TE OGH 1987/7/22 14Os63/87

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Veröffentlicht am 22.07.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Juli 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard Z*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Februar 1987, GZ 4 b Vr 10121/86-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Karollus, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Granner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde der 30jährige Gerhard Z*** (zu A I) des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB, (zu II.) des Verbrechens der versuchten Notzucht nach §§ 15, 201 Abs. 1 StGB und (zu III.) des Verbrechens der teils versuchten, teils vollendeten Schändung nach §§ 205 Abs. 1 und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Sommer 1986 in Wien in insgesamt dreizehn Angriffen Sachen und Bargeld im Gesamtwert von rund 45.000 S gestohlen, nachdem er in den meisten Fällen durch Aufdrücken der Eingangstür oder durch Einsteigen in fremde Wohnungen gelangt war; in einem weiteren Fall hatte er einen Einbruchsdiebstahl versucht (A I 1 bis 14). Auch unternahm er den Versuch, Personen weiblichen Geschlechts mit Gewalt gegen ihre Person bzw. durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben widerstandsunfähig zu machen und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, und zwar am 1.August 1986 Renate N*** dadurch, daß er sie zu Boden warf, ihr einen Brieföffner an den Körper ansetzte, sie mit dem Erstechen bedrohte und versuchte, ihr den Morgenmantel vom Körper zu reißen (A II 1), am 2. September 1986 Eva I*** dadurch, daß er sie zu Boden drückte, sie festhielt und äußerte, er werde sie umbringen, wenn sie nicht den Mund halte (A II 2). Ferner hatte er Personen weiblichen Geschlechts, die sich infolge Schlafes bzw. Übermüdung in einem Zustand befanden, der sie zum Widerstand unfähig machte, zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht bzw. zu mißbrauchen versucht, und zwar Eleonore H*** am 1.August 1986 mißbraucht (A III 1) und Ingrid C*** am 8.August 1986 zu mißbrauchen versucht (A III 2). Die vom Angeklagten aus den Z 5, 9 lit. a, 9 lit. b, 9 lit. c und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Urteilsfakten A II und III erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge (Z 5) im Faktum H*** (A III 1) zuwider kommt der Frage, ob die Greisin noch (tief) schlief, als sich der Angeklagte auf sie legte oder ob sie unmittelbar vorher erwacht war, nach Lage des Falles keine entscheidende Bedeutung zu. Denn es ist dem Urteil - in dem das Erstgericht klar zum Ausdruck brachte, (vgl. US 14), daß es den sicherheitsbehördlichen Bekundungen der Frau, sie habe beim Erscheinen des Angeklagten im Bett noch "dahingedöst" (vgl. S 233) und nicht einmal Hilfeschreie "herausgebracht", als der Angeklagte den Geschlechtsverkehr an ihr vollzog (S 234), erhöhten Beweiswert zuerkannte - immerhin mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, daß Eleonore H*** nach der Annahme der Tatrichter (siehe abermals US 14) jedenfalls "noch nicht ganz aufgewacht" und daher zur Abwehr des unzüchtigen Angriffes unfähig war, als der Beschwerdeführer mit seinem Glied in ihre Scheide eindrang (US 14). Diese - mit der Verantwortung des Angeklagten, die Frau habe geschlafen und sei erst wach geworden, als er sich auf sie legte; vgl. S 58 und 357 im Einklang stehende - Konstatierung reicht aber zur Tatbestandsverwirklichung hin; kann doch das Verbrechen der Schändung auch an einer noch schlaftrunkenen Person begangen werden, deren Willenskraft nach dem plötzlichen Erkennen der ihre Geschlechtsehre bedrohenden Lage, in die sie unversehens geraten ist, in diesem Zustand weitgehend gelähmt ist (SSt. 30/118; Maurach 391) und treffen doch alle diese Umstände für Eleonore H*** zu, die den Urteilsfeststellungen zufolge vom unvermuteten Auftauchen des Angeklagten in ihrer Wohnung und von dessen brutalem Angriff auf ihre Geschlechtsehre schockiert, Todesangst verspürte, am ganzen Körper zitterte, keinerlei Widerstand zu leisten vermochte und sich nicht einmal zu schreien getraute (vgl. US 9, 14 und 15). Weshalb es eine Unvollständigkeit der Begründung im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes bewirken soll, daß im Urteil der Befund der Universitäts-Frauenklinik (S 249) nicht erwähnt wird, bleibt nach den bezüglichen Beschwerdeausführungen im Dunkeln; denn es ist nicht einzusehen, weshalb dieses die Vornahme eines Beischlafes vom medizinischen Standpunkt weder bestätigende noch ausschließende Schreiben für die Beurteilung der Frage, ob nun ein Verkehr stattgefunden hat oder nicht von Belang sein soll. Zum Einwand des Beschwerdeführers in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit. a) zur Faktengruppe III, es könne § 205 Abs. 1 StGB in den Fällen H*** und C*** nicht zur Anwendung gelangen, weil Schlaf wohl einer Bewußtlosigkeit, nicht aber einer seelischen Störung gleichzuhalten sei, genügt der Hinweis auf die von ihm selbst zitierten Entscheidungen und Lehrmeinungen; ergänzend ist dazu nur zu bemerken, daß das Erstgericht vorliegend von einem Zustand der Frauen ausging, der sie zum Widerstand unfähig machte (§ 205 Abs. 1 erster Fall StGB) und daß in rechtlicher Hinsicht füglich wohl nicht bezweifelt werden kann, daß eine schlafende Frau und eine schlaftrunken dahindösende Greisin als Personen zu bezeichnen sind, die sich in einem Zustand befinden, der sie zum Widerstand (gegen einen geschlechtlichen Angriff) unfähig macht.

