Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Arch. Arsalan A***, Sloan Street, Flat 22, S.W.I. London 50, Großbritannien, vertreten durch Dr. Paul Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L*** AG, 4860 Lenzing, vertreten durch Dr. Kurt Jäger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 25.804,77 s.A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 16. Juli 1986, GZ R 623/86-9, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 2. April 1986, GZ 2 C 1110/85-5, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
In der am 31. Dezember 1985 eingebrachten Klage begehrten die Kläger Dipl.Arch. Arsalan A*** und Mehrdad Ansari S*** von der beklagten Partei die Zahlung von S 25.804,77 s.A. mit folgender Begründung: Die beklagte Partei habe ihnen für eine Geschäftsvermittlung den Provisionsbetrag von DM 51.678,46 geschuldet und, da beide Kläger hierauf Anspruch erhoben hätten, anfangs Oktober 1983 einen Verrechnungsscheck über den vorgenannten Betrag gerichtlich hinterlegt. Am 11. Juli 1985 hätten die Kläger diesen Scheck zwar behoben und eingelöst, doch sei die Hinterlegung eines Schecks nicht als Erfüllung zu werten. Die beklagte Partei schulde ihnen ab Fälligkeit der Provisionsforderung 4 % Zinsen. Bei Hinterlegung des geschuldeten Bargeldbetrages wären zugunsten der Kläger ebenfalls mindestens 4 % Zinsen, d.i. der Klagsbetrag, angefallen. Die beklagte Partei habe aus dem ersparten Kapital selbst Zinsen gezogen und sei insoweit auch bereichert. Während des Verfahrens brachte der Erstkläger vor, der Zweitkläger habe auf seine anteilige Klagsforderung zugunsten des Erstklägers verzichtet und sich mit der Geltendmachung seiner Forderung durch den Erstkläger einverstanden erklärt.
Die beklagte Partei stellte ihre Provisionsschuld von DM 51.678,46 außer Streit und gab weiters den gerichtlichen Erlag eines Verrechnungsschecks über den entsprechenden Schillingbetrag von S 361.749,22 zu, welcher an die Kläger schließlich nach deren Einigung auch ausgefolgt worden sei. Sie bestritt jedoch die Klagsforderung mit der Begründung, sie sei zum Erlag eines Verrechnungsschecks berechtigt gewesen, weil auch bei Erlag eines Bargeldbetrages die Zinsen nicht den Klägern gebührt hätten. Das Erstgericht wies das Klagebegehren des Erstklägers ab, erkannte das Verfahren gegen den Zweitbeklagten ab der Klagszustellung für nichtig und wies die Klage insoweit zurück. Das vom Erstkläger angerufene Berufungsgericht - der Zurückweisungsbeschluß blieb unbekämpft - gab der Berufung Folge, hob das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt (§§ 519 Abs. 2, 510 Abs.4 Z 1 ZPO) auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß erhebt die beklagte Partei einen Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles.
Der Erstkläger beantragt in seiner Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht ging bei seinem Urteilsspruch von folgenden Sachverhalt aus: Die beklagte Partei beantragte am 1. März 1984 beim Bezirksgericht Vöcklabruck die Hinterlegung eines Verrechnungsschecks über DM 51.678,46, wobei sie die Ausfolgung an beide oder einen der Kläger davon abhängig machte, daß zwischen den Klägern Einigkeit bestehe oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliege. Der Erlag wurde mit Beschluß vom 8. November 1983 angenommen, worauf die beklagte Partei am 22. November 1983 den Verrechnungsscheck über DM 51.678,46 hinterlegte. Mit Zustimmung des Dr. Klaus-Dieter S*** als Abwesenheitskurator des Zweitklägers wurde die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 21. Mai 1985 angewiesen, den Verrechnungsscheck an den Vertreter des Erstklägers auszufolgen. Die Ausfolgung wurde am 5. Juli 1985 vollzogen. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht hinsichtlich des die Klage des Zweitklägers betreffenden Urteilsspruches darauf, daß der Zweitkläger dem Dr. Klaus-Dieter S*** Prozeßvollmacht erteilt und seine Bestellung als Abwesenheitskurator im Verfahren 2 Cg 232/84 des Kreisgerichtes Wels nur für dieses Verfahren gegolten habe. Somit sei das Verfahren zwischen dem Zweitkläger und der beklagten Partei nichtig und die Klage diesbezüglich zurückzuweisen. Die Klage des Erstklägers sei aus folgenden Gründen abzuweisen: Auch durch eine rechtmäßige Hinterlegung gemäß § 1425 ABGB werde an den dinglichen Rechtsverhältnissen nichts geändert. Aus der öffentlich-rechtlichen Natur der Hinterlegung folge, daß Eigentum und Besitz erst durch die Ausfolgung als behördlichen Akt auf den Gläubiger übergingen. Bis zum Zeitpunkt dieser Ausfolgung bleibe somit der Erleger Eigentümer der hinterlegten Sache. Demgemäß gebührten ihm auch bis zur Ausfolgung die aus der hinterlegten Sache anreifenden Früchte, da diese als unselbständige Bestandteile der Hauptsache deren rechtliches Schicksal teilten. Hieraus folge für den vorliegenden Fall, daß selbst dann, wenn die beklagte Partei einen Bargeldbetrag hinterlegt hätte, die angereiften Zinsen nicht den Klägern zugestanden wären.
