TE OGH 1987/9/9 3Ob70/87

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Veröffentlicht am 09.09.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Ing. Wilhelm K***, Kaufmann, und 2) Walpurga K***, Hausfrau, beide Wien 3.,Jauresgasse 1, und vertreten durch Dr. Hans Litschauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei VVB V*** V*** Landstraße-Leopoldau, Aspern und Kagran reg.Gen.mbH, Wien 9., Währingerstraße 61, vertreten durch Dr. Peter Klein, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen eine Exekution wegen 252.369 S sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5. März 1987, GZ 1 R 245/86-33, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 23.September 1986, GZ 14 Cg 23/84-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird unter Berichtigung der Parteibezeichnung des Erstklägers von "Ing. Willibald K***" auf "Ing. Wilhelm K***" bestätigt.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 10.929 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 906,34 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit gerichtlichem Vergleich vom 7.10.1970, 25 Cg 12/69 des Handelsgerichtes Wien verpflichteten sich die beiden Kläger zur ungeteilten Hand, der beklagten Partei 300.000 S samt 6 % Zinsen seit 1.1.1969 in monatlichen Raten zu 2.000 S, erstmals am 15.11.1970, zu zahlen (Punkt 1). Wenn die Kläger mit der Zahlung von drei Monatsraten im Rückstand sind, sollte Terminsverlust eintreten (Punkt 2). Der Betrag sollte wertgesichert geschuldet werden, wobei die Raten jeweils nach der letzten Veröffentlichung ab einer 10-%igen Änderung der Verbraucherpreisindexzahl im selben Verhältnis geändert werden sollten. Im Hinblick auf diese Wertsicherung sollten sich auch die monatlichen Raten entsprechend verändern (Punkt 3). Wenn die Kläger 150 Monatsraten (wertgesichert) bezahlen, ohne daß Terminsverlust eingetreten ist, sollte der Restbetrag - das sind die Zinsen - erlassen sein (Punkt 4).

Falls kein Terminsverlust eingetreten sein sollte, haben die Kläger den Vergleichsbetrag samt Wertsicherung inzwischen voll bezahlt.

Die beklagte Partei machte Terminsverlust geltend, und es wurde ihr zu 25 Cg 12/69 des Handelsgerichtes Wien zur Hereinbringung von 252.369 S samt Anhang Fahrnisexekution und Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung bewilligt.

Zwischen den Parteien herrscht kein Streit über die Berechnung des betriebenen Betrages für den Fall, als Terminsverlust eingetreten sein sollte.

Mit der vorliegenden Oppositionsklage machen die Kläger aber geltend, daß der Anspruch aus dem erwähnten Vergleich mangels eingetretenen Terminsverlustes erloschen sei. Die beklagte Partei beantragt unter Berufung auf den Terminsverlust die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und

sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Tatsachenfeststellungen:

Die Kläger blieben zunächst die zwei im Jahr 1970 geschuldeten Raten schuldig, welcher Rückstand von 4.000 S bis zum kritischen Jahr 1976 fortbestand.

Aus der Erhöhung der Raten durch die Wertsicherung entstand ein weiterer Rückstand von 474,34 S (das sind 220,87 S aus dem Jahr 1972, weil die Kläger ab Juli 1972 statt 2.220,87 S nur 2.000 S zahlten und am 13.1.1973 nur fünf statt sechs Wertsicherungsbeträge a 220,87 S = 1.104,35 S nachzahlten, und weitere 253,91 S aus dem Jahr 1973, weil die Kläger die ab Dezember 1973 fällige Erhöhung auf 2.474,78 S erst ab Jänner 1974 zahlten, das sind zusammen 474,78 S abzüglich 44 Groschen aus zwei aufgerundeten Zahlungen von 2.475 S). Als die Indexzahl im Dezember 1974 neuerlich um mehr als 10 % stieg, erhöhten sich ab Jänner 1975 die Raten von 2.474,78 S auf 2.725,22 S. Mit Schreiben vom 23.12.1975 teilte die beklagte Partei den Klägern dies mit und forderte für die Monate Dezember 1974 bis Dezember 1975 den Rückstand von 13 x 250,44 S = 3.255,72 S ein (wozu zu bemerken ist, daß für diese Zeit nur ein Rückstand von 12 x 250,44 S bestand). Die Kläger reagierten auf dieses Schreiben zunächst nicht und zahlten weiterhin nur 2.474,78 S. Per 15.3.1976 betrug daher der Gesamtrückstand schon 8.230,94 S (das sind die schon erwähnten 4.000 S und 474,34 S zuzüglich 15 mal 250,44 S = 3.756,60 S).

