Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Maier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus S***, Hotelier, Thurnfeldgasse 13, 6060 Hall in Tirol, vertreten durch Dr. Martin Stoll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1) Dieter B***, Finanzbuchhalter, Kantstraße 10, D-3554 Gladenbach, BRD, und 2) V*** DER V*** Ö***,
Schwarzenbergplatz 7, 1031 Wien, beide vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 159.205,62 s.A. (Rekursstreitwert S 129.955,62), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 8.Juli 1987, GZ 1 R 161/86-35, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29.Jänner 1986, GZ 14 Cg 279/84-28, teilweise aufgehoben wurde folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Ein Zuspruch von Rekurskosten findet nicht statt.
Text
Begründung:
Am 14.9.1983 ereignete sich gegen 22,50 Uhr im Ortsgebiet von Innsbruck auf der Amraser-See-Straße ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen T 192.080 und der Erstbeklagte als Halter und Lenker des PKW mit dem Kennzeichen MR-LK 459 (D) beteiligt waren. Dabei wurde der Kläger verletzt; beide Fahrzeuge wurden beschädigt. Es ist nicht mehr strittig, daß der Schaden zwischen den Streitteilen im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten der Beklagten zu teilen ist und daß die Beklagten zur ungeteilten Hand dem Kläger gegenüber für drei Viertel seiner bei dem Unfall erlittenen Schäden haften.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Vekehrsunfall die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilter Hand zur Zahlung eines Betrages von S 159.205,62 s.A., der sich wie folgt zusammensetzt:
Schmerzengeld S 35.000,--
Ersatz der Kosten von Telefonaten, Taxi-
fahrten etc. S 732,--
Ersatz einer beschädigten Funkanlage S 3.268,--
Mietwagenkosten S 55.073,20
Kosten der Reparatur des beschädigten PKW S 118.200,95
S 212.274,15
Davon drei Viertel S 159.205,62
Gegenstand des Rekursverfahrens sind nur mehr die Anspruühe des Klägers auf Ersatz von Reparatur- und Mietwagenkosten. Diesbezüglich brachte der Kläger im wesentlichen vor, bei dem von ihm gelenkten Fahrzeug habe es sich um ein von der Firma A*** L***-Z*** GES.M.B.H. Salzburg angemietetes
Leasingfahrzeug gehandelt, das der Kläger entsprechend den Bestimmungen des vorgelegten Leasingvertrages geleast habe. Bei dem Unfall sei das vom Kläger gelenkte Fahrzeug erheblich beschädigt worden; zur ordnungsgemäßen Behebung des Schadens sei ein Reparaturaufwand von S 118.200,95 (ohne Umsatzsteuer) erforderlich gewesen. Die Reparatur sei durch die Firma R***-I*** durchgeführt worden. Die Raparaturkosten habe vorerst die Leasingfirma getragen; sie verlange nunmehr vom Beklagten den Ersatz dieser Reparaturkosten. Der Kläger begehre von den Beklagten den Ersatz von drei Vierteln dieser Reparaturkosten (ON 17 S 81). Infolge der Beschädigung des geleasten PKW sei der Kläger gezwungen gewesen, ein Mietfahrzeug in Anspruch zu nehmen (ON 1 S 3). Die Kosten hiefür hätten unter Abzug der für Haftungsbefreiung und Insassenunfallversicherung bezahlten Beträge und einer Eigenersparnis von 15 % S 55.073,20 betragen. Die Beklagten hätten dem Kläger auch drei Viertel dieses Betrages zu ersetzen. Daß diese Forderung zu Recht bestehe, sei auch dem Beklagtenvertreter bekannt, der selbst im Verfahren 7 Cg 276/84 des Landesgerichtes Innsbruck die Mietwagenkosten gegenüber dem nunmehrigen Kläger geltend gemacht habe (ON 6 S 19).
Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, daß der Kläger als Leasingnehmer des beschädigten Fahrzeuges nicht ein unmittelbar Geschädigter sei; es handle sich beim Fahrzeugschaden und den Mietwagenkosten um einen nicht ersatzfähigen Drittschaden (ON 2 S 8 und ON 17 S 83). Schließlich wendeten die Beklagten eine Schadenersatzforderung des Erstbeklagten aus diesem Verkehrsunfall von S 57.750,-- (Fahrzeugschaden) aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.
