TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/12 2005/10/0054

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Veröffentlicht am 12.09.2005
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Index

L50003 Pflichtschule allgemeinbildend Niederösterreich;
L50803 Berufsschule Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art151 Abs9 idF 1994/505;
PSchG NÖ 1973 §53 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Stadtgemeinde A, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Ardaggerstraße 14, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. Jänner 2005, Zl. K4- A-315/161, betreffend Vorschreibung eines Schulerhaltungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Gemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 9. Februar 2004 wurde der Gemeinde W gemäß § 53 NÖ Pflichtschulgesetz, LGBl. 5000-14, für einen Schüler und eine Schülerin ein Schulerhaltungsbeitrag in der Höhe von EUR 1.553,70 für das Rechnungsjahr 2004 vorgeschrieben. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass sich der Hauptwohnsitz der beiden Schüler in der Gemeinde W befinde.

Auf Grund der Berufung der Gemeinde W wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft A vom 3. Juni 2004 der mit Berufung bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, dass lediglich für eine Schülerin ein Schulerhaltungsbeitrag von EUR 776,85 von der Gemeinde W zu bezahlen sei.

Hinsichtlich des Schülers O bestehe keine Verpflichtung zur Zahlung des Schulerhaltungsbeitrages, da die Gemeinde W keine Verpflichtungserklärung für den sprengelfremden Schulbesuch abgegeben habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Stadtgemeinde Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und führte nach Wiedergabe des Inhalts des § 52 des NÖ Pflichtschulgesetzes und des § 46 Abs. 3 des NÖ Pflichtschulgesetzes aus, dass gemäß § 3 Abs. 8 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986 in der geltenden Fassung, die Aufnahme ohne weitere Anmeldung für alle an der betreffenden Schule geführten Schulstufen derselben Schulart bis zur Beendigung des Schulbesuches im Sinne des § 33 Schulunterrichtsgesetzes gelte.

Es sei von dem Sachverhalt auszugehen, dass der Schüler O bei Schuleintritt seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde W gehabt habe und seinen Nebenwohnsitz in A. Es sei zutreffend, dass der Schüler zum Schulsprengel A gehöre.

Bezüglich der Auslegung des § 53 NÖ Pflichtschulgesetz sei jedoch auf die Ausführungen der Bezirkshauptmannschaft A zu verweisen. § 53 NÖ Pflichtschulgesetz regle die Leistung des Schulerhaltungsbeitrages für Schüler, die nur zum Zweck des Schulbesuches oder auf Grund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt in einem fremden Schulsprengel wohnen. Allerdings gelte die Verpflichtung zur Entrichtung des Schulerhaltungsbeitrages mit Ausnahme bei Jugendwohlfahrtsmaßnahmen nur für den Besuch von Schultypen, die nicht im Schulsprengel des Hauptwohnsitzes des Schülers vorhanden seien. Da der Schüler O die Volksschule besuche, welche eine Pflichtschulform darstelle, die in gleichwertiger Weise auch im Schulsprengel der Gemeinde W vorhanden sei, lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 53 NÖ Pflichtschulgesetz nicht vor.

Da der Schüler auf Grund seines Wohnsitzes in A als sprengeleigener Schüler zu betrachten sei, sei ein Verfahren nach § 52 NÖ Pflichtschulgesetz ebenfalls nicht möglich.

Aus den genannten Gesetzesbestimmungen gehe vielmehr hervor, dass der Schüler zwar die Schule bis zu deren Ende besuchen könne, die Gemeinde W jedoch nicht verpflichtet sei, einen Schulerhaltungsbeitrag zu entrichten, zumal auch keine Verpflichtungserklärung abgegeben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Pflichtschulgesetzes, LGBl. 5000-16, lauten:

"§ 52

Schulerhaltungsbeiträge für sprengelfremde Schüler

(1) Die Aufnahme eines dem Schulsprengel nicht angehörenden Schulpflichtigen kann vom gesetzlichen Schulerhalter der um die Aufnahme ersuchten Schule verweigert werden, wenn die Wohngemeinde des sprengelfremden Schülers keine Verpflichtungserklärung zur Leistung eines Schulerhaltungsbeitrages abgibt.

(2) Der Schulerhaltungsbeitrag darf die Höhe der auf den einzelnen Schüler anteilsmäßig entfallenden Kosten des Schulaufwandes nicht übersteigen. Überschreitet jedoch die Anzahl der sprengelfremden die der sprengelangehörigen Schüler, darf der Schulerhaltungsbeitrag bis zum doppelten Ausmaß des Schulaufwandes nach Maßgabe der wirtschaftlichen Erfordernisse erhöht werden.

(3) Kommt die Wohngemeinde ihrer Verpflichtung auf Grund einer abgegebenen Verpflichtungserklärung nicht nach, kann der gesetzliche Schulerhalter die Einbringung der Leistung im Verwaltungswege (§ 54) veranlassen.

(4) Für die Bestimmung des Schulaufwandes, seine Aufteilung, die Bekanntgabe des Schulerhaltungsbeitrages sowie die Rechnungslegung finden die §§ 44 bis 48 sinngemäß Anwendung.

§ 53

Schulerhaltungsbeiträge für sonstige sprengelangehörige Schüler

(1) Für Schüler, die nur zum Zweck des Schulbesuches oder auf Grund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt im Schulsprengel wohnen und deren Hauptwohnsitz außerhalb des Schulsprengels gelegen ist, hat die Gemeinde des Hauptwohnsitzes den Schulerhaltungsbeitrag zu leisten.

(2) Ist eine nach Abs. 1 verpflichtbare Gemeinde nicht festzustellen, so kann das Land den Schulerhaltungsbeitrag leisten.

(3) Für die Bestimmung des Schulaufwandes, seine Aufteilung, die Bekanntgabe des Schulerhaltungsbeitrages sowie die Rechnungslegung finden die §§ 44 bis 48 sinngemäß Anwendung."

(Die Ersetzung des Begriffes ordentlicher Wohnsitz durch den Begriff "Hauptwohnsitz" in der jeweils entsprechenden grammatikalischen Form erfolgte durch Art. 151 Abs. 9 B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 504/1994 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1996.)

Es ist im Beschwerdefall unstrittig, dass der Schüler O bei seinem Schuleintritt seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde W und seinen Nebenwohnsitz in A hatte. Die belangte Behörde hat auch nicht festgestellt, dass sich der Hauptwohnsitz des Schülers mittlerweile geändert habe.

Der Schüler O ist daher ein "sonstiger sprengelangehöriger Schüler" im Sinne des § 53 NÖ Pflichtschulgesetz. Die Verpflichtung zur Zahlung eines Schulerhaltungsbeitrages für die sonstigen sprengelangehörigen Schüler wird jedoch durch § 53 Abs. 1 NÖ Pflichtschulerhaltungsgesetz nicht von der Abgabe einer Verpflichtungserklärung der Hauptwohnsitzgemeinde abhängig gemacht (vgl. für den Fall des Wohnens im Schulsprengel auf Grund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrt das hg. Erkenntnis vom 22. November 2004, Zl. 2002/10/0132).

Die Auslegung der belangten Behörde, § 53 Abs. 1 NÖ Pflichtschulgesetz gelte nur für den Besuch von Schultypen, die nicht im Schulsprengel des Hauptwohnsitzes des Schülers vorhanden seien, findet im Gesetzeswortlaut keine Deckung. Es besteht somit kein Grund, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 hinsichtlich des Schülers O im Beschwerdefall zu verneinen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 12. September 2005

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005100054.X00

Im RIS seit

05.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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