Ab April 1976 wurde die monatliche Rate durch die Wertsicherung von 2.725,22 S auf 3.012,17 S erhöht. Der Gesamtrückstand stieg daher zum 15.4.1976 auf 8.768,33 S (das sind die schon erwähnten 8.230,94 S zuzüglich 537,39 S Differenz zwischen fälligen 3.012,17 S und bezahlten 2.474,78 S). Damit war erstmals ein Rückstand von mehr als drei Raten gegeben (nämlich zweimal 2.725,22 S für Februar und März 1976 und einmal 3.012,17 S für April 1976 = 8.462,61 S) und damit Terminsverlust eingetreten.

Mit Schreiben vom 27.4.1976 mahnte die beklagte Partei von den Klägern einen offenen Betrag an Wertsicherungserhöhungsbeträgen von 4.010,51 S (das sind 16 x 250,44 S = 3.756,60 S zuzüglich 253,91 S aus dem Monat Mai 1974) und unter Bezugnahme auf die zwei von Anfang an rückständigen Raten weitere 6.024,34 S (das sind 2 x 3.012,17 S) ein.

Mit Schreiben vom 31.5.1976 machte die beklagte Partei mit der Behauptung, die Kläger hätten die Mairate 1976 erst am 19.5.1976 eingezahlt, erstmals Terminsverlust geltend. Mit Schreiben vom 11.7.1978, 16.7.1980 und 16.3.1982 wiederholte die beklagte Partei, daß sie auf dem Terminsverlust bestehe und aus der Entgegennahme der laufenden Zahlungen nicht auf einen Verzicht hierauf geschlossen werden dürfe.

Das Berufungsgericht übernahm diese Feststellungen und ergänzte sie durch Einsichtnahme in den Akt 5 C 1333/76 des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien dahin, daß in diesem Verfahren nicht festgestellt worden sei, es sei bis zum Schluß der Verhandlung in diesem Verfahren kein Terminsverlust eingetreten. Festgestellt worden sei lediglich die Gesamtfälligkeit per 19.10.1976 von 171.890,42 S gegenüber den Gesamtzahlungen von 163.391,24 S und damit ein Saldo von 8.499,18 S (diesem Rechtsstreit lag ursprünglich ein Klagebegehren von 4.010,51 S laut dem oben schon erwähnten Mahnschreiben vom 27.4.1976 zugrunde, auf welchen Betrag die Kläger am 23.6.1976 gemäß ihrem Schreiben vom 25.5.1976 einen Teilbetrag von 3.281,82 S bezahlten, wobei die Kläger damit die Wertsicherung für 15 Monate x 250,44 S = 3.756,60 S abzüglich eines vermeintlichen Guthabens von 220,87 S aus Juni 1972 und 253,91 S aus November 1973 zahlen wollten).

Beide Vorinstanzen waren der Auffassung, daß die Oppositionsklage wegen des im April 1976 eingetretenen Terminsverlustes unberechtigt sei. Objektiver Verzug genüge. Die Geltendmachung des Terminsverlustes mit Schreiben vom 31.5.1976 sei ausreichend. Die Berechnung der Wertsicherung habe den Klägern selbst oblegen. Es könne ihnen daher nach Mahnung durch die beklagte Partei auch nicht eine zusätzliche Überprüfungs- oder Zahlungsfrist eingeräumt werden. Weder dem Vergleich noch der tatsächlichen Vorgangsweise der Parteien könne entnommen werden, daß eine Addition der Grundraten und der Wertsicherungsbeträge nicht stattzufinden habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Im Zweifel muß bei Wertsicherungsvereinbarungen der vorliegenden Art der Wertsicherungsbetrag vom Schuldner berechnet werden (RdW 1983, 105). Aber auch wenn man aus der durch mehrere Jahre zwischen den Parteien geübten Vorgangsweise eine stillschweigende Vereinbarung ableiten wollte, daß die beklagte Partei zur Einmahnung des Wertsicherungsbetrages verpflichtet gewesen sei (vgl ZBl 1933/48), ist damit für die Kläger nichts zu gewinnen; denn selbstverständlich bedeutet dies nicht, daß die Wertsicherung überhaupt erst ab Bekanntgabe der Erhöhung eintritt. Es läge dann bis zur Bekanntgabe nur kein Verzug vor. Aber ab der Bekanntgabe wären die Kläger jeweils gehalten, unverzüglich den entstandenen Rückstand abzudecken. Das Argument, zumindest die Zweitklägerin sei nicht rechtskundig, ist aus diesem Grund verfehlt, denn die beklagte Partei hat den Klägern ohnedies die jeweils fälligen Wertsicherungsbeträge bekanntgegeben.

