TE OGH 1987/7/8 8Ob517/87

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Veröffentlicht am 08.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz G***, geboren am 16. Mai 1935 in Franzensdorf, Maschinist, 7561 Heiligenkreuz i. L. 127, vertreten durch Dr. Hans Miksch, Rechtsanwalt in Jennersdorf, wider die beklagte Partei Erna G***, geboren am 2. Februar 1938 in Wien, Hausfrau, 7561 Heiligenkreuz i. L. 127, vertreten durch Dr. Emil Schreiner, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. November 1986, GZ 11 R 212/86-33, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 11. Juli 1986, GZ 4 Cg 84/86-29, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2829,75 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 257,25, keine Barauslagen) und die mit S 4897,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 1500.-- und Umsatzsteuer von S 308,85) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 16. Februar 1957 vor dem Standesamt Mogersdorf die Ehe geschlossen; es handelte sich beiderseits um die erste Ehe. Ihr entstammt der am 6. Mai 1957 geborene Sohn Franz. Beide Streitteile sind österreichische Staatsangehörige; ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten sie in Heiligenkreuz i. L. Der Kläger begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Er legte ihr im wesentlichen zur Last, daß sie sich weigere, ihm den Haushalt zu führen, daß sie grundlos mit ihm streite, ihn bedrohe und mißhandle und daß sie sogar den gemeinsamen Sohn gegen ihn aufhetze. Durch dieses grob ehewidrige Verhalten der Beklagten sei die Ehe der Streitteile unheilbar zerrüttet worden. Die Beklagte wendete zunächst ein, daß die Ehe nicht unheilbar zerrüttet sei. Sie habe die ihr zur Last gelegten Eheverfehlungen nicht begangen. Sie sei wohl einmal wegen einer Verletzung des Klägers strafgerichtlich verurteilt worden, doch sei es dazu nur gekommen, weil sie vom Kläger provoziert worden sei. Auch der Kläger sei wegen einer Tätlichkeit ihr gegenüber strafgerichtlich verurteilt worden.

Im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei führte die Beklagte dann aus, sie wolle auch von ihrem Mann geschieden werden, sei aber der Meinung, daß ihr Mann daran schuld sei, daß die Ehe geschieden werden müsse.

Das Erstgericht schied im ersten Rechtsgang die Ehe der Streitteile aus ihrem gleichteiligen Verschulden.

Dieses Urteil wurde von der Beklagten mit Berufung im Verschuldensausspruch nur insoweit bekämpft, als nicht das überwiegende Verschulden des Klägers ausgesprochen wurde. Das Berufungsgericht gab diesem Rechtsmittel keine Folge. Infolge Revision der Beklagten hob der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 7. Mai 1985 (ON 26) die Urteile der Vorinstanzen, die insoweit, als die Ehe der Streitteile aus beiderseitigem Verschulden geschieden wurde, als nicht in Beschwerde gezogen in Rechtskraft erwuchsen, im übrigen (Entscheidung über ein allfälliges überwiegendes Verschulden des Klägers und im Kostenpunkt) auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Nunmehr stellte die Beklagte einen ausdrücklichen auf Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers gerichteten Mitschuldantrag, den sie im wesentlichen damit begründete, daß der Kläger sie wiederholt mißhandelt habe. Er sei immer seine eigenen Wege gegangen und Jahre hindurch regelmäßig nach Ungarn gefahren, wo er eine Freundin gehabt habe.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen der Beklagten. Das Erstgericht wies mit seinem Endurteil das Begehren der Beklagten, auszusprechen, daß den Kläger das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe, ab.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge; es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es das überwiegende Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe aussprach.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben. Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die Ehe der Streitteile verläuft seit Jahren schlecht. Es kam bereits kurz nach der Eheschließung im Jahr 1957 zu Meinungsverschiedenheiten. Der Kläger kümmerte sich zu wenig um seine Frau und ging seine eigenen Wege; die Beklagte verhielt sich ihm gegenüber rechthaberisch und herrschsüchtig. Dies führte dazu, daß es bald zu Streitigkeiten und Tätlichkeiten kam. Der Sohn der Streitteile, der seinen Vater heftig ablehnt, erinnert sich, daß es zwischen seinem Vater und seiner Mutter häufig Auseinandersetzungen gab; der Kläger war seiner Erinnerung nach mit nichts zufrieden. Im Alter von 14 Jahren erlebte der Sohn der Streitteile mit, wie sein Vater seine am Boden liegende Mutter schlug. Er kam ihr mit einem Messer zu Hilfe.