Das Berufungsgericht vertrat demgegenüber den Standpunkt, dem Erlag der beklagten Partei sei hier keine schuldbefreiende Wirkung zugekommen. Zur Rechtmäßigkeit sei neben einem hinreichenden Erlagsgrund und der Verständigung der Gläubiger, zu deren Gunsten die Hinterlegung erfolge, auch der Erlag des geschuldeten Betrages erforderlich. Vorliegendenfalls habe die beklagte Partei jedoch nicht den geschuldeten Bargeldbetrag, sondern einen Verrechnungsscheck bei Gericht hinterlegt. Ein Scheck diene zwar der Zahlung von Geldschulden, sei aber kein gesetzliches Zahlungsmittel und müsse daher von einem Geldgläubiger zur Schuldtilgung nicht entgegengenommen werden, soferne nicht ein Scheckbegebungsvertrag vorliege, was von der beklagten Partei hier nicht einmal behauptet worden sei. Dem Gläubiger einer Geldforderung könne daher nicht einseitig die Annahme eines Schecks durch seinen Schuldner aufgezwungen werden. Bei der Hingabe eines Schecks trete die Erfüllung erst ein, wenn der Gläubiger den Gegenwert des im Zweifel zahlungshalber angenommenen Schecks erhalte. Übergebe der Schuldner einen Verrechnungsscheck, so dürfe der Bezogene den Scheck nur im Wege der Gutschrift einlösen und gelte erst die Gutschrift als Zahlung. Diese Grundsätze seien auch auf die Hinterlegung einer geschuldeten Leistung anzuwenden. Der gerichtliche Erlag eines Verrechnungsschecks über eine bestimmte Summe gemäß § 1425 ABGB befreie den Erleger nur dann von seiner Schuld, wenn er verpflichtet gewesen sei, dem Gläubiger einen (Verrechnungs-)Scheck über diese Summe auszufolgen, der Gläubiger aber diesbezüglich in Annahmeverzug geraten oder ein anderer gerechtfertigter Erlagsgrund vorgelegen sei. Ein solcher Sachverhalt, nämlich eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien, wonach der Erstkläger verpflichtet gewesen sei, anstelle von Bargeld auch einen (Verrechnungs-)Scheck der beklagten Partei zur Tilgung seiner Provisionsforderung anzunehmen, sei nicht behauptet worden. Darauf, ob der Scheck bei Vorlage sogleich gutgeschrieben worden wäre und über den gesamten Erlagszeitraum hindurch gedeckt gewesen sei, komme es nicht an, weil der Erstkläger, um zu seinem Geld zu kommen, jedenfalls eine Tätigkeit hätte verrichten müssen, nämlich die Vorlage des ihm vom Erlagsgericht ausgefolgten Schecks an den Bezogenen vornehmen, zu der er aus dem Vertrag nicht verpflichtet gewesen sei. Dem Erlag eines (Verrechnungs-)Schecks über die geschuldete Summe komme daher im vorliegenden Fall keine schuldtilgende Wirkung zu. Damit habe die Hinterlegung des Schecks auch nicht den Zinsenlauf der Schuld beendet. Daß der Kläger gegen den Bewilligungsbeschluß des Erlagsgerichtes, mit dem der Verrechnungsscheck zum gerichtlichen Erlag angenommen worden sei, kein Rechtsmittel erhoben habe, ändere daran nichts, weil der Erlag bei Gericht im Verhältnis zum Vertragspartner nichts anderes darstelle als eine einseitige Rechtshandlung des Schuldners, auf die sein Vertragspartner keinen Einfluß ausüben könne. Er habe daher auch keine Parteistellung im Erlagsverfahren und keine Rekurslegitimation. Im konkreten Fall führe dies zum Ergebnis, daß dem Erstkläger grundsätzlich Zinsen aus der ihm gebührenden Provision vom Tage der Fälligkeit der Forderung bis zum Zeitpunkt der Einlösung des Schecks (Gutschrift) zustehen. Da das Erstgericht zu den Behauptungen des Erstklägers jedoch keine Beweise aufgenommen habe und nach den bisher vorliegenden Verfahrensergebnissen der Umfang des dem Erstkläger zustehenden Anspruches nicht beurteilt werden könne, sei mit einer Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung vorzugehen. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht zunächst zu klären haben, welche Vereinbarungen die Gläubiger mit der beklagten Partei hinsichtlich der Fälligkeit der Provisionsforderung getroffen hatten. Der Kläger behaupte Fälligkeit der Provision noch vor dem 4. Oktober 1983; die beklagte Partei habe dieses Vorbringen bestritten. Weiters werde das Erstgericht zu prüfen haben, welche Vereinbarung der Kläger Dipl.Arch. Arsalan A*** mit seinem Partner Mehrdad Ansari S*** über die Provisionsforderung getroffen habe. Während der Erstkläger ursprünglich in der Klage behauptet habe, der Provisionsanspruch sei zwischen ihm und seinem Partner zu gleichen Teilen aufgeteilt worden, in welchem Fall