TE OGH 1987/9/15 11Os103/87

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Veröffentlicht am 15.09.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.September 1987 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Levnaic-Iwanski als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz K*** wegen des Verbrechens der Untreue nach den §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.März 1987, GZ 12 b Vr 8.212/86-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der im Schuldspruch näher bezeichnete Beitrag des Franz K*** zu dem von Gerhard K*** verübten Verbrechen der Untreue erstrecke sich auch auf einen 100.000 S übersteigenden Vermögensnachteil, ferner in der rechtlichen Subsumtion der Tat und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10.Oktober 1941 geborene Geschäftsführer Franz K*** des Verbrechens der Untreue nach den §§ 12 (dritter Fall), 153 Abs. 1 und Abs. 2 (zweiter Fall) StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruches liegt ihm zur Last, in Wien zur Ausführung der vom gesondert verfolgten Gerhard K*** verübten strafbaren Handlungen, welcher 1981 bis 1984 die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbrauchte und dadurch der "E*** A*** V***-AG" einen 100.000 S

übersteigenden Vermögensnachteil zufügte, indem er als Schadensreferent dieser Versicherungsanstalt auf Grund fingierter Schadensmeldungen bzw überhöhter Reparaturrechnungen die Ausstellung von Anweisungen auf Auszahlung von Entschädigungsleistungen aus dem Titel der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung vornahm, wodurch er die unrechtmäßige Auszahlung von Versicherungsleistungen bewirkte, insbesondere dadurch beigetragen zu haben, daß er vereinbarungsgemäß den auf die Firma "Franz K*** Ges.m.b.H." zugelassenen PKW der Marke Alfa 6, polizeiliches Kennzeichen W 346.691, bei dieser Versicherungsanstalt haftpflichtversicherte, wobei sodann mit seinem Einverständnis folgende teils von ihm unterfertigte Schadensmeldungen bzw überhöhte Reparaturrechnungen der Versicherung eingereicht und liquidiert wurden:

1. Im Juli 1983 betreffend einen fingierten Verkehrsunfall zwischen Franz K*** und N.S***, Versicherungsleistung 47.586 S;

2. im Oktober 1983 betreffend einen Verkehrsunfall zwischen Franz K*** und Heinz H*** unter Geltendmachung eines zumindest 15.000 S überhöhten Schadens, Versicherungsleistung 49.483,30 S;

3. im November 1983 betreffend einen fingierten Verkehrsunfall zwischen Franz K*** und Walter B***, Versicherungsleistung 45.072 S;

4. im Mai 1984 betreffend einen Verkehrsunfall zwischen Franz K*** und Dr.Herbert P*** unter Geltendmachung eines nicht näher feststellbaren überhöhten Schadens.

Dieses Urteil wird vom Angeklagten im Schuldspruch mit einer ausdrücklich auf die Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu. Dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift zufolge wendet sich Franz K*** vor allem gegen die Urteilsannahme, es seien ihm die im einzelnen festgestellten, hier bedeutsamen Malversationen der übrigen Tatbeteiligten schon vor ihrer Ausführung bekannt und damit von seinem Willensentschluß miterfaßt gewesen. Auf der Grundlage seiner (vom Schöffengericht allerdings für unglaubwürdig befundenen) Verantwortung in der Hauptverhandlung, er "hätte erst im nachhinein von den strafbaren Handlungen erfahren und Geld dafür genommen, daß seine Daten verwendet worden" seien, erachtet er - so ausdrücklich für das Urteilsfaktum 3 (Walter B***) - einen Schuldspruch nur wegen (des Vergehens der) Hehlerei für gerechtfertigt. Soweit das Schöffengericht eine zwischen dem Angeklagten einerseits und den Komplizen Wolfgang M*** und Gerhard K*** anderseits bestehende grundsätzliche Willensübereinstimmung zur Ausführung von Malversationen, wie eingangs näher beschrieben, zum Nachteil der "E*** A*** V***-AG" und ein die Ausführung dieser Taten allgemein unterstützendes Verhalten des Angeklagten als erwiesen annahm, konnte es sich - aktengetreu - auf die Einlassung des Angeklagten vor der Polizei am 10.Dezember 1985 (S 363 ff in ON 2 d.A) und die Angaben der beiden übrigen Beteiligten, insbesondere des Wolfgang M*** (siehe vor allem S 351 f in ON 2 d.A) stützen. Alles - wenn auch