Vor etwa 6 Jahren erzählte ihm sein Vater, daß er eine Freundin in Ungarn habe. Dabei zeigte er ihm Fotografien einer Frau im Alter von 19 bis 20 Jahren. Diese Frau bezeichnete er als seine Freundin. Er zeigte seinem Sohn auch Briefe.

Am 22. April 1984 kam es zwischen den Streitteilen zu einer wörtlichen Auseinandersetzung. Während dieser Auseinandersetzung erfaßte der Sohn der Streitteile den Kläger am Hals, würgte ihn und versetzte ihm einen Schlag ins Gesicht. Dadurch wurde der Kläger leicht verletzt. Der Sohn der Streitteile wurde deswegen zu U 180/84 des Bezirksgerichtes Jennersdorf rechtskräftig nach § 83 Abs 1 StGB verurteilt. Die Beklagte hat in diesem Verfahren als Zeugin angegeben, daß der Sohn seinen Vater nicht geschlagen habe. Sie hätte dies sehen müssen. Sie habe auch keine Verletzungen wahrgenommen. Vom Bezirksgericht Jennersdorf wurde wegen dieser Aussage gegen die Beklagte Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt wegen des Verdachtes der falschen Zeugenaussage erstattet. Von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt wurde auf Grund dieser Anzeige ein Verfahren gegen die Beklagte eingeleitet. Zwischen den Streitteilen kam es wiederholt zu gegenseitigen Beschimpfungen und Tätlichkeiten.

Am 12. November 1982 kam es zwischen ihnen wegen eines Paares Lederstiefel, die der Kläger gekauft hatte, um sie seiner Freundin in Ungarn zu schenken, zu einer Auseinandersetzung. Dabei warf der Kläger die Beklagte zu Boden, kniete auf ihr und würgte sie am Hals. Anschließend schlug er sie mit einem Besen. Nach den Angaben seiner Frau bedrohte er sie mit den Worten "Dir lösch ich das Licht noch aus, Dir schlitz ich die Blunzen noch auf". Im Zuge dieser Auseinandersetzung kratzte die Beklagte ihren Mann im Gesicht, wodurch er zahlreiche Kratzspuren erlitt. Das Strafverfahren gegen die Beklagte wegen dieses Vorfalls wurde eingestellt. Der Kläger wurde mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Jennersdorf vom 16. März 1983 wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verurteilt.

Im September 1983 wohnte der Kläger von seiner Frau getrennt. Er schlief in einem Weinkeller. Er wollte wegen des unleidlichen Verhaltens seiner Frau und wegen der ständigen Auseinandersetzungen mit ihr nicht zusammen wohnen. Als die Beklagte am 3. September 1983 gegen 16,30 Uhr im Weinkeller erschien, kam es nach einem vorangegangenen Wortwechsel zu einer tätlichen Auseinandersetzung. Die Beklagte schüttete den Kläger mit siedend heißem Wasser an und warf mit einem Zweilitergefäß nach ihm. Der Kläger erlitt Verbrühungen am linken Ohr und am Nacken und eine Brustkorbprellung. Der Kläger seinerseits drückte daraufhin seine Frau gegen eine Ofenkante und versetzte ihr einen Faustschlag ins Gesicht. Dadurch fiel sie auf eine Bettbank. Der Kläger trat dann nach ihr, wodurch sie zahlreiche Blutergüsse am ganzen Körper erlitt. Am 15. Februar 1984 versetzte der Kläger seiner Frau in der ehelichen Wohnung, in die er inzwischen zurückgekehrt war, einen Fußtritt gegen die linke Gesäßhälfte, wodurch die Beklagte einen Bluterguß an der linken Gesäßhälfte erlitt.

