TE OGH 1987/9/10 12Os112/87

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Veröffentlicht am 10.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.September 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bernscherer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans Georg K*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. November 1986, GZ 21 Vr 573/85-133, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 37-jährige Hans Georg K*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruchs (Punkt I/ des Urteilssatzes) hat er mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, welche diese an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden (insgesamt) 100.000 S überstieg, und zwar

1. in Graz Anna Z***

a) im Oktober 1984 durch die Vorgabe, er benötige Geld für eine Nachzahlung beim Finanzamt und werde das Darlehen innerhalb von 8 Monaten zurückzahlen, zur Herausgabe eines Betrages von 100.000 S,

b) am 6.Juni 1985 durch die Vorgabe, den Betrag bis 10.Juni 1985 wieder zurückzuzahlen, zur Herausgabe eines Betrages von 30.000 S;

2. am 5.März 1984 in Amsterdam auf dem Flughafen Schiphol durch die Vorgabe, er habe sein Gepäck verloren und er müsse dringend nach England und er werde das Geld aus England telegrafisch überweisen, Isabell Corina B*** zur Übergabe eines Betrages von 250 US-Dollar (ca. 4.000 S);

3. zwischen dem 5.Juni und dem 17.Juli 1984 in Uttendorf in mehreren Angriffen durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, Hermann L*** zur Herausgabe von Waren im Werte von 7.633,37 S;

4. im Oktober/November 1984 in Graz in mehreren Angriffen durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, Ing. Raimund R*** zur Herausgabe von Waren im Werte von

10.224 S;

5. am 15.Mai 1985 in Salzburg durch die Vorgabe, er werde den Kaufpreis am nächsten Tag überweisen, Johann D*** zur Herausgabe eines goldenen Damenringes im Werte von 1.700 S;

6. am 17.Feber 1985 in Graz durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, Franz L*** zur Herausgabe eines Farbfernsehgerätes der Marke Luxor im Werte von

12.500 S, wobei der Schaden infolge Nichtzahlung 8.500 S betragen hat;

7. am 3.Juni 1985 in Salzburg durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Kunde zu sein, Quirin P*** zur Herausgabe eines Rockes und zweier Blusen im Werte von 2.064 S, wodurch einem Verfügungsberechtigten der Firma Herbert F*** ein Schaden in dieser Höhe entstanden ist;

8. im April 1985 in Salzburg durch die Vorgabe, das von ihm an Dr. S*** zu liefernde Autotelefon werde zur Gänze bezahlt, Angestellte der Firma C***-Nachrichtentechnische Anlagen GmbH zur Herausgabe eines Autotelefons im Werte von 48.120 S, wobei infolge Nichtzahlung einem Verfügungsberechtigten des genannten Unternehmens ein Schaden von 30.120 S entstanden ist.

Von weiteren Anklagepunkten (wegen Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht und wegen Vergehens der Verleumdung) erging ein (unangefochten gebliebener) Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 4 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; gegen den Strafausspruch hat er Berufung ergriffen.

Rechtliche Beurteilung

Eine Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer (zunächst) darin, daß die Zeugin Anna Z*** ohne vorherige Belehrung über ihr Entschlagungsrecht gemäß § 152 Abs. 1 Z 1 StPO vernommen wurde, wiewohl dem Gericht bekannt gewesen bzw. die Vermutung nahegelegen sei, daß sie "eine" Lebensgefährtin des Angeklagten ist. Demgegenüber hatte die genannte Zeugin bereits vor dem Untersuchungsrichter angegeben, zum Beschuldigten "fremd" zu sein (S 167/Bd. III), während sie sodann in der Hauptverhandlung vom 31.Oktober 1986 ausdrücklich erklärte, niemals die Lebensgefährtin des Angeklagten gewesen zu sein (S 275/Bd. III). Selbst wenn aber von der Darstellung des Angeklagten in der Hauptverhandlung - vor dem Untersuchungsrichter hatte er zwar von einem intimen Verhältnis mit Z***, nicht jedoch von einer Lebensgemeinschaft gesprochen

