TE OGH 1987/7/7 10Os44/87

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Veröffentlicht am 07.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Juli 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Lachner, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef C*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 6. Oktober 1986, GZ 29 Vr 668/85-15, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, und des Verteidigers Dr. Lukesch, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, gemäß § 290 Abs. 1 StPO im Schuldspruch und im Strafausspruch aufgehoben; in diesem Umfang wird nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Josef C*** ist schuldig, am 13.März 1985 in St. Pölten vorsätzlich eine falsche Urkunde, und zwar einen Zahlungsbeleg über eine angeblich am selben Tag vorgenommene, in Wahrheit aber fingierte Einzahlung von 11.380 S bei einer tatsächlich nicht existenten "S*** W***, deren Empfangsbestätigung dementsprechend gefälscht war, im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht zu haben, indem er sie im Exekutionsverfahren zum AZ 4 E 3189/84 des Bezirksgerichtes St. Pölten dem Gerichtsvollzieher Peter B*** zum Nachweis für die behauptete Abstattung der betriebenen Forderung vorwies. Er hat hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu 3 (drei) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Angeklagte darauf verwiesen; seine Berufung wegen Schuld wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef C*** anklagekonform des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach liegt ihm zur Last, am 13.März 1985 in St. Pölten mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten seine Gattin Angela C*** unrechtmäßig zu bereichern, den Gerichtsvollzieher Peter B*** durch die Vorlage des im Spruch bezeichneten falschen Zahlungsbeleges (zu ergänzen: infolge der hiedurch erwirkten Aufschiebung der Exekution durch den zuständigen Rechtspfleger) zur Nichtvornahme der für den folgenden Tag anberaumt gewesenen exekutiven Versteigerung (richtig: des ... Freihandverkaufs) von Fahrnissen, also durch Täuschung über Tatsachen zu einer Unterlassung verleitet zu haben, die den betreibenden Gläubiger Dr. Hans P*** um 11.380 S am Vermögen geschädigt habe.

Dieser Vermögensschaden (in Höhe der betriebenen Forderung) sei (nach Ansicht des Erstgerichts) insofern eingetreten, als wegen der Absetzung des Termines ein Verkauf der Pfandgegenstände unterblieb, wogegen ansonsten der Gläubiger mit deren Erwerb durch den von ihm namhaft gemachten Freihandkäufer und solcherart mit der Erzielung "eines" Erlöses hätte rechnen können; die Gattin des Angeklagten hinwieder sei dadurch unrechtmäßig bereichert worden, weil die Erbringung der von ihr geschuldeten Leistung durch den Entfall des Verkaufstermines in zeitlich unbestimmte Ferne entrückt worden sei, sodaß sie sich die Bezahlung jener fälligen Schuld für einen den Regeln des redlichen Verkehrs nicht mehr entsprechenden Zeitraum erspart habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, mit der er (auch der Höhe nach) gegen die Annahme eines tatbedingten Vermögensschadens beim Gläubiger und einer dementsprechenden Bereicherung seiner Gattin (gemeint wohl auch: sowie seines darauf gerichteten tatbestandsmäßigen Schädigungs- und Bereicherungs-Vorsatzes) remonstriert.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinen Einwänden gegen die Beurteilung des ihm angelasteten Tatverhaltens als Betrug (§ 146 StGB) ist der Beschwerdeführer grundsätzlich im Recht.

Denn durch die beschriebene bloße Vereitelung des Verkaufstermines sind in der Tat auf der Gläubigerseite weder die betriebene Forderung noch die zu deren Einbringung begründeten exekutiven Pfandrechte in ihrer ökonomischen Effizienz (meßbar) beeinträchtigt worden, und auch auf der Schuldnerseite ist dadurch im Vermögen der Verpflichteten keinerlei Zuwachs eingetreten.