Das Erstgericht entschied, daß die Klagsforderung mit S 70.554,90 s.A. zu Recht, im übrigen aber nicht zu Recht bestehe und daß die eingewendete Gegenforderung des Erstbeklagten mit S 14.437,50 zu Recht bestehe. Es verurteilte daher die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrages von S 56.117,40 s.A. an den Kläger und wies dessen auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 103.088,22 s.A. gerichtetes Mehrbegehren ab.
Das Erstgericht stellte, soweit für die den Gegenstand des Rekursverfahrens bildenden Fragen von Bedeutung, im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger hatte das von ihm gelenkte Fahrzeug am 14.9.1982 auf unbestimmte Zeit von der Firma A*** L***-Z*** GES.M.B.H Salzburg gegen Bezahlung einer wertgesicherten monatlichen Leasingrate von S 4.067,70 geleast. Der Inhalt dieses Leasingvertrages ergibt sich aus der dem Urteil in Ablichtung angeschlossenen Annahmebestätigung und aus den dem Urteil in Ablichtung beigeschlossenen Allgemeinen Vertragsbedingungen dieses Leasingunternehmens. Für dieses Fahrzeug hatte der Kläger bei der vom Leasinggeber verschiedenen Firma ALZ V***-AG Salzburg zu Gunsten des Leasinggebers vinkulierte Teilkaskoversicherung mit Leihwagen für eine Dauer von 3 Jahren abgeschlossen, wobei die monatliche Prämie mit S 940,-- vereinbart wurde. Der Inhalt dieses Versicherungsvertrages ergibt sich aus dem dem Urteil in Ablichtung beigeschlossenen Versicherungsschein und den gleichfalls dem Urteil beigeschlossenen Allgemeinen Bedingungen des Versicherers. Die Behebung der unfallsbedingten Schäden an dem vom Kläger gelenkten Fahrzeug erforderte einen der Höhe nach nicht strittigen Aufwand von S 118.200,95 (ohne Umsatzsteuer). Diese Reparaturkosten hat die A*** L***-Z*** GES.M.B.H. Salzburg mittlerweise an die Firma R*** AG I***, die die Reparatur
durchgeführt hat, bezahlt. Die A*** L***-Z***
GES.M.B.H. Salzburg hat am 5.9.1984 den für die Reparatur aufgewendeten Betrag von S 118.200,95 auf Grund des Leasingvertrages als Schadenersatz vom Kläger rückgefordert. Der Kläger hat diesem Leasingunternehmen bisher einen der Höhe nach nicht näher erhobenen Teil ersetzt.
Während der Reparatur des Leasingfahrzeuges konnte es der Kläger nicht entsprechend den Bedingungen des Leasingvertrages nutzen, sodaß er für die Dauer der Reparatur selbst ein Ersatzfahrzeug anmietete. Dadurch sind dem Kläger Aufwendungen an Mietwagenkosten in nicht strittiger Höhe von S 55.073,20 entstanden. Der dem Erstbeklagten entstandene Fahrzeugschaden beträgt S 57.750,--.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, die zu Recht bestehende Schadenersatzforderung des Klägers errechne sich wie folgt:
Schmerzengeld S 35.000,--
unfallsbedingte Nebenspesen S 732,--
Ersatz für beschädigte Funkanlage S 3.268,--
Ersatz der Mietwagenkosten S 55.073,20
S 94.073,20
abzüglich ein Viertel Mitverschuldensanteil S 23.518,30
S 70.554,90
Die Schadenersatzforderung des Klägers bestehe daher mit
S 70.554,90 zu Recht, im übrigen aber nicht zu Recht.
Im Hinblick auf die vorgenommene Schadensteilung bestehe die von den Beklagten eingewendete Gegenforderung des Erstbeklagten mit S 14.437,50 zu Recht.
Der Kläger könne den Ersatz der Reparaturkosten des von ihm gelenkten Fahrzeuges nicht fordern, weil dieser Schaden nicht in seinem Vermögen, sondern im Vermögen des Leasingunternehmens eingetreten sei, das zur Unfallszeit weiterhin Eigentümer dieses PKW gewesen sei. Da es sich bei diesem Schaden nicht um einen Schaden des Klägers, sondern eines Dritten handle, könne der Kläger den Ersatz dieses Drittschadens nicht begehren. Aus dem Umstand, daß der Leasinggeber auf Grund des Leasingvertrages vom Kläger nunmehr Ersatz der Reparaturkosten verlange, könne der Kläger nichts ableiten, weil durch diesen Regreß die Schadenersatzforderung des Leasinggebers aus der Beschädigung des Fahrzeuges nicht von Gesetzes wegen auf den Kläger übergangen sei. Eine rechtsgeschäftliche Abtretung dieser Schadenersatzforderung an ihn habe der Kläger weder behauptet noch erwiesen.
Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.
Das Berufungsgericht gab (mit Urteil) der Berufung der Beklagten hinsichtlich des Ausspruches, daß die Klagsforderung mit S 29.250,-- s. A. und die eingewendete Gegenforderung des Erstbeklagten mit S 14.437,50 zu Recht bestehe und hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 14.812,50 s.A. keine Folge und bestätigte in diesem Umfang die Entscheidung des Erstgerichtes als Teilurteil. Im übrigen, nämlich hinsichtlich des Zurechtbestehens der Klagsforderung mit einem weiteren Betrag von S 129.955,62 s.A., gab das Berufungsgericht (mit Beschluß) beiden Berufungen Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes in diesem Umfang unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache insoweit zur weiteren Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Seinen Aufhebungsbeschluß begründete das Berufungsgericht im wesentlichen damit, daß grundsätzlich nur der unmittelbar Geschädigte berechtigt sei, vom Schädiger Ersatz zu begehren. Diese Regel finde ihre Rechtfertigung in dem Gedanken, daß es bei Ersatz jeglicher Schäden, die durch eine Handlung entstünden, zu einer Unübersehbarkeit der zuzurechnenden Schadensfolgen käme. Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt sei der Vorbehaltskäufer infolge des ihm zustehenden absoluten Anwartschaftsrechtes bei Beschädigung der Vorbehaltssache zum Schadenersatz gegen den Schädiger berechtigt. Dies gelte aber nicht bei Beschädigung einer Sache im Rahmen eines Leasingvertrages. Der Leasingnehmer sei vielmehr bei Beschädigung des Leasinggegenstandes (anders als der Käufer der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Sache) nicht unmittelbar Geschädigter; sein Schaden sei nicht ersatzfähiger Drittschaden. Das Recht des Leasingnehmers auf Benützung des Leasinggegenstandes beruhe nämlich auf einem bloß obligatorischen Vertragsverhältnis und genieße daher keinen absoluten Schutz. Ein solcher sei nur dem Eigentümer des Leasinggegenstandes, sohin dem Leasinggeber, zuzubilligen, wogegen Vermögensnachteile des Leasingnehmers als nicht ersatzfähige Drittschäden zu werten seien. Ein Bestandrecht sei kein quasi-dingliches Recht.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß bei Beschädigung des geleasten Fahrzeuges ein unmittelbarer (und damit ersatzfähiger) Schaden lediglich beim Leasingnehmer, also der A*** L***-Z*** GES.M.B.H.
Salzburg, und nicht auch beim Leasingnehmer, dem Kläger, eingetreten sei. Durch die Beschädigung des geleasten Fahrzeuges sei ein unmittelbarer Schaden bei der A*** L***-Z***
GES.M.B.H. Salzburg entstanden, die die Reparaturkosten zunächst getragen habe. Erst in stätere Folge sei dieser Schaden vom Kläger zurückgefordert worden, weshalb diesem dann in Anwendung der vertraglichen Bestimmungen des Leasingvertrages mittelbar ein Vermögensschaden entstanden sei.
Auch die dem Kläger durch die Inanspruchnahme eines Mietfahrzeuges entstandenen Kosten wären im Verhältnis zu den Beklagten als grundsätzlich der direkten Ersatzpflicht nicht zugängliche Drittschäden zu qualifizieren. Weil aber der Kläger als Leasingnehmer eine zu Gunsten des Leasinggebers vinkulierte Teilkaskoversicherung mit Leihwagen abgeschlossen habe, sei jedenfalls dem Leasinggeber - neben den Reparaturkosten - auch der Ersatz der notwendigen Mietwagenkosten gegen die Beklagten zugestanden.
Der Kläger als Leasingnehmer könne nun aber diese beiden Schäden (Reparatur- und Mietwagenkosten) nur geltend machen, wenn der Leasinggeber ihm die Geltendmachung dieser Ersatzansprüche gegen die Beklagten abgetreten habe. Im Vorbringen des Klägers - er müßte für die Mietwagenkosten selbst aufkommen und auch die Reparaturkosten dem Leasinggeber rückerstatten - könne auch die Behauptung enthalten sein, daß der Kläger damit zumindest konkludent die Abtretung der Schadenersatzansprüche des Leasinggebers gegenüber den Beklagten an ihn geltend machen wollte. Dieses nicht völlig klare Vorbringen des Klägers müßte in Ausübung der Prozeßleitungspflicht (§ 182 ZPO) klargestellt und allenfalls vervollständigt werden, um eine erschöpfende rechtliche Beurteilung der vorliegenden Rechtssache zu gewährleisten. Der Kläger habe nicht mit der Rechtsansicht des Erstgerichtes überrascht werden dürfen, daß er nur
bei - ausdrücklich behaupteter - rechtsgeschäftlicher Abtretung Anspruch auf die ihm durch die Beschädigung des nicht in seinem Eigentum stehenden Fahrzeuges entstandenen Auslagen (Reparatur- und Mietwagenkosten) haben werde.
