TE OGH 1987/9/2 9ObA69/87

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Veröffentlicht am 02.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christian Kleemann und Erich Reichelt als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Hakki A***, Angestellter, Wien 7., Bernardgasse 13/5, vertreten durch Mag. DDr. Paul G. Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I*** Handelsgesellschaft mbH, Wien 8., Auerspergstraße 7, vertreten durch Dr. Walter Adam, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 156.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. April 1987, GZ 32 Ra 13/87-19, womit der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. Jänner 1987, GZ 2 Cr 2028/86-16, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit der am 13. Februar 1986 beim Arbeitsgericht Wien eingebrachten Klage begehrte der in Wien wohnhafte Kläger von der Beklagten, die ihren Sitz ebenfalls in Wien hat, die Zahlung eines Betrages von S 156.000 sA an Gehalt, Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung und anteiligen Sonderzahlungen. Er brachte vor, daß er bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter beschäftigt gewesen sei und das Dienstverhältnis wegen Nichtzahlung des Gehalts vorzeitig aufgelöst habe.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, da der Kläger niemals bei ihr angestellt, sondern nur Gesellschafter gewesen sei. Mit Beschluß vom 29. Oktober 1986 erklärte sich das Arbeitsgericht Wien für sachlich nicht zuständig; es hob das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Der Kläger sei Gesellschafter der Beklagten; es liege keine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis, sondern eine Streitigkeit aus einem Gesellschaftsverhältnis vor. Dafür seien jedoch nicht die Arbeits-, sondern die Handelsgerichte zuständig. Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes sei unprorogierbar.

Der Kläger stellte keinen Überweisungsantrag. Sein gegen diese Entscheidung erhobener Rekurs wurde vom Arbeits- und Sozialgericht Wien am 9. Jänner 1987 als verspätet zurückgewiesen, da er nicht innerhalb der Frist von 14 Tagen erhoben worden sei. Gegen diesen Beschluß erhob der Kläger unter Hinweis auf § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO wiederum Rekurs. Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Wien dem Rekurs nicht Folge. Das Rekursgericht verneinte zwar eine Versäumung der Rekursfrist durch den Kläger, hielt den Rekurs aber gemäß § 45 JN für unzulässig. Entscheidungen, mit denen ein Gericht nach Eintritt der Streitanhängigkeit seine sachliche Unzuständigkeit ausspreche, seien nur dann anfechtbar, wenn das Gericht, das nach dieser Entscheidung sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde habe. Für die Streitigkeit aus einem Gesellschaftsverhältnis sei aber gemäß § 51 Abs 1 Z 6 JN das Handelsgericht Wien zuständig, sohin ein Gericht, das seinen Sitz ebenso in Wien habe wie das Erstgericht. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der innerhalb 14tägiger Frist erhobene Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Arbeits- und Sozialgericht Wien zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 46 Abs 2 Z 2 ASGG; Kuderna ASGG S 228 f und 242); er ist aber nicht berechtigt. Da der Beschluß des Erstgerichtes, mit dem es seine sachliche Unzuständigkeit aussprach, noch vor dem Inkrafttreten des ASGG ergangen ist, kam zwar eine Anwendung des § 38 Abs 1 und 2 ASGG nicht in Betracht; wohl war aber § 4 ArbGG idF ZVN 1983 beachtlich, der eine Heilung der Unzuständigkeit im Sinne des § 104 Abs 3 JN vorsah (Fasching, ZPR Rz 2253). Ungeachtet der diesem Beschluß angelasteten und tatsächlich anhaftenden Mängel ist hier aber entscheidend, daß sich der Revisionsrekurs gegen einen Beschluß des Rekursgerichtes richtet, mit welchem dieses unter Hinweis auf § 45 JN die Zulässigkeit des Rechtsmittels ausschloß (§ 523 ZPO; Fasching ZPR Rz 2027). Das Erstgericht hatte diese Rechtsmittelbeschränkung nicht aufgegriffen, sondern seine Entscheidung über die Zurückweisung des Rekurses rechtsirrig nur auf eine Versäumung der Rekursfrist durch den Kläger gestützt. Auch wenn es im Ergebnis bei einer Zurückweisung des Rekurses geblieben ist, ändert dies nichts daran, daß die Zulässigkeit des Rekurses erst in zweiter Instanz geprüft und verneint wurde. Die zweitinstanzliche Zurückweisung des gegen die erstinstanzliche Zuständigkeitsentscheidung erhobenen Rekurses aus rein formellen Gründen ist kein Beschluß im Sinne des § 521 a Abs 1 Z 3 ZPO; dieses Rekursverfahren ist daher nicht mehr zweiseitig (6 Ob 591/86). Der Revisionsrekurswerber bezweifelt nicht, daß § 45 JN auch im Verhältnis zwischen Arbeitsgerichten und allgemeinen Zivilgerichten anwendbar war (vgl. JBl 1986, 333; 14 Ob 25/86). Er macht aber im wesentlichen geltend, daß die Rechtsmittelbeschränkung des § 45 JN dann nicht eingreifen könne, wenn im Spruch der die sachliche Zuständigkeit verneinenden Entscheidung das Gericht, das nach Ansicht des Erstgerichtes zuständig sein soll, nicht angeführt sei; es sei daher für ihn die Unzulässigkeit eines Rekurses nicht erkennbar gewesen.

Diese Rechtsauffassung ist der Bestimmung des § 45 JN idF ZVN 1983 nicht zu entnehmen. Das Erstgericht verneinte seine sachliche Zuständigkeit nach Eintritt der Streitanhängigkeit und führte aus, daß für eine Streitigkeit aus einem Gesellschaftsverhältnis nicht die Arbeitsgerichte, sondern "die Handelsgerichte" zuständig seien. Es trifft zwar zu, daß es damit nicht ausdrücklich das Handelsgericht Wien als das in derselben Gemeinde befindliche Gericht als zuständig benannte, doch ergibt sich dessen sachliche Zuständigkeit eindeutig aus § 51 Abs 1 Z 6 JN und dessen örtliche Zuständigkeit aus § 75 Abs 1 JN. Zweifel über die Zulässigkeit des Rekurses gegen die Zuständigkeitsentscheidung des Arbeitsgerichtes Wien hätten aber nur dann entstehen können, wenn mehrere sachlich zuständige Gerichte als örtlich zuständig in Betracht kämen und im Zurückweisungsbeschluß nicht ausdrücklich dasjenige genannt worden wäre, dessen Sitz in derselben Gemeinde ist. Hat aber das Gericht, das nach der Entscheidung über die Unzuständigkeit sachlich zuständig wäre, seinen Sitz in derselben Gemeinde, reicht es für den Rechtsmittelausschluß hin, daß dieses Gericht eindeutig bestimmbar ist. Insoferne ist der Oberste Gerichtshof der Lehrmeinung Faschings (ZPR Rz 232) nicht gefolgt (EvBl 1985/128; 6 Ob 591/86). Das Rekursgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung über die sachliche Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes Wien somit zutreffend gemäß § 45 JN als unanfechtbar angesehen. Zufolge der Unzulässigkeit des Rekurses gegen die Zuständigkeitsentscheidung kann auf die im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung nicht eingegangen werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12168

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:009OBA00069.87.0902.000

Dokumentnummer

JJT_19870902_OGH0002_009OBA00069_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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