(S 22 d/Bd. I) - ausgegangen wird (S 259/Bd. III), so kann daraus lediglich abgeleitet werden, daß seinerzeit zwischen ihm und Z*** eine Lebensgemeinschaft bestanden hat ("... ich war der Lebensgefährte von ihr ..."), nicht aber, daß dies auch noch im Zeitpunkt der Einvernahme der Genannten als Zeugin in der Hauptverhandlung am 31.Oktober 1986 der Fall ist, was insofern mit den Bekundungen der Genannten im Einklang steht, wonach sie den Angeklagten nach dem 6.Juni 1985 nicht mehr gesehen habe (S 278/Bd. III; so schon vor der Polizei am 24.August 1985 S 419/Bd. II; vgl. hiezu auch die Angaben des Angeklagten S 260/Bd. III). Eine im Zeitpunkt der Vernehmung aber nicht mehr existente Lebensgemeinschaft vermag keine Rechtswirkungen in der Bedeutung des § 152 Abs. 1 Z 1 StPO nach sich zu ziehen (vgl. EvBl. 1976/221; 9 Os 103/77; 12 Os 48/87).

Die behauptete Nichtigkeit haftet somit dem Urteil nicht an. Soweit in diesem Zusammenhang überdies gerügt wird, die Zeugin Z*** wäre vor ihrer Einvernahme zu beeiden gewesen, so geht dieser Einwand schon deshalb fehl, weil die damit der Sache nach reklamierte Verletzung des § 247 Abs. 2 StPO keine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 3 StPO zu begründen vermag (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 16 zu § 247).

Als Verfahrensmangel im Sinn der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO macht die Beschwerde geltend, das Gericht habe durch die Abweisung der Beweisanträge auf Einvernahme des Dr. H***, des UnivProf.Dr. S*** und des UnivProf. Dr. L*** als Zeugen Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt; auch diese Rüge versagt.

Die Einvernahme des Arztes Dr. H*** hatte der Angeklagte in der Hauptverhandlung am 31.Oktober 1986 "zum Beweis seiner Zurechnungsunfähigkeit" unter Hinweis auf dessen Befragung vor der Polizei, bei welcher er angegeben habe, dem Angeklagten seit November 1984 täglich Suchtgift zu verschreiben, beantragt (S 295/Bd. III). In der fortgesetzten Hauptverhandlung am 28. November 1986 hatte er sodann (ua) den Antrag gestellt, die sachverständigen Zeugen Dr. S*** und Dr. L*** zum Beweis dafür zu vernehmen, "daß sie aufgrund ihrer persönlichen Wahrnehmungen und der Behandlung Angaben machen können, daß der Angeklagte K*** dispositions- und diskretionsunfähig war über einen längeren Zeitraum und auch im Zeitraum der inkriminierten Taten, zumindest aber, daß der Angeklagte in diesem Zeitraum aufgrund der Einnahme von starken Schmerzmitteln und Opiaten in einer euphorischen und lebensfremden Welt gelebt hat, daß er immer davon ausging, daß es mit ihm zum Besten stehe und er die gesetzten Ziele leicht erreichen könne, und daß er aufgrund der Einnahme dieser Schmerzmittel und Opiate nicht bewußt gehandelt hat" (S 385, 386/Bd. III).

Das Schöffengericht begründete (im Urteil) die Abweisung der in Rede stehenden Beweisanträge damit, daß einerseits (zu den angeführten Beweisthemen) ein ausreichendes Gutachten des beigezogenen Sachverständigen (UnivProf. Dr. H***) vorliegt, andererseits der Angeklagte selbst eine Zurechnungsunfähigkeit gar nicht ernstlich behauptet hat und letztlich auch entsprechende Zeugenaussagen vorliegen, wobei diese Zeugen bei den einzelnen "Geschäften" mit dem Angeklagten selbst zu tun hatten (US 23, 24). Was zunächst die begehrte Einvernahme des Arztes

