TE OGH 1987/7/21 11Os90/87

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Veröffentlicht am 21.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Juli 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gregor P*** wegen des Vergehens der unerlaubten Abwesenheit nach dem § 8 MilStG und eines anderen Deliktes über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 24.März 1987, GZ U 1.166/86-7, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Bassler, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 24. März 1987, GZ U 1.166/86-7, verletzt, soweit Gregor P*** damit zu Punkt 2/ des Urteilssatzes auch des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt wurde, das Gesetz in der genannten Bestimmung.

Dieses Urteil, welches im übrigen (Schuldspruch wegen des Vergehens der unerlaubten Abwesenheit nach dem § 8, erster Fall, MilStG) unberührt bleibt, wird im erwähnten Schuldspruch wegen Diebstahls sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache insoweit an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.

Text

Gründe:

Nach einer Anzeige des Kommandos des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf vom 7.Jänner 1987 (= AS 3, 4 der ON 6 im Akt U 1.166/86 des Bezirksgerichtes Neudsiedl am See) war der am 9.März 1967 geborene Wehrmann der Reserve Gregor P*** verdächtig, am 18. Dezember 1986 in Bruckneudorf dem Wehrmann Christian G*** zwei Leintücher und einen Kopfpolsterüberzug im Wert von zusammen 143,20 S "aus dem Eigentum der Republik Österreich gestohlen" und anläßlich seiner Abrüstung am selben Tage bei der Lagerverwaltung abgegeben zu haben. Gregor P*** war zu diesem Vorwurf geständig (AS 49 in ON 6 des Aktes U 1.166/86).

Am 28.Feber 1987 stellte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Neusiedl am See den Antrag auf Bestrafung des Gregor P*** wegen "Diebstahls zweier Leintücher und eines Kopfpolsterüberzuges zum Nachteil des Christian G*** am 18.Dezember 1986 in Bruckneudorf" und auf Vereinigung des deswegen gegen ihn beim Bezirksgericht Neusiedl am See zu U 42/87 anhängigen Verfahrens mit dem (eine Anzeige nach dem § 8 MilStG betreffenden) Verfahren U 1.166/86 (AS 1 a in ON 6).

Mit dem in einem Vermerk gemäß dem § 458 Abs. 2 StPO beurkundeten, in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 24.März 1987, GZ U 1.166/86-7, wurde Gregor P*** zu Punkt 1/ des Urteilssatzes des Vergehens der unerlaubten Abwesenheit nach dem § 8, erster Fall, MilStG und zu Punkt 2/ des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Letzterer Schuldspruch erging, weil Gregor P*** "am 18. Dezember 1986 in Bruckneudorf dem Christian G*** fremde bewegliche Sachen, nämlich zwei Leintücher und einen Kopfpolsterüberzug" im Wert von zusammen 143 S, mit dem Vorsatz weggenommen hatte, "sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern". Für beide Delikte wurde Gregor P*** zu einer ihm gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten verurteilt (AS 78). Diese Strafe hat er noch nicht verbüßt. Der wiedergegebene Schuldspruch wegen Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB steht mit dem Gesetz nicht im Einklang. Den Urteilsgrundlage bildenden Verfahrensergebnissen zufolge leistete Gregor P*** in der Zeit vom 1.April bis 18.Dezember 1986 als Wehrmann seinen Präsenzdienst in der Bundesheerkaserne des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf ab. Vor seiner Abrüstung am 18. Dezember 1986, aus deren Anlaß er die ihm zugewiesenen heereseigenen Ausrüstungsgegenstände vollzählig abzuführen hatte, stellte er das Fehlen zweier Leintücher und eines Kopfpolsterüberzuges fest. Da er infolge Geldmangels zur sofortigen Ersatzleistung für die fehlenden Ausrüstungsstücke nicht in der Lage war, nahm er entsprechende Bettensorten im Wert von 143,20 S vom Bett des Christian G*** und gab die diesem Wehrmann zugewiesen gewesenen Stücke am selben Tag bei der Lagerverwaltung der Kaserne des Truppenübungsplatzes Bruckneudorf ab.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Bezirksgericht Neusiedl am See als Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB. Der Oberste Gerichtshof sprach aber bereits in seinen Entscheidungen SSt. 17/43 und 38/49 aus, daß Ausrüstungsgegenstände, die einem einzelnen Soldaten zur Benützung zugewiesen sind, Ärarialgut bleiben. Nimmt demnach ein Soldat einem anderen solche Gegenstände weg, so kommt das Vergehen des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB nur dann in Betracht, wenn die Sachen nicht bloß aus dem Gewahrsam des sie innehabenden Soldaten, sondern auch aus jenem des Ärars entzogen werden. Werden hingegen die weggenommenen Sachen bestimmungsgemäß verwendet und - wie hier - anläßlich der Abrüstung der Lagerverwaltung abgeführt, so tritt mit der Wegnahme bloß ein Wechsel in der Person des Inhabers ein, durch den das Ärar seinen Gewahrsam an diesen Gegenständen ausübt, die Eigentums- und Besitzverhältnisse des Ärars erfahren hiedurch keine Änderung. Mithin mangelt es auch an einem tatbildmäßigen Zueignungsvorsatz (vgl. Kienapfel BT II, RN 150 zu § 127).

Rechtliche Beurteilung

Aus dem Gesagten folgt, daß Gregor P*** wegen des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB zu Unrecht verurteilt wurde; dennoch ist die Sache noch nicht endgültig spruchreif: Durch das Verhalten des Beschuldigten wurde zwar nicht in die Eigentums- bzw. Besitzverhältnisse des Ärars an den verfahrensgegenständlichen, an sich dem Präsenzdiener Christian G*** zugewiesenen Ausrüstungsgegenständen eingegriffen; für die Beurteilung der Frage, ob allenfalls Betrug vorliegt (vgl. hiezu Kienapfel BT II, RN 150 zu § 127 StGB und Aufsatz in ÖJZ 1975, S 654 f) fehlt es jedoch an einer ausreichenden Feststellungsgrundlage, weshalb der Schuldspruch wegen § 127 Abs. 1 StGB aufzuheben und dem Erstgericht die Verfahrenserneuerung in der aufgezeigten Richtung aufzutragen war.

Anmerkung

E11262

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00090.87.0721.000

Dokumentnummer

JJT_19870721_OGH0002_0110OS00090_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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