Die Kläger waren daher nicht berechtigt, nach Erhalt des Schreibens vom 22.12.1975 weiterhin durch mehrere Monate nur monatlich 2.474,75 S zu zahlen und die Nachzahlung der rückständigen Aufwertungsbeträge zu unterlassen. Als am 15.4.1976 der Rückstand insgesamt mehr als drei Raten betrug, waren die Voraussetzungen für den Terminsverlust ohne Zweifel eingetreten. Dies gilt auch dann, wenn man vom Gesamtrückstand von 8.768,33 S den Betrag von 286,95 S (Differenz zwischen den für April 1976 schon geschuldeten, aber noch nicht eingemahnten 3.012,17 S und den schon bekanntgegebenen 2.725,22 S) abzieht, also beim Rückstand zugunsten der Kläger nicht von der geschuldeten, sondern nur von den schon eingemahnten Beträgen ausgeht, hingegen bei der Berechnung des Drei-Raten-Betrages zugunsten der Kläger von der noch nicht eingemahnten vollen Aprilrate.

Dem Schreiben der beklagten Partei vom 31.5.1976 ist nicht zu entnehmen, daß die beklagte Partei den Terminsverlust ausschließlich auf den Umstand gestützt habe, daß die Kläger den Betrag von 2.474,75 S nicht am 15.5.1976, sondern erst am 19.5.1976 bezahlt hätten ("abgesehen davon...."). Dazu kommt, daß nach den von den Klägern selbst verfaßten Aufzeichnungen im Mai 1976 wiederum nur 2.474,75 S statt 3.012,17 S bzw statt der jedenfalls fälligen 2.725,22 S bezahlt wurden, und daß darüber hinaus die Zahlung - und zwar ausgehend vom Aufgabetag, nicht etwa vom Tag des Einlangens bei der beklagten Partei - nicht termingerecht am 15.5.1976, sondern erst am 19.5.1976 erfolgte (Beilage C). Auch im Mai 1976 bestand daher immer noch die Voraussetzung für den Terminsverlust, und zwar einerseits wegen der offenen Wertsicherungsbeträge und darüber hinaus auch wegen der verspäteten Zahlung der Mairate. Von fehlender Geltendmachung des Terminsverlustes kann daher keine Rede sein. Aktenwidrigerweise machen die Kläger geltend, die Vorschreibung der Wertsicherung sei erst mit Schreiben vom 31.5.1976 erfolgt. Dies betrifft nur die schon mehrfach erwähnte Aprilrate 1976; die bis einschließlich März 1976 geschuldeten Beträge wurden hingegen schon mit Schreiben vom 23.12.1975 bekanntgegeben.

Erst durch die Nachzahlung vom 23.6.1976 sank der offene Saldo wieder auf einen Betrag, der unter drei aufgewerteten Monatsraten lag; in der Folge kam es allerdings nie mehr dazu, daß die Kläger mit mehr als drei Monatsraten im Rückstand waren.

