasching IV 168 f und 313 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Das Rekursgericht war sohin berechtigt, auf Grund der vom Beklagten in erster Instanz vorgelegten Prüfzeugnisse Feststellungen zu treffen. Aus diesen Feststellungen ergibt sich, daß die Prüfung nicht alle Untersuchungen umfaßt hat, die die 'Technischen Richtlinien für Abschlüsse von Schutzraumbauten, Ausgabe 1984' (Beilage B) vorsehen. Daraus folgt aber rechtlich, daß die Angaben des Beklagten, seine Türabschlüsse (Beilage C) und seine Betontüren (Beilage D) seien laut den Technischen Richtlinien 1984 geprüft, irreführend im Sinne des § 2 UWG sind. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß (unvollständige) Untersuchungen der Erzeugnisse des Beklagten nach den Technischen Richtlinien 1984 vorliegen. Der Werbende muß nämlich bei - selbst unbewußter - Mehrdeutigkeit immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (SZ 44/128; ÖBl 1986, 104 mwN). Die umstrittene Werbeankündigung des Beklagten ist auf Grund dieser Unklarheitenregel dahin auszulegen, daß die Türabschlüsse und Betontüren des Beklagten nach allen Gesichtspunkten der Technischen Richtlinien 1984 vollständig überprüft worden seien und deren Anforderungen entsprochen hätten. Da dies in Wahrheit nicht zutrifft, ist die Ankündigung geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über die Eigenschaft der Produkte des Beklagten irrezuführen.

Dem Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, daß der von ihm hervorgerufene Irrtum unerheblich sei, weil ihm die Eignung fehle, den Kaufentschluß vom Interessenten irgendwie zu beeinflussen: Gerade Angaben über amtliche und behördliche Prüfungen und Zulassungen sind in hohem Maße geeignet, den Verkehr von der Güte und Brauchbarkeit einer Ware zu überzeugen (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14, 1071 f Rdz 172 zu § 3 dUWG), vermag doch der Hinweis auf die Überprüfung nach irgendwelchen offiziellen technischen Richtlinien erhöhtes Vertrauen in die besondere Qualität von Waren einzuflößen. Darauf, ob das angesprochene Publikum sich ein richtiges Bild von Art und Umfang der Prüfung macht, kommt es nicht an. Maßgebend ist vielmehr, daß die Kaufinteressenten in Sicherheit gewiegt werden, die Erzeugnisse seien von Fachleuten nach den entscheidenden Kriterien überprüft und in Ordnung befunden worden. Die Beachtlichkeit des durch die Werbeangabe des Beklagten ausgelösten Irrtums (ÖBl 1982, 37 uva; Baumbach-Hefermehl aaO 1020 f, Rdz 86) kann mithin keinem Zweifel unterliegen. Soweit das Rekursgericht dem Beklagten die Behauptung verboten hat, seine Erzeugnisse seien nach den Technischen Richtlinien 1984 geprüft, war demnach der angefochtene Beschluß zu bestätigen. Dabei bestand - im Gegensatz zur Meinung des Beklagten - kein Anlaß, diese einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheit abhängig zu machen. Die Klägerin hat ihren Anspruch ausreichend bescheinigt (§ 390 Abs 1 EO). Das an den Beklagten erlassene Verbot greift aber auch nicht so tief in seine Interessen ein, daß die Anordnung einer solchen Sicherheitsleistung geboten erschiene (§ 390 Abs 2 EO). Dem Beklagten ist durchaus zumutbar, den (uneingeschränkten) Hinweis auf die Prüfung nach den Technischen Richtlinien 1984 zu unterlassen oder eine vollständige Prüfung vornehmen zu lassen, um entsprechende Zeugnisse zu erlangen.

Dem Beklagten ist jedoch insoweit beizupflichten, als er sich gegen das Verbot der Ankündigung wendet, seine Türen seien laut den Technischen Richtlinien 1984 ausgeführt. Der Kläger hat in erster Instanz nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt, daß die Betontüren des Beklagten nicht den Technischen Richtlinien 1984 entsprächen. Daraus, daß nicht alle in diesen Richtlinien vorgesehenen Prüfungen durchgeführt worden sind, folgt nicht, daß eine solche Prüfung, hätte sie stattgefunden, eine im Sinne der Technischen Richtlinien 1984 mangelhafte Ausführung der Betontüren zu Tage gebracht hätte. Eine solche Beschaffenheit der Türen ist auch den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen. Das Gericht zweiter Instanz hat lediglich aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt den rechtlichen Schluß gezogen, alle beanstandeten Werbeaussagen des Beklagten seien irreführend. Dieser Schluß ist jedoch unzutreffend.

Aus diesem Grunde war dem Revisionsrekurs teilweise Folge zu geben und die Entscheidung der Vorinstanzen im Ausspruch über das Verbot der Ankündigung, die Betontüren seien laut den Technischen Richtlinien 1984 ausgeführt, dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag in diesem Umfang abgewiesen wird; im übrigen war die Entscheidung der zweiten Instanz zu bestätigen. Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf die §§ 78, 402 EO, iVm 43 Abs 1, 52 ZPO, jener über die Kosten der Rechtsmittelverfahren auf dieselben Gesetzesstellen in Verbindung mit § 50 ZPO.

Anmerkung

E11142

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00313.87.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19870630_OGH0002_0040OB00313_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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