Dr. H*** betrifft, so hat der beigezogene psychiatrische Sachverständige Dr. H*** in seinem schriftlichen Gutachten vom 26. November 1986 (ON 127), auf welches er sich auch in der Hauptverhandlung am 28.November 1986 bezog (S 379/Bd. III), ausdrücklich die Angaben Dris. H*** vor der Bundespolizeidirektion Salzburg (Bericht S 79/Bd. II) berücksichtigt, mithin bei der Erstattung seines Gutachtens in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (S 315, 318/Bd. III); sowohl in diesem Gutachten als auch im Vorgutachten vom 27.November 1985 (ON 83) wird ausgeführt, daß der Beschwerdeführer Alodan-süchtig war, was im übrigen der Angeklagte selbst stets eingeräumt hat. Auch im Rahmen des mündlich erstatteten Gutachtens (S 379 ff/Bd. III) hat der Sachverständige die aktenkundige Suchtmittelabgabe an den Angeklagten berücksichtigt und gutächtlich verwertet. Bei dieser Sachlage war aber, wie das Schöffengericht zutreffend erkannte, eine weitere sachdienliche Aufklärung über erhebliche Tatsachen (§ 254 Abs. 1 StPO) durch die begehrte Einvernahme Dris. H*** - über dessen ohnehin bereits aktenkundigen (und in der Hauptverhandlung verlesenen; vgl. S 386, 387/Bd. III) Angaben (S 215 f/Bd. II sowie Ablichtung der Krankengeschichte in ON 117) hinaus - nicht zu erwarten (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 73, 74 zu § 281 Z 4).

Gleiches gilt auch für die beantragte Vernehmung von UnivProf. Dr. S*** und UnivProf. Dr. L*** als sachverständige Zeugen, auf deren gutächtliche Äußerungen in einem anderen Strafverfahren (vgl. hiezu insb. die Ablichtung des Schreibens Dris. H*** vom 2. August 1985 in ON 120, verlesen in der Hauptverhandlung S 387/Bd. III, sowie das mündliche Gutachten Dris. H*** in der Hauptverhandlung am 28.November 1986, S 381/Bd. III) der beigezogene Sachverständige ebenfalls bei der Begutachtung eingegangen ist. Was darüber hinaus durch die begehrten Einvernahmen noch sachdienlich unter Beweis gestellt werden sollte, ist dem Beweisantrag nicht zu entnehmen.

Mithin konnten die begehrten Beweisaufnahmen - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben, weshalb der reklamierte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Nur der Vollständigkeit halber sei beigefügt, daß mit dem Hinweis auf den Freispruch des Angeklagten vom Anklagevorwurf der Verleumdung für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen ist; erfolgte dieser Freispruch doch deshalb, weil das Gericht die subjektive Tatseite (wissentlich falsche Beschuldigung) als nicht erwiesen annahm, nicht aber mangels Schuld.

Was letztlich die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) anlangt, welche sich (nur) gegen die Punkte I/2 (Betrug an Isabell Corina B***) und I/3 (Betrug an Hermann L***) richtet, so entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung. Zum einen negiert der Beschwerdeführer nämlich die in beiden Fakten konstatierten Täuschungshandlungen gegenüber B*** und L***, wie sie sich aus dem Urteilsspruch in Verbindung mit den Entscheidungsgründen ergeben (US 2, 9, 10); zum anderen ist dem Urteil aber in seiner Gesamtheit auch mit entsprechender Deutlichkeit zu entnehmen, daß dem Angeklagten in beiden Fällen (im Falle I/2 konnte sich das Gericht insoweit auch auf dessen Geständnis stützen) ein Anspruch auf Vermehrung seines Vermögens nicht zustand, sein Vorsatz mithin auf unrechtmäßige Vermögensvermehrung (Bereicherung) gerichtet war (US 1, 23). Die Rüge geht daher nicht vom gesamten Urteilssachverhalt aus.

Demnach war die Nichtigkeitsbeschwerde - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - teils als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E11927

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0120OS00112.87.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19870910_OGH0002_0120OS00112_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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