TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/8 2005/18/0512

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Veröffentlicht am 08.09.2005
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AsylG 1997;
AuslBG §14e;
AuslBG §25;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §7 Abs3 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z2;
FrG 1997 §7 Abs4 Z4;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A (geboren 1977), vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Juni 2005, Zl. SD 606/05, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Juni 2005 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 5. März 1999 illegal in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der am 29. Mai 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am 7. Dezember 2000 sei der Beschwerdeführer erneut illegal nach Österreich eingereist und habe einen weiteren Asylantrag gestellt, der am 14. September 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am selben Tag habe auch die dem Beschwerdeführer zugekommene vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG geendet.

Der Beschwerdeführer habe das Bundesgebiet aber nicht verlassen, sein Aufenthalt sei seither unrechtmäßig. Zweifelsfrei seien daher die Voraussetzungen zur Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gegeben.

Daran vermöge auch das Berufungsvorbringen nichts zu ändern. Wenn der Beschwerdeführer geltend mache, er hätte einen Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gestellt, so sei einer solchen Niederlassungsbewilligung die Zustimmung des Bundesministers für Inneres verweigert worden.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage ledig, Sorgepflichten oder familiäre Bindungen in Österreich seien nicht geltend gemacht worden. Zwar sei angesichts aller Umstände von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und die Aufenthalte von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses große öffentliche Interesse verstoße der nicht bloß kurzfristige unrechtmäßige Weiterverbleib in Österreich im Anschluss an das Asylverfahren jedoch gravierend. Unter den gegebenen Umständen sei der Beschwerdeführer rechtens nicht in der Lage, seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus zu legalisieren. Solcherart könne kein Zweifel bestehen, dass die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG sei.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer im Besitz einer Bewilligung nach dem AuslBG sei und in aufrechter Beschäftigung stehe, stellten solche besonderen Gründe nicht dar, sei es mit einem geregelten Fremdenwesen doch unvereinbar, einem unrechtmäßig in Österreich aufhältigen Fremden einen Weiterverbleib im Bundesgebiet allein deshalb zu ermöglichen, weil er einer Beschäftigung nachgehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass der nach seiner Einreise im Jahr 2000 gestellte (neuerliche) Asylantrag am 14. September 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei und er seitdem nicht mehr über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfüge. Er macht aber geltend, dass er im Anschluss an diese vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 14 Abs. 2 FrG vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung stellen dürfe. Er sei seit dem 4. Oktober 2001 in Österreich beschäftigt, verfüge hier über einen ordentlichen Wohnsitz, er sei krankenversichert und habe einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Jeglicher" gestellt. Es könne nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein, Personen, die in Österreich Asylwerber gewesen seien und den Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten hätten, sohin in Österreich ihren Lebensmittelpunkt hätten, in weiterer Folge "mangels Inlandsantragstellung" keine Niederlassungsbewilligung zu erteilen. § 14 Abs. 2 FrG sehe nämlich die Inlandsantragstellung für den Fall vor, dass der Fremde bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keinen Aufenthaltstitel benötigt habe, was auf den Beschwerdeführer zutreffe, weil nach § 28 Abs. 5 FrG Fremde, die auf Grund des AsylG zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt seien, hiefür keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel benötigten. Der Beschwerdeführer habe als in Österreich niedergelassen zu gelten. Dem Beschwerdeführer sei eine Beschäftigung im österreichischen Bundesgebiet gewährt worden, seitens des AMS seien ihm Beschäftigungsbewilligungen und eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden, obwohl er nicht im Besitz einer Niederlassungsbewilligung gewesen sei. Offensichtlich habe der Beschwerdeführer diese Bewilligungen deshalb erhalten, weil er nach dem AsylG eine Berechtigung zum Verbleib in Österreich gehabt habe. Nach § 13 Abs. 1, 2 und 3 FrG könnte der Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Jeglicher" erhalten.

1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil es sich bei Fremden, die nach dem AsylG vorläufig aufenthaltsberechtigt waren, nicht um solche handelt, die im Sinn des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG bereits niedergelassen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 2001, Zl. 2001/19/0035, mwH), und damit die primäre Voraussetzung für die Inlandsantragstellung nicht erfüllt ist. Weiters vermögen weder die dem Beschwerdeführer gemäß § 14e AuslBG vom 31. Oktober 2004 bis zum 30. Oktober 2006 für den örtlichen Geltungsbereich Niederösterreich ausgestellte (in Kopie der Beschwerde beigeschlossene) Arbeitserlaubnis noch eine davor erteilte Arbeitserlaubnis bzw. Beschäftigungsbewilligung die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz erster Halbsatz FrG zu begründen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 26. November 2002, Zl. 2002/18/0235, und vom 24. Mai 2005, Zl. 2005/18/0160, beide mwH).