Soweit die Beschwerde im Faktum C*** unter Hinweis darauf, daß der Angeklagte die Wohnung der Genannten verlassen habe, nachdem ihm diese mit der Polizei gedroht hatte, Rücktritt vom Versuch (Z 9 lit. b) mit der Behauptung reklamiert, es könne bei den gegebenen Umständen der von Ingrid C*** geleistete Widerstand keineswegs als unüberwindlich bezeichnet werden und es mangle damit schon am "Überwältigungsvorsatz", ist sie schon vom Ansatz her verfehlt. Denn nach den tatrichterlichen Feststellungen (US 10) war der Vorsatz des Beschwerdeführers darauf gerichtet, die sich infolge Schlafes (bereits) im Zustand der Widerstandsunfähigkeit befindliche Frau zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, was aber daran scheiterte, daß Ingrid C*** beim Entkleiden durch den Angeklagten wach wurde und diesen vom Bett stieß. Damit war aber der von ihm bereits unternommene Versuch der Schändung einer widerstandsunfähigen Frau fehlgeschlagen und eine Vollendung der Tat auf die vom Angeklagten angestrebte Weise unmöglich geworden. Hätte er nunmehr versucht, die sich gegen ihn zur Wehr setzende Frau mit Gewalt gegen ihre Person zum außerehelichen Beischlaf zu mißbrauchen, würde ein anderes Verbrechen (im Sinne der §§ 201 oder 202 StGB) seinen Anfang genommen haben.

Nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt ist die Beschwerde, soweit sie in Ansehung der Fakten N*** und I*** (II 1 und 2) unter der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO das Verhalten des Angeklagten lediglich in Richtung der §§ 15, 202 Abs. 1 StGB subsumiert haben will. Denn einerseits war das Gericht - der Beschwerde zuwider - nach dem Gesetz nicht gehalten, "Feststellungen darüber zu treffen, was es überhaupt unter dem Begriff Widerstandsunfähigkeit versteht", weil nur der Mangel von Beweisgründen für entscheidende Tatsachen der Sanktion des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO unterworfen ist und eine materielle Nichtigkeit des Urteils nur dann besteht, wenn jene Tatsachen nicht festgestellt wurden, die für die rechtliche Subsumtion der Tat erforderlich sind.

