TE OGH 1987/7/9 13Os89/87

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Veröffentlicht am 09.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bibulowicz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter B*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 2 SuchtgiftG, § 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 14.April 1987, GZ. 34 b Vr 313/87-31, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen 1.2. 1 und 1.2.2 in der Beurteilung der Tat als Verbrechen (auch) nach § 12 Abs. 2, erster Fall, SuchtgiftG und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte hierauf verwiesen.

Text

Gründe:

Der zuletzt beschäftigungslos gewesene Peter B*** ist des Verbrechens nach § 12 Abs. 1, zweiter, dritter und vierter Fall, und Abs. 2, erster Fall, SuchtgiftG, teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB (1), und des Vergehens nach § 16 Abs. 1, vierter, fünfter und sechster Fall, SuchtgiftG (2) schuldig erkannt worden. Darnach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Kokain mit einem Gehalt von 64 Prozent Cocainhydrochlorid Mitte Oktober 1986 in einer Menge von 200 Gramm von Bolivien nach Frankfurt (BRD) ausgeführt bzw. eingeführt und einige Tage später davon 95 Gramm aus der Bundesrepublik Deutschland auszuführen und über Passau nach Linz einzuführen getrachtet, wobei die Tat zufolge einer Kontrolle beim Versuch geblieben ist, sowie weiters Ende Oktober 1986 weitere 100 Gramm aus der Bundesrepublik Deutschland nach Österreich, und zwar nach Linz, eingeführt (1.1.); ferner hat er von dieser (zu 1.1. angeführten) Suchtgiftmenge um den 20. Oktober 1986 in Düsseldorf 5 Gramm durch Verkauf in Teilmengen an mehrere unbekannte Personen (1.2.1.) und von Ende Oktober 1986 bis Ende Jänner 1987 in Linz mindestens 25 Gramm durch Verkauf von wenigstens 5 Gramm an Mario S*** sowie durch Verkauf von mindestens 20 Gramm an etwa acht weitere Personen in Teilmengen (1.2.2.) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt und schließlich in Linz außer den Fällen der §§ 12, 14 a SuchtgiftG den bestehenden Vorschriften zuwider von März 1985 bis Anfang Februar 1987 für den wöchentlich mehrfachen Konsum bestimmtes Kokain erworben und besessen und mehrfach von Ende 1985 bis Anfang Oktober 1986 geringe Kokainmengen teils bekannten, teils unbekannten Personen überlassen. Inhaltlich seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ficht der Angeklagte bloß die Schuldsprüche wegen des Verbrechens und auch dies nur hinsichtlich des Umfangs der von ihm gewerbsmäßig in Verkehr gesetzten Drogenmenge (1.2. 1. und 1.2.2.) an. Die Beschwerde erweist sich aus folgenden, von ihr relevierten Gründen als berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

Die Urteilsannahme, daß der Angeklagte insgesamt 30 Gramm Kokain veräußert habe, wird im Urteil (S. 206) auf dessen Verantwortung bei der Polizei und beim Untersuchungsrichter gestützt, erscheint aber durch die betreffenden Angaben (siehe S. 79, 124) nicht gedeckt. Hätte der Angeklagte im Sinn seines Geständnisses vor dem Untersuchungsrichter (S. 124) nur 25 Gramm Kokain veräußert, so wäre es zweifelhaft, ob diese Menge 15 Gramm Reinsubstanz entspricht und damit im Sinn des Gutachtens des Beirats zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln eine "große Menge" darstellt. Der Beschwerdeführer weist nämlich zutreffend darauf hin, daß das Erstgericht bei der Feststellung, daß das veräußerte Kokain einen Wirkstoffgehalt (Cocainhydrochlorid) von 64 Prozent hatte, die (laut S. 157) anzunehmende Streuung von fünf Relativprozent außer acht läßt, wogegen bei Zugrundelegung des (gleichfalls aus S. 157 hervorgehenden) Umstands, daß 70 Gramm der beim Angeklagten sichergestellten Substanz 40 Gramm Kokainbase entsprechen, 25 Gramm des sichergestellten Pulvers nur 14,27 Gramm Reinsubstanz enthalten würden. Ob der Angeklagte eine "große Menge" veräußert hat, ist hier aber eine entscheidende Tatsache, weil das Erstgericht die Gewerbsmäßigkeit nicht in bezug auf die Aus- und Einfuhr, sondern nur in bezug auf das in der Fassung der Suchtgiftnovelle 1985 als eigenständige Variante eines kumulativen Mischdelikts konzipierte und daher abgesondert anfechtbare Inverkehrsetzen von Suchtgiften angenommen hat.

Das Ersturteil war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang schon in nichtöffentlicher Beratung (§ 285 e StPO) aufzuheben und in diesem Umfang eine Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 288 Abs. 2 Z. 1 StPO).

Die Aussprüche nach § 13 Abs. 1 und 2, erster Satz, SuchtgiftG und nach § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB bleiben von der Aufhebung unberührt. Mit seiner Berufung war der Angeklagte darauf zu verweisen.

Anmerkung

E11292

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00089.87.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19870709_OGH0002_0130OS00089_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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