Der vorliegende und im fortgesetzten Verfahren zu ergänzende Sachverhalt werde aber auch unter einem weiteren bislang noch nicht in die Betrachtung miteinbezogenen rechtlichen Gesichtspunkt beurteilt werden müssen:
Es sei bisher ungeklärt geblieben, ob der Kläger allenfalls im Umfang der von ihm an die Mietwagenfirma geleisteten Zahlungen und seiner Leistungen an den Leasinggeber bezüglich der Reparaturkosten nicht die Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber dem Eigentümer des Fahrzeuges einlösen haben wollen (§ 1422 ABGB). Die Erklärung, eine Forderung einlösen zu wollen, könne nämlich auch stillschweigend erfolgen bzw. nach den Umständen des Falles als selbstverständlich angesehen werden. Wenn sich aus dem Leasingvertrag und aus den im Zusammenhang mit den folgenden Abrechnungen zwischen dem Kläger und dem Leasinggeber stattgefundenen Verhandlungen - zumindest schlüssig - ergeben sollte, daß im Umfang dieser Zahlungen des Klägers ein Verzicht des Leasinggebers gegenüber den Beklagten auf Schadenersatzleistungen zu erblicken wäre, könnte der diesbezügliche Klagsanspruch auch ohne rechtsgeschäftliche Abtretung zu Recht bestehen. Auch diese Frage werde im fortgesetzten Verfahren einer eingehenden Klärung zuzuführen sein.
Den angeordneten Rechtskraftvorbehalt begründete das Berufungsgericht damit, daß einerseits aus der bisherigen Rechtsprechung zur Drittschadensproblematik eine einheitliche und völlig klare Linie nicht erkennbar sei und andererseits zur Frage der Einlösung einer Schadenersatzforderung durch den Leasingnehmer bei Ersatzleistung an den Leasinggeber - soweit ersichtlich - bisher keine Rechtsprechung vorliege.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahingehend abzuändern, daß gemäß § 519 Abs 2 ZPO in der Sache selbst entschieden und das Klagebegehren hinsichtlich des Betrages von S 129.955,62 s.A. abgewiesen werde; hilfsweise beantragen sie, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen.
Der Kläger hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Rekurs der Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Beklagten ist unzulässig.
Der Rekurs gegen einen unter Rechtskraftvorbehalt gefaßten Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes im Sinne des § 519 Abs 1 Z 3 ZPO ist in beiden Fällen des § 502 Abs 4 ZPO zulässig. § 508 a Abs 1 ZPO gilt sinngemäß auch im Rekursverfahren über einen derartigen Aufhebungsbeschluß. Die dem Rechtskraftvorbehalt zugrundegelegte Ansicht des Berufungsgerichtes über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO ist für den Obersten Gerichtshof nicht bindend. Für den Rekurs gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gilt kraft Größenschlusses ebenfalls die Beschränkung der Anfechtungsgründe im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO (siehe dazu Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1884; Petrasch in ÖJZ 1983,203; 6 Ob 666/84; 8 Ob 553/85 ua.). Durch die in der ZVN 1983 getroffenen Regelungen ist somit der Rekurs gegen Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes mit Rechtskraftvorbehalt weitgehend der Revision angeglichen worden (Fasching aaO Rz 1983).
