Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Juli 1987 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lachner, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Sailler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sascha P*** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 12.Mai 1987, GZ. 6 d Vr 2205/87-53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Der jugoslawische Staatsangehörige Sascha P*** ist des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG schuldig erkannt worden, weil er 1. im Mai 1983 dem Reinhold P*** und 2. von August bis Oktober 1983 dem Olivero T*** je 35 Gramm Heroin verkauft und damit eine große Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt hat.
Sascha P*** macht eine Urteilsnichtigkeit aus dem § 281 Abs. 1 Z. 5 und Z. 11 StPO geltend.
Der von P*** anläßlich seiner Einvernahme im Sicherheitsbüro angegebene Ankauf von weiteren 40 Gramm Heroin (S. 95) wurde von diesem bei seiner folgenden Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter ausdrücklich als unrichtig bezeichnet (S. 101) und war demgemäß nicht Gegenstand der Anklage (ON. 29); dies betreffende Umstände waren damit für den vorliegenden Straffall nicht entscheidend (Z. 5). Die Übergabe eines Motorrads durch P*** an den Angeklagten als Gegenleistung für die Überlassung des Suchtgifts (1) wurde trotz dessen Leugnens auf Grund der Aussage des P*** festgestellt. Es bedeutet eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung, wenn die Beschwerde diesen Tausch erneut in Zweifel zieht. Darüber hinaus ist die Frage, ob und warum der Angeklagte sich nach Erhalt dieses Motorrads ein anderes angeschafft haben soll, für den Schuldspruch ohne Belang, zumal die Erstrichter das Schicksal des von P*** erworbenen Motorrads nicht weiter verfolgen konnten (S. 335). Mit der dem Gericht (zu 2.) vorgelegten Krankengeschichte des Angeklagten (S. 301) setzt sich das Urteil ausführlich auseinander (S. 336 f.) und verwertet zur Frage des Aufenthalts des Angeklagten im Tatzeitraum in Wien auch Polizeierhebungen (ON. 13). Letztere sowie die Tatsache, daß der Tatzeitraum (zu 2.) nicht mit August, sondern mit Oktober 1983 endet, werden von den Beschwerdeausführungen unzulässig übergangen.
Ein zu klärender Widerspruch in den Aussagen des Olivero T***, er habe den Angeklagten im Jahr 1983 einerseits glaublich (S. 139) im März andererseits erst nach seinem Geburtstag (3.August) kennen gelernt (S. 149), liegt nicht vor, weil es, wie T*** klarstellte, beim ersten Zusammentreffen zu keiner Kontaktnahme gekommen ist (S. 153); diesen Teil der Aussage verschweigt die Beschwerde. Die Beschwerdebehauptung, der Angeklagte habe nach der Gipsabnahme (S. 301: 5.August 1983) Krücken verwendet, was dem Zeugen T*** hätte auffallen müssen, argumentiert unzulässig mit Neuerungen (siehe S. 275 ff., 301) und verliert abermals, mit dem Hinweis auf weitere Unfallsfolgen, den Tatzeitraum, der bis Oktober 1983 reicht, aus den Augen. Die Urteilsannahme, T*** habe auf vorgelegten Lichtbildern den von ihm so bezeichneten "Sascha" wiedererkannt, findet in der (verlesenen) Niederschrift der Angaben des T*** vom 10.November 1983 vor dem Sicherheitsbüro (S. 173) volle Deckung. Diese Niederschrift übergeht die Beschwerde, wenn sie nur die Aussage des T*** vor dem Untersuchungsrichter, wo dieser auf das ihm gezeigte Lichtbild bereits Bezug nimmt, als alleinige Grundlage ihrer Argumentation heranzieht.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge (Z. 11), daß über den Beschwerdeführer im Hinblick auf ein erst nach den ihm nunmehr zur Last liegenden Taten ergangenes Urteil des Ersten Gemeindegerichts in Beograd vom 26. Jänner 1984, K. Nr. 65/84, nur eine Zusatzstrafe im Sinn des § 31 StGB hätte verhängt werden dürfen, macht der Sache nach - weil eine Verletzung der in dieser Gesetzesstelle normierten Bestimmungen gar nicht behauptet wird - nur einen Berufungsgrund geltend (LSK. 1976/117, SSt. 52/42).
Damit präsentiert sich die Nichtigkeitsbeschwerde insgesamt als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weshalb sie schon in nichtöffentlicher Beratung nach § 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO zurückzuweisen war. Die Zuleitung der Akten zur Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten an das Oberlandesgericht Wien beruht darauf, daß eine (die ausnahmsweise Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für die Erledigung der Berufungen begründende) Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt (RiZ. 1970 S. 17 f., 1973 S. 70, JBl. 1985 S. 565 u.v.a.).
Anmerkung
E11673European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00104.87.0723.000Dokumentnummer
JJT_19870723_OGH0002_0130OS00104_8700000_000