Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13.August 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Wilfried R*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Josef N*** und Hans N*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 22.Jänner 1987, GZ 13 Vr 62/86-97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann (Hans) N*** wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt D 17 b des Urteilssatzes und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef N*** wird zurückgewiesen.
Über die Berufung des Angeklagten Josef N*** wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Josef N*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB (Punkte D/16/17 a des Urteilssatzes) und Johann (Hans) N*** des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB (D/17 b des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Darnach haben Josef N*** in der Nacht zum 28.März 1985 in Seebach (Pyhrn) gemeinsam mit Wilfried R*** und Helmut H*** aus einem LKW durch gewaltsames Öffnen des Tankschlosses 200 Liter Dieseltreibstoff im Wert von 1.700 S (zu D/16) und Josef und Johann N*** in der Zeit zwischen 18. und 20.April 1985 in Tragelwang gemeinsam mit Wilfried R*** vier Rollen Maschendraht (Wert 8.148 S), Johann N*** überdies eine Alumehrzweckleiter (Wert 3.246 S) gestohlen (zu D/17 a und b).
Diesen Schuldspruch bekämpfen die Angeklagten mit getrennt ausgeführten, jeweils auf die Gründe der Z 5 und 10, Josef N*** auch auf den der Z 9 lit b und Johann N*** auf den der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef N***:
Das Gericht nahm auf Grund der geständigen Verantwortung des (rechtskräftig abgeurteilten) Mitangeklagten Josef H*** die Täterschaft des Beschwerdeführers zu der im Urteilsfaktum D/17 a geschilderten Tat als erwiesen an. Dieser hatte in der Hauptverhandlung zwar zunächst erklärt, er könne sich an die Tatbeteiligung des Beschwerdeführers nicht erinnern, dann aber - wie ursprünglich bereits im Vorverfahren, vgl. ON 36 S 253 verso und 255 - bestätigt, daß der Nichtigkeitswerber bei diesem Diebstahl am Pyhrnpaß dabei war (I S 482). Dem Vorbringen der Beschwerde zuwider war das Gericht im Interesse einer gedrängten Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) aber nicht gehalten, diese Aussage des Mitangeklagten H*** in allen Einzelheiten zu erörtern, insbesondere auf diese zunächst abweichende Darstellung einzugehen, sodaß die in der Mängelrüge (Z 5) behauptete Unvollständigkeit nicht vorliegt. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung können Feststellungen allein auf die für glaubwürdig befundene Verantwortung eines Mitangeklagten gegründet werden (12 Os 176/79), sodaß auch die der Sache nach geltend gemachte unzureichende Begründung nicht vorliegt.
Aus dem eine Einheit bildenden Urteilsspruch und -gründen ergibt sich, daß auch der Beschwerdeführer an der Wegnahme des Diebsguts im Einverständnis mit seinen Komplizen beteiligt war, somit eine Tatbegehung im vorsätzlichen Zusammenwirken mit den anderen Tätern und eine Beteiligung in der Ausführungsphase. Soweit unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO als auch in den Rechtsrügen (Z 9 lit b und 10) ausgeführt wird, daß mangels konkreter Feststellungen über die Art der Beteiligung des Beschwerdeführers die rechtliche Beurteilung nicht möglich sei, ob eine gerichtlich strafbare Handlung vorliege, entfernt sich die Rüge vom Urteilssachverhalt und ist daher nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.
Für die weitere Behauptung in der Rechtsrüge (Z 9 lit b), bei konkreter Feststellung der Art der Tatbeteiligung wäre auch hervorgekommen, daß ein Schuldausschließungsgrund vorliege, weil für den Angeklagten ein entschuldigender Irrtum bzw eine Notsituation vorhanden gewesen sei, fehlt jede Grundlage in den Urteilsfeststellungen aber auch in den Beweisergebnissen und entzieht sich dieses Vorbringen durch seine mangelnde Spezifizierung von vornherein jeder Erörterung.
In diesem Umfange war die Nichtigkeitsbeschwerde teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
2. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann N***:
Das Schöffengericht gründete seine Feststellungen über die Tatbeteiligung des Beschwerdeführers darauf, daß seine Armbanduhr am Tatort aufgefunden wurde und auf die den Angeklagten belastende Aussage des Wilfried R***. Es erachtete dadurch seine leugnende Verantwortung, insbesondere die Behauptung für widerlegt, er habe die Uhr schon früher, vermutlich im Bus des Mitangeklagten verloren, irgendwie werde sie an den Tatort gekommen ("aus dem Bus gerutscht") sein.
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5) wurden sowohl diese Darstellung des Beschwerdeführers als auch die Aussage der Mitangeklagten Eva R*** in der Hauptverhandlung, sie habe die Uhr am Handgelenk ihres geschiedenen Ehegatten Wilfried R*** gesehen, vom Erstgericht in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (vgl. S 511 f).
Die Mängelrüge wendet aber mit Recht eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung ein, weil sich das Gericht nicht mit der Aussage der Zeugin Gertrude S*** (S 484/I), der Beschwerdeführer habe seine Uhr bereits im März 1985 gesucht, auseinandergesetzt hat. Zutreffend rügt die Beschwerde aber auch, daß ferner auf die Aussage des Zeugen Engelbert T*** nicht Bedacht genommen wurde, der Erstangeklagte R*** habe ihm nach seiner Entlassung aus der Haft gesagt, die Eheleute N*** (also auch der Beschwerdeführer) hätten mit den Diebstählen nichts zu tun (S 487/I). Das Erstgericht hat daher nicht erörtert oder dargetan, wie es über diese seinen Feststellungen entgegenstehenden Beweistatsachen hinweggekommen ist. Da aber nicht auszuschließen ist, daß es bei Würdigung auch dieser Umstände zu anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Feststellungen gelangt wäre, ist sein Ausspruch über entscheidende Tatsachen unvollständig i.S. des Grundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO.
Da somit dem Ersturteil im bekämpften Umfang tatsächlich ein formaler Begründungsmangel anhaftet, welcher die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar erscheinen läßt, war gemäß § 285 e StPO in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie im Spruche zu erkennen. Zur Entscheidung über die vom Angeklagten Josef N*** außerdem ergriffene Berufung wird ein Gerichtstag angeordnet werden.
Anmerkung
E11924European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00090.87.0813.000Dokumentnummer
JJT_19870813_OGH0002_0120OS00090_8700000_000