TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/8 2005/18/0480

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Veröffentlicht am 08.09.2005
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des C, geboren 1985, vertreten durch Dr. Andreas Schmid, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schubertring 6, dieser vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Februar 2005, Zl. SD 1420/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Februar 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen (angeblichen) nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 und § 39 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei dem vorliegenden Akteninhalt zufolge am 10. Juli 2003 illegal in das Bundesgebiet gelangt. Sein am darauffolgenden Tag gestellter Asylantrag sei im Instanzenzug mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juli 2004 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 - AsylG abgewiesen worden. Der dagegen erhobenen Beschwerde sei zunächst durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 15. Dezember 2004 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Die Behandlung der Beschwerde sei jedoch in weiterer Folge durch den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 28. Jänner 2005 abgelehnt worden. Der Beschwerdeführer habe in der Zeit von 6. Oktober 2003 bis 23. Juli 2004 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt.

Nach Abweisung seines Asylantrages durch den unabhängigen Bundesasylsenat sei gegen den Beschwerdeführer ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet worden. Im Zug dessen sei ihm die Gelegenheit eingeräumt worden, seine persönlichen Lebensumstände darzulegen, wovon er allerdings keinen Gebrauch gemacht habe. Da nach der Aktenlage davon habe ausgegangen werden müssen, dass er nicht über ausreichende eigene Barmittel für seinen Unterhalt in Österreich verfüge, sei gegen ihn (mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. Oktober 2004) das Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit erlassen worden.

In der dagegen erhobenen Berufung sei im Wesentlichen eingewendet worden, dass hinsichtlich des Asylverfahrens des Beschwerdeführers eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig wäre und der dem Aufenthaltsverbot zu Grunde liegende Sachverhalt der Mittellosigkeit bzw. Obdachlosigkeit nicht mehr zuträfe. Er hätte durch ein Flüchtlingsprojekt kostenlos eine Wohnung beigestellt bekommen und würde neben dem Anspruch auf Grundversorgung durch das Land Wien nunmehr durch eine Hilfsorganisation betreut.

Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass der Fremde initiativ und durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel untermauert nachzuweisen habe, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfüge, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheine. Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch bestehe, seien zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet. Aus diesen Gründen gehe das Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer von einer Hilfsorganisation betreut würde, - abgesehen davon, dass der Verwaltungsgerichtshof zwischenzeitig die Behandlung der Beschwerde im Asylverfahren abgelehnt habe - ins Leere.

Der Beschwerdeführer verfüge nach der Aktenlage weder über ein Einkommen, noch sei er im Besitz von ausreichenden Barmitteln. Er habe somit nicht nachweisen können, dass ihm die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stünden bzw. auch nicht belegen können, dass eine andere Person auf Grund einer tragfähigen Verpflichtungserklärung den erforderlichen Unterhalt sicherstellen könne. Er sei daher der Verpflichtung zum initiativen Nachweis eigener Unterhaltsmittel nicht nachgekommen, weshalb nach wie vor der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei.

Im Hinblick darauf, dass der weder über einen Einreise- noch einen Aufenthaltstitel verfügende Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt sei, sich hier nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages nicht rechtmäßig aufhalte und überdies nicht in der Lage sei, die Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen, könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - gefährde. Aus der Mittellosigkeit resultiere nämlich die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. Der Beschwerdeführer befinde sich seit Juli 2003 im Bundesgebiet. Laut seinen Angaben im Asylverfahren sei er ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre bzw. berufliche Bindungen im Bundesgebiet seien dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Selbst wenn man auf Grund seines bisherigen Aufenthaltes in Österreich von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausgehen wollte, sei diese Maßnahme ungeachtet dessen im Grund des § 37 leg. cit. zulässig. Schließlich sei der Beschwerdeführer im Bundesgebiet lediglich in der Zeit von 6. Oktober 2003 bis 23. Juli 2004 zum vorläufigen Aufenthalt nach dem AsylG berechtigt gewesen und habe sich sein Asylantrag als unbegründet erwiesen. Seine Mittellosigkeit berge überdies die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten und somit im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.

