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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1980, vertreten durch Dr. Günther Nagele, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Dietmarstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Mai 2003, Zl. SD 344/03, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen einen Aufenthaltsverbotsbescheid, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Mai 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom 20. September 2002 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der Erstbehörde) vom 26. Juli 2002, mit dem gegen ihn gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, gemäß § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AVG zurückgewiesen.
Der genannte Aufenthaltsverbotsbescheid sei dem Beschwerdeführer am 12. September 2002 persönlich zugestellt worden. Mit Schreiben vom 20. September 2002 habe der Beschwerdeführer die Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung des Rechtsmittels der Berufung sowie eine Fristverlängerung "und/oder" die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Dieses Schreiben habe keine Angaben darüber enthalten, dass damit Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 26. Juli 2002 erhoben werde. Die Erstbehörde habe mit Bescheid vom 19. Februar 2003 den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist betreffend den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 26. Juli 2002 gemäß § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AVG zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe eine mit 12. März 2003 datierte Berufung eingebracht, die am 18. März 2003 zur Post gegeben worden sei. Er sei gemäß § 63 AVG aufgefordert worden, den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sich die Berufung richte und den Begründungsmangel des Berufungsantrages binnen einer Frist von zwei Wochen gemäß § 13 Abs. 3 AVG zu beheben. Der Beschwerdeführer habe daraufhin ausgeführt, dass sich seine Berufung gegen die Entscheidung vom 19. Februar 2003 richten würde, "in denen seine frühere Bitte für das Heben vom unbefristetes Aufenthaltsverbot vom 26.07.2002 abgelehnt wurde". Er wäre durch die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gezwungen, in sein Heimatland zurückzukehren, wo ihm Verfolgung, Folter und Tod drohen würden.
Aus der Eingabe des Beschwerdeführers sei ersichtlich, dass er gegen den zurückweisenden Bescheid betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Berufung erheben wolle. Er wende sich nicht gegen die zutreffenden Feststellungen der Erstbehörde, dass sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand noch vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid eingebracht worden sei. Somit sei eine Grundvoraussetzung des § 71 AVG, nämlich eine Versäumung einer (Rechtsmittel-)Frist nicht erfüllt gewesen. Die Erstbehörde habe den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 Abs. 1 und Abs. 2 AVG zutreffend zurückgewiesen.
Das AVG sehe keinen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe bzw. auf Zuerkennung eines Kostenersatzes für ein Rechtsmittel vor. Es bestehe im Allgemeinen auch kein Anspruch auf Verwendung einer fremden Sprache im schriftlichen Verkehr mit der Behörde. Ein Fall der Zulassung einer weiteren Sprache als der Amtssprache liege gegenständlich nicht vor. § 39a AVG regle lediglich den mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien. Nach dem FrG sei der Gebrauch einer fremden Sprache auf die Erläuterung des Grundes der Festnahme gemäß § 65 Abs. 1 FrG beschränkt. Vor dem Hintergrund des Art. 8 B-VG habe es dem Gesetz entsprochen, dass die Erstbehörde ihren Bescheid in deutscher Sprache ausgefertigt habe. Zur Beigebung einer Übersetzung oder zur Beistellung eines Übersetzers sei die Behörde nicht verpflichtet. Die Zustellung der erstinstanzlichen Bescheide an den Beschwerdeführer, der offenbar der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei, sei rechtswirksam erfolgt.
Selbst wenn man aber davon ausginge, dass sich die Berufung vom 12. März 2003 gegen den Bescheid vom 26. Juli 2002 richten würde, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, wäre sie gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückzuweisen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, die Frist einzuhalten, und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
2. Die Beschwerde zieht die Feststellung über den Zeitpunkt der Zustellung des besagten Aufenthaltsverbotsbescheides (12. September 2002) nicht in Zweifel. Die Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid war zum Zeitpunkt der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages (23. September 2002) noch nicht abgelaufen. Eine der Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist die Versäumung einer Frist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0265). Der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers erweist sich mithin als unzulässig.
Soweit der Beschwerdeführer einwendet, die Erstbehörde habe ihre Manuduktionspflicht iSd § 13a AVG verletzt, ist ihm zu entgegnen, dass der Wiedereinsetzungsantrag auch durch Belehrungen nicht zulässig werden würde.
3. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. September 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003180269.X00Im RIS seit
13.10.2005