Im Verfahren U 350/83 des Bezirksgerichtes Jennersdorf wurde die Beklagte wegen ihrer Tätlichkeit am 3. September 1983 rechtskräftig wegen Vergehens der leichten Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB verurteilt; der Kläger wurde wegen dieses Vorfalles freigesprochen, wegen seiner Tätlichkeit am 15. Februar 1984 aber verurteilt. Am 23. Juni 1984 schlug die Beklagte mit einem leeren Plastikeimer auf ihren Mann ein, wodurch dieser Abschürfungen am linken Jochbein und am linken Unterarm erlitt. Am 25. Juni 1984 riß sie ihm das Unter- und Oberhemd vom Körper und schlug mit einem Besenstiel auf ihn ein, wodurch er Prellungen erlitt. Durch die Mißhandlung wurde auch sein linker oberer Schneidezahn gelockert. Schließlich schlug die Beklagte am 5. Juli 1984 mit einer Aluminiumwaschschüssel ihren Mann ins Gesicht, auf Arme, Hände und auf den Rücken. Sie schlug auch mit einem Holzstück auf ihn ein und bewarf ihn damit. Der Kläger erlitt dadurch mehrfache Hautabschürfungen und Prellungen am Körper. Die Beklagte wurde im Verfahren zu U 348/84 des Bezirksgerichtes Jennersdorf wegen dieser Tätlichkeit bestraft.

Der Kläger ist auf Grund des Urteiles des Bezirksgerichtes Jennersdorf vom 21. Februar 1985, C 121/84-17, verpflichtet, seiner Frau monatlich Unterhaltszahlungen in der Höhe von S 3900.- zu erbringen. Er ist als Maschinist mit einem Einkommen von monatlich rund S 8000.- zuzüglich Sonderzahlungen beschäftigt. Die Beklagte geht keiner Beschäftigung nach.

Die Beklagte vernachlässigt seit einem Jahr gröblich die Haushaltsführung. Die Ehewohnung ist nicht aufgeräumt, das Geschirr steht verschmutzt herum, die Wäsche des Klägers wird nicht in Ordnung gehalten. Der Kläger bringt seit dieser Zeit seine Wäsche zu seiner Schwester, die sie in Ordnung hält. Er kommt zu ihr auch zweimal in der Woche zum Essen. Dabei gibt sie ihm Essen mit, das er sich an den anderen Tagen der Woche wärmt. Auf die Frage ihrer Schwägerin, warum sie nicht aufräume und ob sie unter diesen schmutzigen Verhältnissen leben wolle, antwortete die Beklagte nur, daß sie keine Lust zum Aufräumen habe. Der Kläger ist auch bei der Arbeit im Weingarten und bei Feldarbeiten auf sich allein gestellt. Theresia J*** half mit ihrem Enkelsohn dem Kläger über sein Bitten bei der Weinernte und bei Kartoffelarbeiten. Auch diese Frau versorgte Kleidungsstücke des Klägers. Er hat bei dieser Frau auch schon öfter gegessen.

Beide Streitteile wollen nicht länger miteinander verheiratet bleiben; die Ehe ist unheilbar zerrüttet. Die Streitteile hatten zuletzt etwa vor drei Jahren Geschlechtsverkehr.

Die Beklagte fand im PKW ihres Mannes vor zwei oder drei Jahren die vorgelegten Lichtbilder und den vorgelegten Brief in ungarischer Sprache. Der Beklagte hat vor Jahren in Ungarn eine Frau gekannt. Er hat sich öfter mit ihr getroffen und mit ihr auch Zärtlichkeiten getauscht. Zu dieser Zeit war die Ehe der Streitteile bereits gänzlich zerrüttet.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, beide Streitteile hätten durch Jahre hindurch wiederholt Handlungen gesetzt, die als schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG zu beurteilen seien. Der Jahre zurückliegenden Beziehung des Klägers in Ungarn komme dabei kein Gewicht zu, weil die Ehe bereits damals unheilbar zerrüttet gewesen sei. Die Streitigkeiten und Tätlichkeiten hätten bereits kurz nach der Eheschließung im Jahr 1957 begonnen, wobei der Kläger und die Beklagte an diesen Auseinandersetzungen gleich schuld gewesen seien. Der Antrag der Beklagten auf Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers an der Zerrüttung der Ehe sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen aus, bei der Abwägung des Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe sei das gesamte Verhalten der Ehegatten maßgebend. Es komme dabei besonders darauf an, wer mit der schuldhaften Zerrüttung der Ehe den Anfang gemacht habe. Nur ein sehr unterschiedlicher Grad des Verschuldens rechtfertige den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten. Bei den gegenseitigen Mißhandlungen könne ein überwiegendes Verschulden eines der beiden Ehegatten nicht festgestellt werden. Der Kläger habe sich aber bereits kurze Zeit nach der Eheschließung wenig um die Beklagte gekümmert und sei seine eigenen Wege gegangen, was zweifellos die Zerrüttung der Ehe eingeleitet habe. Darüber hinaus habe er durch längere Zeit eine Liebesbeziehung zu einer Frau in Ungarn unterhalten, von der er auch seinem Sohn erzählt habe. Wenn auch zu diesem Zeitpunkt die Ehe auf Grund der dauernden Streitigkeiten bereits weitgehend zerrüttet gewesen sei, ändere dies nichts daran, daß diese ehewidrige Beziehung des Klägers bei der Verschuldensabwägung zu berücksichtigen sei. Schließlich habe der Kläger durch ein Prozeßverfahren zur Einhaltung seiner Unterhaltspflicht gegenüber der einkommenslosen Beklagten gezwungen werden müssen. Auf Grund dieser Umstände könne aber nicht mehr davon gesprochen werden, daß das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe nicht deutlich überwiege, sodaß die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne des Ausspruches des überwiegenden Verschuldens des Klägers abzuändern sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