Auch eine Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. habe zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausgehen müssen. Auf Grund seines bisherigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und des Fehlens familiärer Bindungen könne kaum von einer nennenswerten Integration gesprochen werden. Den somit nicht besonders gewichtigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stünden die hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interessen gegenüber. Von daher gesehen wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

Vor diesem Hintergrund und, weil sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben seien, habe die belangte Behörde angesichts des vorliegenden Sachverhaltes von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

Die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes erscheine gerechtfertigt. Im Hinblick auf das aufgezeigte Fehlverhalten des Beschwerdeführers einerseits und den Mangel jeglicher familiärer Bindungen in Österreich andererseits könne vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde erschöpft sich im Wesentlichen in dem Vorbringen, dass dem angefochtenen Bescheid konkrete Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens nicht zu entnehmen seien und die belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, was sich insbesondere daraus ergebe, dass sie auf die Aktenlage verweise, ohne das Ermittlungsverfahren "im aufgezeigten Sinn" zu ergänzen. Die belangte Behörde führe keine Begründung an, aus welchen Überlegungen nun tatsächlich der Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers gerechtfertigt wäre, warum die Erlassung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten wäre und was für die festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbotes spräche. Die Annahme, der Beschwerdeführer wäre nicht im Besitz der Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes, sei unrichtig, wobei die bloße Mittellosigkeit auch kein Fehlverhalten darstellen würde. Weiters habe die belangte Behörde keine Gefährdungsprognose gestellt und die sich aus den §§ 36 ff FrG iVm Art. 8 EMRK ergebenden Ermessensdeterminanten unrichtig angewendet.

1.2. Laut den - oben (I.1.) wiedergegebenen - Feststellungen der belangten Behörde wurde der vom Beschwerdeführer nach seiner am 10. Juli 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle erfolgten Einreise am darauffolgenden Tag gestellte Asylantrag mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Juli 2004 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und die Behandlung der dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 28. Jänner 2005 abgelehnt und verfügt der Beschwerdeführer über keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel. Den weiteren Feststellungen der belangten Behörde zufolge hat der Beschwerdeführer kein Einkommen und konnte er nicht nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt aus eigenem Einkommen oder Vermögen zur Verfügung stünden, bzw. konnte er auch nicht belegen, dass eine andere Person für ihn den erforderlichen Unterhalt sicherstellen könne und eine Verpflichtungserklärung abgegeben habe. Er ist ledig, hat keine Sorgepflichten und auch keine beruflichen oder familiären Bindungen im Bundesgebiet.

Das obzitierte - allgemein gehaltene - Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, Bedenken gegen die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu erwecken, legt die Beschwerde doch nicht im einzelnen dar, welche konkreten Feststellungen auf Grund welcher noch durchzuführenden Ermittlungen die belangte Behörde hätte treffen müssen. Vor allem wird in der Beschwerde nicht ausgeführt, über welche Geldmittel der Beschwerdeführer verfüge und welche Bindungen er in Österreich habe. Ferner kann auch keine Rede davon sein, dass die belangte Behörde keine Gefährdungsprognose getroffen und ihre Beurteilung, wie etwa hinsichtlich der festgesetzten Gültigkeitsdauer, nicht begründet habe.

2. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt und die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt seien, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Ferner begegnet die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig, weil zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten, sei und die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das gegenläufige öffentliche Interesse im Sinn des § 37 Abs. 2 FrG nicht überwögen, keinem Einwand, hat doch der am 10. Juli 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangte Beschwerdeführer, dessen Asylantrag sich als nicht berechtigt herausgestellt hat und der sich hier unrechtmäßig aufhält, weder berufliche noch familiäre Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Schließlich ergeben sich auch weder aus dem Beschwerdevorbringen noch dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände, die im Rahmen der Ermessensübung gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sprächen, und kann auch die festgesetzte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes nicht als unangemessen angesehen werden.

3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180480.X00

Im RIS seit

13.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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