der Kläger auch nur aus dem halben Provisionsbetrag Zinsen begehren könne, weil im Zweifel ein Teilschuldverhältnis anzunehmen sei, habe er dieses Vorbringen später dahin ergänzt, sein Geschäftspartner und ursprünglicher Zweitkläger habe auf seinen Anspruch zugunsten des Erstklägers verzichtet und sei mit der Geltendmachung des Anspruchs durch den Erstkläger einverstanden. Ob diese Vereinbarung allenfalls als Abtretung des dem ursprünglichen Zweitkläger zustehenden Provisionsanspruches an den Erstkläger zu qualifizieren und dieser daher zur Geltendmachung von Zinsen aus dem gesamten Provisionsbetrag berechtigt sei, könne nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht beurteilt werden. Zur Klärung auch dieser Fragen werde das Erstgericht die von den Parteien angebotenen Beweismittel aufzunehmen und sodann neuerlich zu entscheiden haben. In ihrem Rekurs bringt die beklagte Partei vor, ein Hinterlegungsgericht sei nicht wie ein Pflegschaftsgericht hinsichtlich Mündegelder verpflichtet, hinterlegte Beträge zinsbringend anzulegen, sondern könne auch einen hinterlegten Bargeldbetrag ohne Verständigung in einem Tresor verwahren oder auf ein Konto legen. Vorliegendenfalls habe der Erstkläger den hinterlegten Scheck schließlich auch angenommen und die Auszahlung erwirkt. Bis zur Ausfolgung der hinterlegten Sache bleibe das Eigentum daran beim Hinterleger. Somit gebührten ihm aber bis dahin auch die Früchte und Zinsen, wie dies in der Entscheidung AnwBl. 1982/6 (richtig: 1982, 336) ausgesprochen worden sei. Die Klage müßte daher abgewiesen werden.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu entgegnen:
Nach der Regelung des § 1425 ABGB steht es dem Schuldner zu, die "abzutragende Sache" bei Gericht zu hinterlegen, wenn die "Schuld" aus den im einzelnen angeführten Gründen nicht "bezahlt" werden kann. Der rechtmäßige Erlag befreit den Schuldner von seiner Verbindlichkeit.
Somit kommt einem rechtmäßigen Erlag nach § 1425 ABGB grundsätzlich schuldbefreiende Wirkung zu (siehe hiezu Reischauer in Rummel ABGB, Rz 25 zu § 1425; MietSlg. 29.210). Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit ist, daß der Schuldner die Leistung in der geschuldeten Art, d.h. auf die bedungene Weise, erbringt (Reischauer a.a.O. Rz 28; MietSlg. 29.210).
Ein Scheck ist kein gesetzliches Zahlungsmittel und muß daher von einem Geldgläubiger zur Schuldtilgung nicht entgegengenommen werden (5 Ob 672/81). Im Zweifel gilt ein Scheck jedenfalls als bloß zahlungshalber gegeben. Die Erfüllung tritt daher erst dann ein, wenn der Gläubiger den Gegenwert des Schecks erhält (3 Ob 635/81, 6 Ob 178/73, vgl. auch SZ 7/228, SZ 45/103; Gschnitzer in Klang2 VI, 378; SZ 53/74). Eine Pflicht zur Entgegennahme eines Schecks besteht nur bei Abschluß eines Scheckbegebungsvertrages (5 Ob 672/81).
Vorliegendenfalls hat die beklagte Partei nicht behauptet, daß zwischen den Streitteilen ein Scheckbegebungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Hinterlegung eines Verrechnungsschecks hatte demnach im Sinne der vorstehenden Ausführungen und der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes aber grundsätzlich keine schuldbefreiende Wirkung. Auch der spätere Antrag auf Ausfolgung des hinterlegten Verrechnungsschecks bedeutete noch nicht die nachträgliche Anerkennung einer sofortigen Schuldtilgungswirkung. Mangels Zahlung der offenen und unbestrittenen Provisionsforderung besteht im Sinne des Klagsvorbringens ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Forderung Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Zinsen. Die für die Berechnung eines solchen Zinsenentganges maßgeblichen Kriterien wurden vom Berufungsgericht zutreffend dargelegt, mangels diesbezüglicher Bekämpfung erübrigen sich nähere Ausführungen hiezu. Auf das weitere, die übrigen Klagsgründe - Anspruch auf die bei einem Bargelderlag angeblich zugunsten der Kläger angefallenen Zinsen; Bereicherung der beklagten Partei zufolge Zinsenersparnis - betreffende Rekursvorbringen der beklagten Partei war bei der dargestellten Rechtslage nicht einzugehen.
Dem ungerechtfertigten Rekurs mußte somit ein Erfolg versagt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E11349European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00679.86.0901.000Dokumentnummer
JJT_19870901_OGH0002_0020OB00679_8600000_000