Auch die insgesamt betrachtet geringfügige und nur relativ kurze Zeit bestehende Überschreitung des Drei-Raten-Rückstandes berechtigte die beklagte Partei zur Geltendmachung des Terminsverlustes. Es liegt nicht der Normalfall eines Terminsverlustes etwa im Sinne des § 13 KSchG vor, sondern den Klägern wurde im Vergleichswege ein Nachlaß (zumindest der Zinsen) gewährt, sofern sie ihren Verpflichtungen fristgerecht nachkommen würden. In einem solchen Fall führt die Auslegung im Zweifel dazu, daß die für den Terminsverlust vereinbarten Folgen schon auf Grund einer verhältnismäßig geringfügigen Verzögerung geltend gemacht werden können (vgl. Mayrhofer-Ehrenzweig, Schuldrecht Allg Teil 376; HS 593/60; vgl. auch Entscheidungen wie MietSlg 5.800 und SZ 38/49). Es handelt sich nicht nur um eine "geringe Ungenauigkeit" der Leistung (vgl Stanzl in Klang2 IV/1, 698), sondern die Kläger haben durch viele Jahre zwei Raten von vorneherein und dann auch trotz Einmahnung die Wertsicherung nicht bezahlt. Zu diesem eher groben Zahlungsverzug traten dann vielleicht entschuldbare Berechnungsfehler der Kläger (die in ihrer Aufstellung vor allem den Fehler machten, die Wertsicherungserhöhung für das Jahr 1972 zu spät anzusetzen, sodaß sich immer ein zu geringer offener Saldo ergab) und ein Versäumen des Zahlungstermins vom 15.5.1976 um einige Tage hinzu, aber alles in allem haben die Kläger durch lange Zeit nicht etwa alles vorgekehrt, um die Raten pünktlich und in richtiger Höhe zu zahlen, und nicht nur ausnahmsweise einmal einen Fehler begangen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger annehmen konnten, die beklagte Partei würde sich auch mit niedrigeren Raten begnügen. Nach der gegenseitigen Verrechnungspraxis nahm die beklagte Partei immer eine gewisse Zeitlang die zu niedrigen Raten entgegen und gab dann die Höhe der neuen Raten ab einem schon in der Vergangenheit gelegenen Zeitpunkt bekannt und forderte die Zahlung des Rückstandes für die Vergangenheit und der erhöhten Raten für die Zukunft; diesem Vorgang haben die Kläger nie widersprochen. Es liegt also hier nicht der Fall einer vorbehaltlosen Annahme einer unvollständigen Leistung als Erfüllung vor, aus der die Kläger einen schlüssigen Verzicht auf die Geltendmachung der Wertsicherung oder des Wiederauflebens der vollen Forderung ableiten könnten (vgl HS 8298 ua), sondern die festgestellte Vorgangsweise zwischen den Streitteilen bedeutete vielmehr gerade das Gegenteil (Mayrhofer-Ehrenzweig, Schuldrecht, Allg Teil, 376 f). In der Regel ist bei einer Wertsicherungsklausel davon auszugehen, daß der Aufwertungsbetrag in jeder Hinsicht als Teil der wertgesicherten Forderung, nicht etwa nur als deren Nebenforderung zu behandeln ist (Ertl, Inflation, Privatrecht und Wertsicherung, 116). Im vorliegenden Fall ist aber auch noch auf den unmißverständlichen Text des Vergleiches selbst hinzuweisen ("im Hinblick auf diese Wertsicherung verändern sich auch die Monatsraten entsprechend"). Die gesonderte Einklagung der Wertsicherungsbeträge durch die beklagte Partei war deshalb nötig, weil hiefür im Gegensatz zu den Grundraten noch kein Exekutionstitel zur Verfügung stand. Es kann daraus aber nicht abgeleitet werden, daß die beklagte Partei die Wertsicherungsbeträge unabhängig von der Grundrente als eine besondere Forderung betrachten wollte.

Die Berechnung der Wertsicherungsbeträge selbst wurde von den Klägern nie in Zweifel gezogen, sondern auch in ihrer Korrespondenz ausdrücklich anerkannt. Es muß daher nicht darauf eingegangen werden, wie die vereinbarte Schwellklausel auszulegen ist oder welche Bedeutung einer Differenz zwischen der am Fälligkeitstag zuletzt verlautbarten Indexzahl und der vielleicht erst später modifizierten endgültigen Indexzahl (die Kläger haben übrigens nie behauptet, daß es je zu einer solchen Differenz wirklich gekommen sei) zukommen könnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12044

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0030OB00070.87.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19870909_OGH0002_0030OB00070_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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