1.3. Auf dem Boden des Gesagten ist für die Beschwerde mit der Verfahrensrüge, der angefochtene Bescheid sei mit Blick auf § 14 Abs. 2 FrG nicht ausreichend begründet, nichts gewonnen. Ferner geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt, weil sie es unterlassen habe festzustellen, dass der Beschwerdeführer den besagten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Jeglicher" eingebracht habe.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch im Licht des § 37 Abs. 1 FrG und bringt vor, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 1999 in Österreich aufhältig und hier seit dem 4. Oktober 2001 durchgehend beschäftigt sei, ferner eine Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeitsdauer bis zum 30. Oktober 2006 besitze und eine nachhaltige berufliche und soziale Integration in Österreich aufweise. Die Ausweisung sei daher gemäß § 37 Abs. 2 FrG unzulässig.

2.2. Zunächst ist festzuhalten, dass auf eine - wie vorliegend - auf § 33 Abs. 1 FrG gestützte Ausweisung nach dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen nicht Abs. 2, sondern allein Abs. 1 des § 37 FrG anzuwenden ist. Ferner kommt nach der ständigen hg. Rechtsprechung der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2003/18/0088, mwH). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Ende der Geltungsdauer seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG am 14. September 2004 erheblich beeinträchtigt. Die aus seinem Aufenthalt bis zum 14. September 2004 ableitbare Integration in Österreich wird in ihrem Stellenwert maßgeblich dadurch relativiert, dass diese auf einen Asylantrag zurückzuführen war, der sich letztlich als unbegründet erwiesen hat. An der vorstehenden Beurteilung nach § 37 Abs. 1 FrG vermag der Umstand, dass der Beschwerdeführer über eine bis 30. Oktober 2006 gültige Arbeitserlaubnis verfügt und derzeit einer Beschäftigung nachgehe, nichts zu ändern. Gemäß § 25 AuslBG enthebt die Erteilung einer Arbeitserlaubnis den Ausländer nicht der Verpflichtung, den jeweils geltenden Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern nachzukommen. Nach dem FrG benötigen Drittstaatsangehörige in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit einen Aufenthaltstitel (vgl. § 7 Abs. 3 Z. 2 und Abs. 4 Z. 2 und 4 leg. cit.). Da dem Beschwerdeführer ein für seine Erwerbstätigkeit notwendiger Aufenthaltstitel bisher nicht erteilt wurde, kommt der von der Beschwerde ins Treffen geführten Arbeitserlaubnis und einer von ihm ausgeübten Erwerbstätigkeit nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung zu. (Vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2005, Zl. 2005/18/0185.)

3. Das weitere Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte im Rahmen der gemäß § 33 Abs. 1 FrG zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigen müssen, dass noch ein Verfahren anhängig sei, in dem der Beschwerdeführer die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen" beantragt habe - auch damit zielt die Beschwerde offensichtlich auf die Bestimmung des § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG ab, wonach der Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland gestellt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 leg. cit. vorliegen -, ist schon deshalb nicht zielführend, weil die Beschwerde keine Umstände dargelegt hat, die den vorliegenden Fall als besonders berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 10 Abs. 4 leg. cit. erscheinen ließen, in dem aus humanitären Gründen ein Aufenthaltstitel zu gewähren wäre. § 10 Abs. 4 FrG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen, und es liegt ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn dieser Gesetzesbestimmung insbesondere dann vor, wenn der Fremde einer Gefahr gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG ausgesetzt ist, weiters etwa dann, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht. Die von der Beschwerde für die Erteilung einer "humanitären Niederlassungsbewilligung" als maßgeblich bezeichneten Aspekte der Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers sowie seine arbeitsmarktrechtliche Integration in Österreich bieten vor diesem Hintergrund keine ausreichende Grundlage, einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall im vorliegenden Sinn anzunehmen. Von daher kann die Auffassung der belangten Behörde, der besagte Antrag auf Erteilung einer "humanitären Niederlassungsbewilligung" stünde dem angefochtenen Bescheid nicht entgegen, nicht als rechtsirrig erkannt werden. Darüber hinaus treten weder aus dem übrigen Beschwerdevorbringen noch aus dem angefochtenen Bescheid Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers geboten hätten. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2005, Zl. 2005/18/0138, mwH.)

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180512.X00

Im RIS seit

13.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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