Der Oberste Gerichtshof hat bei Entscheidungen über Revisionen
im Zulassungsbereich bereits mehrfach ausgesprochen, daß in
derartigen Rechtsmitteln nur Rechtsfragen des materiellen Rechtes
oder des Verfahrensrechtes im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO geltend
gemacht werden dürfen. Werden im Rechtsmittel keine solchen
Rechtsfragen aufgeworfen, dann ist das Rechtsmittel nicht
gesetzmäßig im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO ausgeführt und damit
zurückzuweisen (6 Ob 523/84; 8 Ob 553/85 ua.). Begründet wurde dies
im wesentlichen damit, daß in ähnlicher Weise gemäß § 502 Abs 4 ZPO in der Fassung vor der ZVN 1983 die Revision in Kündigungsstreitigkeiten lediglich aus dem im § 503 Z 4 ZPO (alte Fassung) bezeichneten Grund und nur dann zulässig war, wenn sie im Urteil des Berufungsgerichtes für zulässig erklärt worden war. Lehre und Rechtsprechung (Fasching Kommentar IV 286 und ErgBd. 104 f; MietSlg 28.611 ua.) haben dazu die Auffassung vertreten, daß selbst dann, wenn die Revision vom Berufungsgericht zugelassen wurde, sie dennoch zurückzuweisen sei, wenn sie sich auf unzulässige Revisionsgründe stütze. Nichts anderes könne aber dann gelten, wenn in einer nach § 500 Abs 3 ZPO zugelassenen Revision kein Revisionsgrund nach § 503 Abs 2 ZPO (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO) geltend gemacht wird.
Die gleichen Überlegungen haben uneingeschränkt auch für Rekurse gegen Aufhebungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt im Zulassungsbereich bei einem S 300.000,-- nicht übersteigenden Streitwert Geltung. Auch hier ist der Rechtsmittelwerber, wie bereits ausgeführt, auf die Anfechtungsgründe im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO beschränkt. Macht er derartige Anfechtungsgründe nicht geltend, dann ist sein Rechtsmittel auch hier nicht gesetzmäßig im Sinne dieser Gesetzesstelle ausgeführt und auch dann, wenn das Berufungsgericht im Sinne des § 519 Abs 2 ZPO zulässigerweise einen Rechtskraftvorbehalt ausgesprochen hat, aus den dargelegten Erwägungen zurückzuweisen (8 Ob 553/85 ua.).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus folgendes:
Die Beklagten bestreiten in ihrem Rekurs nicht die Richtigkeit der der Rechtsprechung des Oberste Gerichtshof (SZ 52/93; SZ 56/199 ua.) entsprechenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß der Leasingnehmer bei Beschädigung des Leasinggegenstandes nicht unmittelbar Geschädigter ist, daß es sich bei einem dadurch in seinem Vermögen entstandenen Schaden um einen nicht ersatzfähigen Drittschaden handelt und daß daher im vorliegenden Fall Schadenersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten aus der Beschädigung des von ihm geleasten PKW bei dem hier in Frage stehenden Verkehrsunfall vom 14.9.1983 nur dann in Betracht kommen, wenn sie ihm vom Leasinggeber abgetreten wurden oder der Kläger sie im Sinne des § 1422 ABGB einlöste (2 Ob 105/83). Die Beklagten versuchen in ihrem Rechtsmittel im wesentlichen nur darzutun, daß das Sachvorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz kein hinreichendes Substrat für die Ergänzungsaufträge des Berufungsgerichtes bilde.
Es ist nun sicher richtig, daß es dem Kläger im Sinne des § 226 ZPO obliegt, die Tatsachen, auf welche sich sein Anspruch gründet, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben; wie aber im vorliegenden Einzelfall das Tatsachenvorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz zu verstehen ist und welche Schlußfolgerungen in tatsächlicher Hinsicht aus diesem Vorbringen abzuleiten sind, ist nur für den Einzelfall von Bedeutung und keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO (8 Ob 553/85). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, das Vorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz könne auch dahin verstanden werden, daß er vom Leasinggeber abgeleitete Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten geltend mache, ist somit bei Einschränkung der zulässigen Rechtsmittelgründe im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar.
Daß die Prozeßleitungspflicht auch die Verpflichtung des Gerichtes umfaßt, darauf hinzuwirken, daß für die Entscheidung erhebliche Tasachenangaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung des Anspruches geltend gemachten Umstände vervollständigt werden, ergibt sich aus § 182 Abs 1 ZPO und entspricht ständiger Rechtsprechung (JBl 1975,369; RZ 1978/120; SZ 52/122 uva.). Einen in dieser Richtung dem Berufungsgericht unterlaufenen Verstoß im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zeigen die Beklagten mit ihren Rekursausführungen nicht auf.
Insgesamt ist aus den Ausführungen der Beklagten in ihrem Rechtsmittel nicht die Behauptung zu entnehmen, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes auf der unrichtigen Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes beruht, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt. Der Rekurs der Beklagten ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Beklagten haben die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Rekursbeantwortung, weil er den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht geltend gemacht hat (§§ 41, 50 ZPO).
Anmerkung
E12375European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00017.87.0827.000Dokumentnummer
JJT_19870827_OGH0002_0080OB00017_8700000_000