wortreiche - Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde, das zum Teil unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit, zum Teil unter jenem einer Unvollständigkeit oder Undeutlichkeit versucht, einen Begründungsmangel für diese grundlegende Feststellung darzutun, schlägt nicht durch. Es stellt sich über weite Strecken - so auch was die behauptete Nichterörterung der Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und vor dem Untersuchungsrichter oder das Zitieren von aus dem Zusammenhang gelösten Aussagen des Zeugen M*** in der Hauptverhandlung (siehe dazu insbesondere S 135 ff und S 111 f d.A) betrifft - als nicht prozeßordnungsgemäße Ausführung des hier angezogenen Nichtigkeitsgrundes dar. Soweit sich die Beschwerde mit der Frage befaßt, ob und allenfalls welche Schadensmeldungen vom Angeklagten unterfertigt wurden und welche Bedeutung dem Umstand der Anmeldung des PKWs Alfa 6 bei der (später) geschädigten Versicherungsanstalt zukommt, berührt sie nach Lage des Falles keine entscheidungswesentliche Tatsache. Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, die Urteilsannahme, er habe gegen eine in Aussicht gestellte Beteiligung von zumindest (!) einem Drittel des Versicherungserlöses seine Bereitschaft zur zukünftigen Mitarbeit bekundet (S 131 d.A), sei mit dem Urteilshinweis unvereinbar, es habe sich nicht mehr exakt klären lassen, ob der Angeklagte jeweils ein Drittel oder die Hälfte der Betrugsbeute erhielt (S 129 d.A).

Insoweit war daher die Nichtigkeitsbeschwerde, teils gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO als offenbar unbegründet, teils nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt, in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Dagegen kommt ihr Bedeutung zu, wenn sie die dem Urteil erkennbar zugrunde liegende Annahme des Erstgerichtes, die Untreuehandlungen des gesondert verfolgten Gerhard K*** seien auch im vollen Ausmaß des durch sie der "E*** A***

V***-AG" zugefügten Vermögensnachteiles vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt gewesen, als unzureichend begründet rügt, welche Rüge in der Bekämpfung der Feststellung des einer Beteiligung an der Tat iS des 3. Falles des § 12 StGB entsprechenden Verhaltens schlechthin enthalten ist. Diese Feststellung betrifft einen entscheidenden Tatumstand, weil dem Angeklagten, der als Tatbeteiligter nach seiner Schuld zu bestrafen ist (§ 13 StGB) und daher bei Vorsatzdelikten nur im Rahmen seines eigenen Vorsatzes (und nicht etwa eines weitergehenden des unmittelbaren Täters) haftet (s. auch 11 Os 36/87), nur unter dieser Voraussetzung die Qualifikation nach dem zweiten Fall des § 153 Abs. 2 StGB angelastet werden darf.

Abgesehen davon, daß den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu entnehmen ist, auf welches Verfahrensergebnis die relevante Feststellung gestützt wird, läßt sich für diese Frage auch aus der Verantwortung des Angeklagten und aus den als wesentliche Beweisgrundlage vom erkennenden Gericht herangezogenen Aussagen des Wolfgang M*** und des Gerhard K*** nicht Eindeutiges gewinnen. Angesichts des Umstandes, daß die in Rede stehende Wertgrenze nur knapp überschritten ist, kann aber auch nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, daß das Schöffengericht aus den dem Angeklagten durch die Straftaten zugeflossenen finanziellen Vorteilen die hier maßgebliche Annahme erschloß, zumal die (vereinbarte) Quote der (finanziellen) Beteiligung am Taterlös nicht sicher ermittelt werden konnte (S 129 und 131 d.A). Dieser Begründungsmangel bewirkt die Urteilsnichtigkeit nach der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO und zwingt zur Aufhebung der Entscheidung in dem davon betroffenen Ausspruch, ferner in der - und zwar aus Zweckmäßigkeitsgründen gesamten - rechtlichen Beurteilung der Tat sowie demgemäß auch im Strafausspruch.

Da sich sohin zeigt, daß in diesem Umfang die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO auch diesbezüglich bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Mit seiner durch die teilweise Aufhebung des Urteils gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E11636

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0110OS00103.87.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19870915_OGH0002_0110OS00103_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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