Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Felzmann, Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bachinger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Otto H*** wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146 f. StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 14.Jänner 1987, GZ. 12 b Vr 3.781/81-364, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Otto Hermann H*** ist des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 1 (Z. 1) und 3 StGB schuldig erkannt worden. Darnach hat er als Geschäftsführer der "L***-Holz-Handelsgesellschaft m.b.H." in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit Brigitte H*** in Wien mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich und die genannte Gesellschaft unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der "N*** O*** F*** T*** A*** V***", Tripolis, und der
C***-B***, Wien bzw. der Ö***
L*** AG, Wien, durch die Vorspiegelung, die "L***-Holz-Handelsgesellschaft m.b.H." sei willens und in der Lage, 10,918.764 Kubikmeter österreichisches Bauholz zu Längen von 3 und 4 Metern zu liefern bzw. habe diese Menge Holz bereits zur Auslieferung gebracht, und unter Benützung nachgemachter Seeladescheine, zur Eröffnung zweier Akkreditive über je 13,250.000 S und zu deren Einlösung verleitet. Im Zusammenhang wurde die Firma "N*** O*** F*** T*** A*** V***" um
insgesamt 27,500.564 S geschädigt, indem H*** im Sommer 1979 Verfügungsberechtigte der Firma "N*** O*** F*** T*** A*** V***" zum Abschluß eines Liefervertrags und zur Erstellung der Akkreditive verleitete, am 24.Oktober 1979 die beiden Akkreditive bei der C***-B*** bzw. der Ö***
L*** AG im Weg der C***- UND W*** AG, Wien, einlösen ließ und Brigitte H*** vor dem 24.Oktober 1979 die für die Akkreditiveinlösung notwendigen inhaltlich unrichtigen Urkunden im Namen der "L***-Holz-Handelsgesellschaft m.b.H." ausstellte. Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten in Geltendmachung des § 281 Abs. 1 Z. 4 und 5 (der Sache nach auch Z. 9 lit. a) StPO.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge (Z. 4) releviert die Abweisung des schon früher gestellten und in der letzten Hauptverhandlung am 14. Jänner 1987 aufrechterhaltenen Antrags (Band VI S. 133, 135 f., 172, 226) auf neuerliche Ladung und Vernehmung des Zeugen Mohamed (el) S***. Dem betreffenden Hauptverhandlungsprotokoll zufolge wurde dieser Zeuge auf die nach den Gegebenheiten einzig erfolgversprechende Weise geladen, indem nämlich der Privatbeteiligtenvertreter Dr.Karl B***, der im Dezember 1986 nach Libyen reiste, die gerichtliche Vorladung mitnahm und sie, was er in der Hauptverhandlung bestätigte (Band VI S. 224 f.), dem damals im Zentralen Gerichtsgebäude in Tripolis (Libyen) befindlichen Zeugen am 29.Dezember 1986 persönlich ausfolgte. Er tat dies auch bezüglich des Libyers Mohamed Salim EL M*** (Band VI S. 223 f.), der dann zur Hauptverhandlung vom 14.Jänner 1987 als Zeuge erschienen ist (Band VI S. 201). Der Zeuge Mohamed (el) S*** hingegen ist trotz Entgegennahme der Zeugenladung der letztangeführten Hauptverhandlung ferngeblieben. Die vom Verteidiger des Angeklagten beantragte neuerliche Ladung war im Hinblick darauf nicht erfolgversprechend, daß der Zeuge zur Ablegung einer Aussage offenbar nicht nach Österreich kommen kann oder will und mangels Kenntnis seiner derzeitigen Anschrift in Libyen - mit welchem Staat im übrigen keine eine Zeugenvernehmung regelnden Rechtshilfeabkommen bestehen - auch nicht ausgeforscht und zu einer Zeugenaussage verhalten werden kann (siehe hiezu die Urteilsgründe Band VI S. 303). Mithin handelte es sich bei der in Kenntnis dieser Umstände begehrten Zeugenschaft des Genannten um eine von vornherein unmögliche Beweisaufnahme, deren Nichtdurchführung den geltend gemachten oder einen anderen Nichtigkeitsgrund nicht zu begründen vermag (vgl. dazu u.a. Mayerhofer-Rieder Nr. 102 und 104 zu § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO). Wird nun - wie hier - eine von vornherein gar nicht durchführbare Beweiserhebung beantragt, so fehlt eine prozeßordnungsgemäße Antragstellung (13 Os 113/84, 13 Os 172/84, 13 Os 202/84).
Der Mängelrüge (Z. 5) ist zu erwidern, daß die Feststellung, ob es irgendwo zu weiteren persönlichen Kontakten zwischen dem Angeklagten und den beiden libyschen Zeugen gekommen ist, in dieser allgemeinen Form nicht relevant ist. Auch eine Widersprüchlichkeit ist in diesem Zusammenhang nicht erkennbar.
Soweit die Konstatierung vermißt wird, ob und welche Vereinbarungen außerhalb der schriftlichen Dokumente zwischen dem Angeklagten und der libyschen Staatsfirma existierten (Band VII S. 131), wird der Sache nach ein Feststellungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO) geltend gemacht, aber ebensowenig gesetzmäßig ausgeführt, weil der Nichtigkeitswerber übergeht, d.h. nicht zur Kenntnis nimmt, daß eine gegenteilige Feststellung ausdrücklich getroffen wurde: Daß es nämlich keine solchen Vereinbarungen oder Nebenabreden gegeben hat (Band VI S. 250).
Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht ausführliche Konstatierungen über das Verhältnis des Angeklagten zu den im Urteil bezeichneten liechtensteinischen Firmen getroffen (Band VI S. 238, 240 f., 275 f., 280 f.). Auch der Betrugsvorsatz ist klar festgestellt worden (Band VI S. 244, 304 im Zusammenhang mit allen übrigen Urteilsfeststellungen). Schließlich wurde im Urteil, und zwar wiederholt, ausgesprochen, daß der Untergang des Schiffs vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt war (Band VI S. 245 f., 283 ff. und 299). Auch dieser Teil der Rüge erscheint daher, weil in vielfacher flagranter Vernachlässigung des fest umrissenen Rahmens des Urteilssachverhalts letztlich nur die freie Beweiswürdigung der Tatrichter angegriffen wird, nicht gesetzmäßig ausgeführt. Da sohin weder die angerufenen noch sonst einer der im § 281 Abs. 1 Z. 1 bis 11 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe zu prozeßordnungsgerechter Darstellung gebracht wurden, war die Beschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z. 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z. 2 StPO). Mangels einer Sachentscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde entfällt die - ausnahmsweise - Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs zur Erledigung der Berufung (§ 296 StPO), weshalb die Akten dem Oberlandesgericht Wien als zuständigem Gerichtshof zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung zuzuleiten waren (RiZ. 1970 S. 17, 18; 1973 S. 70; EvBl. 1981 Nr. 46; JBl. 1985 S. 565; RiZ. 1987/48 S. 180, linke Spalte, u.a.).
Anmerkung
E11958European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0130OS00105.87.0910.000Dokumentnummer
JJT_19870910_OGH0002_0130OS00105_8700000_000