Nach ständiger Rechtsprechung kommt es bei der Verschuldensabwägung im Sinne des § 60 EheG nicht auf eine Gegenüberstellung der einzelnen von den Ehegatten begangenen Eheverfehlungen an, sondern auf ihr Gesamtverhalten in seinem Zusammenhang (EFSlg. 43.684, 46.231 ua.). Das überwiegende Verschulden eines Teiles ist nur auszusprechen, wenn der Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile erheblich ist und augenscheinlich hervortritt (EFSlg. 43.691; 8 Ob 644, 645/86; 1 Ob 669/86 uva.). Eheverfehlungen, die in den Zeitraum nach dem Eintritt der völligen Zerrüttung der Ehe fallen, spielen bei der Verschuldensabwägung keine entscheidende Rolle (EFSlg. 43.688, 46.237; 1 Ob 669/86 ua.).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, dann besteht entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsmeinung kein Anlaß für den Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens des Klägers. Die Annahme des Berufungsgerichtes, es sei dem Kläger anzulasten, daß er die Zerrüttung der Ehe eingeleitet habe, daß er sich schon kurze Zeit nach der Eheschließung zu wenig um seine Frau gekümmert habe und seine eigenen Wege gegangen sei, ist unberechtigt, weil sich nach den getroffenen Feststellungen die Beklagte gleichzeitig dem Kläger gegenüber rechthaberisch und herrschsüchtig verhielt. Damit ist nämlich beiden Streitteilen ein schon bald nach der Eheschließung einsetzendes ehewidriges Verhalten anzulasten; daß nur das des einen und nicht das des anderen die Zerrüttung der Ehe herbeigeführt hätte, ist nicht erkennbar. Bei den festgestellten zahlreichen gegenseitigen Beschimpfungen und tätlichen Mißhandlungen kann keinesfalls gesagt werden, daß das Gewicht des Fehlverhaltens eines Ehegatten das des ehewidrigen Verhaltens des anderen deutlich überwiegt. Auf schwerwiegende Unterhaltsverletzungen ihres Ehegatten hat die Beklagte ihren Mitschuldeinwand nicht gestützt; derartiges ergibt sich auch aus den getroffenen Feststellungen nicht. Den ehewidrigen Beziehungen des Klägers zu der Frau in Ungarn kommt kein entscheidendes Gewicht zu, weil nach den getroffenen Feststellungen zur Zeit dieses Verhaltens des Klägers die Ehe der Streitteile bereits unheilbar zerrüttet war. Insgesamt ist aus den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen nicht abzuleiten, daß der Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile so erheblich wäre, daß im Sinne der dargestellten ständigen Rechtsprechung der Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens des Klägers gerechtfertigt wäre. Es ist daher in Stattgebung der Revision des Klägers das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern, ohne daß auf die Revisionsausführungen über die vom Kläger behaupteten ehewidrigen Beziehungen der Beklagten zu Gerhard H*** einzugehen wäre. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E11616

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00517.87.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19870708_OGH0002_0080OB00517_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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