TE OGH 1987/7/15 1Ob627/87

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Veröffentlicht am 15.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Christoph R***, geboren am 26. Februar 1981, infolge Revisionsrekurses des Vaters Manfred S***, Tischlergeselle, Heimschuh, Muggenau 31, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 27. April 1987, GZ 1 R 148/87-142, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 18. März 1987, GZ P 187/81-137, teils als nichtig aufgehoben, teils bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hob die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 15. Juni 1983 von S 1.300,-- auf S 1.500,-- an und wies dessen Antrag, seine Verpflichtung ab 7. Dezember 1982 auf monatlich S 600,-- herabzusetzen, ab. Es stellte fest, daß der Vater im Dezember 1982 S 3.288,59, 1983 S 53.405,83, 1984 S 52.918,64, 1985 S 53.165,57 und 1986 S 56.954,-- (jeweils netto einschließlich aller Beilagen und Sonderzahlungen) verdient habe. 1987 betrage sein Monatsnettoeinkommen S 4.903,31. Der Arbeitgeber des Vaters habe mitgeteilt, daß dieser seit 18. Oktober 1982 krankheitsbedingt nur noch 20 Stunden in der Woche arbeite. Weitere Unterhaltspflichten träfen den Vater nicht. Er leide an einer geringgradigen Mißbildung der Hüfte (coxa valga) und einer unwesentlichen seitlichen Verkrümmung der Wirbelsäule, die aber ausgleichbar sei. Seine Beschwerden seien im behaupteten Ausmaß weder klinisch noch röntgenologisch zu objektivieren, doch bedürfe er zeitweilig einer physikotherapeutischen oder balneologischen Behandlung in einem Badeort mit Heilwasserwirkung. Aus orthopädischer Sicht seien ihm nur leichte bis mittelschwere Arbeiten im Sitzen und Stehen ohne Einschränkung zumutbar. Es bestehe der Eindruck, daß er seine Beschwerden psychisch überbewerte. Daraus schloß das Erstgericht, daß dem Kind die vom Vater in Anspruch genommene verminderte Arbeitszeit nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Er sei zudem verpflichtet, eine andere Beschäftigung anzunehmen, sollte ihm die gegenwärtige Arbeit zu schwer fallen.

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rechtsmittels des Vaters den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf, soweit die Unterhaltsverpflichtung erhöht wurde, und gab dem Rekurs nicht Folge. Das Erstgericht habe die Unterhaltserhöhung verfügt, obwohl der Antrag des Unterhaltskurators bereits rechtskräftig abgewiesen worden sei. Im übrigen sei von der Anspannungstheorie auszugehen; der Unterhaltspflichtige habe seine Kräfte so einzusetzen, daß er seiner Unterhaltspflicht in angemessener Weise nachkommen könne. Andernfalls sei der Bemessung das von ihm erzielbare Einkommen zugrundezulegen. Angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage müsse sich der Vater zwar nicht vorwerfen lassen, er habe es unterlassen, die Vorteile eines sicheren Arbeitsplatzes im Familienunternehmen aufzugeben, um eine zwar höher dotierte, aber unsichere Beschäftigung anzunehmen, doch sei zu prüfen, ob sein Leiden die Herabsetzung der Arbeitszeit rechtfertige. Hiezu werde ergänzend festgestellt, daß der Vater die Arbeiten im Gehen sowie in gebückter Haltung um ein Drittel, gleichmäßig aufgeteilt, einschränken müsse. Schweres Heben und Tragen sei ihm während der halben Arbeitszeit, gleichmäßig verteilt, zumutbar. Bei entsprechender Behandlung sei eine vollständige Rehabilitation möglich. Eine solche erfordere einschließlich der Nachkontrollen ein Jahr. Für die vollständige Wiederherstellung der Arbeitskraft sei dabei ein Zeitraum von einem Jahr zu veranschlagen. Hätte sich der Vater schon bei Auftreten der Schmerzen einer entsprechenden Behandlung unterzogen, wäre er im Zeitpunkt seiner Antragstellung bereits wiederhergestellt gewesen. Daher könne von einer Anspannung trotz seines Leidens nicht abgesehen werden. Es sei daher der Unterhaltsbemessung ein in seinem Beruf bei Einhaltung kollektivvertraglicher Arbeitszeit und branchenüblicher Entlohnung erzielbares Einkommen zugrundezulegen. Verdopple man die dem Vater bei halber Arbeitszeit gewährte Entlohnung, so errechne sich ein monatlicher Nettoverdienst von S 8.800,-- (1983 bis 1985), S 9.400,-- (1986) und S 9.800,-- (1987). Diesem Einkommen sei der ihm derzeit auferlegte monatliche Unterhalt von S 1.300,-- angemessen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist nicht zulässig.

In diesem Rechtsmittel, dem gerade noch entnommen werden kann, daß er die Stattgebung seines Herabsetzungsantrages anstrebt, wendet er sich allein gegen die Auffassung des Rekursgerichtes, daß der Unterhaltsbemessung ein bei einer Arbeitszahlung von nur 20 Wochenstunden nicht erzielbares fiktives Einkommen zugrundezulegen sei. Gemäß § 14 Abs 2 AußStrG sind Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche ausnahmslos unzulässig. Zu dem vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Bemessungskomplex gehört unter anderem auch die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen; diese umfaßt neben der Feststellung und Beurteilung der diesem zustehenden Mittel (Einkommen, Vermögen udgl.) auch die Frage, ob und inwieweit der Unterhaltspflichtige arbeitsfähig ist, ihm ein bestimmter Erwerb zugemutet werden kann und was er zu erwerben verabsäumt hat (Jud. 60 neu = SZ 27/177; Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1866). Daher gehört zum Fragenkomplex der Unterhaltsbemessung auch die Frage der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit nach der Anspannungstheorie (SZ 53/54 uva). Der Revisionsrekurs des Vaters ist deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

Schon aus diesem Grunde muß zur Frage der Zulässigkeit der verspäteten Erhebung des Rechtsmittels - der rekursgerichtliche Beschluß ist dem Vater am 15. Mai 1987 zugestellt worden, dieser hat sein am 29. Mai 1987 zur Post gegebenes Rechtsmittel jedoch an das Gericht zweiter Instanz adressiert, von dem es zwar unverzüglich an das Erstgericht weitergeleitet wurde, dort aber erst am 1. Juni 1987, demnach nach Ablauf der 14tägigen Rekursfrist, eingelangt ist (vgl. SZ 52/155 uva) - nicht mehr Stellung genommen werden.

Anmerkung

E11527

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00627.87.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19870715_OGH0002_0010OB00627_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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