Andererseits entbehrt die im Anschluß an umfangreiche Entscheidungs- und Lehrmeinungszitate global aufgestellte Beschwerdebehauptung, es mangle im Urteil "an Feststellungen darüber, ob jene Akte, die der Angeklagte auch im Hinblick auf seine Verfassung im Tatzeitpunkt gesetzt habe, überhaupt geeignet waren, die Frauen in den Zustand der Widerstandsunfähigkeit zu versetzen" jedweder Substantiierung und mangelt es damit an konkreten Anhaltspunkten für eine sachbezogene Erörterung, die all jene Einzelumstände, die im Urteil zur aufgeworfenen Frage konstatiert wurden, mit in Rechnung zu stellen hätte.

Da sich endlich auch der unter der Z 9 lit. c des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Einwand, es mangle in den Fakten III 1 und 2 (H*** und C***) an der erforderlichen Anklage, weil sich "in Konsequenz der Darlegungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO nur die Verwirklichung des Tatbestandes des § 115 StGB als denkmöglich erweise", in prozeßordnungswidriger Weise von den zu diesen Fakten getroffenen tatrichterlichen Konstatierungen entfernt, war die im gesamten unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen, die mehrfache Begehung der einzelnen Delikte, die Fortsetzung der Straftaten durch einen längeren Zeitraum und die Rücksichtslosigkeit, mit der er die Taten (Fakten II und III) ausgeführt habe. Als mildernd zog das Gericht hingegen das Geständnis des Angeklagten, die teilweise Sicherstellung der Diebsbeute und den Umstand in Betracht, daß es teilweise beim Versuch geblieben war und verhängte es über ihn gemäß §§ 28, 202 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren. Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht begründet.

Seiner Alkoholisierung in den Fällen der Faktengruppen II und III kommt angesichts der Tatwiederholung an verschiedenen Tagen keine mildernde Bedeutung zu, weil ab der zweiten Tat die im § 35 StGB normierte Vorwurfsabwägung zu seinem Nachteil ausschlägt (vgl. EBRV 1971, 129). Mußte er doch spätestens nach der ersten in alkoholisiertem Zustand begangenen Sexualattacke erkannt haben, daß ihn Alkohol enthemmt und er im Rausch zu derartigen Taten neigt. Hinzu tritt, daß er sich - der Berufung zuwider - niemals damit verantwortet hatte, der Grund für seinen Alkoholkonsum sei darin gelegen, daß ihn seine Frau verlassen habe bzw. daß er durch diesen Umstand in eine depressive Lage versetzt worden sei. Im Zuge seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung am 13.Februar 1987 erklärte er vielmehr im Gegenteil, die Situation - gemeint ersichtlich sein Verhalten in den Faktengruppen II und III - sei unabhängig davon, daß er sich mit seiner Frau nicht mehr verstanden habe (vgl. S 360 oben).

Verfehlt sind auch die Einwände des Angeklagten gegen die tatrichterliche Annahme, seine Vorverurteilungen seien einschlägiger Natur. Denn auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen nach § 71 StGB nicht nur solche Straftaten die gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind, sondern auch solche, die auf gleichartige verwerfliche Beweggründe oder auf den gleichen Charaktermangel zurückzuführen sind. So gesehen war es aber durchaus zutreffend, bei einem Schuldspruch wegen (versuchter) Notzucht die Vorstrafen wegen Körperverletzung als einschlägig und sohin als erschwerend im Sinne des § 33 Z 2 StGB zu werten.

Die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe bedürfen mithin keiner nennenswerten Korrektur. Geht man aber davon aus, und legt man namentlich der Wiederholung in sämtlichen Faktengruppen sowie dem getrübten Vorleben die gebührende Bedeutung bei, dann erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge als durchaus tatschuldgerecht und sonach einer Reduktion unzugänglich.

Es mußte daher auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E11516

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0140OS00063.87.0722.000

Dokumentnummer

JJT_19870722_OGH0002_0140OS00063_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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