Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Petrag, Dr. Kodek und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hilde N***, Inhaberin einer Maschinenfabrik, D-4902 Bad Salzuflen-Holzhausen, Werkstraße 2, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Nikolaus Schindler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Horst W***, Kaufmann, 1140 Wien, Linzerstraße 76, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen DM 81.607,50 s.A. (= öS 573.537,51) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Mai 1987, GZ. 1 R 73/87-46, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Dezember 1986, GZ. 14 Cg 20/86-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.456,15 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.459,65 Umsatzsteuer und S 2.400 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Hans N***, dessen Maschinenfabrik nun die Klägerin als Erbin (ON 7 S 33) weiterführt, hat im Jahre 1979 an die Firma B*** & B*** in Hamburg Maschinen zur Herstellung von Gläserverschlüssen (eine sogenannte "Twist-Off"-Anlage) verkauft und dabei eine Garantiefrist von 12 Monaten ab Übergabe der Ware an den Abnehmer eingeräumt. Die Firma B*** & B*** übernahm die Maschine unbeanstandet im November 1979 und veräußerte sie in der Folge an den Beklagten weiter. Dieser lieferte sie an die in der C*** ansässige Firma O***, die die Maschine am 26. Juni 1980 ordnungsgemäß übernahm. Im März 1981 teilte der Beklagte der Firma B*** & B*** mit, daß sein Kunde über Probleme im Betrieb der Anlage klage. Die Firma B*** & B*** teilte dies ihrerseits der Klägerin als Herstellerin mit. Wegen ihres großen Interesses an weiteren Ostexporten erklärte sich die Klägerin bereit, an einer gemeinsamen Besprechung an Ort und Stelle beim Kunden des Beklagten teilzunehmen. Am 25. Juni 1981 fand in den Werksräumen der Firma O*** in Nove Mesto nad Vahem eine Besichtigung der Anlage und eine Besprechung aller Beteiligten statt. Daran nahmen die Klägerin und Ing. Werner E***, der Beklagte, für die Firma O*** Milan S***, Ing. Peter S*** und Ing. Jan K***, von der Generaldirektion SPP in Preßburg die Herren Ing. Ladislav K***, Ing. Jan C*** und Ing. Theodor P*** sowie von S*** ein Herr S***
teil. Neben der Erörterung der Umrüstung auf ein anderes Deckelformat wurde dabei vereinbart, daß die Klägerin die Störungen mit eigenen Monteuren auf Kosten des Beklagten beheben lasse und die Zustellung der nötigen Ersatzteile sowie eine eintägige Funktionsprüfung zu Lasten des Beklagten gingen. Weiters erklärte die "Firma W***" eine Garantieverlängerung bis 31. Dezember 1981. Der Beklagte bestellte am 10. September und am 14. September 1981 bei der Klägerin verschiedene Ersatz- und Verschleißteile; die Klägerin stellte Auftragsbestätigungen aus, die der Beklagte unbeanstandet übernahm. Sowohl in den Bestellungen als auch in den Auftragsbestätigungen fehlt jeder Hinweis darauf, daß die Klägerin die Kosten zu tragen hätte. In der Folge wurden die bestellten Waren an den Beklagten geliefert. Die Klägerin legte dem Beklagten die Fakturen vom 16. September 1981 über DM 38.324, vom 22. Oktober 1981 über DM 42.678 und über DM 2.411 sowie vom 23. Oktober 1981 über DM 2.455,50. Der Beklagte übernahm die Fakturen unbeanstandet, zahlte aber nur einen Teilbetrag von DM 4.261.
Die Klägerin begehrt vom Beklagten den noch offenen Kaufpreis von DM 81.607,50 samt Anhang.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er habe die Bestellungen auf Grund der Vereinbarung getätigt, daß die Klägerin die Gewährleistungsfrist für die "Twist-Off"-Anlage bis 31. Dezember 1981 verlängere und die Mängel auf ihre Kosten behebe. Überdies sei er nicht passiv legitimiert, weil er lediglich als Bevollmächtigter der Firma S*** gehandelt habe.
Der Erstrichter gab der Klage statt, wobei er im Zinsenzuspruch über das Klagebegehren hinausging. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte er noch fest, daß eine Zusage der Klägerin, wonach sie ihrerseits die Gewährleistungsfrist verlängere oder sich zur Übernahme der Kosten der Mängelbehebung bereit erkläre, nicht erfolgt sei.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Sachverhalt sei nach § 36 IPRG nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen. Da ein Kaufvertrag vorliege, habe der Käufer nach ordnungsgemäßer Übergabe die vereinbarten und angemessenen Preise zu zahlen. Die Beweislast sei nach österreichischem Zivilprozeßrecht zu beurteilen. Danach wäre es Sache des Beklagten gewesen, seine anspruchsvernichtenden Behauptungen zu beweisen; dies sei ihm mißlungen.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte - abgesehen von dem das Klagebegehren überschreitenden Zinsenzuspruch - dieses Urteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters als das Ergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung. Die Rechtsrüge sei insoweit unbeachtlich, als sie nicht auf den Urteilsfeststellungen beruhe, und werde auch nicht näher ausgeführt. Daher genüge es, darauf zu verweisen, daß nach deutschem wie nach österreichischem Privatrecht der Verkäufer einer ordnungsgemäß gelieferten Sache berechtigt sei, den vereinbarten Kaufpreis zu begehren.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten wegen Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 3 ZPO) und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§ 503 Abs 1 Z 4 ZPO) mit dem Abänderungsantrag auf Abweisung der Klage und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führt der Beklagte aus, die Vorinstanzen hätten bei richtiger Würdigung der Zeugenaussagen und entsprechender Berücksichtigung der vorgelegten Urkunden, insbesondere bestimmter Briefe, erkennen müssen, daß er überhaupt keine Veranlassung gehabt habe, die Gewährleistungsfrist nur auf seine eigenen Kosten zu verlängern; nur die Klägerin habe dafür Grund gehabt. Damit unternimmt der Beklagte - ebenso wie in seiner Aktenwidrigkeitsrüge - nur einen unzulässigen Angriff auf die vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen; er führt aber nicht aus, inwiefern das Berufungsgericht den festgestellten Sachverhalt rechtlich unrichtig gewürdigt haben sollte (§ 506 Abs 2 ZPO). Soweit er der Klägerin einen Vertragsbruch vorwirft, weil sie Ersatzteile, ohne mit ihm das Einvernehmen herzustellen, geliefert und eingebaut habe, und daraus ihre Haftung aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes ableiten will, macht er überdies eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO) geltend. Ist damit aber die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, so ist die rechtliche Beurteilung der Sache der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (6 Ob 615/84 uva.).
Demgemäß war der Revision der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E11760European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00569.87.0915.000Dokumentnummer
JJT_19870915_OGH0002_0040OB00569_8700000_000