War doch der Gläubiger auf Grund der ihm (mit EForm. 154) zugegangenen Aufforderung zur Äußerung über den Einstellungsantrag der Verpflichteten (§ 40 EO), zu dessen Bescheinigung der falsche Zahlungsbeleg diente, ohne weiteres in der Lage, dazu ablehnend Stellung zu nehmen und die Fortsetzung der (nach § 42 Abs. 1 Z 3 EO bis zur Rechtskraft der Entscheidung darüber antragsgemäß aufgeschobenen) Exekution zu erwirken, diese hat er auch tatsächlich bereits 11 Tage später beantragt (US 6). Die (solcherart nur kurzfristig wirksame) Vereitelung der Realisierung eines exekutiven Pfandrechts zu einem bestimmten Termin allein aber kann - entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Ansicht - selbst bei (gebotener) wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Verlust des betreffenden Befriedigungsrechtes keineswegs gleichgesetzt werden, geschweige denn dem der (hier: höherwertigen) betriebenen Forderung; folgerichtig kann davon, daß hiedurch die Einbringung der von der Verpflichteten geschuldeten Leistung in zeitlich unbestimmte Ferne entrückt worden wäre, gleichermaßen keine Rede sein. Der dem Schöffengericht insoweit unterlaufene Rechtsirrtum hat jedoch keine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO zur Folge, wie der Beschwerdeführer vermeint, weil das ihm vorgeworfene Tatverhalten nach den insoweit unbekämpften und unbedenklichen erstgerichtlichen Feststellungen den Tatbestand einer anderen strafbaren Handlung erfüllt.

Dadurch, daß er darnach vorsätzlich ein falsche Urkunde, und zwar einen Zahlungsbeleg über eine in Wahrheit nicht vorgenommene Einzahlung bei einem tatsächlich nicht existenten Kreditinstitut, dessen Empfangsbestätigung dementsprechend gefälscht war, im Exekutionsverfahren zum Nachweis für die Abstattung der betriebenen Forderung vorwies, hat er nämlich immerhin das Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2 StGB begangen. (Der subsidiäre Auffangtatbestand des § 108 Abs. 1 StGB hingegen, den er in scheinbarer Tateinheit damit durch die im Weg der Täuschung bewirkte absichtliche Schädigung des Gläubigers in dessen Recht auf Befriedigung der betriebenen Forderung bei dem bereits anberaumt gewesenen Freihandverkauf an sich gleichfalls verwirklicht hat, tritt - wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei - hinter die Urkundenfälschung zurück: vgl. EvBl. 1981/79, ZVR 1982/124 ua.) Der demnach dem Urteil tatsächlich anhaftende Nichtigkeitsgrund nach Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO war im Hinblick darauf, daß er vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde (§ 290 Abs. 1 erster Satz StPO), nach § 290 Abs. 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. RZ 1980/54 ua): darnach war - ungeachtet dessen, daß die Staatsanwaltschaft die Nichterfassung des Gebrauchs einer falschen Urkunde (als eines Teilaspekts der als erwiesen angenommenen Tat) durch das Erstgericht in Form einer (aus seiner verfehlten Sicht gebotenen) Annahme der Qualifikation nach § 147 Abs. 1 Z 1 StGB nicht angefochten hat - zugunsten des Angeklagten wie im Spruch zu erkennen.

Bei der (durch die Aufhebung des Strafausspruchs erforderlich gewordenen) Strafneubemessung wurden dessen drei auch Manipulationen mit falschen Urkunden betreffenden Vorstrafen und sein (einschlägiger) Rückfall bereits sieben Monate nach seiner bedingten Entlassung aus der letzten Strafhaft (innerhalb der ihm dabei bestimmten Probezeit) als erschwerend, die mittlerweile vollständige Bezahlung der betriebenen Forderung samt Zinsen und Kosten hingegen als mildernd gewertet.

Nach seiner daraus erhellenden tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) erschien innerhalb des bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe reichenden Rahmens des § 223 StGB eine Strafdauer von drei Monaten als angemessen. Eine Anwendung des § 37 Abs. 1 oder des § 43 Abs. 1 StGB kam aus Gründen der Spezialprävention nicht in Betracht.

Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Straf-Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen; seine angemeldete, jedoch im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehene (§§ 280, 283 Abs. 1 StPO) Schuld-Berufung war zurückzuweisen.

Anmerkung

E11501

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0100OS00044.87.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19870707_OGH0002_0100OS00044_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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